Psiram Forum

Deutsch => Allgemeine Diskussionen => Politik und Gesellschaft => Thema gestartet von: Dr. Ici Wenn am 15. Dezember 2012, 13:01:02

Titel: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 15. Dezember 2012, 13:01:02
Ein Interview mit Karl Popper im Spiegel von 1992:

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13682439.html (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13682439.html)
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: bayle am 15. Dezember 2012, 14:55:02
Mit Verlaub, aber ich finde, diese schlicht gestrickte Gesellschaftstheorie gehört nicht zu Poppers stärksten Seiten. Nur mal ein, zwei willkürlich herausgegriffene Sätze:

Zitat
Chruschtschow hatte einen vernichtenden Überfall auf die USA geplant.
...
Den Umweltkatastrophen liegt die Bevölkerungsexplosion zugrunde, die wir ethisch lösen müssen. Es dürfen wirklich nur noch gewollte Kinder auf die Welt kommen.
Auf welche faktische Grundlage stützt er sich da?

ZitatSPIEGEL: Aber Sie werden doch kaum bestreiten können, daß es in weiten Teilen der Dritten Welt Massenelend gibt?
POPPER: Nein. Aber das ist hauptsächlich auf politische Dummheit der Führer in den verschiedenen Hunger-Staaten zurückzuführen. Wir haben diese Staaten zu schnell und zu primitiv befreit. Es sind noch keine Rechtsstaaten. Dasselbe würde geschehen, wenn man einen Kindergarten sich selbst überließe.
Also erstens haben nicht "wir" und schon gar nicht Popper persönlich diese Staaten befreit, und zweitens, wenn es so gewesen wäre, was hätte er denn statt dessen getan?

Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 15. Dezember 2012, 15:39:45
Zitat von: bayle am 15. Dezember 2012, 14:55:02
Mit Verlaub, aber ich finde, diese schlicht gestrickte Gesellschaftstheorie gehört nicht zu Poppers stärksten Seiten. Nur mal ein, zwei willkürlich herausgegriffene Sätze:

Zitat
Chruschtschow hatte einen vernichtenden Überfall auf die USA geplant.
...
Den Umweltkatastrophen liegt die Bevölkerungsexplosion zugrunde, die wir ethisch lösen müssen. Es dürfen wirklich nur noch gewollte Kinder auf die Welt kommen.
Auf welche faktische Grundlage stützt er sich da?

Grab einfach selber mal nach. Wo man Popper damals noch Vermutung unterstellen kann, ist das heute eher Tatsache. Der NATO-Doppelbeschluss war wohl wirklich der Punkt, der den Atomkrieg verhindert hat. Die Sowiet-Militärs waren definitiv zu großen Teilen so drauf, es wagen zu wollen.

Zitat
ZitatSPIEGEL: Aber Sie werden doch kaum bestreiten können, daß es in weiten Teilen der Dritten Welt Massenelend gibt?
POPPER: Nein. Aber das ist hauptsächlich auf politische Dummheit der Führer in den verschiedenen Hunger-Staaten zurückzuführen. Wir haben diese Staaten zu schnell und zu primitiv befreit. Es sind noch keine Rechtsstaaten. Dasselbe würde geschehen, wenn man einen Kindergarten sich selbst überließe.
Also erstens haben nicht "wir" und schon gar nicht Popper persönlich diese Staaten befreit, und zweitens, wenn es so gewesen wäre, was hätte er denn statt dessen getan?

