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Deutsch => Allgemeine Diskussionen => Smalltalk => Thema gestartet von: ZweifelnIstGesund am 30. November 2015, 17:48:12

Titel: Hochsensibilität
Beitrag von: ZweifelnIstGesund am 30. November 2015, 17:48:12
Hallo, bin neu hier. Ich wollte ein Thema bereden, bei dem ich nicht sicher bin, ob es sich dabei um eine wissenschaftlich begründbare Tatsache oder um eine neuverkleidete esoterische Ersatzreligion handelt. Es geht um "Hochsensibilität". Angeblich sollen bis zu 20% aller Menschen hochsensibel sein, 80% normal veranlagt. Ins westliche Bewußtsein wurde diese Mode durch das Buch der US-Autorin E. Aron von 1997 gebracht. Stutzig macht mich an diesen Behauptungen, dass ein Teil der Hochsensiblen angeblich auch sensibel genug sein soll, um spirituelle Phänomene wahrzunehmen. Wenn ich schon "spirituell" aus dem Mund von Westlern höre, dann denke ich sofort an Plasteschamanen, an Homöophatie, an Geistheilung & Co.
Also, was haltet ihr davon?
Lug und Trug ODER beweisbare Realität?
:o
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: celsus am 30. November 2015, 17:53:05
Zitat von: ZweifelnIstGesund am 30. November 2015, 17:48:12um eine wissenschaftlich begründbare Tatsache oder um eine neuverkleidete esoterische Ersatzreligion handelt.

Vermutlich irgendwas dazwischen. Es gibt eben ein breites Spektrum von extrem robust bis übersensibel. Als eigenständige Diagnose taugt "hochsensibilität" wohl nicht, aber eine Kombination bekannter (und normaler) Eigenschaften bis hin zu psychischen Störungen scheint für diesen Effekt verantwortlich zu sein.

Zufällig habe ich neulich einen Artikel darüber gelesen: http://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article147880334/Hochsensibilitaet-Fakt-oder-uebertriebener-Hype.html

Zitat"Eine neue Diagnose nach ICD oder DSM wird aus dem Begriff der Hochsensibilität nicht entstehen, ebenso besteht kein Bedarf für die Einführung neuer Therapien, auch wenn vereinzelt schon Hochsensible als Zielgruppe für Gesundheitsförderung gesehen werden", wertet Psychiater Andreas Meißner.
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Groucho am 30. November 2015, 19:06:33
Hallo und wilkommen!
Zitat von: ZweifelnIstGesund am 30. November 2015, 17:48:12
Lug und Trug ODER beweisbare Realität?
:o

Falsche Frage ;) Man müsste erstmal die Begrifflichkeiten klären. Was sind "spirituelle Phänomene"?, und dass manche in bestimmten Bereichen sensibler sind als andere - geschenkt. Man kann bestenfalls eine Geschäftsidee ableiten: Menschen, die hie und dort nicht zurecht kommen, dürfen sich das Etikett "hochsensibel" umhängen. Das erklärt zwar nichts, schmeichelt aber ungemein. Das Ganze ist halt die übliche Schmuckverpackung, der Inhalt undefiniert.
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Scipio am 01. Dezember 2015, 07:15:48
Zitat von: Groucho am 30. November 2015, 19:06:33
Hallo und wilkommen!
Zitat von: ZweifelnIstGesund am 30. November 2015, 17:48:12
Lug und Trug ODER beweisbare Realität?
:o
Falsche Frage ;) Man müsste erstmal die Begrifflichkeiten klären. Was sind "spirituelle Phänomene"?, und dass manche in bestimmten Bereichen sensibler sind als andere - geschenkt. Man kann bestenfalls eine Geschäftsidee ableiten: Menschen, die hie und dort nicht zurecht kommen, dürfen sich das Etikett "hochsensibel" umhängen. Das erklärt zwar nichts, schmeichelt aber ungemein. Das Ganze ist halt die übliche Schmuckverpackung, der Inhalt undefiniert.
Das könnte man vom Etiketten "hochbegabt" auch sagen.
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Groucho am 01. Dezember 2015, 11:00:00
Zitat von: Scipio am 01. Dezember 2015, 07:15:48
Das könnte man vom Etiketten "hochbegabt" auch sagen.

