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Deutsch => Allgemeine Diskussionen => Skeptisches Denken => Thema gestartet von: terrazza am 02. September 2016, 08:01:12

Titel: des Pudels Kern
Beitrag von: terrazza am 02. September 2016, 08:01:12
Worum geht es eigentlich?

Jeder sollte entscheiden dürfen, ob Unrealistische für real hält:  es ist das Recht jedes Menschens - zu tun was er für richtig hält. Und da werden Kommentare, Meinung und Infos von anderen helfen können.

Es bleibt dabei Es ist seine Entscheidung auch wenn er verar...t wird.
Nimmt er Schulden auf sich. Ist auch seine Entscheidung.

Anders sehe ich den Verursacher, er darf keinen Schaden verursachen. Gesundheitlich oder finanziell, wie auch immer. Die Verantwortung muss er tragen.

Ob nun jemand Zuckertabletten schluckt, und glauubt er werde gesund. Oder jemand läßt in feng chui beraten, zahlt 120 € und füllt sich nachher wohler. Ist ok. Genauso könnte er ein blödes Game kaufen oder ein Tablett
oder zum Friseur gehen.

Warum sollten nicht jeder dürfen was Werbung tut?
Warum soll ich nicht sagen dürfen, danach fühlen Sie sich besser, egal ob ein Behandlung verkaufe oder ein Auto.


Der Schaden ist gering. Wer soll sich da aufregen? Warum sollte man sich da einmischen?
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: Eumel am 02. September 2016, 08:12:46
Es darf doch jeder machen was er möchte. Du kannst jederzeit Zuckerkügelchen schlucken und ich darf dir jederzeit sagen, dass ich das für Blödsinn halte. Stoppen kann/darf ich dich aber nicht (und würde es auch nicht tun, weil es mir schlicht egal ist).

Anders sieht es aus, wenn für viel Geld Angebote mit falschen Versprechungen gemacht und dabei gar nicht selten auch Menschen gefährdet oder geschädigt werden. Natürlich ist es nicht verboten, darauf reinzufallen. Das Angebot ist aber schlicht Betrug in meinen Augen.

Anderes sieht es auch aus, wenn durch Leichtgläubigkeit z.B. Kinder gefährdet werden. Ich bekomme das leider öfter mit. Eltern versuchen erst mal tagelang die fiebernden Kleinen mit Zuckerkügelchen über die Runden zu bringen, bis doch endlich mal der Kinderarzt aufgesucht wird. Oder aber das Gegenteil: Den Kindern fehlt eigentlich nichts, aber sie haben z.B. keine Lust zu lernen, sind bockig etc. Da greift Mama doch gerne mal eben zum homöopathischen Mittelchen. Damit werden Kinder in meinen Augen dazu erzogen, bei jeder Kleinigkeit zu Pillen zu greifen.
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: Peiresc am 02. September 2016, 08:13:33
@terrazza
Solche Fragen werden erst interessant, wenn man sich Beispiele sucht. Such Dir eines.
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: Typee am 02. September 2016, 08:33:31
Zitat von: terrazza am 02. September 2016, 08:01:12

Jeder sollte entscheiden dürfen, ob Unrealistische für real hält:  es ist das Recht jedes Menschens - zu tun was er für richtig hält.
Warum sollten nicht jeder dürfen was Werbung tut?
Warum soll ich nicht sagen dürfen, danach fühlen Sie sich besser, egal ob ein Behandlung verkaufe oder ein Auto.


Der Schaden ist gering. Wer soll sich da aufregen? Warum sollte man sich da einmischen?

Ich wüsste da den einen oder anderen Grund: http://m.20min.ch/schweiz/tessin/story/19856842

Erstens: Meinst Du, man sollte wirklich mit der Aussage um Patienten werben dürfen: behebe deinen Schockschaden, dann geht es deinem Krebs besser?

Zweitens: Meinst Du, in dem Fall aus dem Link ist der BeMisshandler der einzige, den man für das Geschehen zur Verantwortung zu ziehen hat? Auch dann, wenn die maßgebliche  Willensbildung nicht beim Kranken selbst liegt, sondern bei einem gesetzlichen Vertreter (Eltern, Vormünder)? Das soll nicht so ganz selten vorkommen.

Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: terrazza am 02. September 2016, 10:41:46
Schon richtig ich selber halte nichts davon die Schulmedizin zu verteufeln. Ich denke das sollte jeder einsehen, dass die heutige Medizin uns weit gebracht hat. Vom Aderlass bis zu hochkomplizierten OPs.

Natürlich gibt es Eingebildete die glauben destiliertes Wasser sei reiner, und deswegen gesünder für den Körper.

Gehe ich nocheinmal zu Lauterbach,
https://www.youtube.com/watch?v=vfXBvS-YkN0
was er sagt halte ich für Blödsinn, klingt einfach zu absurd.

Ich war bei ihm, habe gezahlt und es wurde  ein bisschen warm und nicht mehr.

Keine Genesung. Kein Schaden. Alles  beim Alten. Warum ihn anprangern. Manchen soll er geholfen haben.
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: PeterPan am 02. September 2016, 11:11:34
Zitat von: terrazza am 02. September 2016, 08:01:12
Warum sollten nicht jeder dürfen was Werbung tut?
Warum soll ich nicht sagen dürfen, danach fühlen Sie sich besser, egal ob ein Behandlung verkaufe oder ein Auto.


Der Schaden ist gering. Wer soll sich da aufregen? Warum sollte man sich da einmischen?

Werbung darf nicht alles. Insbesondere gilt dies bei Heilversprechen. Stiftung Warentest und der Verbraucherschutz sind gute Anläufe um sich zu informieren oder problematische Werbung/Produkte zu melden. Einfach mal vorstellen wenn Heilversprechen wieder öffentlich und nicht hinter vorgehaltener Hand gesagt werden. Bombastus Maximus Medikus ist in der Stadt und er kann sogar mit Augenbinde operieren. Vielleicht wäre das sogar noch besser zwar mit ein paar mehr Toten, aber danach wird jeder echte Ärzte und vernünftige Krankenkassenleistungen lieben.

https://www.gesetze-im-internet.de/heilmwerbg/BJNR006049965.html (https://www.gesetze-im-internet.de/heilmwerbg/BJNR006049965.html)
https://www.gesetze-im-internet.de/uwg_2004/BJNR141400004.html (https://www.gesetze-im-internet.de/uwg_2004/BJNR141400004.html)

Die Einmischung entsteht darin, wenn der Staat falsche Heilversprechen legitimiert/billigt und das aber der Bürger indirekt bezahlt. Siehe Krankenkassenleistungen Hömopathie oder das Heilpraktikergesetz.

