Hallo alle zusammen
Vor kurzem ist ein Entwurf für einen §1631d BGB (=Bürgerliches Gesetzbuch) zur Beschneidung bekannt geworden mit folgendem Text:
Zitat(1) Die Personensorge umfasst auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes einzuwilligen, wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt wird.
(2) Dies gilt nicht, wenn durch die Beschneidung auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks das Kindeswohl gefährdet ist.
Quelle dazu: http://dieausrufer.wordpress.com/2012/09/25/gesetzesentwurf-zur-beschneidung/
Was haltet ihr von diesem Gesetzentwurf? Was kann man unter "Gefährdung des Kindeswohls" verstehen? Wäre es theoretisch möglich, sollte dieses Gesetz kommen, dass ein Erwachsener, der als Säugling beschnitten wurde, nachträglich, wegen "Gefährdung seines Kindeswohls", klagen kann? Ist dieser Gesetzentwurf überhaupt mit dem Grundgesetz vereinbar, in welchem es doch heißt, dass jeder Mensch ein Recht auf körperliche Unversehrtheit hat?
Zitat von: G5 am 26. September 2012, 14:36:25
Was haltet ihr von diesem Gesetzentwurf?
Ein Pudding ist Stahl dagegen. Alleine "männliches Kind" wird niemals durchgehen (Die weibliche Klitoris-Vorhautbeschneidung ist vergleichbar, soll die davon ausgenommen sein?). Ebenso "Regeln der ärztlichen Kunst". Die besagen u.a., dass eine medizinische Indikation vorliegen muss. Ebenso gehört zur ärztlichen Kunst, solche Eingriffe möglichst schmerzfrei zu gestalten, was in dem Fall Narkose bedeutet. Die auf Neugeborene spezialisierten Anästestisten, die sowas sicher können und auch noch freiwillig machen, kann man wohl in D. an ein paar Händen abzählen.
Und mit Punkt 2 redet man sich wieder raus: Natürlich ist das Kindeswohl immer gefährdet. Es sind hier glaub ich genügend Links gebracht worden, die das verdeutlichen.
AUs einem Kommentar:
http://dieausrufer.wordpress.com/2012/09/25/gesetzesentwurf-zur-beschneidung/
http://www.rewi.europa-uni.de/de/lehrstuhl/sr/krimirecht/Lehrstuhlinhaber/Publikationen/Aufsaetze/Der_Staatsanwalt_im_Kinderzimmer.pdf
Kurzum stellt man sich die Frage: Sind Legislative und Judikative Feiglinge?
"Tausende Väter/Mütter wegen Ohrfeige zu 4 Montaten haft verurteilt" wäre im Politik/Wahlbetrieb bestimmt witzig ::)
Tante Edith meint:
Wenn man sich den "Staatsanwalt im Kinderzimmer" zu Ende liest, erkennt man das Juristen manchmal ihre wahre Freude haben müssen, wenn inkompetente Politikclowns mal soen Gesetz rauskacken.
Und man sieht ein wie leicht hehre poltische Ideale und Werte in der dumpfen und grauen Realität der Juristerei versumpfen und richtig bösartige Rohrkrepierer werden.
ZitatWenn man sich den "Staatsanwalt im Kinderzimmer" zu Ende liest...
Chapeau! - Du
kannst doch nicht zum Club der ADHSler gehören, wenn du das geschafft hast, Ratio!
Zitat... erkennt man das Juristen manchmal ihre wahre Freude haben müssen, wenn inkompetente Politikclowns mal soen Gesetz rauskacken.
Und man sieht ein wie leicht hehre poltische Ideale und Werte in der dumpfen und grauen Realität der Juristerei versumpfen und richtig bösartige Rohrkrepierer werden.
Da hast du ein wahres Wort gesprochen.
Mit der großzügigen Verwendung des Begriffs "Recht auf körperliche Unversehrtheit" wird derzeit auch aus Unwissenheit allerhand naturalistischer Unfug getrieben.
