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Deutsch => Allgemeine Diskussionen => Politik und Gesellschaft => Thema gestartet von: Scipio am 12. Februar 2019, 19:44:58

Titel: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Scipio am 12. Februar 2019, 19:44:58
Hallo,

mal eine ganz simple Frage mit komplizierter Antwort. Sollten man den Euro behalten oder das Projekt Gemeinschaftswährung rückbauen?

Was denkt ihr? Ich selber bin im Augenblick der Meinung, dass wenn er beibehalten werden soll man die Wirtschaftspolitik der einzelnen Nutzerstaaten sehr stark aufeinander Abstimmen müsste. Andernfalls wäre es meiner Meinung nach besser den Euro rückzubauen.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: celsus am 12. Februar 2019, 19:53:54
Wo hast du das denn wieder aufgeschnappt?
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Scipio am 12. Februar 2019, 19:56:31
Kurz Antwort: verschiedene Wirtschaftsmagazine beispielsweise WIWO
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: celsus am 12. Februar 2019, 20:03:01
Ich gehöre ja zu den uralten Menschen, die es noch miterlebt haben, dass jedes Land in Europa eine eigene Währung hatte. Vor jeder Reise musste man dann Geld umtauschen und was man wieder mit zurückgebracht hat, lag dann irgendwo in der Ecke rum (tut es heute), weil es sich nicht lohnte, das wieder zurückzutauschen. Und bei Überweisungen ins Ausland hat man immer noch etwas extra zahlen müssen. Und man musste ständig umrechnen und die Wechselkurse änderten sich täglich.

In sofern hat der Euro für den Endverbraucher und für Unternehmen viele Vorteile. Mehr als Nachteile.

Dass man im Euroraum möglichst ähnliche Wirtschaftsverhältnisse schaffen sollte, versteht sich von selbst.

Und dann haben wir noch überhaupt nicht über die Weltwirtschaft gesprochen, welchen Vorteil es dort hat, eine starke Währung zu haben. Früher war der Dollar die Weltwährung. Mit DM konnte man nirgendwo im Ausland bezahlen und die meisten nationalen europäischen Währungen wurden international nicht ernst genommen.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Sauropode am 12. Februar 2019, 20:10:55
Aber teilweise fand ich das Geldumtauschen spannend und die Reste derr Währungen waren nette Souveniers. Habe jetzt noch ne olle Truhe mit Klimperlingen diverser Herkunft. Und 50 US-Dollar, die muss ich mal wieder umtauschen. Darunter auch Isländische und dänische Kronen, britische Pfund, Israelische Schekel, thailändische Bhat, kubanische Peso, kroatische, ähm, Münzen, polnisches und tschechisches Geld. usw. Alles aus nicht-Euroländern. Hatte damit kein Problem.

Ich Sachen Währungspolitik, Stabilitäts- und (Niedrig-)zinspolitik habe ich aber zu wenig Ahnung, sodass ich nichts substanzielles dazu beitragen kann. IHMO sind die Niedrigzinsen ziemlicher Mist.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: celsus am 12. Februar 2019, 20:20:25
Zitat von: Sauropode am 12. Februar 2019, 20:10:55Ich Sachen Währungspolitik, Stabilitäts- und (Niedrig-)zinspolitik habe ich aber zu wenig Ahnung, sodass ich nichts substanzielles dazu beitragen kann. IHMO sind die Niedrigzinsen ziemlicher Mist.

Die kann man aber nicht dem Euro in die Schuhe schieben. Ich finde sie natürlich auch völlig daneben, aber als Sparer bin ich wohl nicht das, was die Weltwirtschaft am Laufen hält. Dort soll das Geld bewegt und investiert werden. Wir leben im Konsumzeitalter. Gibt es den Weltspartag eigentlich noch, wo man lustige kleine Geschenke bekommt, wenn man sein Geld zur Bank bringt?
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Sauropode am 12. Februar 2019, 21:35:53
Keine Ahnung, ob das nun Folge der Stabilitätspolitik ist oder was auch immer. Zum Sparen komme ich eh nicht. Vom Sparertag habe ich eben grad hier erfahren, dass es ihn überhaupr gab/gibt.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: celsus am 12. Februar 2019, 21:39:09
Zitat von: Sauropode am 12. Februar 2019, 21:35:53Vom Sparertag habe ich eben grad hier erfahren, dass es ihn überhaupr gab/gibt.

Der hat sogar einen umfangreichen Wikipedia-Artikel: https://de.wikipedia.org/wiki/Weltspartag
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Schwuppdiwupp am 12. Februar 2019, 22:03:23
Mist!

celsus hat schon alles gesagt. Jetzt kann ich meinen - selbstverständlich bedeutsamen und maßgeblichen - Senf nicht mehr dazu matschen.  :'(

;)
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: sailor am 13. Februar 2019, 15:20:12
Celsus hat an einer Stelle unrecht: Die DM war international sehr anerkannt, in den Balkankriegen war es inofizielle Währung... und auch Tina Turner nahm sie gern als private dancer an ;). Die DM hat entschieden zum Erfolg des Euro beigetragen.

Aber: Gerade Deutschland hat im innereuropäischen Handel massiv vom Euro und von Schengen profitiert, eine Umkehr würde massive einmalige und laufende Kosten verursachen. Alle innereuropäisch tätigen Unternehmen bräuchten (wieder) eine Währungs- und Wechselkursüberwachung, man müsste innereuropäisch hedgen (Absichern von Wechselrisiken) und anders kalkulieren. Preise für Güter und Kosten für Dienstleistungen würden steigen und es müsste mehr Finanzüberwachung (die so schon schwach besetzt ist) geben. Den Währungswechsel sind immer auch Spielwiesen für Spekulanten und die OK. Letztere kann über Wechselgeschäfte Geld waschen und verdienen, in dem man bspw. Kurse manipuliert (das geht bei kleinen, armen Ländern besonders gut).

Dazu kommt ein softer Faktor: Mir ist kein historisches Beispiel bekannt, in dem man einen funktionierenden Währungsraum ohne Not (also Krieg, Annektion, Pest/Cholera) erfolgreich aufgetrennt hätte... immer nur bei Wirtschaftskrisen/Bürgerkriegen. Für die EU stellt sich diese Frage nicht, sie funktioniert (obwohl sie nicht perfekt ist).

Was die Anpassungen angeht: Das ist in meinen Augen nicht zwingend. Erstens ermöglichen unterschiedliche Politiken Konkurrenz und Arbitrage, was zusätzliche Chancen und Einnahmen bedeutet. Zweitens macht eine rein wirtschaftliche Anpassung keinen Sinn, wenn die Gesellschaften und Gesetze/Regulationen unterschiedlich sind. Drittens wäre die Folge das, womit Kritiker schon jetzt kommen: Eine zentralisierte Kommandowirtschaft. Also "Brüssel" (egal wie demokratisch legitimiert) gibt vor und ein Kontinent muss folgen, das ist angesichts der Heterogenität der Länder hanebüchen. Letztendlich geht es bei dem Für und Wider bezgl. Anpassungen immer darum umzuverteilen, bzw. Umverteilung zu ermöglichen/verhindern. Dies ist angesichts der unterschiedlichen Legitimation der Einzelstaaten allerdings zutiefst undemokratisch und geht zu Lasten jener Staaten, die wohlhabend sind. Siehe auch die Diskussion um Eurobonds.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: LaDeesse am 13. Februar 2019, 15:25:18
Dass die Südländer den Euro zugunsten Deutschlands abwerten, selbst aber dennoch unter einer für ihre Verhältnisse krass überbewerteten Währung zu leiden haben, ist ein ungelöstes Problem, das Sprengkraft entfalten kann.
Flassbeck hatte das schon in den Neunzigern exakt so vorausgesagt.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Schwuppdiwupp am 13. Februar 2019, 18:18:36
Ist denn der Euro krass überbewertet? Höre ich zum ersten mal. :skeptisch:
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: LaDeesse am 13. Februar 2019, 18:26:00
Nür für die südlichen Länder. Für uns ist er unterbewertet. Das treibt den Export an.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Schwuppdiwupp am 13. Februar 2019, 19:00:30
Mag ja sein. Überzeugt mich aber nicht von deiner Behauptung, da der Euro eben über alle Euro-Länder gemittelt bewertet wird und deshalb wohl auch ... naja ... "gerecht bewertet" wird.

Dass Deutschland von einem im Vergleich zu anderen Währungen vn einem relativ schwachen Euro profitiert, ist aber klar.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: LaDeesse am 13. Februar 2019, 19:24:53
Zitat von: Schwuppdiwupp am 13. Februar 2019, 19:00:30
... Überzeugt mich aber nicht von deiner Behauptung, da der Euro eben über alle Euro-Länder gemittelt bewertet wird und deshalb wohl auch ... naja ... "gerecht bewertet" wird.

Solltest Du glauben, ich hielte den Euro insgesamt für überbewertet, dann bitte noch einmal - und diesmal genauer - lesen.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Peiresc am 13. Februar 2019, 19:28:59
Zitat von: Schwuppdiwupp am 13. Februar 2019, 19:00:30
Mag ja sein. Überzeugt mich aber nicht von deiner Behauptung, da der Euro eben über alle Euro-Länder gemittelt bewertet wird und deshalb wohl auch ... naja ... "gerecht bewertet" wird.

Dass Deutschland von einem im Vergleich zu anderen Währungen vn einem relativ schwachen Euro profitiert, ist aber klar.

Soweit ich das behalten habe: die fehlende Möglichkeit, die eigene Währung abzuwerten (Inflation), behindert einzelne Volkswirtschaften in einer Krise, die Konkurrenzfähigkeit ihrer Produkte auf dem Weltmarkt zu verbessern. Natürlich wird das alles seine Vor- und Nachteile haben.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: LaDeesse am 13. Februar 2019, 19:47:04
Zitat von: Peiresc am 13. Februar 2019, 19:28:59
Soweit ich das behalten habe: die fehlende Möglichkeit, die eigene Währung abzuwerten (Inflation), behindert einzelne Volkswirtschaften in einer Krise, die Konkurrenzfähigkeit ihrer Produkte auf dem Weltmarkt zu verbessern. Natürlich wird das alles seine Vor- und Nachteile haben.

Im Falle von Deutschland trägt das Fehlen eines automatischen Korrektivs in Form einer Währungsaufwertung dazu bei, den volkswirtschaftlichen Störungszustand eines großen Exportüberschusses aufrechtzuerhalten.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Scipio am 13. Februar 2019, 20:11:47
Zitat von: LaDeesse am 13. Februar 2019, 19:24:53
Zitat von: Schwuppdiwupp am 13. Februar 2019, 19:00:30
... Überzeugt mich aber nicht von deiner Behauptung, da der Euro eben über alle Euro-Länder gemittelt bewertet wird und deshalb wohl auch ... naja ... "gerecht bewertet" wird.

Solltest Du glauben, ich hielte den Euro insgesamt für überbewertet, dann bitte noch einmal - und diesmal genauer - lesen.

Und wie mit der Situation jetzt umgehen? Den Euro weiter abwerten wird wohl das Problem nicht lösen, oder täusche ich mich da? Bleibt doch nur ein Wirtschaftsförderungsprogramm für die Südeuropäischen Länder um wieder auf die Beine zu kommen. Oder doch wieder zurück zu nationalen Währungen, wie es Sinn und Flassbeck fordern.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: LaDeesse am 13. Februar 2019, 20:33:14
Zitat von: Scipio am 13. Februar 2019, 20:11:47
Den Euro weiter abwerten wird wohl das Problem nicht lösen, oder täusche ich mich da? Bleibt doch nur ein Wirtschaftsförderungsprogramm für die Südeuropäischen Länder um wieder auf die Beine zu kommen. Oder doch wieder zurück zu nationalen Währungen.