Hochbegabung und Hypersensibilität ist beobacht- und mehr oder weniger messbar. Der Unfug beginnt dort, wo man damit nichtexistente Phänomene postulieren will ("Ich kann Gedanken lesen, Du nicht, weil Du nicht hypersensibel bist.")
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Eumel am 10. Dezember 2015, 09:46:12
Ich kann zwar wissenschaftlich nicht mitreden, aber ich hatte mit dem Thema vor einer Weile zu tun und gebe deshalb trotzdem mal meinen Senf dazu ab.

Es scheint momentan "in" zu sein, sich selbst oder die eigenen Kinder für hochsensibel zu halten und gleichzeitig wird Hochsensibilität als spezielle Begabung angesehen. Es mag zwar richtig sein, dass es so etwas gibt und auch dass es eine Begabung ist. Der "Umgang" damit erscheint mir aber nicht immer sinnvoll. Es wird häufig erwartet, dass sich die anderen (die im Grunde als unsensible, herzlose Psychopathen betrachtet werden ;)) den speziellen Bedürfnissen dieser Kinder (oder auch Erwachsenen) anpassen.

Psychische Probleme werden mit der Sensibilität quasi erklärt und entschuldigt und anstatt eigene problematische Reaktionen bzw. Verhaltensweisen zu hinterfragen, wird Rücksichtnahme und Verständnis gefordert. So etwas gibt es auch in anderen Bereichen, aber die Hochsensibilität ist wohl aktuell eine Mode (egal wie sensibel die Leute wirklich sind - ich glaube nicht, dass das bei den meisten, die sich dafür halten, mal tatsächlich mit fundierten Tests gemessen wurde).

Im esoterischen Bereich geht das gerne Hand in Hand mit den "Indigo-Kindern" bzw. habe ich den Eindruck, die Hochsensibilität ist nun für manche eine Möglichkeit dem Ganzen einen "wissenschaftlichen Anstrich" zu geben. Jedenfalls finde ich es interessant, wie die Entwicklung in diesem Bereich weitergeht.
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Groucho am 10. Dezember 2015, 10:33:24
"Lassen sie mich durch, mein Kind ist hochbegabt!"  :grins2:
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Typee am 10. Dezember 2015, 11:50:12
Zitat von: Groucho am 10. Dezember 2015, 10:33:24
"Lassen sie mich durch, mein Kind ist hochbegabt!"  :grins2:

Das ist nicht lustig - wenn die Hochbegabtenerzeuger die Ellbogen ausfahren und den Mundschutz zurechtrücken.
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Eumel am 11. Dezember 2015, 08:32:00
Was mich zu dem Thema noch interessieren würde: Im Internet kursieren etliche Tests, mit denen man angeblich feststellen kann, ob man hochsensibel ist oder nicht. Kennt sich jemand soweit mit psychologischen Tests aus, um hierzu einen Kommentar abgeben zu können? Die Tests sind sich meistens ähnlich und beziehen sich wohl auf eine (mehr oder weniger genaue) Übersetzung aus dem Buch von Elaine N. Aron.

http://www.hochsensibel-test.de/ (http://www.hochsensibel-test.de/)

Mein Eindruck zu dem Thema ist, dass es eine unterschiedliche Reizverarbeitung geben mag. Der aktuelle Hype dazu, scheint mir aber schon eine "esoterische Mode" zu sein.
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Peiresc am 11. Dezember 2015, 12:27:10
Zitat von: Eumel am 11. Dezember 2015, 08:32:00
Im Internet kursieren etliche Tests, mit denen man angeblich feststellen kann, ob man hochsensibel ist oder nicht.

Mit wirklichen psychologischen Tests hat das alles nichts zu tun. Es genügt nicht, sich ein paar ,,Ja-Nein-Fragen" auszudenken, mit denen sich 80% der Normalbevölkerung als "hochsensibel" einschätzen würden. Die entscheidende Frage ist die nach der Validierung dieser ,,Tests".

Geeignete Einstiegsbegriffe wären z. B. Validität (https://de.wikipedia.org/wiki/Validit%C3%A4t), Reliabilität (https://de.wikipedia.org/wiki/Reliabilit%C3%A4t), Normierung (https://de.wikipedia.org/wiki/Normierung_%28Psychologische_Diagnostik%29) usw., mit allen ihren Verästelungen.