Was heißt das eigentlich genau?
"Ich bin, wie ich von der Mutter kam" ? (Textzeile aus J. Brahms: "Feinsliebchen, du sollst mir nicht barfuß gehn")
Warum haben Frühgeborene ein Recht auf körperliche Unversehrtheit, gleichaltrige Spätabgetriebene aber nicht?
Was unterscheidet einen 8 Tage alten Säugling hinsichtlich seiner Persönlichkeitsrechte von einem spätabgetriebenen Fetus?
(Hier sind wir ziemlich schnell in Peter Singers Domäne, der die Persönlichkeitsrechte von Primaten und Menschen nicht kategorisch unterscheidet und kaum Berührungsängste zeigt, Behinderten die Persönlichkeitsrechte zu beschneiden ... ich formuliere mal diplomatisch)
Ist eine Impfung als medizinisch nicht notwendiger, sondern höchstens (hierzulande v.a. epidemiologisch)wünschenswerter Eingriff mit Einbringung von Krankheitserregern vielleicht auch ein überprüfungswürdiger Fall in Sachen "Recht auf körperliche Unversehrtheit"? - Spätestens aus der Sicht eines von Impfkomplikationen betroffenen Kindes müsste das so sein.
etc pp
Mich beschäftigt und beunruhigt gerade sehr:
die Formulierung "Recht auf körperliche Unversehrtheit" wurde vor ca 70 Jahren ins GG aufgenommen, und zwar ihrer ursprünglichen Intention nach besonders im Wissen um die schlimmen Übergriffe skrupelloser NS-Ärzte, die an Wehrlosen, insbesondere Kindern jüdischer Abstammung, verabscheuungswürdige "medizinische" Versuche unternommen haben.
Auf dem Wege eines oft leider undifferenzierten, unreflektierten Sprachgebrauchs wendet sich eine Formulierung, die gerade zum Schutz vor solchen schlimmen Gräueltaten ins GG geschrieben wurde, plötzlich
gegen diejenigen, die damals am meisten darunter zu leiden hatten und stellt deren religiöse Praxis verbal /kategorisch auf eine Stufe mit solchen Verbrechen.
Die heute unter uns lebenden ca. 80jährigen Juden waren zur damaligen Zeit Kinder und Jugendliche.
Das ist alles irgendwie ziemlich gruselig...
@ Stibbons:
Deine Unruhe kann ich nachvollziehen, ich hatte dieses Dilemma
Zitatdie Formulierung "Recht auf körperliche Unversehrtheit" wurde vor ca 70 Jahren ins GG aufgenommen, und zwar ihrer ursprünglichen Intention nach besonders im Wissen um die schlimmen Übergriffe skrupelloser NS-Ärzte, die an Wehrlosen, insbesondere Kindern jüdischer Abstammung, verabscheuungswürdige "medizinische" Versuche unternommen haben.
Auf dem Wege eines oft leider undifferenzierten, unreflektierten Sprachgebrauchs wendet sich eine Formulierung, die gerade zum Schutz vor solchen schlimmen Gräueltaten ins GG geschrieben wurde, plötzlich gegen diejenigen, die damals am meisten darunter zu leiden hatten und stellt deren religiöse Praxis verbal /kategorisch auf eine Stufe mit solchen Verbrechen.
in dem längeren Blog auch angesprochen. Aus diesem Problem windet sich keiner ohne weiteres raus.
In dieser Frage bleibt niemand unbeschädigt, so viel steht fest. Es ist eben auch ein Irrglaube, wenn man meint, die verfassungsmäßige Ordnung sei völlig homogen und führe stets zu ganz eindeutigen Ergebnissen. Wer einmal Staats- und Verfassungsrecht gehört hat, kennt die Probleme, die insbesondere in der Grundrechtsdogmatik stecken. Grundsätzlich gibt es, abgesehen vielleicht von dem - allerdings unkonkreten - Menschenwürdepostulat in Art. 1 GG, keine Grundrechte, die völlig einschränkungslos wären. Es gibt einerseits ausdrückliche Einschränkungsvorbehalte für den (einfachen) Gesetzgeber, andererseits gibt es die "immanenten" Grundrechtsschranken, zu denen neben den subjektiven Rechten Dritter auch die kollidierenden objektiven Schutzgüter anderer Verfassungsnormen gehören. Die Sammlung der Entscheidungen des BVerfG ist in beträchtlichen Teilen angefüllt mit Güterabwägungen zwischen kollidierenden Grundrechten.