Ansonsten gibt es die schöne Seite http://whatstheharm.net/ (http://whatstheharm.net/)
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: Peiresc am 02. September 2016, 11:16:19
Zitat von: terrazza am 02. September 2016, 10:41:46
Ich war bei ihm, habe gezahlt
Wieviel?
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: Sauropode am 02. September 2016, 11:20:24
Zitat von: Peiresc am 02. September 2016, 11:16:19
Zitat von: terrazza am 02. September 2016, 10:41:46
Ich war bei ihm, habe gezahlt
Wieviel?

Wellness ist, glaub ich, preiswerter zu haben.
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: Groucho am 02. September 2016, 11:28:35
Zitat von: terrazza am 02. September 2016, 08:01:12
Worum geht es eigentlich?

Jeder sollte entscheiden dürfen, ob Unrealistische für real hält:  es ist das Recht jedes Menschens - zu tun was er für richtig hält.

Die Freiheit endet halt dort, wo sie die anderer tangiert. Dafür haben wir Gesetze. Das, was im Psiram-Wiki hauptsächlich thematisiert wird, ist das Vorspielen falscher Tatsachen. Es werden Dinge behauptet, die so einfach nicht stimmen. Nur eine vernünftige Information über die tatsächliche Sachlage ermöglicht auch eine freie Entscheidung.

Nehmen wir die Homöopathen: Sie argumentieren größtenteils wissenschaftlich, tun so, als wäre das alles bewiesen. Stimmt halt einfach nicht. Kaum einer hier (vermute ich) hätte was gegen Homöopathie, wenn sie so aufträte als das, was sie ist: Ein magisches Glaubenssystem. Wenn man das weiß und sich trotzdem dafür entscheidet: Ist ok. Freier Wille und so. Machen die aber nicht, sie wollen wissenschaftlich sein - aber dann müssen sie sich eben auch nach wissenschaftlichen Kriterien messen lassen.

Wenn ich bei einer Wandertour im Gebirge einem Wegweiser folge, auf dem steht: Soundso-Hütte, 2 Std, ist es meine freie Entscheidung, dem zu folgen mit allen möglichen Risiken. Wenn aber der Wegweiser bewusst falsch aufgestellt ist, und mich auf einen gemeingefährlichen Gemsenpfad leitet, der im Nichts aufhört, hat das eben nicht mehr viel mit freier Entscheidung zu tun, sondern sowas nennt man dann Betrug. Der erfahrene Bergwanderer wird vielleicht skeptisch, ob das alles so stimmen kann, der unerfahrene läuft in einen Abgrund.


Zitat
Der Schaden ist gering. Wer soll sich da aufregen? Warum sollte man sich da einmischen?

Der Schaden kann gewaltig sein. Man betrachte nur die ganzen wirkungslosen Krebsheiler. Da gibt es meist ein Zeitfenster, in dem eine Heilung oder wenigstens eine Verlangsamung noch möglich ist. Verpasst man das, weil man einem Scharlatan vertraut, ist es dann halt oft zu spät.
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: eLender am 02. September 2016, 13:27:51
Zitat von: Groucho am 02. September 2016, 11:28:35
Wenn ich bei einer Wandertour im Gebirge einem Wegweiser folge, auf dem steht: Soundso-Hütte, 2 Std, ist es meine freie Entscheidung, dem zu folgen mit allen möglichen Risiken. Wenn aber der Wegweiser bewusst falsch aufgestellt ist, und mich auf einen gemeingefährlichen Gemsenpfad leitet, der im Nichts aufhört, hat das eben nicht mehr viel mit freier Entscheidung zu tun, sondern sowas nennt man dann Betrug. Der erfahrene Bergwanderer wird vielleicht skeptisch, ob das alles so stimmen kann, der unerfahrene läuft in einen Abgrund.

Sehr schöne Analogie! :2thumbs:

Zitat von: terrazza am 02. September 2016, 08:01:12
es ist das Recht jedes Menschens - zu tun was er für richtig hält. Und da werden Kommentare, Meinung und Infos von anderen helfen können.

Du gibst dir selbst die Antwort auf deine Frage. Was der Mensch für richtig hält, kann auch ein von Schwindlern generiertes Trugbild sein. Um das zu entlarven, sind Plattformen wie Psiram (wie du selbst sagst: "Kommentare, Meinung und Infos") hilfreich. Es geht nicht um verbieten, es geht um Aufklärung. Freiheit lebt von Information.
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: terrazza am 03. September 2016, 02:41:55
So einfach ist dann doch wiederum nicht. Die Wissenschaftler glauben, wollen glauben. Wer betrachtet die Ergebnisse schon absolut neutral. Schließlich hatte die Firma sehr viel in die Forschung investiert. Sie möchte  dementsprechend auch Resultate sehen.
Nicht alle Medikamente sind wirklich wirkungsvoll wirkungsvoll, wie sie  deklariert werden. Die heutige Medizin geht  viel stärker von  individuellen Medikation aus als der Pharmaindustrie lieb wäre. Nur die Masse verkauft sich gut.

Wie gesagt, eine Kontrolle  ist wichtig. Sie muss allerdings der Sache dienen und nicht Glauben. Auch an daran nicht glauben ist ein Glauben.

Also mit welchem Recht kritisiere ich Methoden die keinen Schaden hervorrufen.