Die grundlegende Frage ist also: Wie ist dieser Test normiert worden? Oder: ist es überhaupt wahrscheinlich, dass er je normiert worden ist?

Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Groucho am 11. Dezember 2015, 12:54:45
Zitat von: Eumel am 11. Dezember 2015, 08:32:00
Was mich zu dem Thema noch interessieren würde: Im Internet kursieren etliche Tests, mit denen man angeblich feststellen kann, ob man hochsensibel ist oder nicht. Kennt sich jemand soweit mit psychologischen Tests aus, um hierzu einen Kommentar abgeben zu können? Die Tests sind sich meistens ähnlich und beziehen sich wohl auf eine (mehr oder weniger genaue) Übersetzung aus dem Buch von Elaine N. Aron.

http://www.hochsensibel-test.de/ (http://www.hochsensibel-test.de/)

Mein Eindruck zu dem Thema ist, dass es eine unterschiedliche Reizverarbeitung geben mag. Der aktuelle Hype dazu, scheint mir aber schon eine "esoterische Mode" zu sein.

Also, ich bin hochsensibel gegenüber Bullshit, ich wurde ganz kribbelig, als ich den Test sah.
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Eumel am 11. Dezember 2015, 14:13:13
Zitat von: ZweifelnIstGesund am 30. November 2015, 17:48:12
Wenn ich schon "spirituell" aus dem Mund von Westlern höre, dann denke ich sofort an Plasteschamanen, an Homöophatie, an Geistheilung & Co.
Also, was haltet ihr davon?
Lug und Trug ODER beweisbare Realität?
:o

Informationen zum Thema unterschiedliche Reizverarbeitung habe ich im Internet inzwischen noch in Bezug auf Hunderassen gefunden ;). Unterschiedliche Hunde reagieren unterschiedlich empfindlich auf Reize. Scheint keine großartige, neue Erkenntnis zu sein. Warum soll es das nicht auch bei Menschen geben?

Ich sehe es so, dass das Problem da anfängt, wo viel zu viel in sowas reininterpretiert und mit viel Humbug alles Mögliche damit erklärt werden soll.

Ich stelle mir das bespielhaft so vor: Jemand hat vielleicht ein Problem am Arbeitsplatz, eckt bei den Kollegen an usw. Er sucht nach einer Erklärung. "Hochsensibel" klingt viel besser als "depressiv". Also macht man mal schnell im Internet so einen Test und hat nun ein schönes Label und kann sich für besser halten als die doofen Kollegen. Falls es mit dem Job trotzdem den Bach runter geht, wird man dann eben Schamane. Schließlich beweist der Test ja, dass man "spirituell talentiert" ist. Schuld an der Entwicklung sind aber grundsätzlich die anderen. Die sind unsensible Psychopathen. Zur Meinung in entsprechenden Kreisen über Leute, die es trotz aller Bemühungen nicht geschafft haben, den Internettest "richtig" auszufüllen, habe ich auch noch was entdeckt:

http://www.hochsensibilitaet.ch/content/e11223/e11789/index_ger.html

Ich frage mich gerade, was ich im Leben falsch gemacht habe. Ich gehöre zu den wenigen ca. 20%, die auch in so einem Test nicht zur elitären Gruppe der Hochsensiblen zählen und verdiene trotzdem kein Schweinegeld als psychopathischer Manager. So a Mist!
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Groucho am 11. Dezember 2015, 14:47:49
Zitat von: Eumel am 11. Dezember 2015, 14:13:13
Informationen zum Thema unterschiedliche Reizverarbeitung habe ich im Internet inzwischen noch in Bezug auf Hunderassen gefunden ;). Unterschiedliche Hunde reagieren unterschiedlich empfindlich auf Reize. Scheint keine großartige, neue Erkenntnis zu sein. Warum soll es das nicht auch bei Menschen geben?

Ja klar gibt es das. Was den einen nervt, nimmt der andere noch nicht mal wahr.

Zitat
Ich sehe es so, dass das Problem da anfängt, wo viel zu viel in sowas reininterpretiert und mit viel Humbug alles Mögliche damit erklärt werden soll.