Es handelt sich um einen Konstruktionsfehler des Euro. Die meisten Länder haben etwa ihren Verhältnissen entsprechend gelebt, in Deutschland haben die Arbeitnehmer der Wettbewerbsfähigkeit zuliebe zu starke Lohnzurückhaltung geübt. Das hat zu den Ungleichgewichten beigetragen. Es fehlt an Mechanismen, eine Harmonisierung der Verhältnisse zu erreichen.
Das ist ein großes Problem. Dieses zu zu analysieren, heißt noch nicht, eine Patentlösung zur Hand zu haben.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Scipio am 13. Februar 2019, 20:49:01
Mh.... Das wird aber sicher eine ganze Weile dauern bis man da brauchbare Mechanismen ausgearbeitet hat und das muss dann auch noch politisch umgesetzt werden. Hat man denn noch soviel Zeit? Die Probleme werden ja schließlich nicht kleiner.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Schwuppdiwupp am 13. Februar 2019, 21:01:10
Zitat von: LaDeesse am 13. Februar 2019, 19:24:53
Solltest Du glauben, ich hielte den Euro insgesamt für überbewertet, dann bitte noch einmal - und diesmal genauer - lesen.

Das habe ich gerade auch artigst gemacht. :angel: Woran es bei mir hakte: Auch die wirtschaftlich schwächeren Euro-Länder profitieren ja durchaus aus von einem "schwachen" Euro.

Dabei hatte ich den von Peiresc ...
ZitatDas eigentliche Problem besteht aber darin, dass - wie seinerzeit Griechenland -
... angedeutete aus den Augen verloren.

However: Aus dem Euro gibt es für meine - in wirtschaftlichen Fragen auf jeden Fall - völlig unmaßgeblichen Meinung kein zurück mehr.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: LaDeesse am 13. Februar 2019, 21:05:56
Zitat von: Schwuppdiwupp am 13. Februar 2019, 21:01:10
Auch die wirtschaftlich schwächeren Euro-Länder profitieren ja durchaus aus von einem "schwachen" Euro.

Für die schwachen Länder steht der Euro zu hoch. Das mindert ihre Wettbewerbsfähigkeit und verfestigt die Exportdefizite.
Für Deutschland steht der Euro zu niedrig, das erhöht die deutsche Wettbewerbsfähigkeit - und verfestigt den Exportüberschuss.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: LaDeesse am 13. Februar 2019, 21:10:28
Zitat von: Schwuppdiwupp am 13. Februar 2019, 21:01:10
Aus dem Euro gibt es für meine - in wirtschaftlichen Fragen auf jeden Fall - völlig unmaßgeblichen Meinung kein zurück mehr.

Das kann ich mir auch kaum vorstellen.
Am ehesten möglich erscheint mir noch der Ausstieg einer Gruppe von Ländern ähnlicher Wettbewerbsfähigkeit (Portugal, Spanien, Italien, Griechenland).
Kehrt die Krise zurück und wird der Leidensdruck zu groß, könnten diese Länder eine neue, gemeinsame Währung einführen.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Scipio am 13. Februar 2019, 21:12:23
Zitat von: LaDeesse am 13. Februar 2019, 21:10:28
Zitat von: Schwuppdiwupp am 13. Februar 2019, 21:01:10
Aus dem Euro gibt es für meine - in wirtschaftlichen Fragen auf jeden Fall - völlig unmaßgeblichen Meinung kein zurück mehr.

Das kann ich mir auch kaum vorstellen.
Am ehesten möglich erscheint mir der Ausstieg einer Gruppe von Ländern ähnlicher Wettbewerbsfähigkeit (Portugal, Spanien, Italien, Griechenland).
Kehrt die Krise zurück und wird der Leidensdruck zu groß, könnten diese Länder eine eigene, gemeinsame Währung einführen.

So etwas ähnliches hatte auch Herr Sinn vorgeschlagen.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Belbo am 13. Februar 2019, 21:16:30
Zitat von: Peiresc am 13. Februar 2019, 19:28:59
Zitat von: Schwuppdiwupp am 13. Februar 2019, 19:00:30
Mag ja sein. Überzeugt mich aber nicht von deiner Behauptung, da der Euro eben über alle Euro-Länder gemittelt bewertet wird und deshalb wohl auch ... naja ... "gerecht bewertet" wird.

Dass Deutschland von einem im Vergleich zu anderen Währungen vn einem relativ schwachen Euro profitiert, ist aber klar.

Soweit ich das behalten habe: die fehlende Möglichkeit, die eigene Währung abzuwerten (Inflation), behindert einzelne Volkswirtschaften in einer Krise, die Konkurrenzfähigkeit ihrer Produkte auf dem Weltmarkt zu verbessern. Natürlich wird das alles seine Vor- und Nachteile haben.

Eigentlich leuchtet es ja auch irgendwie ein, was ich an dieser Argumentation, nicht verstehe, ist warum das dann in einem ähnlich heterogenen Wirtschaftraum wie den USA, scheinbar funktioniert?
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Sauropode am 13. Februar 2019, 21:22:58
Hm, aber die einzelnen Regionen der USA importieren/exportieen doch nichts gegenseitig, oder? Das ist dort eher ein Problem ungleicher Lebensverhältnisse., so wie in jedem Land mit strukturschwachen Regionen.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Belbo am 13. Februar 2019, 21:31:54
Zitat von: Sauropode am 13. Februar 2019, 21:22:58
Hm, aber die einzelnen Regionen der USA importieren/exportieen doch nichts gegenseitig, oder? Das ist dort eher ein Problem ungleicher Lebensverhältnisse., so wie in jedem Land mit strukturschwachen Regionen.

Aber was ist der Euro- Wirtschaftraum anderes als ein "Land" mit strukturschwachen Regionen? Und klar kauft der Sojabauer in Kentucky einen Ipad und der Silicon- Valley Ingenieur ein Steak.

Könnten strukturschwache Gegenden, gegensteuern wenn sie eine eigene Währung hätten die sie abwerten könnten?

Hätte das dann noch was mit einem freien Markt für Devisen zu tun? Wollte man den überhaupt haben? Erinnere ich mich dunkel an wüste Spekulationsgewinne auf die Thailändische Währung?

Es ärgert mich, dass ich da  in diversen Schwurbelforen, den "Wsirtschaftsexperten" mangels Wissens ziemlich ausgeliefert bin. Hatten wir nicht hier im Forum einen Experten der uns Nachhilfe gegeben hat? Das hört ja mit Schlagwörtern wie Fantageld oder Goldstandard noch lange nicht auf.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Sauropode am 13. Februar 2019, 21:43:38
Zitat von: Belbo am 13. Februar 2019, 21:31:54
Zitat von: Sauropode am 13. Februar 2019, 21:22:58
Hm, aber die einzelnen Regionen der USA importieren/exportieen doch nichts gegenseitig, oder? Das ist dort eher ein Problem ungleicher Lebensverhältnisse., so wie in jedem Land mit strukturschwachen Regionen.

Aber was ist der Euro- Wirtschaftraum anderes als ein "Land" mit strukturschwachen Regionen? Und klar kauft der Sojabauer in Kentucky einen Ipad und der Silicon- Valley Ingenieur ein Steak.

Es ärgert mich, dass ich da  in diversen Schwurbelforen, den "Wsirtschaftsexperten" mangels Wissens ziemlich ausgeliefert bin. Hatten wir nicht hier im Forum einen Experten der uns Nachhilfe gegeben hat?

Weiß ja auch nicht, ich versuche ja nur, einen Unterschied zu finden. Inweiweit sind die Wirtschaftsräume verzahnt, dass sie eine Einheit darstellen? Bsp. Nord-und Süditalien versus Nord- und Südeuropa im Vergleich zu, sagen wir mal, Neuenglandstaaten zu mittlerem Westen?
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Schwuppdiwupp am 13. Februar 2019, 21:46:18
Zitat von: Belbo am 13. Februar 2019, 21:16:30
Eigentlich leuchtet es ja auch irgendwie ein, was ich an dieser Argumentation, nicht verstehe, ist warum das dann in einem ähnlich heterogenen Wirtschaftraum wie den USA, scheinbar funktioniert?

Funktioniert es denn in den USA wirklich? Ich habe da so meine Zweifel. :skeptisch:

Kalifornien alleine wäre schon von der Wirtschaftskraft her bei den G8. (Wurde mir mal glaubhaft versichert.) Aber der Rest? Hmmm ...
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Scipio am 13. Februar 2019, 21:46:37
ZitatEs ärgert mich, dass ich da  in diversen Schwurbelforen, den "Wsirtschaftsexperten" mangels Wissens ziemlich ausgeliefert bin. Hatten wir nicht hier im Forum einen Experten der uns Nachhilfe gegeben hat? Das hört ja mit Schlagwörtern wie Fantageld oder Goldstandard noch lange nicht auf.

Ja das geht mir auch ziemlich auf die Ketten.

ZitatFunktioniert es denn in den USA wirklich? Ich habe da so meine Zweifel.

Kalifornien alleine wäre schon von der Wirtschaftskraft her bei den G8. (Wurde mir mal glaubhaft versichert.) Aber der Rest? Hmmm ...

Da kann man doch schon in Deutschland Zweifel bekommen! Einige Regionen sind auch hier zu Lande ziemlich am A....

Edit: Mir würde jetzt aber auch keine gute Stelle im Netz einfallen, wo man mal solche Fragen stellen kann.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Sauropode am 13. Februar 2019, 21:49:26
Scipio, mal am Rande, ich empfehle Dir etwas mehr von dem, was man gemeinhin als oberflächliche Vergnügungen am Leben bezeichnet. Mit Deiner Grübelei machst Du mich auch schon ganz meschugge.  ;)

So vieles kann man ncht ändern, obwohl es einen ärgert.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Belbo am 13. Februar 2019, 21:58:33
Ich mag jetzt unter "gewünschte Artikel" keinen neuen thread aufmachen, aber wäre "freie Marktwirtschaft" nicht auch ein Thema für ein Wiki der irrationalen Überzeugungssysteme?
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Sauropode am 13. Februar 2019, 22:01:32
Was wäre denn die Alternative? Planwirtschaft? Also, da bin ich raus.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Scipio am 13. Februar 2019, 22:03:55
Zitat von: Sauropode am 13. Februar 2019, 21:49:26
Scipio, mal am Rande, ich empfehle Dir etwas mehr von dem, was man gemeinhin als oberflächliche Vergnügungen am Leben bezeichnet. Mit Deiner Grübelei machst Du mich auch schon ganz meschugge.  ;)

So vieles kann man ncht ändern, obwohl es einen ärgert.

Ja sollte ich vielleicht tun, mal gucken, ob ich mein Hirn dazu überreden kann.

ZitatIch mag jetzt unter "gewünschte Artikel" keinen neuen thread aufmachen, aber wäre "freie Marktwirtschaft" nicht auch ein Thema für ein Wiki der irrationalen Überzeugungssysteme?

Das hängt stark davon ab was man darunter verstehst. Marktradikale Positionen scheinen nahe an der Irrationalität zu sein.

ZitatWas wäre denn die Alternative? Planwirtschaft? Also, da bin ich raus.

Das Chinesische Modell? Funktioniert jedenfalls sehr gut wie es scheint.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: sailor am 13. Februar 2019, 22:08:43
Auf europäischer Ebene hat man "nur" das, was auch in größeren Nationalstaaten problematisch ist: strukturelle Unterschiede.Die Probleme der Südeuropäer sind hinglänglich bekannt, der Euro hätte dort auch anders eingesetzt werden können: Investiv mit dem Import von knowhow und dem Aufbau neuer Branchen. Der im Gegensatz zu den alten Währungen starke Euro wurde allerdings "verkonsumiert"... wobei mich viel mehr mitnimmt, dass bei der Aufnahme insbesondere Griechenlands nicht nur alle Augen, sondern auch die Hühneraugen aller Europäer zugedrückt wurden ;) Aber das ist ein anderes Thema und wir könnten hier vortrefflich, lang, breit, schmutzig und ergebnislos drüber diskutieren.

