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Deutsch => Allgemeine Diskussionen => Smalltalk => Thema gestartet von: Adromir am 15. Juli 2011, 15:31:26

Titel: Sind Fantasyauthoren Skeptiker?
Beitrag von: Adromir am 15. Juli 2011, 15:31:26
Jedenfalls hab ich mittlerweile echt das Gefühl, da ich in letzter Zeit immer wieder drüber stolpere. Terry Pratchett braucht man nicht zu erwähnen. Aber letztens gab es bei einem meiner Liieblingswebcomics einen genialen Storybogen über Alternativmedizin (http://leasticoulddo.com/comic/20110509) (naja, der Webcomic ist jetzt nicht fantasylastig, aber die Macher haben mit einem Fantasywebcomic angefangen) und im Moment höre ich gerade den 6. Teil der Sword of Truth Reihe und bin da gerade über folgendes gestolpert:

Zitat
"The only sovereign I can allow to rule me is reason. The first law of reason is this: what exists exists; what is is. From this irreducible, bedrock principle, all knowledge is built. This is the foundation from which life is embraced. Reason is a choice. Wishes and whims are not facts, nor are they a means to discovering them. Reason is our only way of grasping reality--it is our basic tool of survival. We are free to evade the effort of thinking, to reject reason, but we are not free to avoid the penalty of the abyss we refuse to see."

Titel: Re: Sind Fantasyauthoren Skeptiker?
Beitrag von: rincewind am 15. Juli 2011, 15:42:55
Das klingt lecker. Douglas Adams sollte man auch erwähnen in der Reihe. Ein Punkt könnte sein, dass solche Autoren den Menschen in seinem Denken recht tief begriffen haben. Ich gebe mich manchmal auch gerne Träumereien hin, von denen ich weiß, dass sie real nicht möglich sind. Phantasie und vor sich hin spinnen ist nun mal was Schönes und auch sinnvolles: Manch gute Idee ist daraus entstanden, frei vom Ballast der Machbarkeiten zu spinnen, um dann am Schluss zu fragen, was man jetzt noch ändern muss, dass das auch real so funktioniert. Vielleicht erwirbt man sich als (guter) Phantasy-Autor zwangsläufig die Fähigkeit, zwischen Realität und Gedankenwelt deutlicher und konsequenter zu unterscheiden. Was zwangsläufig dazu führt, eher Skeptiker zu sein.
Titel: Re: Sind Fantasyauthoren Skeptiker?
Beitrag von: Omikronn am 15. Juli 2011, 17:16:24
ZitatPhantasie und vor sich hin spinnen ist nun mal was Schönes und auch sinnvolles: Manch gute Idee ist daraus entstanden

Es ist faszinierend wenn man daran denkt wie aus solchen Träumereien manchmal was sinnvolles und sogar grosses entsprang was in mindestens einem Fall sogar die Menschheit auf den Mond brachte. Man denke da  Beispielsweise an Jules Verne.
Titel: Re: Sind Fantasyauthoren Skeptiker?
Beitrag von: Belbo zwei am 16. Juli 2011, 14:10:08

...also der eigenen Blödheit skeptisch gegenüber waren zumindest nicht alle.

http://de.wikipedia.org/wiki/L._Ron_Hubbard
Titel: Re: Sind Fantasyauthoren Skeptiker?
Beitrag von: Adromir am 17. Juli 2011, 11:37:58
Besonders witzig finde ich es, wenn in einer Fantasywelt, in der es Magie und höhere Wesenheit gibt, dann Personen auftreten, die innerhalb der Fantasywelt geltenden Gesetzmäßigkeiten, als Scharlatane gezeichnet werden. Bei der Reihe "Sword of Truth" z.B. bricht in einem Buch eine große Pestepidemie aus und obwohl die Krankheit mit Magie nicht zu heilen ist, ist ein Problem, mit dem die Protagonisten zu kämpfen haben, die ganzen Herscharen von "Alternativmedizinern", die die Notsituation ausnutzen um ihre obskuren Wunderkuren an die notleidende Bevölkerung zu verkaufen. Kommt einem irgendwie bekannt vor...

Ein Aspekt von "rationaler Fantasy" ist in meinen Augen auch, daß diese Welten immer einem strengen Set von Regeln unterworfen sind. Das heißt, obwohl es Magie gibt, ist trotzdem nicht alles Möglich. Meistens sind die Grenzen der Magie eng mit bekannten Naturgesetzen verknüpft (z.B. die Unfähigkeit Materie aus dem Nichts herbeizuzaubern).
Titel: Re: Sind Fantasyauthoren Skeptiker?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 17. Juli 2011, 11:46:47
Zählt Sigi Freud als Fantasy Autor?