Ist halt eine der vielen Leimruten der Quacks: Unzulänglichkeiten als positive Eigenschaften umdeuten.


Zitat
Ich frage mich gerade, was ich im Leben falsch gemacht habe. Ich gehöre zu den wenigen ca. 20%, die auch in so einem Test nicht zur elitären Gruppe der Hochsensiblen zählen und verdiene trotzdem kein Schweinegeld als psychopathischer Manager. So a Mist!

Ja, scheiße, ne? Dafür gibt es diese Selbsthilfegruppe hier.

Haben übrigens einen eigenen Test für Hochsensibilität, den sog. Warze-Index:

https://forum.psiram.com/index.php?topic=1711.0 (https://forum.psiram.com/index.php?topic=1711.0)

Wer es schafft, alle von Warze verlinkten "Musik"stücke durchgängig anzuhören, hat 0 Punkte auf der Sensibilitätsskala oder nach dem Warze-Index eine 1.  8)
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Peiresc am 11. Dezember 2015, 15:16:14
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Yadgar am 11. Dezember 2015, 15:34:58
Hi(gh)!

Zitat von: Eumel am 11. Dezember 2015, 14:13:13Zur Meinung in entsprechenden Kreisen über Leute, die es trotz aller Bemühungen nicht geschafft haben, den Internettest "richtig" auszufüllen, habe ich auch noch was entdeckt:

http://www.hochsensibilitaet.ch/content/e11223/e11789/index_ger.html

...bezeichnend, dass die "Niedersensibilität" dort auch noch mit "NS" abgekürzt wird! Zack! Nazikeule! Das flutscht...

Bis bald im Khyberspace!

Yadgar
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Groucho am 11. Dezember 2015, 15:40:50
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Eumel am 12. Dezember 2015, 12:02:44
Zitat von: Yadgar am 11. Dezember 2015, 15:34:58
Hi(gh)!

...bezeichnend, dass die "Niedersensibilität" dort auch noch mit "NS" abgekürzt wird! Zack! Nazikeule! Das flutscht...


Oh, das ist ein sehr sensibler Umgang der Hochsensiblen mit einem so sensiblen Thema :o. Vielleicht sollte der eine oder andere den eigenen Test nochmal ehrlich ausfüllen?
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Belbo am 12. Dezember 2015, 13:26:50
Zitat von: Eumel am 12. Dezember 2015, 12:02:44
Zitat von: Yadgar am 11. Dezember 2015, 15:34:58
Hi(gh)!

...bezeichnend, dass die "Niedersensibilität" dort auch noch mit "NS" abgekürzt wird! Zack! Nazikeule! Das flutscht...


Oh, das ist ein sehr sensibler Umgang der Hochsensiblen mit einem so sensiblen Thema :o. Vielleicht sollte der eine oder andere den eigenen Test nochmal ehrlich ausfüllen?


Müsste es dann nicht aber auch übersensibel und untersensibel geben?
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Eumel am 12. Dezember 2015, 19:38:33
Zitat von: Belbo am 12. Dezember 2015, 13:26:50
Müsste es dann nicht aber auch übersensibel und untersensibel geben?

Neinnein, so funktioniert das nicht! Wenn ich das richtig verstehe, gibt es die Hochbegabt-/Hochsensiblen und den Rest der Menschheit. Der Rest besteht aus niedersensiblen Psychopathen, die per se zu dämlich sind, um Verständnis für die völlig nachvollziehbaren Launen, Aggressionen, Schwebezustände, spirituellen Krisen, schwachen Schulleistungen etc. der Hochsensiblen aufzubringen  ;).
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Peiresc am 12. Dezember 2015, 19:59:58
Zitat von: Eumel am 12. Dezember 2015, 19:38:33
Hochsensiblen

Ich habe tatsächlich gerade "Hochsensibelchen" gelesen. Ups, ein (S.k., weghören) Freudscher Verleser.
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Gefährliche Bohnen am 12. Dezember 2015, 20:19:40
Beeing an Indigo Child (https://www.youtube.com/watch?v=UI_Ia_nZ48k)
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: celsus am 12. Dezember 2015, 20:58:13
Zitat von: Gefährliche Bohnen am 12. Dezember 2015, 20:19:40
Beeing an Indigo Child (https://www.youtube.com/watch?v=UI_Ia_nZ48k)

Sehr schön, den kannte ich noch überhaupt nicht.