Das sollte sich jeder fragen. Geht es wirklich hier neutrale Bewertung/ Beleuchtung. Müsste man nicht vielmehr auch auf die Gefahren eigentlich eingehen, die von diesem Glaubenssystem ausgehen?
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: Peiresc am 03. September 2016, 07:32:16
Zitat von: terrazza am 03. September 2016, 02:41:55
So einfach ist dann doch wiederum nicht. Die Wissenschaftler glauben, wollen glauben. Wer betrachtet die Ergebnisse schon absolut neutral.
Das ist nur auf den ersten Blick plausibel. Es gilt nur mit einer kleinen Einschränkung, die aber das Wesen der Wissenschaft ausmacht: Der ,,Glaube", die Überzeugung, ist einer wie immer gearteten Überprüfung, einer Kritik, zugänglich und kann im Lichte der Evidenz revidiert werden. Uneingeschränkt gilt diese Formulierung nur  für ,,Wissenschaftler" wie Seralini (https://blog.psiram.com/2015/10/sie-haben-es-wirklich-getan-ein-preis-fuer-gilles-eric-seralini/).

Ich will das an einem naheliegenden Beispiel erläutern. Die Homöopathie gibt es seit 200 Jahren. Bereits vor knapp 200 Jahren wurden unwiderlegliche Einwände vorgebracht, und wohl keine Therapie-Methode ist so gründlich untersucht worden wie die Homöopathie. Das alles mag vielleicht den Wissenschaftler interessieren; aber nicht die Homöopathen, nicht die Bohne. Stattdessen behaupten sie frech, dass die Argumente gegen die Homöopathie ,,nichts Neues" seien. Sie glauben einfach, die alten Argumente ausgesessen zu haben. Winkelzüge bis hin zu bewussten Lügen, das ist ihre Strategie.  Man kann das in jedem ihrer Statements nachweisen, wirklich in jedem.

Die Gefahr, aus wirtschaftlichen oder anderen Interessen die Objektivität zu verlieren, ist natürlich auch im Wissenschaftsbetrieb immer präsent. Der feine aber wieder entscheidende Unterschied zur Paramedizin und sonstigen Scharlatanerie ist: es werden Anstrengungen unternommen, diese Einflüsse eines ,,conflict of interest" zu begrenzen. Das ist der Kern der Wissenschaft.

Zitat von: terrazza am 03. September 2016, 02:41:55Nicht alle Medikamente sind wirklich wirkungsvoll wirkungsvoll, wie sie  deklariert werden.
Wenn ich die Dopplung rausnehme, dann hat diese Behauptung einen wahren Kern, aber wenn ich zwischen "richtig" und "falsch" entscheiden müsste, dann würde ich sagen "falsch".

Zitat von: terrazza am 03. September 2016, 02:41:55Die heutige Medizin geht  viel stärker von  individuellen Medikation aus als der Pharmaindustrie lieb wäre.
Falsch.

Zitat von: terrazza am 03. September 2016, 02:41:55Nur die Masse verkauft sich gut.
Ein Null-Satz, fast ebenso falsch wie richtig.

Zitat von: terrazza am 03. September 2016, 02:41:55Wie gesagt, eine Kontrolle  ist wichtig. Sie muss allerdings der Sache dienen und nicht Glauben. Auch an daran nicht glauben ist ein Glauben.
Nein. Es gibt mehr Ding' im Himmel und auf Erden, als Eure Schulweisheit sich träumt, Horatio. Der Einfachheit halber zitiere ich mal aus einem alten Faden. Ich bitte um Entschuldigung für die Länge des Zitats, aber es passt.
Zitat von: bayle am 27. März 2013, 20:44:28
Zitat von: Ladislav Pelc am 27. März 2013, 17:36:42
Geht das wirklich? Ich gehe eigentlich davon aus, dass ein Mensch durch die Art und Weise, wie sein Verstand funktioniert, gezwungen wäre, wenn er keine Sicherheit hat, wie etwas wirklich ist, irgend etwas zu glauben.
Ich meine, dass man hier nicht in einer Dichotomie gefangen ist, sondern dass der Fächer der Möglichkeiten einfach breiter ist. Ansonsten würde ja auch  Pascals Wette (http://de.wikipedia.org/wiki/Pascalsche_Wette) funktionieren.

Zitat... Denn der Wissenschaftler, nennen wir ihn »S«, weiß weder, noch glaubt er. Was tut er aber? Ich gebe eine sehr kurze Liste an:
»S versucht, p zu verstehen.«
»S überlegt sich Alternativen zu p.«
»S überlegt sich, wie p kritisierbar ist.«
»S schlägt eine experimentelle Prüfung von p vor. «
»S versucht, p zu axiomatisieren.«
»S versucht, p aus q abzuleiten.«
»S versucht zu zeigen, daß p nicht aus q ableitbar ist.«
»S gibt ein neues Problem x an, das sich aus p ergibt.«
»S schlägt für das sich aus p ergebende Problem x eine neue Lösung vor.«
»S kritisiert seine neueste Lösung des Problems x.«
Die Liste könnte verlängert werden. In ihrer Art ist sie weit entfernt von »S weiß p« oder »S glaubt p«, ja sogar von »S glaubt fälschlich an p« oder »S bezweifelt p«. Es verdient festgehalten zu werden, daß wir bezweifeln können, ohne zu kritisieren, und kritisieren, ohne zu bezweifeln. [...]
[Karl R. Popper: Objektive Erkenntnis. 3. Erkenntnistheorie ohne ein erkennendes Subjekt]

Zitat von: terrazza am 03. September 2016, 02:41:55
Geht es wirklich hier neutrale Bewertung/ Beleuchtung.
Wenn ich das mal gedanklich zu einem vollständigen Satz ergänze: ein feierliches ,,Ja, genau darum geht es". 
:grins2:
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: Eumel am 03. September 2016, 07:43:41
Zitat von: terrazza am 03. September 2016, 02:41:55

Also mit welchem Recht kritisiere ich Methoden die keinen Schaden hervorrufen.

Das sollte sich jeder fragen. Geht es wirklich hier neutrale Bewertung/ Beleuchtung. Müsste man nicht vielmehr auch auf die Gefahren eigentlich eingehen, die von diesem Glaubenssystem ausgehen?

Das Problem ist, dass gerade diese scheinbar harmlosen Methoden häufig einen sehr großen Schaden anrichten. In vielen Fällen z.B. durch die Unterlassung einer wirksamen "schulmedizinischen" Behandlung, in anderen weil angeblich harmlose Substanzen (z.B. viele Kräuter, die ja sooo unschädlich, weil natürlich sind) sehr wohl direkt schädlich sein können. Im Falle der Homöopathie kritisiere ich noch die Erziehung dazu (vor allem bei Kindern), bei jeder Kleinigkeit gleich ein Kügelchen zu schlucken. Manchmal wäre die Beschäftigung mit dem Kind, z.B. bei Lernschwierigkeiten sinnvoller. Aber das macht Eltern auch mehr Arbeit als eben mal die Kügelchen zu verabreichen.
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: terrazza am 03. September 2016, 08:32:07
Aber was ist praktisch.