"Wir" soll wohl die westliche Gesellschaft bedeuten. Muss man das jetzt echt erklären?
Zum statt dessen wurde er nicht befragt. Und ja, ich glaube, er hätte bestimmt ein paar kluge Vorschläge gehabt. Da fallen mir sogar einige ein.
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: bayle am 15. Dezember 2012, 16:05:27
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 15. Dezember 2012, 15:39:45
Zitat von: bayle am 15. Dezember 2012, 14:55:02
Mit Verlaub, aber ich finde, diese schlicht gestrickte Gesellschaftstheorie gehört nicht zu Poppers stärksten Seiten. Nur mal ein, zwei willkürlich herausgegriffene Sätze:
Zitat
Chruschtschow hatte einen vernichtenden Überfall auf die USA geplant.
Auf welche faktische Grundlage stützt er sich da?
Grab einfach selber mal nach. Wo man Popper damals noch Vermutung unterstellen kann, ist das heute eher Tatsache. Der NATO-Doppelbeschluss war wohl wirklich der Punkt, der den Atomkrieg verhindert hat. Die Sowiet-Militärs waren definitiv zu großen Teilen so drauf, es wagen zu wollen.
Hab' ich doch. Ich bleib der Einfachheit halber bei der Kuba-Krise. Wer wirklich den Atomkrieg wollte, das waren nach der bisherigen Kenntnis auf der einen Seite die Falken im Pentagon und auf der anderen Seite Castro; Kennedy und Chrustschow wohl eher nicht:

ZitatEtwa zu diesem Zeitpunkt hatte Chruschtschow wohl die Idee, Atomraketen auf Kuba zu stationieren. Über die wahren Gründe dafür lässt sich nach wie vor nur spekulieren. Noch immer sind Moskaus Regierungsarchive kaum zugänglich – selbst für russische Historiker. Manches deutet darauf hin, dass es Chruschtschow um den Schutz Kubas ging. Damit verbunden war eine Veränderung des strategischen Kräfteverhältnisses, auch mit der Möglichkeit, neuen Druck in der Berlin-Frage auszuüben.
http://www.zeit.de/2012/41/Kubakrise/komplettansicht

Zitat von: Dr. Ici Wenn am 15. Dezember 2012, 15:39:45
"Wir" soll wohl die westliche Gesellschaft bedeuten. Muss man das jetzt echt erklären?
Zum statt dessen wurde er nicht befragt. Und ja, ich glaube, er hätte bestimmt ein paar kluge Vorschläge gehabt. Da fallen mir sogar einige ein.
Es fehlt mir das Hinterland, um mich über das Ende des Kolonialsystems weiter zu verbreiten, aber ich bin ziemlich sicher, dass die Briten Indien nicht freiwillig aufgegeben haben, so wie Belgien nicht den Kongo und Frankreich nicht Algerien. Wer ist also ,,wir"?
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 15. Dezember 2012, 17:08:57
Zitat von: bayle am 15. Dezember 2012, 16:05:27
Es fehlt mir das Hinterland, um mich über das Ende des Kolonialsystems weiter zu verbreiten, aber ich bin ziemlich sicher, dass die Briten Indien nicht freiwillig aufgegeben haben, so wie Belgien nicht den Kongo und Frankreich nicht Algerien. Wer ist also ,,wir"?

Und mir fehlt es jetzt am Willen, über ein"wir" Poppers in einem Interview zu diskutieren. Ich mag mich auch nicht auf eine Endlosdiskussion über die Kubakrise auslassen, Stand ist wohl, dass beide Seiten irgendwann gemerkt haben, dass das ein ziemlich heißes Feuer ist, und es kurz davor war.

Nichts anderes sagt Popper.

Sich im Detail zu verlieren ist manchmal sehr hilfreich, und manchmal völlig sinnlos im Sinne eines Erkenntnisgewinns.

Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: Onkel Heinz am 15. Dezember 2012, 17:50:38
Zitat von: bayle
ZitatDen Umweltkatastrophen liegt die Bevölkerungsexplosion zugrunde, die wir ethisch lösen müssen. Es dürfen wirklich nur noch gewollte Kinder auf die Welt kommen.
Auf welche faktische Grundlage stützt er sich da?
Wo du schon Indien gebracht hast... das ist doch ein nicht zu übersehendes Problem.