Was ist eigentlich aus dem schönen Wort "Turnbeutelvergesser" geworden?  :grins
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Peiresc am 12. Dezember 2015, 21:11:34
Zitat von: celsus am 12. Dezember 2015, 20:58:13
Was ist eigentlich aus dem schönen Wort "Turnbeutelvergesser" geworden?  :grins
Was aus dem Wort geworden ist, weiß ich nicht, aber was aus dem Kind geworden ist, weiß ich ... ups  :-[
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: eLender am 12. Dezember 2015, 22:57:38
Scheint irgendwie Mode zu sein, bei sich selbst bestimmte Diagnosen zu stellen, die einem einen besonderen Status verleihen. Es scheint auch in zu sein, sich selbst als Asperger einzuordnen. Einstein soll ja auch einer gewesen sein, also könnte ich doch auch einer sein...

Pervers wird das Ganze bei Personen, die sich absichtlich mit HIV infizieren (anderer Faden). Krankheit als Alleinstellungsmerkmal.
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: ZweifelnIstGesund am 13. Dezember 2015, 08:06:46
Vielen Dank für Eure Antworten.
Ich entnehme daraus, dass es keine objektive, sachliche und unabhängige Wertung des Konzeptes von ,,Hochsensibilität" und ,,Nicht-Hochsensibilität" gibt. Es bleibt der individuellen, ganz subjektiven Selbsteinschätzung überlassen. Insofern ist nach derzeitigem Stand diese Theorie eigentlich wertlos. Im positiven Sinne kann sich der Unsichere, der dem Leistungsdruck und Selbstdarstellungsdruck sowie der Wurzellosigkeit dieser modernen, westlichen Gesellschaft nicht gewachsen fühlt, mit Hilfe dieser Theorie etwas Selbstbewußtsein aufbauen, im negativen Sinne kann er eine Sonderbehandlung für sich reklamieren, seine selbst ausgesuchte Abweichung von der Norm kultivieren und sich darin suhlen, sie als Abgrenzung gegenüber anderen (Nicht-HSPs) anwenden.
Schade eigentlich, dass dieses Feld des menschlichen Verhaltens und Fühlens noch so wenig wissenschaftlich untersucht ist und damit freien Autoren und Heilpraktikern überlassen bleibt. Die nehmen dann Menschen mit Schwierigkeiten aus, zapfen ihnen Geld ab und stiften eigentlich eher Verwirrung, als daß sie denen echt helfen, die sich als ,,zu sensibel" für diese Welt einschätzen.
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Peiresc am 13. Dezember 2015, 10:16:39
Zitat von: ZweifelnIstGesund am 13. Dezember 2015, 08:06:46
Schade eigentlich, dass dieses Feld des menschlichen Verhaltens und Fühlens noch so wenig wissenschaftlich untersucht ist und damit freien Autoren und Heilpraktikern überlassen bleibt. Die nehmen dann Menschen mit Schwierigkeiten aus, zapfen ihnen Geld ab und stiften eigentlich eher Verwirrung, als daß sie denen echt helfen, die sich als ,,zu sensibel" für diese Welt einschätzen.
Dieser Eindruck trügt. Das ist nun wirklich alter Wein nicht mal in neuen Schläuchen, sondern nur mit neuen Etiketten versehen. Die Liste alter Modediagnosen, die sich davon nicht abgrenzen lassen würden, ist endlos. Es gibt Heerscharen von Leuten, die sich professionell auf allen Ebenen damit auseinandersetzen (und einen Haufen von Leuten, die auf andere Weise damit Geld verdienen wollen).