Wenn man sich also vornimmt, das Problem verfassungsrechtlich du diskutieren, heißt das folglich nicht, dass unter dem Strich automatisch die eine leuchtende Lösung steht. Zunächst einmal wird nur mit anderen Begriffen gestritten.
Zitat von: P.Stibbons am 27. September 2012, 12:22:45
Auf dem Wege eines oft leider undifferenzierten, unreflektierten Sprachgebrauchs wendet sich eine Formulierung, die gerade zum Schutz vor solchen schlimmen Gräueltaten ins GG geschrieben wurde, plötzlich gegen diejenigen, die damals am meisten darunter zu leiden hatten und stellt deren religiöse Praxis verbal /kategorisch auf eine Stufe mit solchen Verbrechen.
Die Gleichstellung mit den Greueltaten kann ich da nicht erkennen. Keine Ahnung, ob der besagte Abschnitt wirklich deswegen im GG steht. Aber das mal angenommen, bleibt es einfach beim Recht auf körperliche Unversehrtheit. Wenn nun jemand dieses Recht verletzt, lässt das aus meiner Sicht nicht den Kehrschluss zu, dass man ihn dann automatisch auf eine Stufe mit den Nazis stellt.
Ich finde es auch nicht verwerflich, wenn sich im Lauf der gesellschaftlichen Entwicklung bestimmte Bewertungen ändern. Dies kann dann dazu führen, dass man bisher für normal befundene Rituale neu bewerten muss/soll/kann. Ist nicht mit anderen Vorschriften und Ritualen ebenso verfahren worden? Wird heute noch jeder gesteinigt, der sich rasiert oder Ehebruch begeht?
Helft mir bitte auch ein wenig auf die Sprünge: Worin genau besteht das benannte Leiden z.B. der jüdischen Beschneidungsbefürworter? Darin, dass andere Teile der Gesellschaft dieses Ritual als Verletzung des Körpers und der Rechte der Kinder sehen? Was übersehe ich da?
@ Truhe:
Das "Leiden" von Beschneidungsbefürwortern besteht darin, ein religiöses Gebot nicht befolgen zu dürfen. Das kann man billigen oder für Blödsinn halten, es ist aber ganz korrekt die Beschreibung des verfassungsrechtlichen Konflikts. Führt man ein Grundrecht der Religionsfreiheit ein, das sich nicht auf eine rein negative Glaubensfreiheit, also das Recht, keiner Glaubensgemeinschaft angehören zu müssen, beschränkt, sondern die Ausübung von religiösen Bekenntnissen positiv schützt, hat man dieses Problem automatisch am Halse, denn an dieser Stelle wird ein Einfallstor von religiösen Normen in die weltliche Rechtsordnung geschaffen.
Genau hier liegt das grundsätzliche Problem. Ich persönlich kann in dem ganzen Streit nur schwer meinen grundsätzlichen Standpunkt verteten, weil ich die positive Glaubens- und Bekenntnisgarantie in Art. 4 GG für einen bösen Geburtsfehler halte. Argumentiere ich pragmatisch und GG-immanent, gerate ich auch in Abwägungsfragen, bei denen sich keiner vormachen sollte, dass die am Ende stehende Lösung frei von historisch begründeten Skrupeln sein wird.
Zitat von: zwingenberger am 27. September 2012, 14:02:43
@ Truhe:
Das "Leiden" von Beschneidungsbefürwortern besteht darin, ein religiöses Gebot nicht befolgen zu dürfen.