Die derzeitigen Alternativen zum Euro sind alle Mist. Ein Euro-light für die Südeuropäer würde krachend abschmieren, es gäbe dafür nix zu holen, der Warenaustausch innerhalb der EU wäre nur noch einseitig (aus den Südeuropäischen Ländern raus, um harte Währung zu bekommen), das Ersparte vernichtet und der Lebensstandard futsch. Rein nationale Währungen würden für die Südeuropäer und auch Frankreich das gleiche bedeuten, für Deutschland wäre es das Ende als Exporteur und damit auch sehr nachteilig für das Land. Den Euro zu reformieren.... dazu müsste man die Grundlagen ändern und dazu fehlt derzeit ein Konsens in der EU: Die "Habenichtse" wollen ihre Schulden auf alle verteilen und die Reichen "nix" abgeben. Langfristig führt aber an Reformen kein Weg vorbei, die Unterschiede zerreißen den Wirtschaftsraum, weil es keine Anreize national mehr gibt, Strukturprobleme anzufassen. Wer ne Lösung erkennt bitte melden, damit kann man Geld, Ruhm und vieleicht sogar weibliche Anerkennung erringen :D
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Belbo am 13. Februar 2019, 22:08:55
Zitat von: Sauropode am 13. Februar 2019, 22:01:32
Was wäre denn die Alternative? Planwirtschaft? Also, da bin ich raus.

Was betreibt China denn?
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: PeterPan am 13. Februar 2019, 22:31:24
Ich habe mehrere Sichtweisen.

1. Rückbau nur um zu sehen wie sich die unterschiedlichen Währungen divergieren und der Einfluss der Notenbanken im internationalen Devisenspiel entwickelt. Die Bundesbank treibt da zurzeit ein seltsames Spiel, wobei es mehr politisch ist, als tatsächlich wissenschaftlich und finanzwirtschaftlich begründet. Die Bundesbank war durch gewisse Vereinbarungen in der EG (Europäische Gemeinschaften) und auch in der EU bis vor der Einführung der EWU (1999/2002) immer mal wieder im Interventionsmodus um nicht aufzuwerten (siehe Europäische Währungssystem (EWS) und Europäische Wechselkursverbund (EWKV)). Zurzeit tönen da Hardliner die unbeabsichtigt oder ignorant eine starke Währung (da reicht schon Liquiditätsentzug aus) fordern. Nichtmal die Schweiz traut sich das zu (siehe SNB Bilanz).

Deutschland kann eine böse Überraschung (Aufwertung falls zugelassen) erleben und plötzlich kommt das schöne Wort Budgetrestriktion in den Sinn. Deswegen ist der Brexit unter anderem für Deutschland problematisch. Wenn die Briten tatsächlich weniger konsumieren (ob schuldeninduziert oder nicht) können, leidet die "deutsche Wirtschaft" darunter. Die kleine Abschwächung Q3-4 in Deutschland, EWU und eigentlich auch weltweit hat mit der Kontraktion im Kreditimpuls in China zu tun. Draghi hat im Januar 2019 in der Financial Times einen Artikel geschrieben, dass China mit einem Fiskalpolitik die Eurozone aus der Bredouille ziehen kann. Das ist die Abhängigkeit aus dem Ausland bei einer stark positiven Leistungsbilanz (die hat sich seit 2008 für die EWU stark gedreht). Brad Setser finde ich im Bereich Außenhandel und ein wenig Währungspolitik recht gut zu lesen.

Brad W. Setser is an American economist and former staff economist at the United States Department of the Treasury.
https://www.cfr.org/blog/Setser (https://www.cfr.org/blog/Setser)

2. Persönlich ist es eine Erleichterung (insbesondere +Schengen) im alltäglichen Zusammenleben. Auch der Unternehmenssektor profitiert über einen einfacher zugänglichen Binnenmarkt.

3. Ich glaube es gibt Verständnisprobleme was überhaupt eine Währung ist. Es ist nicht einfach nur Geld das ich ab jetzt benutze. Da steckt eine Menge Macht und Einfluss dahinter, die gewisse Punkte der Staatssouveränität tangiert. Eine engere Zusammenarbeit zwingt das quasi auf, leider spielen einige Staaten im Binnenmarkt eher nach Wettbewerb der Nationen (Unterbietungswettbewerb). Eine Erinnerung an die Zusammenführung der DM mit der Ostmark oder die Einführung der DM zu einer gewissen Parität zur Reichsmark (gab es eigentlich noch die Goldmark und Rentenmark zu dem Zeitpunkt) führt zu staatlicher Umverteilung die nicht für alle glücklich verläuft.


Ich sehe keinen vernünftigen Grund für eine Rückabwicklung der EWU, da schon vorher aktiv Einfluss genommen wurde und immer noch wird. Das Ding mit den freien Wechselkursen klingt hübsch sehe ich aber eher selten. Eher wird mit einem Auseinanderdriften die EU ins Wanken geraten, die übrigens vor der Wiedervereinigung recht oft stagniert hat. Mal schauen wer dann den Sündenbock spielt.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Sauropode am 13. Februar 2019, 22:35:04
China ist also erstrebenswert? Planwirtschaft (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Zentralverwaltungswirtschaft) ist das aber schon lange nicht mehr. Das ist so ziemlich das, was man als freie Marktwirtschaft versteht, ohne Möglichkeit, sich dagegen zu wehren. Da wären die viele Arbeitssklaven in den Fabriken und enorme Umweltverschmutzung.

Wenn man Planwirtschaft genauer betrachten will, dann höchstens in Kuba und Nordkorea. Oder Venezuela.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Belbo am 13. Februar 2019, 22:40:51
Zitat von: Sauropode am 13. Februar 2019, 22:35:04
China ist also erstrebenswert? Planwirtschaft (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Zentralverwaltungswirtschaft) ist das aber schon lange nicht mehr. Das ist so ziemlich das, was man als freie Marktwirtschaft versteht, ohne Möglichkeit, sich dagegen zu wehren. Da wären die viele Arbeitssklaven in den Fabriken und enorme Umweltverschmutzung.

Wenn man Planwirtschaft genauer betrachten will, dann höchstens in Kuba und Nordkorea. Oder Venezuela.

Da sind wir dann komplett unterschiedlicher Meinung...., vielleicht täusche ich mich aber auch in Meiner Definition von "freier Marktwirtschaft".
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Schwuppdiwupp am 13. Februar 2019, 22:41:17
Nach meinen Beobachtungen vor Ort haben die Chinesen den Kapitalismus besser kapiert als die hiesigen kapitalistischsten Kapitalisten. Allerdings haben sie dort den besonderen Vorzug, sich nicht mit der Meinung freier Wähler herumplagen zu müssen.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Belbo am 13. Februar 2019, 22:42:55
Zitat von: Schwuppdiwupp am 13. Februar 2019, 22:41:17
Nach meinen Beobachtungen vor Ort haben die Chinesen den Kapitalismus besser kapiert als die hiesigen kapitalistischsten Kapitalisten. Allerdings haben sie dort den besonderen Vorzug, sich nicht mit der Meinung freier Wähler herumplagen zu müssen.

Dann erlaube ich mir Dich noch mal zu zitieren:
Zitat
China ist also erstrebenswert?
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Schwuppdiwupp am 13. Februar 2019, 22:47:44
Datt war nicht ich. Datt war dat ausgestorbene Geviech! 8)
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Scipio am 13. Februar 2019, 22:51:12
Zitat von: Schwuppdiwupp am 13. Februar 2019, 22:41:17
Nach meinen Beobachtungen vor Ort haben die Chinesen den Kapitalismus besser kapiert als die hiesigen kapitalistischsten Kapitalisten. Allerdings haben sie dort den besonderen Vorzug, sich nicht mit der Meinung freier Wähler herumplagen zu müssen.

Soll heißen?
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Sauropode am 13. Februar 2019, 22:51:25
Zitat von: Belbo am 13. Februar 2019, 22:40:51
Zitat von: Sauropode am 13. Februar 2019, 22:35:04
China ist also erstrebenswert? Planwirtschaft (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Zentralverwaltungswirtschaft) ist das aber schon lange nicht mehr. Das ist so ziemlich das, was man als freie Marktwirtschaft versteht, ohne Möglichkeit, sich dagegen zu wehren. Da wären die viele Arbeitssklaven in den Fabriken und enorme Umweltverschmutzung.

Wenn man Planwirtschaft genauer betrachten will, dann höchstens in Kuba und Nordkorea. Oder Venezuela.

Da sind wir dann komplett unterschiedlicher Meinung...., vielleicht täusche ich mich aber auch in Meiner Definition von "freier Marktwirtschaft".

Es mag sein, dass wir aneinander vor bei reden, daher müssen wir zuerst mal die Begrifflichkeitden definieren. Jedenfalls bin ich froh, aus dieser staatlich verwalteten Zwangs-Mangelverteilungswirtschaft raus zu sein. Das brauche ich nicht nochmal als 2.0-Version. Und da mag ich auch nicht diskutieren.

Es wurde ja nicht nur Produktion und Bedarf geplant, sondern auch welche Berufe gebraucht werden. Das schränkt zB auch die freie Berufswahl enorm ein. Oder Forschung und Entwicklung. Das schränkt Innovationen enorm ein. (Deswegen gabs ja immer noch Trabbis, auf dem Stand der 60er stehen geblieben) Ach, da gäbe es viel zu schreiben. Habe aber keine Lust. Da müsste man sich mal auf ein Bier zusammen setzen oder einen Kaffee oder so.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Sauropode am 13. Februar 2019, 22:51:47
Zitat von: Schwuppdiwupp am 13. Februar 2019, 22:47:44
Datt war nicht ich. Datt war dat ausgestorbene Geviech! 8)

Wie meinen?
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Sauropode am 13. Februar 2019, 22:52:16
Zitat von: Schwuppdiwupp am 13. Februar 2019, 22:41:17
Nach meinen Beobachtungen vor Ort haben die Chinesen den Kapitalismus besser kapiert als die hiesigen kapitalistischsten Kapitalisten. Allerdings haben sie dort den besonderen Vorzug, sich nicht mit der Meinung freier Wähler herumplagen zu müssen.

Simmt, genau das!

Und keine lästigen Gewerkschaften, Betriebsräte, Kündigungsschutz, etc. pp.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Scipio am 13. Februar 2019, 23:07:46
Zitat von: Sauropode am 13. Februar 2019, 22:52:16
Zitat von: Schwuppdiwupp am 13. Februar 2019, 22:41:17
Nach meinen Beobachtungen vor Ort haben die Chinesen den Kapitalismus besser kapiert als die hiesigen kapitalistischsten Kapitalisten. Allerdings haben sie dort den besonderen Vorzug, sich nicht mit der Meinung freier Wähler herumplagen zu müssen.

Simmt, genau das!

Und keine lästigen Gewerkschaften, Betriebsräte, Kündigungsschutz, etc. pp.

Klinkt nach Manschester Kapitalismus. Aber nach allem was man hört soll der Lebensstandart trotzdem enorm gestiegen und die Zahl der in Armut lebenden Leute stark gesunken sein. Auch wenn ich gerade keine Details zur Hand habe.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Schwuppdiwupp am 13. Februar 2019, 23:18:54
Zitat von: Sauropode am 13. Februar 2019, 22:51:47
Wie meinen?

Belbo hat fälschlicherweise ein Zitat von dir mir zugeschrieben. That's all. :prosit


Zitat von: Scipio am 13. Februar 2019, 22:51:12
Zitat von: Schwuppdiwupp am 13. Februar 2019, 22:41:17
Nach meinen Beobachtungen vor Ort haben die Chinesen den Kapitalismus besser kapiert als die hiesigen kapitalistischsten Kapitalisten. Allerdings haben sie dort den besonderen Vorzug, sich nicht mit der Meinung freier Wähler herumplagen zu müssen.

Soll heißen?

Abgesehen mal davon, was Sauropode bereits geschrieben hat:

Die chinesische Bevölkerung ist so was von konsumgeil und leider auch egoistisch, das haut selbst die größten "Der-Markt-regelt-sich-von-selbst-Schreier" aus den Pantinen.

Wenn man andauernd im Konkurrenzkampf mit anderen steht, wird man halt so. Das beginnt in der Schule, setzt sich fort im Arbeitsleben und ist auch z.B. im Straßenverkehr zu beobachten.