Ich würde sagen, dass "wir" in Europa noch heute immens von der Kolonialzeit profitieren, nicht zuletzt, weil unser wirtschaftlicher Aufstieg nicht ohne die Ausbeutung der "Dritten Welt" denkbar ist. Und wie das Ende der Kolonien – insbesondere in Südasien – zustande gekommen ist, ist ebenfalls dem europäischen Zustand zu dieser Zeit zu verdanken. Ich finde, das "wir" ist durchaus gerechtfertigt.

Btw: Das Ende der Kolonialzeit fällt nicht ohne Grund auf das Ende des 2. WK...
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: bayle am 15. Dezember 2012, 18:26:30
@Noddy
Meine Kritik am "wir" bezog sich auf den Popperschen Satz
ZitatWir haben diese Staaten zu schnell und zu primitiv befreit
Wir haben sie nicht befreit.
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: bayle am 15. Dezember 2012, 18:39:48
ZitatDen Umweltkatastrophen liegt die Bevölkerungsexplosion zugrunde, die wir ethisch lösen müssen. Es dürfen wirklich nur noch gewollte Kinder auf die Welt kommen.

Ich halte weder den ursächlichen Zusammenhang für wahrscheinlich noch die Poppersche Lösung für gangbar. Es gab gewaltige Umweltkatastrophen, die nichts oder kaum etwas mit Bevölkerungswachstum zu tun hatten (z. B. in der UdSSR oder in Japan, nicht nur Fukushima, sondern z. B. Quecksilbervergiftungen in den 50er Jahren). Es gab vor nicht langer Zeit einen im Psiram-Blog verlinkten und besprochenen Beitrag über das Wachstum der Weltbevölkerung (leider finde ich ihn auf die Schnelle nicht wieder). Es wird sich bei 12 Milliarden stabilisieren. Außerdem ist die quasi einzig wirksame Maßnahme zur Senkung der Geburtenrate die Hebung des Wohlstands. Gilt übrigens auch umgekehrt: keine von-der-Leyen-Maßnahmen werden die Geburtenrate in Deutschland nachhaltig anheben können. Das habe ich mal in Sozialhygiene gelernt.     
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 15. Dezember 2012, 18:46:45
Zitat von: bayle am 15. Dezember 2012, 18:39:48
nicht nur Fukushima,

Wieviel Tote gabs da gleich nochmal? Ich kann mir das immer nicht merken.
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: Onkel Heinz am 15. Dezember 2012, 18:52:15
Zitat von: bayle am 15. Dezember 2012, 18:26:30
@Noddy
Meine Kritik am "wir" bezog sich auf den Popperschen Satz
ZitatWir haben diese Staaten zu schnell und zu primitiv befreit
Wir haben sie nicht befreit.
Das soll halt heißen: in die Selbstständigkeit entlassen...
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: free am 15. Dezember 2012, 18:52:47
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 15. Dezember 2012, 18:46:45
Zitat von: bayle am 15. Dezember 2012, 18:39:48
nicht nur Fukushima,
Wieviel Tote gabs da gleich nochmal? Ich kann mir das immer nicht merken.
Wegen des Bebens?
Wegen des Tsunamis?
Wegen der "Atome"?
Welche meinen Sie?
Welche meint bayle?
Ich habe bayle so verstanden, dass es sich um Beben und Tsunami handelt.
Falsch verstanden?
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 15. Dezember 2012, 18:59:23
Zitat von: free am 15. Dezember 2012, 18:52:47
Ich habe bayle so verstanden, dass es sich um Beben und Tsunami handelt.
Falsch verstanden?