Wer kennt die Situation? In jungen Jahren unheilbar krank zu sein? Von Krankenhaus zu Krankenhaus zu laufen.

Mit dem Ergebnis. Die Medizin hat keine Lösung. Kann die Krankheit nicht heilen. Kann die Krankheit nur symptomatisch behandeln. Dies gelingt mehr schlecht als recht.

Ist es denn verwerflich alternative Heilmethoden aus abzuklopfen?
Oder würde dir sagen: Pech gehabt. Es gibt nur die wissenschaftliche Lösung und die gibt es eben nicht.
 
Die kann ich mir nicht geholfen werden.

Was würde ihr tun wenn es euch, euren Partner oder euren Sohn oder Tochter beträfe? 
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: Peiresc am 03. September 2016, 09:14:28
Zitat von: terrazza am 03. September 2016, 08:32:07
Was würde ihr tun wenn es euch, euren Partner oder euren Sohn oder Tochter beträfe?
Lieber gut essen gehen, als das Geld für eine Illusion rauszuwerfen.
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: Conina am 03. September 2016, 09:34:10
Zitat von: terrazza am 03. September 2016, 08:32:07
Was würde ihr tun wenn es euch, euren Partner oder euren Sohn oder Tochter beträfe?

Akzeptieren, arrangieren und froh sein, dass man heutzutage überhaupt etwas machen kann. Ein Blick in die Medizingeschichte ist durchaus hilfreich.
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: Gefährliche Bohnen am 03. September 2016, 10:54:30
Zitat von: terrazza am 03. September 2016, 08:32:07

Wer kennt die Situation? In jungen Jahren unheilbar krank zu sein? Von Krankenhaus zu Krankenhaus zu laufen.

Ich kann es mir gut genug vorstellen.

ZitatIst es denn verwerflich alternative Heilmethoden aus abzuklopfen?
Oder würde dir sagen: Pech gehabt. Es gibt nur die wissenschaftliche Lösung und die gibt es eben nicht.

Nein, das ist nicht per se verwerflich, sondern sehr verständlich und hochgradig menschlich. Um so schamloser ist es, Menschen auszunutzen, die sich in einer solchen Situation befinden. Wann glaubst du, kann man vernünftiger darüber denken, innerhalb oder außerhalb einer solchen Situation? Schmiede das Eisen solange es kalt ist.

Zitat von: terrazza am 03. September 2016, 08:32:07
Was würde ihr tun wenn es euch, euren Partner oder euren Sohn oder Tochter beträfe? 

Das ist das eigentlich schwierige an solchen Situationen. Wer hat schon das Gefühl, das ihm geholfen ist, wenn man ihm sagt, was er nicht tun sollte? Man kann nicht erwarten, dass es Menschen leicht gelingt, ihre Coping-Strategien ersatzlos aufzugeben, auch die, die im Endeffekt wenig hiflreich sind.
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: Groucho am 03. September 2016, 11:16:45
Zitat von: terrazza am 03. September 2016, 02:41:55
So einfach ist dann doch wiederum nicht. Die Wissenschaftler glauben, wollen glauben.

Wissenschaftler sind Menschen, die erkannt haben, wie sehr man sich selber bescheißen kann mit seinen Wunschvorstellungen und von daher eine Methode entwickelt haben, dem möglichst entgegen zu wirken. Nennt sich dann die wissenschaftliche Methode. Wissenschaftler wollen eben nicht glauben, sondern wissen. Natürlich ist das jetzt idealisiert formuliert, aber das Prinzip der Wissenschaft ist eben genau, nicht zu glauben, sondern das, was man in erster Annahme glaubt (Hypothese) in der Realität zu prüfen, ob es denn wirklich stimmt.

Zitat
Wer betrachtet die Ergebnisse schon absolut neutral.

Dazu gibt es das peer-review. Man präsentiert seine Forschungsergebnisse in nachvollziehbarer Weise, und lässt das Andere prüfen. Natürlich kann man da tricksen und bescheißen wie fast überall im Leben. Nur, das ist wesentlich schwerer, als man sich das so vorstellt. Da sind eben einige Hürden eingebaut, genau aus dem Grunde. Versuche mal, eine Datenreihe zu fälschen, wo es einem Statistiker nicht gelingt, das als Fälschung zu entlarven. Ist überhaupt nicht trivial.

Zitat
Schließlich hatte die Firma sehr viel in die Forschung investiert. Sie möchte  dementsprechend auch Resultate sehen.

Ja. Passiert. Aber es gibt halt auch ein Korrektiv. Z.B. die persönliche Reputation. Ein Wissenschaftler, der einmal der Manipulation überführt wurde (siehe z.b. den genannten Seralini) hat eigentlich für den Rest seines Lebens verloren, was seine wissenschaftliche Kariere angeht. Manipulieren geht meist anders. Man lässt z.B. Studien mit unerwünschtem Ergebnis in der Schublade liegen und veröffentlicht sie nicht. Genau das wird aber inzwischen auch massiv angegangen. Studien sollen vor Beginn deklariert werden,  damit eben sowas nicht mehr möglich ist.

Zitat
Nicht alle Medikamente sind wirklich wirkungsvoll wirkungsvoll, wie sie  deklariert werden.

Natürlich nicht. Ein weites Feld, zumal noch Vieles aus alter Zeit zugelassen ist, wofür es keine wirklich guten Studien gibt.


Zitat
Die heutige Medizin geht  viel stärker von  individuellen Medikation aus als der Pharmaindustrie lieb wäre. Nur die Masse verkauft sich gut.

Hast Du da Daten, Zahlen, Fakten oder glaubst Du nur? Der Trend geht m.W. genau in die umgekehrte Richtung, nämlich einer individualisierten Pharmazie, die dank neuerer, genaueren, schnelleren und günstigeren Analysemethoden möglich wird.