Vor allem erschreckend ist, wie rasant sich der offensiv zur Schau gestellte Wohlstand verändert. Ich war in den letzten vier Jahren dreimal dort. (Vor allem im Ningbo, einer reichen Hafenstadt ca. 2,5 h Stunden Autofahrt südlich von Shanghai entfernt.) 2018 war offensichtlich, wie beispielsweise die Anzahl an Luxusautos (aufgefallen sind mir besonders Maseratis und Teslas) zugenommen hat.

Dabei galt - wie man in der Art Zone 798 in Peking sehen kann - noch vor 20 Jahren in China als reich, wenn man folgende drei Dinge besaß: Fahrrad, Nähmaschine und Fernseher.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Scipio am 13. Februar 2019, 23:22:31
ZitatDie chinesische Bevölkerung ist so was von konsumgeil und leider auch egoistisch, das haut selbst die größten "Der-Markt-regelt-sich-von-selbst-Schreier" von den Pantinen.

Das war mir bisher nicht bekannt. Ich dachte bisher immer, dass da Werte wie familierer Zusammenhalt sehr groß geschrieben werden..... Aber gut ich weiß sogut wie nichts über das Land und seine Bewohner.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Schwuppdiwupp am 13. Februar 2019, 23:28:33
Oh, die Familie hat immer noch einen sehr hohen Stellenwert in China. Nicht immer ist das von Vorteil. Zum Beispiel muss man sich auch deshalb in der Schule als Kind durchsetzen, um nicht Schande über die Familie zu bringen. Da ist ein überzogenes Ehrgefühl am wirken.


Nebenbei, lieber Scipio: Wenn du mal abschalten willst. Also ich sehe mir immer wieder gerne olle Zeichtrickfilme an, in denen mit den Protagonisten besonders bösartig umgegangen wird. Hebt - zumindest meine Laune - ungemein. :grins

Nur ein Beispiel: https://www.youtube.com/watch?v=cqyziA30whE (https://www.youtube.com/watch?v=cqyziA30whE)
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Sauropode am 14. Februar 2019, 08:22:51
ZitatDie chinesische Bevölkerung ist so was von konsumgeil

Ist mir in Vietnam auch so begegnet. Der Generation, die noch den Krieg mitgemacht hat, widerspricht man nicht, weil das Helden sind, an denen ist jegliche Kritik tabu. Auch was deren Umgang mit Ressourcen und der Umwelt angeht. Und dort fliegt der Plasrikmüll tatsächlich in die Landschaft und das Meer. Und die jüngeren Leute haben keine Lust, sich mit der Vergangenheit auseinander zu setzen, die wollen einfach konsumieren.

Jetzt sind wir schön OT. Was war nochmal das Ausgangsthema?  ;D
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Schwuppdiwupp am 14. Februar 2019, 18:42:27
Könnte ein Effekt in ehemals sozialistischen Ländern sein. Ist mir das erste Mal in Kuba begegnet.
Die wären aber bestimmt froh, wenn sie den Euro hätten.

(Womit wir wieder beim Thema wären.)
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: alliance1979 am 15. Februar 2019, 01:30:44
Ich nehme mir jetzt einmal die Zeit und gebe meinen Senf dazu. Ich versuche dabei auf alles ein wenig einzugehen. Der Text wird relativ lang. Deshalb bitte ich ein paar kleine Fehler zu entschuldigen. Ich spare mir lieber die Korrektur und wende mehr Zeit für den Inhalt auf.

1. "Ich selber bin im Augenblick der Meinung, dass wenn er beibehalten werden soll man die Wirtschaftspolitik der einzelnen Nutzerstaaten sehr stark aufeinander Abstimmen müsste. Andernfalls wäre es meiner Meinung nach besser den Euro rückzubauen."

Das ist bedingt korrekt. Allerdings muss man die Wirtschaft nicht "sehr stark" aufeinander abstimmen. Wobei das noch eine sehr laxe und allgemeine Formulierung ist. Was bedeutet also "aufeinander abstimmen"?

Im wesentlich bedeutet es, das man dafür Sorge trägt, das sich die Inflation (Geldentwertung und Preissteigerungen) aller Länder angleicht. Stark vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, das kein Land über oder unter seinen Verhältnissen leben darf. Dies erreicht man in der € Zone im wesentlichen dadurch, das die Löhne entsprechend der Produktivität steigen.

Länder in denen die Löhne schneller steigen als die Produktivität (bsp Griechenland), büßen mit der Zeit an Wettbewerbsfähigkeit ein. Das Handelsdefizit steigt. Länder in denen die Löhne langsamer steigen als die Produktivität (bsp Deutschland), bauen mit der Zeit einen Wettbewerbsvorteil aus. Der Überschuss steigt.

Kurzfristig ist beides kein Problem. Langfristig sorgt diese Entwicklung für eine massive ökonomische Schieflage.

Im Idealfall müsste man noch etwas die Steuerpolitik harmonisieren. Also etwa kein "Double Irish With a Dutch Sandwich" mehr.

Das wäre aber auch schon alles. Ansonsten darf jedes Land so wirtschaften, wie es dies möchte.

Ein reiner Agrarstaat könnte so im gleichen Wirtschaftsraum wie ein technisch hoch entwickelter Industriestaat existieren. Jeder könnte so "faul" oder so "fleißig" sein, wie er es für richtig hält, so lange sich die Löhne im Bereich der eigenen Produktivität bewegen.

2. "IHMO sind die Niedrigzinsen ziemlicher Mist."

Für manche ist das so. Wer aber auf der Suche nach einer Immobilie ist oder kein Vermögen hat, der profitiert sehr vom aktuellen Zinsniveau. Die EZB kann derzeit aber nicht wirklich viel für die derzeitige Zinsentwicklung. Sie hat nur ein wirkliches Werkzeug zur Hand. Das muss sie benutzen.

Egal wie sie es auch benutzt, es wird dabei monetäre "Gewinner" und "Verlierer" geben.

Jeder Sparer braucht übrigens einen Schuldner. Wer also Zinsen haben möchte, braucht jemanden, der einem Zinsen geben möchte. Wer soll das bitte derzeit sein?

Klamme Länder wie Griechenland dürfen sich nicht verschulden. Reiche Länder wie Deutschland wollen keine neuen Schulden aufnehmen und bauen diese sogar ab. Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück, was sich alles auf dem Anleihenmarkt bei der Nachfrage natürlich bemerkbar macht.

Sinkt die Nachfrage nach "Ersparnissen", dann bemerkt das der Sparer natürlich beim Zins. Angebot und Nachfrage.

3. "Ist denn der Euro krass überbewertet? Höre ich zum ersten mal"

Stellen wir uns einmal kurz vor, es gäbe die D-Mark noch. Dann würde jedes Land, das Waren oder Dienstleistungen von uns bezieht die D-Mark kaufen und die eigene Währung verkaufen, um an besagten Waren und Dienstleistungen zu gelangen.

Die D-Mark würde "stärker" werden, die Währung des jeweiligen Handelspartners entsprechend schwächer. Da wir jetzt eine Gemeinschaftswährung haben, zieht Deutschland mit seiner Exportstärke die Währung nach oben. Da wir aber viele Länder in der € Zone haben, die ein Handelsdefizit haben, ziehen diese Länder den € entsprechend nach unten.

Beim außereuropäischen Handel (!) ist das unter dem Strich ein Vorteil für Deutschland, denn die Währung ist gemessen an Handel & Produktivität zu schwach. Deutsche Waren sind im Ausland mit dem € also günstiger, als sie es mit der D-Mark wären. Gleichzeitig sind Waren aus den nicht € Ländern teurer, als sie es mit der D-Mark wären.

Für Länder wie Griechenland eher ein Nachteil, denn die Währung ist für das Land viel zu stark. Waren außerhalb der € Zone sind aus griechischer Sicht ziemlich günstig, während Waren aus Griechenland relativ teuer sind.

4. Ausstieg einer Gruppe von Ländern ähnlicher Wettbewerbsfähigkeit (Portugal, Spanien, Italien, Griechenland).

Diese Länder würden dann ihre eigene Währung bekommen, die dann gegenüber dem € massiv abgewertet werden würde. Dies wäre zwar beim Wettbewerb von Vorteil, die Länder müssten aber ihre Schulden in der deutlich härteren Währung € (oder anderen Währungen) abtragen. Ich hege ernsthafte Zweifel, ob das ohne einen drastischen Schuldenschnitt überhaupt gelingen kann.

Außerdem kommen dann die häufig missverstanden TARGET2-Salden ins Spiel. Die Länder sind unterschiedlichen Gruppen (vereinfacht ausgedrückt Filialen der EZB) zugeteilt. Wie man dann mit den entsprechenden Defiziten umgeht, wäre eine enorme Herausforderung.

5. "Eigentlich leuchtet es ja auch irgendwie ein, was ich an dieser Argumentation, nicht verstehe, ist warum das dann in einem ähnlich heterogenen Wirtschaftraum wie den USA, scheinbar funktioniert?"

Die EU und die USA sind nur schwer miteinander zu vergleichen. Mal abgesehen davon das man einwenden könnte, das es in den USA auch massive ökonomische Unterschiede zwischen den einzelnen Staaten vorhanden sind, es also durchaus "Gewinner" & "Verlierer" gibt, bewegen sich die einzelnen Staaten im Rahmen ihrer jeweiligen Produktivität. Außerdem gibt es einen gemeinsamen Bundeshaushalt für sehr wesentliche Bereiche wie Verteidigung, internationale Angelegenheiten , Verkehr, Medicare /Gesundheit usw. In Europa ist das eben nicht der Fall. Dort zahlt jedes Land für seine Verteidigung oder seine Botschaften selber.

Außerdem gibt es in den USA keine Konvergenzkriterien und es gibt eine gänzlich andere Zentralbank Politik.

Wenn es Punkte gibt, bei denen ich mehr ins Detail gehen soll, mache ich das gerne.

MfG
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: LaDeesse am 15. Februar 2019, 08:43:41
Zitat von: alliance1979 am 15. Februar 2019, 01:30:44
Beim außereuropäischen Handel (!) ist das unter dem Strich ein Vorteil für Deutschland, denn die Währung ist gemessen an Handel & Produktivität zu schwach.

Als "Vorteil unter dem Strich" würde ich es nicht bezeichnen, aber den deutschen Exporteuren hilft der Euro auch im innereuropäischen Handel. Exportschwache Euroländer haben keine Möglichkeit, Produktivitätsnachteile gegenüber Deutschland durch eine Abwertung der eigenen Währung wenigstens teilweise zu kompensieren.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: sailor am 15. Februar 2019, 12:59:42
Natürlich, aber eine solche Abwertung hätte für den Konsum der Bevölkerung massive Auswirkungen. Die Währungsabwertung als "Kriseninstrument" ist wirtschaftlich gesehen legitim, gesellschaftlich aber problematisch. Exportschwache Länder können ggü. D beispielsweise mit anderen Produktionskosten punkten. Üblicherweise geht das über die Lohnkosten.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Schwuppdiwupp am 15. Februar 2019, 17:24:51
@alliance1979 :merci:
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: alliance1979 am 16. Februar 2019, 02:16:01
@ Autor: LaDeesse

Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen.
Wenn man so will werden Länder durch den € um die Möglichkeit gebracht, die eigene Währung abzuwerten. Das würde ich so unterschreiben.
Aber eine Abwertung wäre unnötig, wenn sich die Länder wirtschaftlich besser abstimmen würden. (gemeinsames Inflationsziel einhalten)

Außerdem muss man erwähnen das der € gerade für kleine Volkswirtschaften einen großen (vergessenen) Vorteil bietet. Einen "Black Wednesday" wird es mit dem € nie geben.

@ Schwuppdiwupp

Gerne.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: PeterPan am 16. Februar 2019, 18:27:26
Zitat von: alliance1979 am 15. Februar 2019, 01:30:44
2. "IHMO sind die Niedrigzinsen ziemlicher Mist."