Ein wesentlicher Punkt dieser Auseinandersetzungen ist natürlich irgendwann, dass man auch mal selbst für sich Verantwortung übernehmen muss. Das mag der eine oder andere nicht gern hören. Kannste nix machen.
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: P.G. am 22. Dezember 2015, 18:10:35
Ich habe als Neuropsychologe unregelmäßig damit zu tun. Es sind immer wieder mal Eltern die damit ankommen. Im professionellen universitären Umfeld ist das ansonsten vollkommen unbekannt. Wobei...letztens habe ich mal in einer Besprechung gehört, ein Kinderarzt hätte das bei einem Kind diagnostiziert. Das sind aber extreme Einzelfälle.
Ich kenne das nur, weil ich mir mal die Mühe gemacht habe, zu schauen was das eigentlich sein soll. Habe die wenigen wissenschaftlichen Veröffentlichungen gelesen, die es dazu gibt. Nun ja, es gibt ungelogen mindestens 100x soviel blödsinnige Selbsthilfebücher dazu bei Amazon zu kaufen. Die wenigen wissenschaftlichen Paper sind mehr Zweck um eben diese Selbsthilfebücher zu verkaufen. Die sind per se nicht schlecht (die Studien), aber nicht ausreichend um mehr als eine wissenschaftliche Außenseiterrolle zu spielen. Was die populären Bücher postulieren, hat wenig mit der allgemeinen Evidenzlage zum Konstrukt gemein. Man kann eben auf seriöse Weise keine Bücher füllen mit einer handvoll Studien.
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: duester am 22. Dezember 2015, 18:56:53
Zitat von: P.G. am 22. Dezember 2015, 18:10:35
Im professionellen universitären Umfeld ist das ansonsten vollkommen unbekannt.

Das soll sich ändern:
https://www.jacobs-university.de/news/zu-laut-zu-grell-zu-viel

Ich bin nicht vom Fach, aber den Ansatz der beiden Damen finde ich fragwürdig. Speziell das hier:

ZitatDas zu ändern, ist eines der Ziele von Margrit Schreier. Sie ist Psychologin und Professorin an der Jacobs University und selbst hochsensibel. ,,Um dem Thema mehr Anerkennung und den Betroffenen mehr Verständnis und Hilfe zu verschaffen, müssen wir das Phänomen zunächst klar definieren", erklärt Schreier.

Persönliche Betroffenheit und wissenschaftliche Distanz passen einfach nicht zusammen. Laut ihrer Institutspräsenz fordert Frau Schreier ein, dass z.B. ihre Sprechstunden unparfümiert aufgesucht werden. Sie geht sogar so weit, das als Bedingung für Lehrveranstaltungen, die sie hält, vorzugeben. Ohne jetzt beurteilen zu können, ob es Hochsensibilität tatsächlich gibt: Das hört sich für mich danach an, als wollte sie erzwingen, dass auf ihre persönlichen Befindlichkeiten Rücksicht genommen wird (und die scheinen mir ein bisschen überspannt). Die Beschreibung des "Krankheitsbildes" ist so vage, dass da doch fast jeder drunter fällt. Ich finde die Welt oft auch "zu laut, zu grell, zu viel" (vorzugsweise beim Besuch von Volksfesten), aber ich vermute, je mehr Aufmerksamkeit ich dieser Wahrnehmung schenke, umso mehr wird sie auch bestätigt werden. Erinnert mich an Elektrosensibilität und MCS.

Aber wie gesagt: Ich bin Laie. Vielleicht muss ich mich in ein paar Jahren auch für diese Auffassung entschuldigen.
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Groucho am 22. Dezember 2015, 19:09:44
Früher wäre das wohl in die Rubrik Hysterie gefallen. Aber ok, es mag Fälle geben, die wirklich ein größeres Problem haben. Die Frage dann halt, ob Desensibilisierung/Verhaltenstherapie nicht der sinnvollere Ansatz wäre, statt von der ganzen Welt zu verlangen, sich nach ihren Vorstellungen zu richten.
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Peiresc am 22. Dezember 2015, 19:13:26
Was ist das überhaupt für eine Universität?
ZitatJacobs University is a private, independent university that offers the highest research and academic standards. Young people from every continent are trained as world citizens with leadership qualities at Jacobs University in Bremen.

Zitat
Course fees

Bachelor programs: €20,000 / year of study plus board and lodging (€500 a month for the academic year: September-May)
Das nötige Kleingeld kann den Numerus clausus umschiffen. Aber man kann ja am Parfüm sparen.
;D
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Groucho am 22. Dezember 2015, 19:15:46
Wieso muss die Dame jetzt ausgerechnet auch noch Schreier heißen ...
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: duester am 22. Dezember 2015, 19:15:57
Zitat von: Groucho am 22. Dezember 2015, 19:09:44
Früher wäre das wohl in die Rubrik Hysterie gefallen.