Es stand Fukushima im Beitrag. Interpretation:Dort ist ein Atomkraftwerk explodiert, und hat dann einen Tsunami ausgelöst. Oder so.
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: Conina am 15. Dezember 2012, 19:01:16
Das Monstererdbeben verlief ja relativ glimpflich für Japan verglichen mit dem deutlich schwächeren Erdbeben in Haiti kurz vorher.
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: bayle am 15. Dezember 2012, 19:03:36
Ici, gib einfach zu, dass Popper an dieser Stelle Mist erzählt ;)
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: Onkel Heinz am 15. Dezember 2012, 19:06:48
ZitatDen Umweltkatastrophen liegt die Bevölkerungsexplosion zugrunde, die wir ethisch lösen müssen. Es dürfen wirklich nur noch gewollte Kinder auf die Welt kommen.
Da gibt's doch nun ne Menge außer Beben und Vulkane.

Worum geht's eigentlich hier?
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: free am 15. Dezember 2012, 19:08:07
Zitat von: bayle am 15. Dezember 2012, 19:03:36
Ici, gib einfach zu, dass Popper an dieser Stelle Mist erzählt ;)
Vielleicht hilft Horaz weiter:
=rart_ou]http://www.redensarten-index.de/suche.php?suchbegriff=~~Streit%20um%20des%20Kaisers%20Bart&bool=relevanz&suchspalte[]=rart_ou (http://www.redensarten-index.de/suche.php?suchbegriff=~~Streit%20um%20des%20Kaisers%20Bart&bool=relevanz&suchspalte[)
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 15. Dezember 2012, 21:52:34
Zitat von: bayle am 15. Dezember 2012, 19:03:36
Ici, gib einfach zu, dass Popper an dieser Stelle Mist erzählt ;)

Ich gebe gar nichts zu, aber dafür bin ich aus der "Diskussion" raus. Ich streite nicht um Worte.
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: bayle am 15. Dezember 2012, 22:28:17
Jetzt kommst Du aber nicht besonders cool rüber.
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 16. Dezember 2012, 00:07:09
Zitat von: bayle am 15. Dezember 2012, 22:28:17
Jetzt kommst Du aber nicht besonders cool rüber.

Ja, so kann das sein.
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: Onkel Heinz am 16. Dezember 2012, 00:44:57
Gestern Nacht habe ich "Amardillo" gesehen. Ziemlich heftig...
Das Kriegführen für den Frieden - nach diesem Dokfilm schwer zu glauben, dass das funktionieren kann...
http://www.arte.tv/de/armadillo/7103726.html - absolut sehenswert!
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 16. Dezember 2012, 01:14:32
Zitat von: Noddy am 16. Dezember 2012, 00:44:57
Gestern Nacht habe ich "Amardillo" gesehen. Ziemlich heftig...
Das Kriegführen für den Frieden - nach diesem Dokfilm schwer zu glauben, dass das funktionieren kann...
http://www.arte.tv/de/armadillo/7103726.html - absolut sehenswert!

Ich kenn ihn nicht. Ich weiß nur, das Filme ziemlich schlechte Berater sind, um z.B. rationale Entscheidungen  zu treffen. Ein guter Regisseur macht auch aus einer Zitrone ein Zuckerrohr.

Meine Intention war ja eigentlich, mit dem provokanten Titel des Themas auf das restliche Interview hinzuweisen, in dem das relativiert und begründet wird. Das war wohl etwas zu schräg gedacht.
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: Onkel Heinz am 16. Dezember 2012, 02:58:35
ZitatIch kenn ihn nicht. Ich weiß nur, das Filme ziemlich schlechte Berater sind, um z.B. rationale Entscheidungen  zu treffen. Ein guter Regisseur macht auch aus einer Zitrone ein Zuckerrohr.
Sicher... und dieser fokussiert auch nicht wirklich auf politische Zusammenhänge, ist einfach embedded gefilmt.

ZitatMein Intention war...
So ist das schon rübergekommen.
Ich sah die Diskussion hier in der Sackgasse und mich hat der Film einfach beschäftigt - das war quasi auch ein OT-Trigger...
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: gesine2 am 16. Dezember 2012, 07:31:04
Was ist eigentlich aus diesem schönen Slogan geworden?