Für manche ist das so. Wer aber auf der Suche nach einer Immobilie ist oder kein Vermögen hat, der profitiert sehr vom aktuellen Zinsniveau. Die EZB kann derzeit aber nicht wirklich viel für die derzeitige Zinsentwicklung. Sie hat nur ein wirkliches Werkzeug zur Hand. Das muss sie benutzen.

Egal wie sie es auch benutzt, es wird dabei monetäre "Gewinner" und "Verlierer" geben.

Jeder Sparer braucht übrigens einen Schuldner. Wer also Zinsen haben möchte, braucht jemanden, der einem Zinsen geben möchte. Wer soll das bitte derzeit sein?

Klamme Länder wie Griechenland dürfen sich nicht verschulden. Reiche Länder wie Deutschland wollen keine neuen Schulden aufnehmen und bauen diese sogar ab. Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück, was sich alles auf dem Anleihenmarkt bei der Nachfrage natürlich bemerkbar macht.

Sinkt die Nachfrage nach "Ersparnissen", dann bemerkt das der Sparer natürlich beim Zins. Angebot und Nachfrage.

Ein guter Punkt den unter anderem auch Peter Praet in einer Analyse von 2017 in eine Grafik festgehalten hat. Der EONIA ist der Interbankenmarktzinssatz für die EWU. Es gibt noch den Euribor (nicht erwähnt der leicht andere Spezifikationen hat, aber auch eine Rolle im Interbankenmarkt hat..
(https://www.ecb.europa.eu/press/key/date/2017/shared/img/ecb.sp170406_1_chart_2.png)
https://www.ecb.europa.eu/press/key/date/2017/html/sp170406_1.en.html (https://www.ecb.europa.eu/press/key/date/2017/html/sp170406_1.en.html)

Die Zinsen seit Anfang der ECB/Euro waren übrigens nicht wirklich hoch. Übrigens sehr gut sichtbar die USA schwanken mehr haben aber einen eindeutigen Abwärtstrend. siehe
https://de.wikipedia.org/wiki/Federal_Funds_Rate#/media/File:LeitzinsenDE.svg (https://de.wikipedia.org/wiki/Federal_Funds_Rate#/media/File:LeitzinsenDE.svg)
https://fred.stlouisfed.org/series/FEDFUNDS (https://fred.stlouisfed.org/series/FEDFUNDS)
Hier nochmal von der ECB ohne Diagramm:
https://www.ecb.europa.eu/stats/policy_and_exchange_rates/key_ecb_interest_rates/html/index.en.html (https://www.ecb.europa.eu/stats/policy_and_exchange_rates/key_ecb_interest_rates/html/index.en.html)

Leider finde ich keine gute Grafik von der deutschen Bundesbank über Diskont-, Lombard- und Basiszinsatz (doofe Zeitreihen-Datenbank der DB). Zumindest gibt es einen Artikel über die negative reale Verzinsung von Einlagen. Sparen hat viele Bedeutungen und ich vermute, dass dies mit dem angesprochenen Kommentar gemeint ist.
https://www.bundesbank.de/de/aufgaben/themen/negative-reale-verzinsung-von-einlagen-kein-neues-phaenomen-664008 (https://www.bundesbank.de/de/aufgaben/themen/negative-reale-verzinsung-von-einlagen-kein-neues-phaenomen-664008)


Wobei ich mich dem Tenor "Niedrigzinsen sind Mist" anschließe. Persistent niedrige Zinssätze oder generell Modalitäten zugunsten dem Handel zwischen Notenbank und Finanzinstituten deuten auf Probleme im Verhalten einerseits zwischen Banken und andererseits zwischen nicht-finanziellen Unternehmen und privaten Nachfragern hin.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: alliance1979 am 17. Februar 2019, 05:29:16
Das liegt daran, dass die Deutsche Bank damit nicht mehr viel zu tun hat. Diskont & Lombardsatz sind ebenso wie die FIBOR-Sätze, seit 1999 Sache der EZB geworden.
Eine weitere kleine Korrektur. Nach dem Diskontsatz-Überleitungs-Gesetz gibt es eigentlich keinen Diskontsatz mehr.
Das ist nur noch der Basiszinssatz.

https://www.gesetze-im-internet.de/d_gaufhg/D%C3%9CGAufhG.pdf

Vielleicht hilft diese Quelle auch ein wenig.

https://www.bundesbank.de/resource/blob/650692/8e8d7030d6e8ffc46f93a7f80f3915b4/mL/s510ttdiskont-data.pdf

Grafiken die vielleicht helfen könnten:

https://blog.zeit.de/herdentrieb/files/2016/12/Notenbankzinsen_BuBa-EZB_Fed_seit_1960.gif

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/7f/Leitzinsen.png

Sind diese Zeitreihen besser? Oder was genau stört an dem, was Sie gefunden haben?

Und ja das ist (u.a.) mit dem von Ihnen verlinkten Artikel gemeint.

Was den Niedrigzins angeht.
Einfacher und korrekter wäre es von Banken und Nichtbanken zu sprechen. ;) Ja da gibt es gewisse Probleme.

Nur ist die EZB daran schlicht unschuldig und ich wollte nur darauf aufmerksam machen, das jedwede Leitzinspolitik Gewinner & Verlierer kennt. Nur ist das in der Realität manchmal sehr schwer zu bestimmen, wer eigentlich genau was ist.

MfG
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Scipio am 17. Februar 2019, 12:51:15
@alliance1979:

Erstmal danke für deine Ausführungen.

Ich hätte aber noch eine Bitte an dich. Könntest du erläutern, was es mit den Target2-Salden auf sich hat?

Ich frage das deshalb, weil z.B.: Hans-Werner Sinn wie eine Monstranz vor sich herträgt, dass die EU-Staaten mit 1 Billion Euro (über das Target-System) bei Deutschland in der Kreide stehen und das bei einem Zahlungsausfall sehr hohe Kosten auf Deutschland zu kämmen, weil es dann die Bilanz der Bundesbank ausgleichen müsste oder so ähnlich (Stichwort Target-Falle).

Mittlerweile habe ich aber auch ein paar Aussagen gelesen, die Zweifel an der Richtigkeit von Sinns Thesen aufkommen lassen.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: PeterPan am 17. Februar 2019, 13:49:57
Ich wollte ein Diagramm für die historischen Sätze der deutschen Bundesbank finden. Die Quelle für die Zinssätze (DB) ist super um einen kleinen Vergleich zu haben.

Eine Zitation aus dem Kopf:" Zentralbanken folgen den Zinsen und dem Markt, aber sie entscheiden nicht." Ich glaube das habe ich bei Paul Krugman aufgeschnappt (wortlaut nicht korrekt).

Auch wenn ich nicht zu den Target2-Salden gefragt wurde möchte ich ein Kommentar dazu schreiben. Die deutsche Bundesbank hätte bei einer Auflösung der Währungsunion immer noch in ihrer Bilanz Devisen (und andere Assets/Forderungen) der Währung Euro. Da wird nicht Hals über Kopf alles beendet. Auch die ECB endet nicht von einen auf den anderen Tag. Der Euro würde geordnet weiterhin existieren wahrscheinlich ähnlich dem ECU (gewichteter Währungskorb von unterschiedlichen EG-Staaten). Nun wäre die deutsche Bundesbank einem Währungsrisiko ausgesetzt, wie sie es schon vor Beginn des Euros gegenüber anderen nun nicht mehr Euro-Ländern war. Das bedeutet keinen Zahlungsausfall oder das der Staat selbst eingreifen muss.

Übrigens in einem solchen Fall wäre ja dann nicht nur die deutsche Bundesbank betroffen. Jeder Zentralbank die ausländische Devisen in Euro besitzt wäre betroffen. Nicht-Euro Länder mit größerer Zentralbankbilanz wie die Schweiz, Dänemark, Schweden (gibt noch mehr) wären auch diesem Währungssrisiko ausgesetzt.

Es ist nur ein Aspekt von Target2 den ich bringe.

Noch einige Links die ich gut über das Thema finde.
Im Blog Fazit schreibt Herr Braunberger immer wieder gute Artikel so auch die immer wieder nüchterne Analysen von Herr Sinns Target2 Aussagen.
https://blogs.faz.net/fazit/2018/07/03/das-anleihekaufprogramm-der-ezb-treibt-den-target-2-saldo-10130/ (https://blogs.faz.net/fazit/2018/07/03/das-anleihekaufprogramm-der-ezb-treibt-den-target-2-saldo-10130/)
Ein Vergleich zu den USA und wie dort mit Liquidität umgegangen wird. Ein sehr guter Artikel.
https://blogs.faz.net/fazit/2018/06/25/verkanntes-vorbild-target-2-amerika-10073/ (https://blogs.faz.net/fazit/2018/06/25/verkanntes-vorbild-target-2-amerika-10073/)

Und noch schnell die Erklärung für ECU.
https://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4ische_W%C3%A4hrungseinheit (https://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4ische_W%C3%A4hrungseinheit)
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: alliance1979 am 17. Februar 2019, 14:04:59
Moin. Bezüglich der Target2- Salden nehme ich mir am Montag die Zeit und erkläre das. Heute habe ich dafür schlicht nicht genug Zeit.

Speziell weil ich auch auf einen Teil, von dem was PeterPancake geschrieben hat eingehen möchte.
Der Teil könnte etwas länger dauern.

MfG
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: alliance1979 am 18. Februar 2019, 08:39:41
Da ich viel zu schreiben habe und ein wenig unter Zeitdruck (Arbeit) stehe, verzichte ich mal wieder aufs lektorieren.

Target-2

Frei nach Mittermaier eine Geschichte voller Missverständnisse...

Struktur & System:

Trans-European Automated Real-time Gross Settlement Express Transfer System ist die zweite (deshalb 2) Generation unseres Zahlungsverkehrssystems, mit dem Sinn grenzüberschreitende, aber auch nationale Zahlungen in Euro Zentralbankgeld zu ermöglichen.
Nach der Einführung des € war das logischerweise eine Grundvoraussetzung für einen effizienten Zahlungsverkehr.

Wo es vorher in Deutschland und anderen Ländern nur ein einstufiges Zentralbanksystem (von außen betrachtet) gegeben hat, gesellte sich durch die Währungsunion (eigentlich etwas früher) die EZB dazu.
Die T-2 Salden sagen dabei aus, wie viel Guthabe die einzelnen nationalen Geschäftsbanken (Sparkasse, HSBC, Alpha Bank usw) bei der EZB haben, die zur Ihrer jeweiligen nationalen Zentralbank (Banco de España, Deutsche Bundesbank usw.) gehören.

Aus Sicht unserer Bundesbank sind damit die Guthaben aller deutschen Geschäftsbanken, die diese bei der EZB haben, auch die Summe der TARGET2- Forderungen der Bundesbank.
Gleiches gilt natürlich für die Verbindlichkeiten.

Geschäftsbanken benötigen Guthaben bei der Zentralbank u.a. etwa, um Giralgeld gegen Bargeld einzutauschen (wenn ich etwa von einem EC-Automaten Geld abhebe), um Kredite von anderen Zentral- und Geschäftsbanken zurückzahlen zu können, Staatsanleihen zu kaufen oder um Überweisungen der eigenen Kunden an andere Geschäftsbanken zu ermöglichen, wenn auf einen sofortigen Zahlungsausgleich bestanden wird.

"Unsere" TARGET2-Salden entstehen im wesentlichen also aus Überweisungen von Geschäftsbanken anderer € Länder, die an deutsche Geschäftsbanken gehen.

Weil das alles möglicherweise sehr abstrakt ist, versuche ich das an einem praktischen Beispiel zu erklären.

Stellen wir uns kurz vor, Wirtschaftssubjekt X kauft in Griechenland etwas für 5 € ein*. Der eigentliche Verkäufer sitzt in unserem Beispiel in Deutschland.
Die Bank des Kunden in Griechenland muss nun entweder die 5€ an die EZB überweisen oder nimmt einen Kredit bei der Bank des deutschen Verkäufers auf.
Wenn die Bank in Deutschland, der Bank in Griechenland einen Kredit gewährt (Interbankenhandel) wird einfach das Geld überwiesen und die T2-Salden ändern sich nicht.