:-X Ich äußere mich jetzt nicht zu den damaligen therapeutischen Empfehlungen zur Behandlung der Hysterie. :-X


:-X Gott, ist das mit dem "Nicht-Äußen" schwer.  :-X

Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Gethen am 22. Dezember 2015, 19:18:09
Zitat von: Groucho... statt von der ganzen Welt zu verlangen, sich nach ihren Vorstellungen zu richten.
Wie jetzt!?!?!? Im Ernst nicht?

Zitat von: Peiresc am 22. Dezember 2015, 19:13:26
Was ist das überhaupt für eine Universität?
ZitatJacobs University is a private, independent university that offers the highest research and academic standards. Young people from every continent are trained as world citizens with leadership qualities at Jacobs University in Bremen.
Das nötige Kleingeld kann den Numerus clausus umschiffen. Aber man kann ja am Parfüm sparen.
;D

Nicht: man kann - man *muß* am Parfum sparen. Das täte doch sonst noch womöglich den Ges... das Aroma von Jacobs Dröhnung mit Kaffeefegsel übertönen!

Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Groucho am 22. Dezember 2015, 19:18:18
Zitat von: duester am 22. Dezember 2015, 19:15:57
:-X Ich äußere mich jetzt nicht zu den damaligen therapeutischen Empfehlungen zur Behandlung der Hysterie. :-X
:-X Gott, ist das mit dem "Nicht-Äußen" schwer.  :-X


Kleiner Trost: In diesem Forum sind solcher Erläuterungen so explizit gar nicht nötig  8)
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: duester am 22. Dezember 2015, 19:20:03
Zitat von: Peiresc am 22. Dezember 2015, 19:13:26
Das nötige Kleingeld kann den Numerus clausus umschiffen. Aber man kann ja am Parfüm sparen.
;D

;D http://www.zeit.de/2014/09/jacobs-university-bremen-finanzierung

Man achte auf den Titel des Artikels.
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Groucho am 22. Dezember 2015, 19:27:19
Zitat von: duester am 22. Dezember 2015, 19:20:03
Man achte auf den Titel des Artikels.

Naja, die Ambition ist doch sehr ok, aber hat in D wohl wenig Chancen.

ZitatDie Uni ist auch an ihren hohen Ambitionen gescheitert, die nicht in Einklang zu bringen sind mit den Realitäten in Deutschland: Es gibt hierzulande ein starkes staatliches Wissenschaftssystem und, anders als in den USA, keine Tradition, für ein Studium zu bezahlen, weder als Student noch als Alumni.
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: eLender am 22. Dezember 2015, 19:40:52
Derweil forscht eine andere Schreier an der Tchibo-Universität an der Sensibilität von Polyester-Puscheln. Versuchsaufbau: sie ließt ihre neuesten Beiträge den Puscheln vor. Ergebnis: alle tot.

Zur Jacobs-Krönungs-Universität hätte ich auch noch was in Punkto kuriose Forschung. Wenn ichs denn finden tät.
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: duester am 22. Dezember 2015, 19:44:51
Zitat von: Groucho am 22. Dezember 2015, 19:27:19
Zitat von: duester am 22. Dezember 2015, 19:20:03
Man achte auf den Titel des Artikels.

Naja, die Ambition ist doch sehr ok, aber hat in D wohl wenig Chancen.

ZitatDie Uni ist auch an ihren hohen Ambitionen gescheitert, die nicht in Einklang zu bringen sind mit den Realitäten in Deutschland: Es gibt hierzulande ein starkes staatliches Wissenschaftssystem und, anders als in den USA, keine Tradition, für ein Studium zu bezahlen, weder als Student noch als Alumni.