Das kann ich gut verstehen. Wobei ich das als andere "Leidensstufe" sehe, als das Leiden unter den damaligen Taten der Nazi.
@ Truhe:
Das scheint ein sprachliches Missverständnis zu sein.
ZitatAuf dem Wege eines oft leider undifferenzierten, unreflektierten Sprachgebrauchs wendet sich eine Formulierung, die gerade zum Schutz vor solchen schlimmen Gräueltaten ins GG geschrieben wurde, plötzlich gegen diejenigen, die damals am meisten darunter zu leiden hatten und stellt deren religiöse Praxis verbal /kategorisch auf eine Stufe mit solchen Verbrechen.
Gemeint war - und so lese ich es auch eigentlich ohne die Möglichkeit von Misreading:
Zu
leiden unter dem körperlichen Missbrauch und den Gräueltaten der Nazi-Ärzte hatten damals Juden, allen voran die zu "Studienzwecken" missbrauchten jüdischen Kinder.
Damals wurde fast die gesamte jüdische Bevölkerung, so weit sie nicht emigrieren konnte, auf deutschem Boden und in den Nachbarstaaten ausgerottet.
Der Grundsatz der Körperlichen Unversehrtheit, wie er damals ins GG aufgenommen wurde, stand unter dem unmittelbaren Eindruck dieser Menschenrechtsverletzungen und sollte u.a. diesem und vergleichbarem Missbrauch vorbeugen.
Jetzt kehrt sich aber unter Bezugnahme auf den Rechtsgrundsatz der Körperlichen Unversehrtheit (welcher ein
allgemeines Prinzip darstellt,
das der jeweiligen Konkretisierung bedarf - siehe meine angeführten Beispiele oben - ,
denn de facto wird die körperliche Unversehrtheit durch ganz viele Dinge eingeschränkt, nämlich z.B. primär durch jeden ärztlichen Eingriff incl solcher Bagatellen wie eine Blutentnahme ...) etwas, das ursprünglich gerade auch zum Schutz der jüdischen Minderheit gedacht war, in der Konkretisierung (Beschneidungsdebatte) gegen diese Minderheit und führt (ungewollt) dazu, dass sie sich wieder in ihrem Existenzrecht als religiöse Minderheit (mit fremden Riten) bedroht fühlen muss.
Dies ist erst mal völlig wertfrei formuliert - einfach als Beobachtung.
Ich finde aber darüber hinaus, dass die Art und Weise, wie der Begriff "Körperliche Unversehrtheit" manchmal sehr undifferenziert in der öffentlichen Debatte verwendet wird, gerade wegen seiner Unkonkretheit eine naturalistisch-idealistische Überhöhung darstellt.
Insbesondere wenn dann auch noch Ausdrücke wie "Verstümmelung" fallen.
Verlässt man mal das Setting der Beschneidungsdebatte in D und schaltet innerlich auf "Weitwinkel", so müsste man ja analog der WHO (mit ihrer Empfehlung der Zirkumcision für einige Länder aus prophylaktischen Gründen) den Vorwurf machen, eine verstümmelnde Praktik zu empfehlen, zumindest aber das Recht auf körperliche Unversehrtheit zu missachten.
Ich ziele jetzt bewußt
nicht auf die Frage einer medizinischen Indikation - es geht mir aber um die möglichst saubere Anwendung von Kategorien.
Was anderswo prophylaktisch betrieben und von der WHO empfohlen wird, kann ja nun nicht hier per se "Verstümmelung" sein.
Dass das Argument der körperlichen Unversehrtheit so beschworen wurde, kam im Deutschland der Nachkriegszeit vermutlich zuletzt zum Einsatz, als über die Modalitäten gestritten wurde, ab welchem Alter und ob überhaupt eine junge Frau in Eigenverantwortung und außerhalb der ehelichen Bindung Geschlechtsverkehr haben durfte:
"Unwiederbringlich dahin" war schwuppdiwupp die Jungfräulichkeit!