Wenn die Bank aber darauf besteht, dass die offene Forderung sofort beglichen wird, dann muss die griechische Geschäftsbank an ihr Zentralbankguthaben heran und damit "bezahlen".
Verfügt die griechische Bank nicht über das nötige Guthaben bei der Zentralbank, kann sie sich welches von der nationalen Zentralbank (Bank von Griechenland) gegen eine entsprechende Sicherheit leihen.
Wird die gr. Bank dann ihr Zentralbankgeld an die EZB überweisen und schreibt diese das dann der jeweiligen deutschen Geschäftsbank gut, ändern sich die T2-Salden.

(*gilt für alle Außenhandelstransaktionen, Kreditgeschäfte und den Wertpapierhandel, aber nicht wenn etwas Bar bezahlt wird)

https://www.bundesbank.de/resource/blob/603546/f441e8425d805191a0ec0682427a3216/mL/2011-03-mb-target2-saldo-data.pdf

Wichtige Rückschlüsse und Irrtümer

Auch wenn man folgendes häufig liest, bedeutet das also derzeit nicht, das die Bundesbank irgendwelche realen(!) offenen Forderungen gegenüber der EZB oder anderen Zentralbank hat.
Es ist auch kein staatlicher Geldtransfer und es bedeutet auch nicht, das deutsche Unternehmen Waren und Dienstleistungen veräußert, die ihnen noch gar nicht bezahlt wurden.

(dabei ist es natürlich möglich das der Käufer Waren oder Dienstleistungen auf Pump bei seiner jeweiligen Geschäftsbank gekauft hat)


Denn der erfolgte Zahlungsverkehr, ist ja die Grundvoraussetzung dafür, das sich bei den T2-Salden überhaupt etwas ändert.

Die T2-Salden erzählen eine gänzlich anderes Geschichte.

Zu einem zeigen Sie uns die Leistungsbilanzungleichgewichte und die Kapitalflucht innerhalb der €-Zone auf.
Deutschland ist ja, wie allseits bekannt, der Exportweltmeister. Andere Länder wie Griechenland haben hingegen lange Zeit mehr importiert als exportiert.

Jetzt steht aber die Frage im Raum, warum sich die T2-Salden erst seid 2007 so entwickeln, wie sie sich entwickelt haben. Schließlich war Deutschland auch schon vor dem Jahr 2007 ein sehr exportstarkes Land.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/7d/Target2%25_20graph%25_20-%25_20%25_20ecb%25_20data%281%29.jpg

(T2- Salden)

http://www.import.de/wp-content/uploads/2015/10/aussenhandel-deutschland.jpg

(Export/Import = Handelsbilanz)

Die Frage ist leicht zu beantworten. Schuld daran ist die Subprime-Krise in den USA. Eine Krise die leider
nur sehr unzureichend in der Politik und den Medien ausgeleuchtet wurde.
Eine der vielen Folgen dieser Krise ist, das Banken sich untereinander nicht mehr so sehr vertrauen, wie sie es vor der Krise taten. Dies belastet den Interbankenhandel. Woher weiß ich etwa als Commerzbank, auf wie vielen toxische Papieren die Alpha Bank noch sitzt.
Deshalb gebe ich der Alpha Bank keinen Interbankenkredit mehr, sondern fordere lieber direkt sicheres Zentralbankgeld an.
So wachsen die T2-Salden an.

Das Ungleichgewicht im Handel gab es auch schon vorher. Es wurde nur durch die Finanzkrise sichtbar gemacht.

Zu den Links

@ PeterPancake

Ich halte nicht sonderlich viel von Prof. Hans-Werner Sinn und auch nicht von dem verlinkten Blog.
Im wurde auch massiv widersprochen, leider erzeugt Herr Sinn mehr Aufmerksamkeit, als die meisten anderen Ökonomen.

Siehe:

https://www.econstor.eu/bitstream/10419/94455/1/wp_29.pdf

oder hier:

https://voxeu.org/article/there-hidden-eurozone-bailout

Die Target 2 Salden sind also innerhalb unserer Währungsunion KEINE KREDITE.

Über die Frage was passiert, wenn die Währungsunion zerbricht, schreibe ich etwas, wenn ich die Zeit finde.

Hoffe ich konnte etwas helfen und das der Text einigermaßen Sinn lesbar ist. Bei Fragen einfach schreiben.

MfG
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Scipio am 18. Februar 2019, 21:38:42
@alliance1979: Vielen Dank für deine Mühe!
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: alliance1979 am 19. Februar 2019, 08:05:56
Gerne. Wenn es noch Fragen gibt....

Ansonsten werde ich mich mal am Mittwoch oder Donnerstag mit einem Bierchen vor den Computer setzen und über die "Risiken" und "Probleme" der T2 Salden schreiben.

Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Scipio am 04. März 2019, 22:23:13
Weil es gerade aktuell ist mal eine Frage zur Produktivität: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/wirtschaftsleistung-in-ostdeutschland-weit-geringer-als-im-westen-a-1256158.html

ZitatIm Jahr 2017 lag sie einer Studie des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) zufolge in den neuen Ländern einschließlich Berlin bei durchschnittlich 82 Prozent des Westniveaus.

Angeblich seinen die Fördermittel des Landes schuld, da es die Unternehmen dazu verleiten würde unproduktive Arbeitsplätze zu erhalten.

So ich hab mich mal in der Google-Bibliothek über die Berechnung der Produktivität zu informieren versucht und festgestellt, dass es mehrere Methoden gibt die Produktivität zu berechnen. Was die Angabe ohne den entsprechenden Kontext schon wieder unbrauchbar macht.

In den Kommentaren regt man sich darüber auf, dass das Produktivitätsdefizit eine Folge der Gehaltsunterschiede in Ost und West sein. Könnt ihr mir vielleicht helfen das ganze einzuordnen?
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Joseph Kuhn am 05. März 2019, 08:29:18
Die Studie des IHW ist online: https://www.iwh-halle.de/fileadmin/user_upload/publications/sonstint/2019_iwh_vereintes-land_de.pdf

Die vom Spiegel zitiertern Ost-West-Unterschiede wurden als BIP/Erwerbstätigem gemessen. Niedrigere Löhne erklären daher in der Tat einiges, steht auch im Spiegel.  Für's Nachdenken vielleicht hilfreich: Auf S. 39 gibt es eine Europa-Karte (hier BIP/Einwohner). Die Länder mit niedriger Produktivität sind z.T. solche, in die wir Produktion verlagern. 
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Typee am 05. März 2019, 10:54:10
Zitat von: Joseph Kuhn am 05. März 2019, 08:29:18
Die vom Spiegel zitiertern Ost-West-Unterschiede wurden als BIP/Erwerbstätigem gemessen.

Was lernt uns das, würde mein alter Mathe-Lehrer fragen. Nun: "Produktivität" ist kein Naturphänomen, sondern das, als was man es definiert. Würde man als "Produktivität" das Verhältnis von Erlös zu Arbeitskosten annehmen, also keine volks- sondern eine betriebswirtschaftliche Definition wählen, wogegen rein sprachlich auch nichts spräche, käme eine genau entgegengesetzte Tendenz heraus. Das mahnt zur Vorsicht beim Umgang mit solchen Begriffen.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: sailor am 05. März 2019, 13:15:18
Die Produktivitätsunterschiede sind eben nicht allein auf das Lohngefälle zurückzuführen. Wie scipio bereits richtig erwähnt gibt es mehrere "Produktivitäten", die verschiedene Parameter berücksichtigen. Lohn hat auf mehrere Aspekte Einfluss, aber nicht auf alle, er kann sogar die Folge von Produktivitätsberechnungen sein...

Ich versuchs mal etwas genauer:

Lohnabhängig ist bspw. die Arbeitsmotivation. Je mehr Kohle, desdo williger der Arbeiter. Anderes Bsp. ist die Einstiegsqualifikation. Je höher der Lohn, desdo eher bekommt man Leute mit besserer Qualifikation und damit (theoretisch) mehr Produktivität.

Unabhängig vom Lohn sind Produktivitätsbetrachtungen, die sich auf den reinen Output/Wertschöpfung beziehen. Hierbei wird ermittelt, wie viel Mehrwert eine Arbeitsstunde bringt, ohne dass Lohn zunächst eine Rolle spielt (auch da kann man brutto/netto rechnen). 

Richtig bunt und lustig wirds bei Kategorisierung der erbrachten Leistung/Wertschöpfung nach "Mitarbeiterklassen", also bspw. nach Qualifikation: Wieviel Wertschöpfung erbringt ein Ungelernter, Facharbeiter, Akademiker? Wenn man dies in Relation zu den Löhnen setzt kann es böses Erwachen geben :D

Generell kann man sagen, dass Großunternehmen produktiver sein sollten, weil in ihnen mehr Spezialisierung vorherrscht. Über die Flexibilität am Markt sagt das gar nix aus. Der Osten hat ein anderes Verhältnis der Betriebsgrößen zueinander und deutlich weniger spezialisierte Nischenunternehmen ("hidden champions"), welche in ihrer Nische tlw. extreme Produktivität gemessen an der Wertschöpfung aufweisen. Damit sagt Produktivität auch etwas über Spezialisierung und Qualifizierung von Unternehmen und damit von Mitarbeitern aus: Je spezialisierter/qualifizierter ein Unternehmen/Arbeiter ist, desdo höher ist seine Produktivität... ansonsten würde Wissens- und Fähigkeitsvertiefung keinen ökonomischen Sinn machen.

Was die weniger produktiven Regionen in Europa angeht: Dorthin verlagert man, weil es weniger Lohn aufgrund weniger Nachfrage nach qualifizierten Mitarbeitern gibt... oder die nichtqualifizierten sind nochmal deutlich billiger als hier. Man darf nicht vergessen, in vielen Branchen kann man Produktion so organisieren, dass sie auch von nichtqualifizierten erledigt werden kann. Taylor lässt grüßen. Das sind in der Regel jene Branchen, die Masse produzieren, geringen Overhead haben und F&E von der Produktion entkoppeln können, bspw. Modeunternehmen oder auch Autobauer. Spezialisierte Chargen- oder Einzelfertigung kann das nicht, weshalb die Hidden champions in D bleiben/zurückkommen.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Scipio am 07. März 2019, 18:19:53
https://www.wiwo.de/politik/europa/europaeische-zentralbank-warum-das-euro-projekt-gescheitert-ist/24068372.html

Der oben angeführte Artikel wirf bei mir zwei Fragen auf:

1. Ist wirklich der Zinssatz des Euro das eigentlich Problem?

ZitatDas Kernproblem ist der einheitliche Zins, mit dem die EZB den Euro steuert. Man stelle sich eine freie Marktwirtschaft ohne Zinsmanipulation durch die staatliche Zentralbank vor. Der Marktzins entspräche dann den Zeitpräferenzen der Menschen.

2. Ist der erwähnte Währungswetbewerb von Hayek etwas das funktionieren kann?

ZitatÜberließe man die Auswahl der Währungen dem Wettbewerb auf dem freien Markt, wie es der Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek (1899 – 1992) forderte, setzte sich vermutlich eine Weltwährung durch, die überall akzeptiert wird. Vieles spricht dafür, dass es sich dabei um ein Warengeld wie Gold oder andere Edelmetalle handeln würde.

Der Autor scheint den Märkten sehr viel zuzutrauen.....
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: PeterPan am 09. März 2019, 17:10:40
Erstmal ist dies ein Kommentar keine wissenschaftliche Abhandlung. Quasi, die eigene Meinung einer Person mit einem bestimmten Weltbild.