Damit haben sie die Grundlage geschaffen zum Psiram-Dauerthema zu werden. Weil sie so stur eine Forschungs-Uni bleiben wollen, aber knapp bei Kasse sind, haben sie in den letzten Monaten stark auf populärwissenschaftlich umgestellt, gerade bei den Psychologen. Falls ihr es noch nicht wisst: Glatte Haut macht vertrauenserweckend (http://www.heilpraxisnet.de/naturheilpraxis/psyche-glatte-haut-ohne-pickel-und-mitesser-wirkt-vertrauenswuerdiger-2015120451031). Durchbruch!
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: Groucho am 22. Dezember 2015, 19:53:40
Zitat von: duester am 22. Dezember 2015, 19:44:51
Damit haben sie die Grundlage geschaffen zum Psiram-Dauerthema zu werden. Weil sie so stur eine Forschungs-Uni bleiben wollen, aber knapp bei Kasse sind, haben sie in den letzten Monaten stark auf populärwissenschaftlich umgestellt, gerade bei den Psychologen. Falls ihr es noch nicht wisst: Glatte Haut macht vertrauenserweckend (http://www.heilpraxisnet.de/naturheilpraxis/psyche-glatte-haut-ohne-pickel-und-mitesser-wirkt-vertrauenswuerdiger-2015120451031). Durchbruch!

Verstehe ...
Titel: Re: Hochsensibilität
Beitrag von: P.G. am 22. Dezember 2015, 20:28:50
Zitat von: duester am 22. Dezember 2015, 18:56:53
Zitat von: P.G. am 22. Dezember 2015, 18:10:35
Im professionellen universitären Umfeld ist das ansonsten vollkommen unbekannt.

Das soll sich ändern:
https://www.jacobs-university.de/news/zu-laut-zu-grell-zu-viel

Ich bin nicht vom Fach, aber den Ansatz der beiden Damen finde ich fragwürdig. Speziell das hier:

ZitatDas zu ändern, ist eines der Ziele von Margrit Schreier. Sie ist Psychologin und Professorin an der Jacobs University und selbst hochsensibel. ,,Um dem Thema mehr Anerkennung und den Betroffenen mehr Verständnis und Hilfe zu verschaffen, müssen wir das Phänomen zunächst klar definieren", erklärt Schreier.

Persönliche Betroffenheit und wissenschaftliche Distanz passen einfach nicht zusammen. Laut ihrer Institutspräsenz fordert Frau Schreier ein, dass z.B. ihre Sprechstunden unparfümiert aufgesucht werden. Sie geht sogar so weit, das als Bedingung für Lehrveranstaltungen, die sie hält, vorzugeben. Ohne jetzt beurteilen zu können, ob es Hochsensibilität tatsächlich gibt: Das hört sich für mich danach an, als wollte sie erzwingen, dass auf ihre persönlichen Befindlichkeiten Rücksicht genommen wird (und die scheinen mir ein bisschen überspannt). Die Beschreibung des "Krankheitsbildes" ist so vage, dass da doch fast jeder drunter fällt. Ich finde die Welt oft auch "zu laut, zu grell, zu viel" (vorzugsweise beim Besuch von Volksfesten), aber ich vermute, je mehr Aufmerksamkeit ich dieser Wahrnehmung schenke, umso mehr wird sie auch bestätigt werden. Erinnert mich an Elektrosensibilität und MCS.

Aber wie gesagt: Ich bin Laie. Vielleicht muss ich mich in ein paar Jahren auch für diese Auffassung entschuldigen.

"Persönliche Betroffenheit und wissenschaftliche Distanz" geht sogar sehr gut. Ich kenne zahlreiche Beispiele aus der Praxis. Und die Wissenschaftsgeschichte auch. Aber das nur nebenbei.

"Hochsensibel" ist ja nichts neues und es hat immer noch keinen Platz in den Lehrbüchern (und ich habe tatsächlich schon in einigen Standardwerken gesucht) und egal was irgendwelche exzentrischen Professorinnen erzählen: Das wird sich auch nicht plötzlich ändern. Die Informationen im Internet geben ein stark verzerrtes Bild wieder.
Dass es Menschen gibt, die sich in den Beschreibungen (niemand redet von "Krankheit") wiederfinden, lässt sich nicht bestreiten. Aber man könnte auch ein Konstrukt der "Horizontalen" erfinden. Das sind Menschen, die ein horizontales Leben bevorzugen. Ich bin mir sicher es gibt viele Menschen, die "Ja, hier!" schreien. Und trotzdem ist es Unsinn, weil nicht unabhängig von bereits gut etablierten Konstrukten.