Damals war die "Virgo intacta" für Teile der Gesellschaft ein so hohes ideelles Gut, dass es einen "Kuppeleiparagraphen" gab, der dann zum Glück irgendwann abgeschafft wurde. Danach machten sich Eltern strafbar, wenn sie ihre minderjährige Tochter dem Risiko aussetzten, ihre körperliche Unversehrtheit zu verlieren.
Danke und soweit auch verstanden Ponder. Insbesondere die Beschneidung als Hygienemaßnahme monierst Du für mich zu Recht als Messen mit zwei Maßstäben. Soweit ich das mitbekommen habe, ist die Hygienebegründung auch umstritten. Mit dem Argument könnte man auch Ohren und Hintern abschneiden. ;)
Bleibt noch:
Zitat
Die Gleichstellung mit den Greueltaten kann ich da nicht erkennen. Keine Ahnung, ob der besagte Abschnitt wirklich deswegen im GG steht. Aber das mal angenommen, bleibt es einfach beim Recht auf körperliche Unversehrtheit. Wenn nun jemand dieses Recht verletzt, lässt das aus meiner Sicht nicht den Kehrschluss zu, dass man ihn dann automatisch auf eine Stufe mit den Nazis stellt.
Ich finde es auch nicht verwerflich, wenn sich im Lauf der gesellschaftlichen Entwicklung bestimmte Bewertungen ändern. Dies kann dann dazu führen, dass man bisher für normal befundene Rituale neu bewerten muss/soll/kann. Ist nicht mit anderen Vorschriften und Ritualen ebenso verfahren worden? Wird heute noch jeder gesteinigt, der sich rasiert oder Ehebruch begeht?
ZitatIch finde es auch nicht verwerflich, wenn sich im Lauf der gesellschaftlichen Entwicklung bestimmte Bewertungen ändern...Ist nicht mit anderen Vorschriften und Ritualen ebenso verfahren worden?
Natürlich.
Dafür braucht es aber - damit tatsächlich ein Umdenken stattfinden kann bzw. die Bereitschaft dazu erst mal entsteht - einen konstruktiven und primär wertschätzenden Dialog.
D.h. die Betroffenen sollten nicht durch z.Tl. hochgradig polemische Wortwahl ("Verstümmelung") noch zusätzlich kriminalisiert werden - als ob es sich um Menschen handelt, die sich auf einem archaischen Entwicklungsniveau innerhalb einer ansonsten modernen, aufgeschlossenen und toleranten Gesellschaft befinden und nun mit allen Mitteln upgelevelt werden müssen - zu ihrem eigenen Wohl und vor allem, um ihre eigenen Kinder vor ihnen zu schützen. (siehe wiederum Henryk Broders sarkastische Bemerkung dazu ...)
Beantwortet das deinen Punkt:
ZitatWenn nun jemand dieses Recht verletzt, lässt das aus meiner Sicht nicht den Kehrschluss zu, dass man ihn dann automatisch auf eine Stufe mit den Nazis stellt.
?
Hier etwa befindet sich für mich die "gefühlte" Opfer-Täter-Umkehrung (nicht in der Kritik am Sachverhalt, sondern in der oft sehr verletzenden Ausdrucksweise der Kritiker)
An dieser Stelle kippt der Stil der öffentlichen Debatte für mich auch tendenziell vom Rationalen ins Weltanschauliche.
Es ist nun mal Fakt, dass außerhalb unseres kleinen Dorfs "Deutsch sprachiges Mitteleuropa" ein Großteil der Menschheit anders geprägt ist und anders empfindet. Die Menschen, die von unserer Gesetzgebung betroffen sind, empfinden sich noch dazu oft als zu beiden Welten zugehörig bzw haben vielfach eine doppelte Staatsangehörigkeit.