Zu Nr.2
Soviel geschrieben und so wenig wertvolles dabei. Schon der Aufbau des Scheinproblems mit der Beschreibung von Währung und wie es nur nach deutscher Definition zu funktionieren habe mit der fantastischen Lösung aus der österreichischen Schule mit dem Totschlagargument Gold. In dem Beispiel wäre die D-Mark gar des Teufels. Ob ein Währungswettbewerb funktioniert. Natürlich kann es funktionieren, aber ob es tatsächlich hilfreich ist und ob es den Lebensstandard verbessert ist fraglich. Der Autor merkt den Faktor Zeit beim Zins an, aber ignoriert diesen Faktor beim Hayek-Argument komplett. Wie lange dauert es bis sich in diesem Wettbewerb die eine Währung durchsetzt? Wieviele Verluste werden Menschen durch falsches nutzen einer der Währungen um ihre Ersparnisse gebracht? Warum sollte es Gold oder ein anderes Edelmetall sein? Wie setzt sich überhaupt das ganze Steuer- und Lenkungssystem des Staates zusammen? Warum wurden überhaupt Zentralbanken geschaffen? Gab es den jemals so richtig echten Währungswettbewerb? Da gibt es noch sehr viel mehr fundamentale Fragen die ignoriert werden.

Wenn der Tag lang war kam aus Hayek mehr von seiner eigenen Utopie als Sachverstand.

Zu: Warum gibt es Zentralbanken? Ein Argument. Die englische Wiki-Seite hat noch mehr Geschichte.
https://en.wikipedia.org/wiki/Sveriges_Riksbank
Die Schwedische Reichsbank ist die älteste noch existierende Zentralbank der Welt. Sie entstand durch die Übernahme der 1656 von Johan Palmstruch gegründeten Palmstruch-Bank oder Stockholms Bank. Die Bank von Palmstruch bekam 1656 das Recht, Banknoten herauszugeben. Aufgrund einer Überemission ab 1661 ging die Bank 1668 in Konkurs und wurde als Riksens Ständers Bank vom schwedischen Reichstag übernommen, um das Vertrauen in das Bankwesen wiederherzustellen.


Nr.1
Es ist erstmal ein Faktor, der im Artikel leider nur auf ein Paper hinweist. Eine Grafik mit den unterschiedlichen Zinssätzen aller Zentralbanken der EWU vor der Einführung des Euro und einer Schätzung wie sie sich bis jetzt entwickelt haben wäre hilfreicher als dieses Palaver. Wie hoch die Gewichtung des einheitlichen Zinssatzes auf die generelle wirtschaftliche Entwicklung der EWU ist weiß ich nicht. Eine Frage wäre übrigens da schon zu stellen. Zinsen niedrig -> Wird den viel investiert/konsumiert und werden knappe Resourcen für Konsum "verschwendet" die in einen Bust enden? Wie sieht den zurzeit die Zeitpräferenz im Hinblick auf Sparen und die Maßnahmen von unterschiedlichen Staaten aus?
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Scipio am 28. März 2019, 18:46:03
Wenn wir schon beim Thema Währung sind würde ich ganz grundsätzlich noch etwas dazu wissen wollen.

Es wird sich in interessierten Kreisen regelmäßig darüber aufgeregt, dass man Papiergeld unbegrenzt vermehren kann. Man macht dies (unter anderem) für die derzeitige Schieflage der Wirtschaft verantwortlich. Als Alternative wird gerne auf Gold bzw. Edelmetalle als Grundlage für eine Währung verwiesen.

Dazu hätte ich zwei Fragen:

1. Kann man Papiergeld /Fiat-Geld wirklich unbegrenzt vermehren?

2. Wäre eine auf z. B.: Edelmetall basierende Währung eine bessere alternativ zum derzeitigen System? (Ich bin mir bewusst, dass das keine einfach zu beantwortende Frage ist.)
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: kosh am 28. März 2019, 20:05:42
@Scipio:

1. Nein, irgendwann kollabiert das Papiergeld unter seiner eigenen Schwerkraft und wird zu einem schwarzen Loch. Dann kann man nur nur noch in Paralleluniversen damit bezahlen... Nein im Ernst: Die Frage ist falsch gestellt, denke ich:
1.1 Man kann natürlich (nahezu) beliebig viel Geld drucken
1.2 Jedem ist klar, dass es dann eine Mordsinflation gibt, deswegen machts keiner der bei Verstand ist
1.3 Dann ist ja Gold besser, oder?
1.4 Nein- was ist zB wenn man in Afrika/auf dem Mond/... Riesige Vorräte entdeckt?

2. https://de.wikipedia.org/wiki/Bretton-Woods-System - Das ist der historische Hintergrund dazu.

Disclaimer: Nein, ich bin kein Volkswirtschaftler.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: sailor am 29. März 2019, 11:18:03
Gold: Ist keine wirkliche Alternative zu "Papiergeld", da der Wert des Goldes genauso willkürlich ist wie der des Papiers. Da Gold auch nur "begrenzt" vorhanden ist, hat man bei Steigerungen des Geldbedarfes massive Deflationsprobleme. Schau dir die Entwicklung der Geldmengen auf der Welt in den letzten 100 Jahren an, dies repräsentiert auch die Entwicklung der geschaffenen Werte. Eine Knüpfung dieser Wertschöpfung an Gold macht Fiatgeld nicht überflüssig, weil man Fiatgeld als Transfereinheit braucht.

Drittens ist Gold die wohl schlechteste Ressource für die "Apokalypse": Bei einem postulierten Zusammenbruch aller staatlicher und wirtschaftlicher Ressourcen werden die Bedürfnisse der Überlebenden auf die untersten Level von Maslow zurückgeworfen: Nahrung und Sicherheit. Gold hilft weder bei einem noch beim anderen. Bessere Endzeitwährungen sind Konserven, Saatgut und Munition. Ein Edelmetall, welches technisch nicht nutzbar ist hilft niemanden in dieser Situation... und wenn doch kommen die Typen, die in Munition investiert haben und nehmen es dir weg :D
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Schwuppdiwupp am 29. März 2019, 19:08:25
Genauso habe ich mehreren "Goldhortern" in meinem Bekanntenkreis (übrigens keineswegs ungebildete Vollpfosten!) gegenüber argumentiert. War aber für die Katz! ::)

Der Goldglaube scheint aus Opas Geschichten aus der Zeit während der deutschen Hyperinflation immer noch stete Nahrung zu finden.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: Belbo am 29. März 2019, 21:53:44
Zitat von: Schwuppdiwupp am 29. März 2019, 19:08:25
Genauso habe ich mehreren "Goldhortern" in meinem Bekanntenkreis (übrigens keineswegs ungebildete Vollpfosten!) gegenüber argumentiert. War aber für die Katz! ::)

Der Goldglaube scheint aus Opas Geschichten aus der Zeit während der deutschen Hyperinflation immer noch stete Nahrung zu finden.

Na nicht nur, auch nach dem 2. Weltkrieg war der ein oder andere Flüchtling über jeden Goldzahn froh den ihn ein ehemals Strammdeutscher Bauer und Volksgenosse in ein paar Eier verwandelte.
Wie hoch jemand die Wahrscheinlichkeit solchen Unglücks einschätzt...... die Katastrophenpropheten in unserer Kundschaft scheinen z.T. ja gut davon zu leben.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: PeterPan am 21. April 2019, 11:04:46
Zitat von: Scipio am 28. März 2019, 18:46:03
1. Kann man Papiergeld /Fiat-Geld wirklich unbegrenzt vermehren?

2. Wäre eine auf z. B.: Edelmetall basierende Währung eine bessere alternativ zum derzeitigen System? (Ich bin mir bewusst, dass das keine einfach zu beantwortende Frage ist.)


zu 1.:
Es ist eigentlich etwas irreführend zu sagen "Papiergeld/Fiat-Geld" kann unbegrenzt vermehrt werden. Das springt ein wenig aus der Vorstellung heraus, das ich allein mit einer Druckerpresse/Computer mir Wohlstand/Güter erschummeln kann. Ich könnte mir alles kaufen was ich will (quasi eine Mikrosicht). Besser wäre es zu fragen wie der Staat (dem das Monopol zur Geldschöpfung innerhalb eines Rechtskreises gehört und dies an eine Zentralbank ausgelagert hat) mit der eigenen Währung umgeht und was für den Staat eine unbegrenzte Geldmenge bedeutet. In dem Fall kommt auch schon der politische Diskurs innerhalb eines Staates eine wichtige Rolle zu wie die eigene Währung im In- und Ausland akzeptiert und gehandelt wird.

Eine zweite Sicht wäre die aus dem Bereich Finanzwesen. Eine Zentralbank kann "unendlich" Geld schöpfen, aber was bringt das überhaupt? Was bringt es der ECB Volkswagen zu kaufen? Letzten Endes ist eine Zentralbank eher wie ein Messie der gerne hortet (die staatliche Rolle klammer ich aus). Dann gibt es noch die finanziellen Unternehmen (nicht alle) die gesetzlich an die Zentralbank gebunden sind. Sie besitzen ein Konto bei der Zentralbank und müssen sich an Richtlinien halten die der jeweilige Staat voraussetzt. Finanzinstitute können auf den ersten Blick auch "unendlich" Geld schöpfen, solange sie sich ans Gesetz halten und etwas zum kaufen/verkaufen haben. So sind sie erstmal an Grenzen gebunden. Die Deutsche Bank kann nicht so einfach Volkswagen (komplett) kaufen und sogar wenn was bringt das genau der Deutschen Bank? Nicht zu vergessen Volkswagen besitzt ein eigenes Finanzinstitut (Volkswagen Bank).

Zusammengefasst - denk nicht daran was du mit unendlich viel Kaufkraft/Geld anstellen kannst. Nimm die Sicht des Staates ein der eine ganze eigene Sichtweise zum Thema hat und die sich den zeitlichen Gegebenheiten anpasst. Wobei da auch dann wieder geschaut werden muss wie der Staat organisiert ist.

zu 2.:
Das ist eher ein Gedanke weshalb ich glaube, das einige Menschen eine auf Edelmetall basierte Währung wollen. Es ist der Wunsch auf eine statischen Wert (oder der an Wert gegenüber allem anderen gewinnt) der kaum veränderbar ist um ein möglichst großes Maß an Sicherheit zu haben. Ich will das Perpetuum mobile des Geldes. Ein Argument für Bitcoin war eine Obergrenze für die Schöpfung. So ist es auch für Edelmetalle da sie subjektiv insbesondere historisch auch über den Staat (hoheitliche Gewalt) immer einen Wert hatten der zumeist über vielen anderen Gütern stand (Platin mal ausgenommen das war zeitweise Müll bis es in der Moderne doch ganz schön wertvoll wurde). Ein Diskussion oder auf jeden Fall ein Gedanke wäre es darüber zu philosophieren was am Beispiel einer 1 Gramm Goldmünze die einen intrinsischen Wert hat und dem gegenüber was du dir zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte dafür kaufen kannst.

Eine Währung die sich unterschiedlichen Gegebenheiten nicht anpassen kann ist zum scheitern verurteilt. Entweder wird der Staat (+Zentralbank) oder die Bevölkerung selbst zum handeln gezwungen eine Änderung durchzuführen. Ein gute Frage für ein solches System ist: Wie gehen Menschen Schuldverhältnisse ein? Auch eine auf Edelmetall basierende Währung kann durch ein Stück Papier mit der Garantie das ich dir eine 1 Gramm Goldmünze gebe ausgeweitet werden. Die Geschichte zeigt sehr gut, dass das Geldwesen immer wieder Wege gefunden hat um über den Faktor Zeit die Geldmenge zu vermehren oder zu strecken. Auch die Einarbeitung von anderen Metallen, die Verringerung des Gewichts oder die Nutzung anderer Metalle (Silber, Kupfer) war der Versuch die Geldmenge zu ändern. Ohne diese dynamische Anpassung sehe ich die Menschheit eher in der Subsistenzwirtschaft verharrend.