ZitatEin Aspekt von "rationaler Fantasy" ist in meinen Augen auch, daß diese Welten immer einem strengen Set von Regeln unterworfen sind. Das heißt, obwohl es Magie gibt, ist trotzdem nicht alles Möglich. Meistens sind die Grenzen der Magie eng mit bekannten Naturgesetzen verknüpft (z.B. die Unfähigkeit Materie aus dem Nichts herbeizuzaubern).
Ich glaube das hat eher Erzähltechnische Gründe.
Titel: Re: Sind Fantasyauthoren Skeptiker?
Beitrag von: Adromir am 17. Juli 2011, 12:47:47
Natürlich hat das auch dramaturgische Gründe. Ein Held, der alles kann und der in seinem tun keinerlei Beschränkungen unterworfen ist, mit dem fiebert man halt nicht so wirklich mit. Aber, man kann ja diesen Effekt über zwei Wege erreichen:

1. Die Welt und die dortigen Person unterliegen prinzipiell keinerlei Beschränkung in ihren Möglichkeiten und Handlungen (anything goes ;) ). Einschränkungen resultieren einzig und allein aus der "individuellen Unfähigkeit" des Protagonisten heraus

2. Die Welt hat ein inhärent Set aus strikten Regeln und egal wie unglaublich die Fähigkeiten der Personen sind, so können sie nicht diese "Naturgesetze" ausser Kraft setzen.
Titel: Re: Sind Fantasyauthoren Skeptiker?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 17. Juli 2011, 12:58:49
Die haben Feyerabend gelesen ja?   :D
(http://ecx.images-amazon.com/images/I/51HM7RF9NNL._SS500_.jpg)
Ich glaube Douglas Adams hat den auch gelesen, ich sag nur "Durch einen dummen Zufall..." ;)
Titel: Re: Sind Fantasyauthoren Skeptiker?
Beitrag von: Harlequin am 17. Juli 2011, 13:32:03
Ich denke schon, dass Fantasy(und auch Science Fiction) bis zu einem gewissen Grad gegen Esoterik immunisiert.

Der Witz ist ja, dass man bei Fantasy eben eine phantastische Welt erschafft, die nicht real ist. Und man als Leser zwischen Phantasie und Wirklichkeit trennt. Bei Esoterik verschwimmen diese Grenzen. Phantasie und Wirklichkeit werden eins. Ein guter Autor muss wohl die beiden Welten strikt trennen und diese Eigenschaft macht ihn meiner Ansicht nach nicht primär empfänglich für Esoterik.

Was Hubbard angeht, ich bin nicht sicher, ob er den Sch... geglaubt hat. Es ist belegt, dass er der Meinung war, dass der einfachste Weg zum Geld eine eigene Kirche sei und er vorhatte, eine solche zu gründen. Ich frage mich, ob er insgeheim zu Hause gesessen ist und sich gedacht hat: "Meine Güte, die glauben den Dreck tatsächlich..."

Abgesehen davon habe ich als Teenager, lange bevor ich wusste wer der Typ ist, "Battlefield Earth" gelesen. Es war vermutlich das dümmste Buch das ich je in der Hand hielt. Die Figuren waren furchtbar und die gesamte Geschichte völlig abstrus und unlogisch. (Kurzgefasst sprengt ein Bergbauernanalphabet die ganze Zivilisation weg, die die Erde versklavt hat, weil er das Rätsel der "Hyperraumtore" oder so löst, das seit tausenden Jahren geheimgehalten wurde. Mit den Toren teleportiert er Atombomben auf ihre Welten und weil die Atmosphäre mit Radioaktivität reagiert, explodieren einfach alle Alienplaneten. Dann ursupiert er noch mit einem genialen Finanzschachzug(!) die galaktische Bank und schwingt sich zum Herrscher des Weltalls auf). Ich habe zwischendurch überlegt, ob das Satire sein könnte. Oder ob der Autor betrunken war...
Titel: Re: Sind Fantasyauthoren Skeptiker?
Beitrag von: rincewind am 17. Juli 2011, 13:33:27
Hach, Feyerabend, das könnte eine lustige Diskussion werden  ;D

(Ich bleib bei Popper :) )
Titel: Re: Sind Fantasyauthoren Skeptiker?
Beitrag von: Enssen am 17. Juli 2011, 19:22:44
Dazu fällt mir grad so ein, dass C.S. Lewis und J.R.R. Tolkien (quasi die Begründer der High Fantasy, wie es sie heute gibt) beides gläubige Christen waren, die das durchaus auch in ihre Werke einbrachten(was mich zumindest bei Tolkien auch nicht stört, weil es sich neben der anderen Fantasy ganz ok macht). Fantasy, egal wie unreal sie ist hat doch durch den Autor immer eine Verwurzelung in (seiner) Wirklichkeit. Was er kennt unnd was ihn bewegt, das gibt es, wenn auch verändert, verschoben und angepasst. In dem Sinne: vielleicht, aber ich denke Fantasy wird die wenigsten dazu machen.