Ich habe noch keinen Zahlenvergleich angestellt, wieviel Muslime es bei uns und weltweit im Vergleich etwa zu nichtmuslimischen Deutschen + Österreichern + Schweizern gibt (jeweils den männlichen Teil der Bevölkerung gezählt)
Für diese vielen Menschen (die Juden lass ich mal aus der Betrachtung raus, weil sie bei uns gegenüber den Muslimen eine Minderheit darstellen) ist die (männliche) Beschneidung das "Normale".
Aus reinen Plausibilitätsgründen gehe ich davon aus, dass diese riesige Gruppe von Menschen sich nicht über Generationen hinweg völlig kritiklos quasi selbst "verstümmelt" oder die sexuelle Genussfähigkeit absichtlich einschränkt. (Das bezieht sich jetzt ausdrücklich und ausschließlich auf die
Männer)
Ich denke eher, dass das - evolutionär betrachtet - etwas außerordentlich Dummes wäre und sich zumindest doch in abnehmenden Bevölkerungszahlen ausdrücken müsste.
Wird/ wurde nicht manchmal sogar die Befürchtung geäußert, wegen der Tendenz der hier lebenden Muslime zu Kinderreichtum drohe demnächst eine völlige Überfremdung?
Ähnliches habe ich auch schon im Hinblick auf die Ultraorthodoxen Juden in Israel und/oder die Palästinenser gehört.
Von daher betrachte ich die derzeitige Zuspitzung der Debatte auf "Körperverletzung" und "Verstümmelung" mit einer gewissen Skepsis.
Davon abgesehen bleibt aber die Frage, ob man es den Jungen nicht besser selbst überlässt, ob sie sich dem unterziehen wollen.
Im DLF gab es neulich eine Life-Übertragung einer Diskussionsveranstaltung in einer Frankfurter Moschee.
Zwei oder drei kürzlich beschnittene Teenager kamen zu Wort und meinten, für sie sei es ein kleiner Eingriff ("Auf keinen Fall Körperverletzung!" - Unverständnis, wie man so etwas denken könne...), und wenn sie mal Kinder hätten, würden sie das auch befürworten ( "Je früher, desto besser, dann merkt man noch weniger davon oder vergisst es ganz")
Für diese Jungen gehörte "es" einfach dazu - ebenso wie das Rasieren der Scham-und Achselhaare.
So weit die "Anekdote".
Danke fürs Erklären, Ponder. So kann ich das besser nachvollziehen, als im kurzen zuerst zitierten Abschnitt.
Zitat von: P.Stibbons am 27. September 2012, 18:02:25
Aus reinen Plausibilitätsgründen gehe ich davon aus, dass diese riesige Gruppe von Menschen sich nicht über Generationen hinweg völlig kritiklos quasi selbst "verstümmelt" oder die sexuelle Genussfähigkeit absichtlich einschränkt. (Das bezieht sich jetzt ausdrücklich und ausschließlich auf die Männer)
Das halte ich aber für einen logischen Fehlschluss: Weil es viele sind, haben sie wahrscheinlich Recht.
Nein, müssen sie nicht. Und deshalb halte ich diese Prämisse auch für einen schlechten Anfang.
Dazu kommt die Frage wie "sexuell genussfreudig" die jeweilige Gesellschaft überhaupt ist.
Wenn Sexualität und sexueller Genuss von wenig Interesse sind oder gar ein Tabu, dann wird sich kaum jemand mit einem Vergleich beschnitten/unbeschnitten beschäftigen. Erst Recht, wenn unbeschnitten von der Norm abweicht und man mit dem Ergebnis "unbeschnitten fühlt sich besser an" keinen Blumentopf gewinnen kann, sondern Ärger bekommt.
Plus das bereits von anderen vorgebrachte "die Betroffenen wissen gar nicht, was ihnen fehlt und klagen deshalb nicht darüber".
Zitat von: P.Stibbons am 27. September 2012, 18:02:25
Ich denke eher, dass das - evolutionär betrachtet - etwas außerordentlich Dummes wäre und sich zumindest doch in abnehmenden Bevölkerungszahlen ausdrücken müsste.