Als gutes Beispiel dient das 19. Jahrhundert in dem der Goldstandard langsam Fuß fasste, indem Silber als Währung "verboten" wurde kam es immer wieder zu Deflation und es würde mich nicht wundern wenn Wechseln genutzt wurde um trotzdem über der existierenden Goldmenge Handel treiben zu können bis dann jemand nachgefragt hat ob das mit rechten Dingen zugeht und voila Deflation. Ähnlich war es mit dem Bretton-Woods-System es hielt solange weil niemand nachgefragt hat ob denn alle Werte korrekt sind. Auch in der Finanzkrise kam es zu diesem Punkt wo Finanzinstitute merkten das eine Korrektur notwendig ist.

Zusammengefasst - Es gab nie ein richtige Edelmetall basierende Währung da im Alltag Verhältnisse mit dem Faktor Zeit eingenommen wurden womit Geld vermehrt werden konnte oder ganz einfach eine eigene Währung erfunden wurde. Staat, Bank und Bevölkerung haben sich schon immer gewissen Spitzfindigkeiten zunutze gemacht [um auch in der Fastenzeit sein Fleisch zu bekommen war der Biber ein Fisch  ;)]. Die statische Währung fasste erst Fuß falls sich jemand in der Buchhaltung oder ein reicher Schnösel die Zahlen genauer angesehen hat. Geschichtlich mit teils sehr unangenehmen Folgen.



Ich erinnere mich an einen Lehrer der gerne vom reichen Bauern erzählt hat. Der Perserteppich für die Kuh, Kunstwerke im Stall, Deutsche Eichenmöbel und weitere Kostbarkeiten für etwas Nahrung. Beim Goldzahn wäre übrigens die Frage ist das nun Zahlungsmittel oder ein Tauschhandel? Und würde der Bauer für einen Goldzahn seine Milch weggeben wenn er wüsste das es keinen Wiederaufbau gäbe, sondern nur Enteignung? Und war der Goldzahn bei jedem Gehöft gleich viel wert? Was ist mit etwas Schwarzgebranntem das war zeitweise ganz schön viel wert. Ich erinnere mich an einen Bericht über den Jugoslawienkrieg, dass Zigaretten einen hohen Wert hatten. Und woher kommt der Begriff Zigarettenwährung wenn nicht aus Deutschland nachdem 2.WK.

edit:
Die Phase von 1945-1948 ist eigentlich das perfekte Experiment für die Natürlichkeit das Gold/Edelmetall sich immer durchsetzt (hat es das überhaupt?). Zwar wurde das Experiment durch die Währungsreform 1948 gestoppt, aber das anschauen wie sich Menschen tatsächlich im Bereich des Geldwesens verhalten und wie Währungen entstehen ist bestimmt spannend. Auch der teils fließende Unterschied zwischen Währung, Geld und Tauschhandel (alle 3 haben verschiedene Definitionen). Ich würde soweit gehen und sagen, dass im Ergebnis Gold einen gewissen autoritären Charakter haben wird der nicht von unten sondern von oben kommt (top-down Verfahren).
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: LaDeesse am 21. April 2019, 15:24:26
Zitat von: PeterPancake am 21. April 2019, 11:04:46
Zitat von: Scipio am 28. März 2019, 18:46:03
1. Kann man Papiergeld /Fiat-Geld wirklich unbegrenzt vermehren?
...

zu 1.:
Es ist eigentlich etwas irreführend zu sagen "Papiergeld/Fiat-Geld" kann unbegrenzt vermehrt werden. Das springt ein wenig aus der Vorstellung heraus, das ich allein mit einer Druckerpresse/Computer mir Wohlstand/Güter erschummeln kann. Ich könnte mir alles kaufen was ich will (quasi eine Mikrosicht). Besser wäre es zu fragen wie der Staat (dem das Monopol zur Geldschöpfung innerhalb eines Rechtskreises gehört und dies an eine Zentralbank ausgelagert hat) mit der eigenen Währung umgeht und was für den Staat eine unbegrenzte Geldmenge bedeutet.
... Eine Zentralbank kann "unendlich" Geld schöpfen, aber was bringt das überhaupt? Was bringt es der ECB Volkswagen zu kaufen? ...
Dann gibt es noch die finanziellen Unternehmen (nicht alle) die gesetzlich an die Zentralbank gebunden sind. Sie besitzen ein Konto bei der Zentralbank und müssen sich an Richtlinien halten die der jeweilige Staat voraussetzt. Finanzinstitute können auf den ersten Blick auch "unendlich" Geld schöpfen, solange sie sich ans Gesetz halten und etwas zum kaufen/verkaufen haben. So sind sie erstmal an Grenzen gebunden.

Dazu möchte ich auch ein paar Anmerkungen machen, ohne zu wissen, ob ich damit in Widerspruch zum oben Gesagten gerate oder meine Worte als Ergänzung verstanden werden können.

Dass Banken "unendlich Geld schöpfen" können, ist eine häufig missbräuchlich benutzte Formulierung und trifft, wie von PeterPancake angemerkt, nur eingeschränkt zu.
Genau genommen können sie gar kein echtes Geld schöpfen, sondern nur Kredite. Und auch dies nicht unendlich - aber doch quasi "aus dem Nichts". Damit ist gemeint, dass das ausgegebene Kreditvolumen nicht durch Spareinlagen in gleicher Höhe gedeckt sein muss. Banken können mit Krediten von jetzt auf gleich zusätzliche kaufkräftige Nachfrage schaffen, und zwar netto, d.h. ohne dass jemand anders durch Sparen Verzicht üben muss.
Der volkswirtschaftliche Nutzen besteht vor allem darin, produktive Investitionen von Unternehmen vorzufinanzieren, ohne zugleich eine kontraktive Wirkung auf die Nachfrage auszuüben.
Allerdings sind die Möglichkeiten der Banken nicht nur gesetzlich, sondern auch bilanztechnisch begrenzt, denn Kreditausfälle schlagen auf die Bilanz einer Bank als Verlust durch. Wird die Bank nicht als systemwichtig eingestuft, kann eine Pleite die Folge sein. Das erzieht zu einer gewissen Vorsicht bei der Kreditvergabe. "Unbegrenzte Geldschöpfung" wird von klassischen Banken daher in der Regel noch nicht einmal ansatzweise praktiziert.

Völlig anders liegt der Fall bei Zentralbanken. Diese können, wenn sie dies für sinnvoll halten, Schuldpapiere von wem auch immer und in beliebiger Höhe "ankaufen". Diese Schuldpapiere können sie im Tresor einschließen und dort bis zum Ende aller Tage liegen lassen. Zentralbanken unterliegen anderen Bilanzierungsregeln und können solche Papiere als "Assets" einstellen. Niemand fragt nach dem Restwert; pleitegehen können sie deswegen nicht.
Der volkswirtschaftliche Nutzen kann darin bestehen, v.a. institutionelle Schuldner (sogar ganze Länder) zu entlasten und ihnen wieder eine normale Teilnahme am Wirtschaftsleben zu ermöglichen.
Prinzipiell kann eine Zentralbank auch einfach Geld drucken und für bestimmte Zwecke ohne Gegenleistung verteilen (was z.B. der Ökonom Richard Werner in "Neue Wirtschaftspolitik" vorschlug und zurzeit von Alexandria Ocasio-Cortez wieder aufgegriffen wird). Darin liegen m.E. durchaus (bislang kaum genutzte) Chancen. Darin liegt aber natürlich auch die Gefahr einer unerwünscht hohen Inflation, sobald die Nachfrage die Produktionskapazitäten überschreitet. Von Fragen der Gerechtigkeit mal ganz abgesehen ...
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: alliance1979 am 26. April 2019, 00:46:55
Kein Kredit muss durch "Spareinlagen" gedeckt sein. Die Summe allen (monetären) Habens ist global betrachtet, immer genauso groß, wie die Summe aller Verbindlichkeiten. Ein Grundprinzip der Volkswirtschaft. Das Nettogeldvermögen unseres gesamten Planeten beträgt also immer 0 €.

Bezüglich Zentralbank & Inflation. Wie man anhand der jüngsten Vergangenheit sehr gut erkennen kann, kann diese alte Theorie (Monetarismus) so nicht korrekt sein. Sonst hätten wir nämlich schon eine Hyperinflation.

"Es wird sich in interessierten Kreisen regelmäßig darüber aufgeregt, dass man Papiergeld unbegrenzt vermehren kann. Man macht dies (unter anderem) für die derzeitige Schieflage der Wirtschaft verantwortlich. Als Alternative wird gerne auf Gold bzw. Edelmetalle als Grundlage für eine Währung verwiesen."

Theoretisch kann man Geld unbegrenzt mehren, es macht aber nur wenig Sinn das zu tun.

Es hat jedenfalls nichts mit der derzeitige Schieflage der Wirtschaft zu tun. Die Gründe dafür sind hochkomplex, umstritten und entsprechend selten von Experten zu hören, deren Fachkenntnis auf einem 24-stündigem Google/YouTube Studium fußt.

MfG
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: sailor am 26. April 2019, 07:40:19
Zu Satz eins: Grundsätzlich richtig, also im Gesamtsaldo. Da sich die Verbindlichkeiten und Guthaben aber nicht ausschliesslich im Bankensektor "sammeln", die Banken jedoch eine/die "Geldquelle" sind, gibt es für (europäische/deutsche) Banken Regeln zur Geldschöpfung. Darüber hinaus hat die Finanzkrise ja gezeigt, was bei einer Differenz zwischen Soll und Haben bei den Banken passiert, Forderungsausfall (nicht bediente Kredite) führt zu Problemen bei den Verbindlichkeiten (Auszahlungsausfällen), weshalb man die Regeln ja auch gestrafft hat.

Grundsätzlich ist jede fortschrittliche Wirtschaft jenseits von Subsistenz und in Teilen auch Planwirtschaft ein Ritt auf der Rasierklinge. Das derzeitige System der Geldschöpfung hat sich aus den Erfahrungen der letzten 2 Jahrhunderte entwickelt und angesichts der Krise 2008 hat man auch versucht, die Fehler der letzten Krisen zu vermeiden... mit dem "Erfolg", dass zwar die bekannten Folgen gedämpft wurden, man aber nun schwer wieder einen "Normalmodus" (Stichwort Leitzinshöhe) wechseln kann. Ich persönlich halte nix von Worten wie "Schieflage", da diese implizieren, dass es ein anderes System gibt, was (Achtung, Polemik!) alle Nachteile des derzeitigen Systems nicht aufweist, sondern Friede, Freude, Eierkuchen, Wohlstand, Reichtum und Gerechtigkeit für ALLE bringt.
Titel: Re: Euro ja oder nein?
Beitrag von: PeterPan am 07. Juni 2019, 19:32:23
Ein recht interessanter Artikel auf der Seite Makroskop über die Welt vor dem Euro und wie die Bundesbank mit der DM umgegangen ist. Die DM und die immerwährenden Kritikpunkte am Euro sind sich nicht ganz unähnlich. Die Personen die gegen den Euro sind haben die Geschichte der Bundesbank und ihrer Interventionspolitik doch glatt vergessen zu erwähnen.

Deutschland hat aktiv seinen Außenhandel über die Bundesbank gefördert ähnlich anderen ostasiatischen Staaten (China, Japan, Südkorea, Taiwan, Singapur). Währungsabwertungen über unterschiedliche Mechanismen sind immer noch ein beliebtes Mittel für merkantilistische Länder. Ich würde das sogar fast als nichttarifäres Handelshemmnis betrachten.

https://makroskop.eu/2019/06/waehrungshueterin-oder-hueterin-von-waehrungsmythen/ (https://makroskop.eu/2019/06/waehrungshueterin-oder-hueterin-von-waehrungsmythen/)

@LaDeesse

Danke, das du es noch ergänzt hast. Ich habe die Banken (Finanzinstitute) vernachlässigt und möchte es nochmal dick unterschreiben mit dem das Banken Kredit schöpfen.

Letzten Endes kann nur die Zentralbank (also quasi der Staat) die Garantie für seine Währung/Geld aussprechen. Banken können nicht unendlich Kredit schöpfen, aber insbesondere gemeinsam mit anderen Finanzinstituten und dem privaten Sektor genug um bei Problemen zwischen Soll und Haben volkswirtschaftlich schädlich zu sein (ist eigentlich auch nicht neues).