Zitat
Wie gesagt, eine Kontrolle  ist wichtig. Sie muss allerdings der Sache dienen und nicht Glauben. Auch an daran nicht glauben ist ein Glauben.

Du kennst das Prozedere zur Zulassung eines neuen Medikamentes?

Zitat
Also mit welchem Recht kritisiere ich Methoden die keinen Schaden hervorrufen.

Erstmal mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Was dann diese Meinung wert ist, sind die Fakten, die ich zur Begründung vorlegen kann. Es ist z.B. eine Meinung, zu meinen, dass es Methoden gibt, die generell keinen Schaden zuführen. Dem ist nun al nicht so. Es gibt immer Kontexte, in denen "harmlose" Methoden enormen Schaden anrichten können. z.B. wenn man meint, Krebs beruhe auf einem psychischen Konflikt, und man müsse nur in sich gehen. Nachdenken ist ansich ja völlig harmlos, oder? Nur bringt einem dann halt die unterlassene Behandlung vorzeitig ins Grab.

Zitat
Das sollte sich jeder fragen. Geht es wirklich hier neutrale Bewertung/ Beleuchtung. Müsste man nicht vielmehr auch auf die Gefahren eigentlich eingehen, die von diesem Glaubenssystem ausgehen?

Welches Glaubenssystem?
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: Peiresc am 03. September 2016, 20:59:41
Zitat von: Gefährliche Bohnen am 03. September 2016, 10:54:30
ZitatIst es denn verwerflich alternative Heilmethoden aus abzuklopfen?
Oder würde dir sagen: Pech gehabt. Es gibt nur die wissenschaftliche Lösung und die gibt es eben nicht.
Nein, das ist nicht per se verwerflich, sondern sehr verständlich und hochgradig menschlich. Um so schamloser ist es, Menschen auszunutzen, die sich in einer solchen Situation befinden. Wann glaubst du, kann man vernünftiger darüber denken, innerhalb oder außerhalb einer solchen Situation? Schmiede das Eisen solange es kalt ist.

vgl. https://blog.psiram.com/2014/06/spiegel-als-und-ayurveda/
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: terrazza am 04. September 2016, 20:47:12
Es ist schon klasse eure Antworten zu lessen, ich könnte zu jeder etwas sagen, in manchen stimme ich euch zu, bei anderen denke ich anders.
(was für eine LOGIK :_) In jedem Fall danke euch für eure Mühe / Lust zu antworten.

Ich werde mir etwas Zeit geben.

Eine Frage stellt sich mir dennoch. Die Frage:

Existiert für euch so etwas wie Spontanheilen; manche mögen sagen Wunderheilung?

Wie geht ihr mit den Berichten um, wenn die Unterlagen beglaubigt wären, wenn es solche gibt.
Würdet ihr unerklärlichen Heilung die Möglichkeit zur Existenz einräumen?

Oder neigt ihr dazu, alles zu versuchen um die Glaubwürdigkeit zu untergraben ;-)
(provokative!)
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: Peiresc am 04. September 2016, 21:05:08
Zitat von: terrazza am 04. September 2016, 20:47:12
Existiert für euch so etwas wie Spontanheilen
Natürlich. Es gibt eine Reihe von Krankheiten mit exzellenter Spontanprognose, bei denen man nichts weiter tun muss als abwarten.

Zitat von: terrazza am 04. September 2016, 20:47:12
Würdet ihr unerklärlichen Heilung die Möglichkeit zur Existenz einräumen?
So gut wie nicht. Obwohl: grade heute ist eine Wunderheilung von allerhöchster Stelle offiziell bestätigt worden.  ;)
https://blog.psiram.com/2016/02/mutter-theresa-die-heilige-des-elenden-verreckens/
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: Eumel am 05. September 2016, 09:03:52
Zitat von: terrazza am 04. September 2016, 20:47:12

Eine Frage stellt sich mir dennoch. Die Frage:

Existiert für euch so etwas wie Spontanheilen; manche mögen sagen Wunderheilung?

Wie geht ihr mit den Berichten um, wenn die Unterlagen beglaubigt wären, wenn es solche gibt.
Würdet ihr unerklärlichen Heilung die Möglichkeit zur Existenz einräumen?

Oder neigt ihr dazu, alles zu versuchen um die Glaubwürdigkeit zu untergraben ;-)
(provokative!)

An Wunderheilung glaube ich nicht. Ich denke, dass es Situationen geben kann, die man sich NOCH nicht erklären kann. Da ich mich in der Medizin nicht gut auskenne, kann ich das im Einzelfall nicht beurteilen und verlasse mich lieber auf die Aussagen von Medizinern als auf die von Priestern, Esoterikern oder anderen Wundergläubigen. Die dürfen das gerne glauben und ich werde da auch nichts "untergraben". Allerdings sage ich (wenn ich gefragt werde) auch ehrlich und deutlich, dass ich es nicht glaube. Das ist halt "Glaubenssache" und solange man das ehrlich zugibt und die "Wunderheilung" nicht als unumstößliche Wahrheit verkaufen will, die jeder zu glauben hat, dann habe ich damit kein Problem.

Die meisten "Berichte" sind aber eh nichts anderes als ganz natürliche Heilungsprozesse. Ein Schnupfen ist mit und auch ohne homöopathische Mittelchen in der Regel nach einer Woche rum. Nur sehen das die "Mittelchen-Gläubigen" dann als Resultat der Traubenzuckerkügelchen und ich als Resultat meines Immunsystems, das seinen Job gut gemacht hat. Letzteres versuche ich in so einem Fall durch mein Verhalten ein bisschen zu unterstützen (z.B. viel Ruhe, Schlaf, heißer Tee und frische Luft). Damit habe ich bessere Erfahrungen als mit Kügelchen oder Handauflegen.
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: RächerDerVerderbten am 05. September 2016, 09:30:23
Zitat von: terrazza am 04. September 2016, 20:47:12
Wunderheilung?

Was ist ein "Wunder"?

Etwas als positiv empfundenes, das man sich nicht erklären kann.

Weil man eben nicht genug Informationen zwecks Klärung eines Sachverhalts zur Verfügung hat, nicht, weil dieser grundsätzlich unerklärlich wäre.
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: Groucho am 05. September 2016, 09:43:05
Zitat von: terrazza am 04. September 2016, 20:47:12
Existiert für euch so etwas wie Spontanheilen; manche mögen sagen Wunderheilung?