(https://farm3.static.flickr.com/2541/4189131340_a7f821eb28.jpg)(vor'm dojo ;-)

Der ginge ja noch zu übersetzen, bei dem folgenden, mir besser gefallenden Spruch würde danach allerdings die Orientierung verlorengegangen sein:

(https://farm5.static.flickr.com/4006/4188368637_b2c8b162be_b.jpg)

Imho ist kriegerische Aktion in diversen Fällen zwar angesagt, aber bestenfalls dazu geeignet einen Mißstand erst mal grob zu beseitigen. In keiner Weise ist sie allerdings geeignet, um Frieden zu schaffen, schon gar nicht langfristig.

Doch als provokante These würde ich den thread-Titel schon durchgehen lassen...
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: bayle am 16. Dezember 2012, 08:22:06
Und es hat wahrscheinlich kaum je einen Krieg gegeben, der nicht mit dieser These begründet worden ist.
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 16. Dezember 2012, 09:42:11
@Gesine2: Gegen Krieg zu sein ist ca. so ähnlich, wie man gegen Schmerzen ist. Keiner will Krieg, trotzdem gibt es ihn. Die Haltung der Pazifisten ist kindisch, durch Ignorieren kann man keine Konflikte lösen. Selbst der gute Brecht hat das eingesehen: Sein viel und falsch Zitierter Satz "Stellt euch vor es ist Krieg, und keiner geht hin" hat ja einen zweiten Teil, der da lautet "dann kommt der Krieg zu euch."
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: gesine2 am 16. Dezember 2012, 10:11:11
ZitatDie Haltung der Pazifisten ist kindisch
Gemach, gemach Dr. Ici Wenn (https://forum.psiram.com/index.php?topic=10221.msg120428#msg120428), trotz der weiter oben (https://forum.psiram.com/index.php?topic=10221.msg120426#msg120426) geäußerten Teilbefürwortung würde ich mich als 'pazifistisch' bezeichnen. Genauso wie ich generell gegen körperliche Gewalt bin, mich aber dennoch angemessen, also ggfs mit (vom Gegenüber) ungeahnter Brutalität selbstverteidigen würde.

Doch ein gewisses Phänomen gibt es ja auf jedem Denkgebiet, also auch hier - so würde ich für ein
ZitatDie Haltung der fundamentalistischen Pazifisten ist kindisch
plädieren.
Die Plakate bzw Sprüche sind schon gut, regen zum Denken an, die halte ich nicht für überzogen. Dagegen halte ich zB die Verfolgung und Ahndung von Kriegsverbrechen (iSv Verbrechen im Rahmen eines Krieges) für viel zu lasch.
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 16. Dezember 2012, 10:41:48
Zitat von: gesine2 am 16. Dezember 2012, 10:11:11
ZitatDie Haltung der Pazifisten ist kindisch
Gemach, gemach Dr. Ici Wenn, trotz der geäußerten Teilbefürwortung würde ich mich als 'pazifistisch' bezeichnen. Genauso wie ich generell gegen körperliche Gewalt bin, mich aber dennoch angemessen, also ggfs mit (vom Gegenüber) ungeahnter Brutalität selbstverteidigen würde.

Na, da sind wir doch auf einem gleichen Standpunkt.

Zitat
Doch ein gewisses Phänomen gibt es ja auf jedem Denkgebiet, also auch hier - so würde ich für ein
ZitatDie Haltung der fundamentalistischen Pazifisten ist kindisch
plädieren.

Wie schon gesagt, ich mag mich nicht um einzelne Worte streiten. Kindisch bedeutet für mich zu meinen, man müsse nur gegen etwas sein, dann verschwindet es aus der Welt.

Zitat
Die Plakate bzw Sprüche sind schon gut, regen zum Denken an, die halte ich nicht für überzogen.