Titel: Re: Sind Fantasyauthoren Skeptiker?
Beitrag von: rincewind am 17. Juli 2011, 20:39:15
Was mich an Tolkien und Co. stört, ist die Ideologie, die eben aus genannten Gründen durchscheint.
Da ist übrigens Walter Moers sehr empfehlenswert, ein einzes Phantasieabenteuer, ohne den Menschen erklären zu wollen.
Titel: Re: Sind Fantasyauthoren Skeptiker?
Beitrag von: Adromir am 17. Juli 2011, 20:44:46
wo scheint denn bei Tolkien die Ideologie durch? Da er den Herrn der Ringe mit seinem Sohn Christopher geschrieben hat, ist es eh ein "inhomogenes" Werk. Und gerade die Attitüde, zu viel in einen Text hineinzuinterpretieren hat er oft kritisiert (dazu weiterführende Literatur: "Beowulf, The Monsters and the Critics")
Titel: Re: Sind Fantasyauthoren Skeptiker?
Beitrag von: rincewind am 17. Juli 2011, 20:52:33
Zitat von: Adromir am 17. Juli 2011, 20:44:46
wo scheint denn bei Tolkien die Ideologie durch?

Ich kann mich da irren, ich kenn nur die Filme. Und dieses extreme gut-böse nervt mich.
Titel: Re: Sind Fantasyauthoren Skeptiker?
Beitrag von: Adromir am 17. Juli 2011, 21:00:35
Zitat von: rincewind am 17. Juli 2011, 20:52:33
Zitat von: Adromir am 17. Juli 2011, 20:44:46
wo scheint denn bei Tolkien die Ideologie durch?

Ich kann mich da irren, ich kenn nur die Filme. Und dieses extreme gut-böse nervt mich.


Naja, man muss ja auch mal die Intention hinters Tolkiens Werk mit einbeziehen (ich verweise da mal auf Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Herr_der_Ringe#Hintergr.C3.BCnde) und auch in dem Herrn der Ringe gibt es sehr ambivalente Charaktere (besonders sticht da Familie des Truchsess von Gondor heraus).
Titel: Re: Sind Fantasyauthoren Skeptiker?
Beitrag von: Enssen am 17. Juli 2011, 21:23:27
Am stärksten zu erkennen sind die christlichen Tendenzen in den(im Verlauf der gesamten Handlung) frühen Werken. Im Silmarillion ist es sehr offensichtlich: da gibt es Gott(Illuvatar), Engel(Valar), einen Luzifer(Melkor/Morgoth) und so eine Art Jesus(Earendil). Der Schöpfungsmythos Mittelerdes kommt einem generell sehr bekannt vor, usw.

Dieses Gut/Böse-Ding, stimmt schon, allerdings ergibt das Sinn, wenn man bedenkt, dass es ja sein Ziel war, eine Art künstlichen Heldenepos zu schaffen, frühzeitlichen Mythos zu generieren(das merkt man besonders an den alten Geschichten). Im Nibelungenlied, dem Kalevala, oder dem Beowulf gibt es ja ganz klar gezeichnete Rollenbilder und die waren für Tolkiens gesamtwerk hauptvorbilder.

Mich persönlich stört dieses klar getrennte Gut/Böse wenig, einfach weil ich es als Teil des Fantasy-Settings sehe. In der Realität gibt es das ja auch nicht
Titel: Re: Sind Fantasyauthoren Skeptiker?
Beitrag von: Adromir am 17. Juli 2011, 21:30:25
Zitat von: Enssen am 17. Juli 2011, 21:23:27
Am stärksten zu erkennen sind die christlichen Tendenzen in den(im Verlauf der gesamten Handlung) frühen Werken. Im Silmarillion ist es sehr offensichtlich: da gibt es Gott(Illuvatar), Engel(Valar), einen Luzifer(Melkor/Morgoth) und so eine Art Jesus(Earendil). Der Schöpfungsmythos Mittelerdes kommt einem generell sehr bekannt vor, usw.

Nenn mir einen Schöpfungsmythos bzw. Religion die nicht mit ähnlichen Motiven handelt ;)
Titel: Re: Sind Fantasyauthoren Skeptiker?
Beitrag von: Belbo zwei am 18. Juli 2011, 07:45:41
.....naja irgendwie scheint mir dieser ganze Kryon- und Channelingmist doch auch sehr von diesen Fantasyromanen beeinflusst. Nur weil man bei einigen der Autoren skeptische Tendenzen entdeckt hat, eine These aufzustellen, dass alle Skeptiker seien halte ich für verwegen und erinnert mich an den Argumentationsstrang bei den "schwarzen Pudeln" und den Hunden. Als Gegenbeispiel fällt mir noch H.P. Lovecraft ein dessen Welten auch wohl eher vom eigenen Wahnsinn als vom rationalen Denken beeinflusst waren. Oder nehmt "Star Wars" und diese seltsame "Machtelite". Natürlich ist dieses Genre gut geeignet um Entwicklungen in der Gesellschaft herrauszuarbeiten oder blosszustellen,und einigen Autoren gelingt das auch. Man sollte aber auch die Gefahr nicht unterschätzen dass Menschen die sich zu arg in ihre eigenen Welten fallen lassen irgendwann den Realitätsbezug verlieren, und da sind wir dann wieder bei der Esoterik. Zumal ich befürchte dass diese ganzen Troll und Elfengeschichten auf dauer dann mit stetem Tropfen den Stein höhlen in dem dann auch der Esoterikunfug gedeihen kann.