Klar gibt es sowas. Nur, je ernsthafter die Erkrankung, desto seltener. Nur, man kann damit wenig anfangen, weil darauf zu hoffen nur ein ganz, ganz dünner Strohalm ist.

Zitat
Wie geht ihr mit den Berichten um, wenn die Unterlagen beglaubigt wären, wenn es solche gibt.
Würdet ihr unerklärlichen Heilung die Möglichkeit zur Existenz einräumen?

Natürlich. Die Realität richtet sich ja nicht nach unseren Beschreibungen der Natur, sondern umgekehrt. Ich würde auch Homöopathie akzeptieren, wen es denn tatsächliche und ernsthafte Belege gäbe. Wäre auch enorm spannend, es würde zeigen, dass dann z.B. die Physik in großen Teilen falsch sein muss.

Zitat
Oder neigt ihr dazu, alles zu versuchen um die Glaubwürdigkeit zu untergraben ;-)
(provokative!)

Nö. Nur ist es halt in vielen Fällen völlig offensichtlich, wo der Wahrnehmungsfehler des Behauptenden liegt. Wenn ein kleiner brauner dampfender Haufen auf dem Gehsteig liegt und ein Hund gerade um die Ecke verschwindet, muss man den nicht zwingend ins Labor bringen um zu untersuchen, ob es sich um ein neues, unbekanntes Element handelt.
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: Peiresc am 05. September 2016, 10:11:29
Zitat von: RächerDerVerderbten am 05. September 2016, 09:30:23
Zitat von: terrazza am 04. September 2016, 20:47:12
Wunderheilung?
Was ist ein "Wunder"?

Gute Frage. 2000 Jahre Theologie haben da keine Klarheit gebracht.

Am interessantesten, imho, ist die Antwort von David Hume. Berichten über Wunder ist immer zu misstrauen.
ZitatEin Wunder ist eine Verletzung der Naturgesetze. ...  Es muss deshalb eine allgemeine Erfahrung jedem Wunder entgegenstehen, sonst würde das Ereignis nicht diesen Namen verdienen. Und da die allgemeine Erfahrung einen vollen Beweis abgibt, so ergibt hier die Natur der Tatsache selbst einen genauen und vollen Beweis gegen das Dasein dieses Wunders. Dieser Beweis kann nur aufgehoben und das Wunder glaubwürdig gemacht werden, wenn man einen stärkeren Beweis gegen ihn beibringt.A9 Die einfache Folge ist (und es ist ein allgemeiner Grundsatz, der aller Aufmerksamkeit wert ist), »dass kein Zeugnis zureicht, ein Wunder festzustellen; es müsste denn das Zeugnis der Art sein, dass seine Falschheit wunderbarer wäre als die Tatsache, welche es bekundet; und selbst in diesem Falle besteht eine gegenseitige Aufhebung der Gründe; der stärkere gibt nur noch eine Sicherheit nach dem Grade der Stärke, welche nach Abzug des schwächeren übrig bleibt.« Wenn nun Jemand erzählt, er habe gesehen, dass ein Toter wieder lebendig gemacht worden sei, so überdenke ich sogleich bei mir, ob es wahrscheinlicher sei, dass ein Mensch betrügt oder betrogen ist, oder dass das erzählte Ereignis sich wirklich zugetragen habe. Ich wiege ein Wunder gegen das andere ab, und je nach dem Übergewicht, was ich bemerke, entscheide ich mich und verwerfe immer das größere Wunder.
     Wäre die Unwahrheit seines Zeugnisses ein größeres Wunder als das berichtete Ereignis, dann, und nur dann kann er auf meinen Glauben oder Zustimmung Anspruch machen.
http://www.textlog.de/hume_untersuchung_11-3.html
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: terrazza am 05. September 2016, 12:15:23
Zitat von: Groucho am 05. September 2016, 09:43:05
Zitat von: terrazza am 04. September 2016, 20:47:12
Existiert für euch so etwas wie Spontanheilen; manche mögen sagen Wunderheilung?
Klar gibt es sowas. Nur, je ernsthafter die Erkrankung, desto seltener. Nur, man kann damit wenig anfangen, weil darauf zu hoffen nur ein ganz, ganz dünner Strohalm ist.
Das ist gut gesagt. Je ernsthafter die Erkrrankung... die "Heiler" die ich aufgesucht habe, haben nie ein Versprechen abgegeben. Auch wurde ich in den meisten Fällen ohne Kosten behandelt. Auch wenn ich ein spontane Verbesserung eintratt, blieb eine Heilung bisher (: aus.
Zitat
... Wäre auch enorm spannend, es würde zeigen, dass dann z.B. die Physik in großen Teilen falsch sein muss. ...
Nicht falsch, nur das Erklärungsmodel wäre unrichtig.

Homöopathie geht grob gesagt davon aus, dass mehr nicht mehr bedeutet. Und da sehe eine Paralelle in der Psychologie: Nicht erreicht man mit mehr Druck auch ein besseres Ergebnis. Bedrängt man Menschen subjektive zu stark, entsteht Widerstand. Ob das auch in der Homöopathie so ist? SCHEINT SO :-))

Zitat

Nö. Nur ist es halt in vielen Fällen völlig offensichtlich, wo der Wahrnehmungsfehler des Behauptenden liegt. Wenn ein kleiner brauner dampfender Haufen auf dem Gehsteig liegt und ein Hund gerade um die Ecke verschwindet, muss man den nicht zwingend ins Labor bringen um zu untersuchen, ob es sich um ein neues, unbekanntes Element handelt.

Netter Vergleich. Ich habe da auch eine Anektdote:

Man geht bei einer bestimmten Symptomatik davon aus, dass Parkinson vorliegt. Um einen Nachweis zu erbringen, macht man sich die  Mühe ein Gentest durchzuführen. Und man entdeckt das Parkingen auf dem einem Gen. Es ist (zwar) rezessive, müste also nochmals vorkommen, aber dies ist nicht so wichtig....

weil jeder kann ja zusammen zählen: Symptomatik + 1/2 Genbeweis => Parkinson.
ausgeschrieben: da ein Teiltest ergibt dass Parkinson vorliegt und die Symptomatik dies schon vermuten läßt, liegt tatsächlich Parkinson vor.