Vielleicht habe ich die schon zu oft gesehen, mich regen sie nicht mehr an. Ein kleines Zitat:
"So finden wir in der Natur des Menschen drei Hauptursachen für Konflikte: erstens Konkurenz, zweitens Unsicherheit, drittens Ruhmsucht. Die erste veranlasst den Menschen, wegen des Gewinns anzugreifen, die zweite wegen der Sicherheit und die dritte wegen des Ansehens."

(Autor darf geraten werden  :grins2: )

Zitat
Dagegen halte ich zB die Verfolgung und Ahndung von Kriegsverbrechen (iSv Verbrechen im Rahmen eines Krieges) für viel zu lasch.

Kann ich nicht beurteilen. Verbrechen ist Verbrechen, ob mit oder ohne Krieg.
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: Conina am 16. Dezember 2012, 11:38:14
Wenn ich mir anschaue, wie Nord- und Südkorea sich seit den 50ern auseinanderentwickelt haben, dann bin ich froh, dass der Süden nicht von Pazifisten im Stich gelassen wurde.

Die einen haben KZs, die anderen Samsung.
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: Monteverdi am 16. Dezember 2012, 19:50:41
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 16. Dezember 2012, 09:42:11
Selbst der gute Brecht hat das eingesehen: Sein viel und falsch Zitierter Satz "Stellt euch vor es ist Krieg, und keiner geht hin" hat ja einen zweiten Teil, der da lautet "dann kommt der Krieg zu euch."

Wobei dieser Satz "Stellt euch vor es ist Krieg, und keiner geht hin" wohl gar nicht von Brecht ist, sondern als Übersetzung vom US-amerikanischen Schriftsteller Carl Sandburg (http://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Sandburg) und der zweite Teil ("dann kommt der Krieg zu euch") ist eine freie Erfindung. Beide Teile sollen im Brecht'schen Fragment "Koloman-Wallisch-Kantate" stehen, tun es aber nicht. In der Kantate geht es auch nicht um Krieg, sondern um Kampf und Arbeiteraufstand gegen das österreichische Dollfuß-Regime in den 1930er Jahren.

In Bezug auf Klassenkampf ist Brecht allerdings in der Tat recht eindeutig:
"Nicht einmal den Kampf vermeidet / Wer den Kampf vermeiden will: denn / Es wird kämpfen für die Sache des Feinds / Wer für seine eigene Sache nicht gekämpft hat"
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 16. Dezember 2012, 20:10:07
Zitat von: Flaneur am 16. Dezember 2012, 19:50:41
Wobei dieser Satz "Stellt euch vor es ist Krieg, und keiner geht hin" wohl gar nicht von Brecht ist, sondern als Übersetzung vom US-amerikanischen Schriftsteller Carl Sandburg (http://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Sandburg) und der zweite Teil ("dann kommt der Krieg zu euch") ist eine freie Erfindung. Beide Teile sollen im Brecht'schen Fragment "Koloman-Wallisch-Kantate" stehen, tun es aber nicht. In der Kantate geht es auch nicht um Krieg, sondern um Kampf und Arbeiteraufstand gegen das österreichische Dollfuß-Regime in den 1930er Jahren.

Danke. Das wusste ich nicht.

Zitat
In Bezug auf Klassenkampf ist Brecht allerdings in der Tat recht eindeutig:
"Nicht einmal den Kampf vermeidet / Wer den Kampf vermeiden will: denn / Es wird kämpfen für die Sache des Feinds / Wer für seine eigene Sache nicht gekämpft hat"

Insofern passt es wieder.
Titel: Re: "Wir müssen Krieg für den Frieden führen"
Beitrag von: bayle am 16. Dezember 2012, 20:47:10
Ähnlich sagt Brecht auch in "Die Hoffenden!", geschrieben 1933:
Zitat
Worauf wartet ihr?
...
Die Wölfe werden euch nähren, statt euch zu verschlingen! Aus Freundlichkeit
Werden die Tiger euch einladen
Ihnen die Zähne zu ziehen!
Darauf wartet ihr!