Wiedersprüche werden entweder nicht verifiziert - zB keine Familienhistorie bekannt, Eltern werden nicht genetisch untersucht.
oder andere werden vernachlässigt (L-dopa Test verlief negative oder kein Ruhetremor).

Das ist auch Realität der heutigen "Wissenschaft."
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: Peiresc am 05. September 2016, 13:04:41
Zitat von: terrazza am 05. September 2016, 12:15:23
Man geht bei einer bestimmten Symptomatik davon aus, dass Parkinson vorliegt. Um einen Nachweis zu erbringen, macht man sich die  Mühe ein Gentest durchzuführen. Und man entdeckt das Parkingen auf dem einem Gen. Es ist (zwar) rezessive, müste also nochmals vorkommen, aber dies ist nicht so wichtig....
[...]
Das ist auch Realität der heutigen "Wissenschaft."
Das ist falsch. Das idiopathische Parkinson-Syndrom ist keine genetische Erkrankung, und schon gar keine monogene. Gentests mögen in der Forschung sein,  spielen aber in der Praxis überhaupt keine Rolle. Die Diagnostik ist rein klinisch (d. h. ohne alle Apparate). Technische Untersuchungen dienen im Wesentlichen dazu, andere Erkrankungen auszuschließen.
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: terrazza am 05. September 2016, 13:30:35
Zitat von: Peiresc am 05. September 2016, 13:04:41

Das ist falsch. Das idiopathische Parkinson-Syndrom ist keine genetische Erkrankung, und schon gar keine monogene. Gentests mögen in der Forschung sein,  spielen aber in der Praxis überhaupt keine Rolle. Die Diagnostik ist rein klinisch (d. h. ohne alle Apparate). Technische Untersuchungen dienen im Wesentlichen dazu, andere Erkrankungen auszuschließen.

Dito.Ich schreibe mal ab, bei Zweifel schicke gerne zu:
Das Vorliegen einer heterozygoten Deletion des Exon3 im Parkin-Gen spricht für die Diagnose eines Parkin-assozierten M.Parkinson.
(Hertie Institut - UNIKLINIKUM Tübingen / Prof. Dr. Thomas Gasser)



Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: Groucho am 05. September 2016, 13:41:45
Zitat von: terrazza am 05. September 2016, 12:15:23
Zitat
... Wäre auch enorm spannend, es würde zeigen, dass dann z.B. die Physik in großen Teilen falsch sein muss. ...
Nicht falsch, nur das Erklärungsmodel wäre unrichtig.

Nein. "Die Physik" ist das Erklärungsmodell. Es gibt keine Physik, die irgendwo real als Entität rumschwirrt. Nachdem wir PCs, GPS und tausend andere Sachen nachweislich funktionierend auf diesem Modell aufbauend herstellen können, scheint das nicht völlig daneben zu sein. Während Homöopathen seit über 200 Jahren immer den gleichen Unsinn behaupten, ohne auch nur einen vernünftigen Nachweis dafür zu bringen.

Zitat
Homöopathie geht grob gesagt davon aus, dass mehr nicht mehr bedeutet.

Nein. Weniger bedeutet mehr.

Was den allgemeinen Wissenstand zur Homöopathie hier im Forum angeht, kannst Du hier nachlesen:

https://www.psiram.com/ge/index.php/Hom%C3%B6opathie (https://www.psiram.com/ge/index.php/Hom%C3%B6opathie)

mit allen Unterthemen hier:

https://www.psiram.com/ge/index.php/Kategorie:Hom%C3%B6opathie (https://www.psiram.com/ge/index.php/Kategorie:Hom%C3%B6opathie)

Zitat
Und da sehe eine Paralelle in der Psychologie: Nicht erreicht man mit mehr Druck auch ein besseres Ergebnis. Bedrängt man Menschen subjektive zu stark, entsteht Widerstand. Ob das auch in der Homöopathie so ist? SCHEINT SO :-))

Ja, man mag auf solche Vergleiche kommen, aber die scheinen eben nur so.

Zitat
Man geht bei einer bestimmten Symptomatik davon aus, dass Parkinson vorliegt. Um einen Nachweis zu erbringen, macht man sich die  Mühe ein Gentest durchzuführen. Und man entdeckt das Parkingen auf dem einem Gen.
Es ist (zwar) rezessive, müste also nochmals vorkommen, aber dies ist nicht so wichtig....

Siehe Antwort von Peiresc.

Zitat
Das ist auch Realität der heutigen "Wissenschaft."

Der Medizinbetrieb ist keine Wissenschaft. Es ist "nur" - idealerweise - die Anwendung wissenschaftlicher Forschung. So wie ein Ingenieur die Erkenntnisse der Wissenschaft für seine Arbeit anwendet.

Wenn man da nicht Prinzip, System und Methodik auseinander hält, kommt man da nicht wirklich zu einer Einsicht, die verwertbar wäre. Aber das führt jetzt zu weit.
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: Peiresc am 05. September 2016, 13:59:45
Zitat von: terrazza am 05. September 2016, 13:30:35
Zitat von: Peiresc am 05. September 2016, 13:04:41

Das ist falsch. Das idiopathische Parkinson-Syndrom ist keine genetische Erkrankung, und schon gar keine monogene. Gentests mögen in der Forschung sein,  spielen aber in der Praxis überhaupt keine Rolle. Die Diagnostik ist rein klinisch (d. h. ohne alle Apparate). Technische Untersuchungen dienen im Wesentlichen dazu, andere Erkrankungen auszuschließen.

Dito.Ich schreibe mal ab, bei Zweifel schicke gerne zu:
Das Vorliegen einer heterozygoten Deletion des Exon3 im Parkin-Gen spricht für die Diagnose eines Parkin-assozierten M.Parkinson.
(Hertie Institut - UNIKLINIKUM Tübingen / Prof. Dr. Thomas Gasser)

Nein, nicht "Dito" - lies die Stellungnahme genau. Die Diagnose "M. Parkinson" wird weder bestätigt noch ausgeschlossen. Das ist eine klinische Aufgabe, die vorab zu absolvieren ist. Erst danach kann man sich darüber verbreiten, ob dieses Parkinson-Syndrom idiopathisch oder irgendwie genetisch oder anders bedingt ist.

Die Parkinson-Leitlinie (S3, das ist die höchste Stufe, jüngst revidiert) hat dazu:
ZitatObschon eine evidente Assoziation bei IPS mit Trägerstatus von GBA-Mutationen besteht, so sind GBA-Mutationen nicht als diagnostisch für IPS zu betrachten
...
Empfehlung 12:
Eine genetische Beratung kann bei Patientenwunsch angeboten werden, wenn (i) mindestens zwei Verwandte 1. Grades ein Parkinson-Syndrom aufweisen, oder wenn (ii) bei einem isoliert erscheinenden Parkinson-Syndrom eine Krankheitsmanifestation vor dem 45. Lebensjahr nachweisbar ist.
Expertenkonsens
http://www.dgn.org/images/red_leitlinien/LL_2016/PDFs_Download/030010_LL_langfassung_ips_2016.pdf
(meine Hervorhebung)
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: eLender am 05. September 2016, 14:27:28
Zitat von: terrazza am 04. September 2016, 20:47:12

Wie geht ihr mit den Berichten um, wenn die Unterlagen beglaubigt wären, wenn es solche gibt.
Würdet ihr unerklärlichen Heilung die Möglichkeit zur Existenz einräumen?

Man könnte auch mal anfangen, deine hier eingeworfenen unscharfen Begriffen zu demontieren. Meistens ist es ja eine Sache der Sprache, die Probleme erst konstruiert ("unerklärliche Heilung", "Wunder", "Möglichkeit zur Existenz")

Aber lassen wir das, sonst ist der Spaß schnell vorbei :grins

Solche "Wunder" wie das Lichtfasten sind auch angeblich gut dokumentiert (in einem Krankenhaus, durch Wissenschaftler und Ärzte). Sowas ist aber kein Beleg (schon gar kein Beweis) für ein Leben ohne Nahrungsaufnahme. Es ist schlicht nicht wissenschaftlich. Groucho hat es schon aufgeführt, was man darunter versteht. Solche Studien müssen offen (auch erwartungsoffen) und reproduzierbar sein. Alles nicht im leisesten erfüllt und daher nur Scheinrealität.

ZitatOder neigt ihr dazu, alles zu versuchen um die Glaubwürdigkeit zu untergraben ;-)
(provokative!)

Natürlich, das ist das Wesen den wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens. Und deshalb findet man dieses Denken auch immer bei den Skeptikern. Und was soll daran verwerflich sein. Wenn eine Sache wirklich existiert und funktioniert, braucht man dafür keinen Glauben.
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: terrazza am 05. September 2016, 14:34:38
Zitat von: Peiresc am 05. September 2016, 13:59:45
...

Die Parkinson-Leitlinie (S3, das ist die höchste Stufe, jüngst revidiert) hat dazu:
ZitatObschon eine evidente Assoziation bei IPS mit Trägerstatus von GBA-Mutationen besteht, so sind GBA-Mutationen nicht als diagnostisch für IPS zu betrachten
...
(meine Hervorhebung)

Das ist interessant, kann es sein dass man vor 12 Jahren anders dachte? Danke für den LINK!
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: Peiresc am 05. September 2016, 14:45:58
Zitat von: terrazza am 05. September 2016, 14:34:38
kann es sein dass man vor 12 Jahren anders dachte?
Nein. In dieser Hinsicht ändert sich Medizin, und speziell die Neurologie, nicht. Entscheidend ist letztlich immer die Klinik, die Erscheinungsform der Krankheit, und das muss auch so bleiben. Der Laie hat einen falschen Eindruck von der Wichtigkeit apparativer Untersuchungen, oder von der Macht der Bilder. 

Ich will aber nicht verhehlen, dass es gelegentlich leicht diskrepante Herangehensweisen in der Medizin gibt. Es gibt häufig nicht "richtig oder falsch", sondern es gibt einen Entscheidungskorridor. Das ist ein weites Feld, und in diesem Faden OT.  8)
Titel: Re: des Pudels Kern
Beitrag von: Peiresc am 05. September 2016, 16:24:16
Noch eine Erläuterung zu diesem Aspekt:
Zitat von: Peiresc am 05. September 2016, 14:45:58
Zitat von: terrazza am 05. September 2016, 14:34:38
kann es sein dass man vor 12 Jahren anders dachte?
Nein

Zitat von: terrazza am 05. September 2016, 13:30:35
Das Vorliegen einer heterozygoten Deletion des Exon3 im Parkin-Gen spricht für die Diagnose eines Parkin-assozierten M.Parkinson.
(Hertie Institut - UNIKLINIKUM Tübingen / Prof. Dr. Thomas Gasser)
Genau zu diesem Punkt findet sich:
Zitat von: Leitlinie
Alleinig heterozygote und als pathogen erachtete Mutationen in PARKIN werden immer wieder als Risikofaktor diskutiert, gelten aber nicht als diagnostisch und waren in einer sehr großen, populationsgenetischen Studie an überwiegend weißen US-Amerikanern (1686 Kontrollen, 2091 Patienten mit IPS) nicht mit IPS-Risiko assoziiert (Kay 2010).
Wenn wir die Tübingensche Interpretation nicht von vornherein als überstürzt madig machen wollen: vielleicht hat man vor 12 Jahren wirklich anders gedacht. Das wäre dann das Kennzeichen der Wissenschaft: die sich ändernde Ansicht im Licht der neuen Evidenz, vgl. #11 (https://forum.psiram.com/index.php?topic=15032.msg199389#msg199389), im Beginn.

Grundsätzlich ist genetische Diagnostik in der Lage, die Anlage zu genetisch bedingten Erkrankungen zu erkennen, aber nicht die Erkrankungen selbst; sie kann das Risiko einer Erkrankungswahrscheinlichkeit quantifizieren, aber dies ist selbst bei monogenen homozygoten Erkrankungen nicht immer 100% (wenn die Penetranz gering ist). Und die meisten genetisch (mit-)bedingten Erkrankungen sind nicht monogen. Die Erkennung des Parkinson-Syndroms ist und bleibt weiterhin eine klinische Aufgabe. Da sind die Leitlinien ganz eindeutig, und sie haben sich in diesem Punkt nicht geändert.