Wird/ wurde nicht manchmal sogar die Befürchtung geäußert, wegen der Tendenz der hier lebenden Muslime zu Kinderreichtum drohe demnächst eine völlige Überfremdung?
Evolutionär wichtig ist nur die Fortpflanzung, nicht der Genuss dabei. Insofern ist ein Verbot von Verhütung und gesellschaftlich anerkannter Kinderreichtum viel wichtiger als sexueller Genuss.
Zitat von: P.Stibbons am 27. September 2012, 18:02:25
Es ist nun mal Fakt, dass außerhalb unseres kleinen Dorfs "Deutsch sprachiges Mitteleuropa" ein Großteil der Menschheit anders geprägt ist und anders empfindet. Die Menschen, die von unserer Gesetzgebung betroffen sind, empfinden sich noch dazu oft als zu beiden Welten zugehörig bzw haben vielfach eine doppelte Staatsangehörigkeit.
Es ist aber auch Fakt, dass dies juristisch ohne jede Bedeutung ist.
ZitatAus reinen Plausibilitätsgründen gehe ich davon aus, dass diese riesige Gruppe von Menschen sich nicht über Generationen hinweg völlig kritiklos quasi selbst "verstümmelt" oder die sexuelle Genussfähigkeit absichtlich einschränkt. (Das bezieht sich jetzt ausdrücklich und ausschließlich auf die Männer)
Ich würde dabei die gesellschaftliche Konvention nicht vergessen, die schon zu sehr schädlichen Verhaltensweisen geführt hat.
ZitatIch denke eher, dass das - evolutionär betrachtet - etwas außerordentlich Dummes wäre und sich zumindest doch in abnehmenden Bevölkerungszahlen ausdrücken müsste.
Auch hier gilt eher die gesellschaftliche Konvention.
Oder warum wollen Männer in Gegenden, in denen der "Machismo" verbreitet ist möglichst, dass die Frauen auf Verhütungsmittel verzichten?
Der sexuelle Genuss wäre mit Verhütungsmittel der selbe, aber es gilt immer noch, dass sich der Mann durch Zeugung als besonders männlich selbst bestätigen muss.
ZitatDavon abgesehen bleibt aber die Frage, ob man es den Jungen nicht besser selbst überlässt, ob sie sich dem unterziehen wollen.
Eben, genau das ist der Punkt.
Die Zirkumzision ist schliesslich unumkehrbar und das MUSS unabhängig von religiösen oder medizinischen Gründen berücksichtigt werden.
@ Truhe:
Jetzt sind wir beide auf dem Gebiet der Mutmaßungen.
Allerdings finde ich das evolutionäre Element in diesem Fall dennoch plausibel (in dieser Hinsicht würde ich auch einen entscheidenden kategorischen Unterschied zur Frauenbeschneidung sehen, da diese in patriarchalischen Gesellschaften kontrollierende Funktion gegenüber der weiblichen Sexualität hat).
ZitatDazu kommt die Frage wie "sexuell genussfreudig" die jeweilige Gesellschaft überhaupt ist.
Nun, die jüdische Religion z.B. ist sehr genußfreundlich/ -freudig, und zwar wird Wert auf Genuss bei Männern wie bei Frauen gelegt.
Das "Hohe Lied Salomos" z.B. ist primär ein erotisches Gedicht, welches die wechselseitige erotische Lust und Befriedigung in vielen orientalischen Bildern beschreibt.
Es hat seinen besonderen Platz im Kanon der Alttestamentlichen Schriften und gehört (im Gegensatz zu manchen apokryphen Schriften) zum unangefochtenen Bestandteil des "Alten Testaments" aus christlicher Sicht.
Nach biblischer Gesetzgebung wurden junge Ehemänner für ein Jahr vom Wehrdienst freigestellt, um eine schöne ungetrübte Zeit mit ihren Frauen zu verbringen.
Auch diese Passage klingt nicht gerade lustarm:
http://www.bibel-online.net/buch/elberfelder_1905/sprueche/5/
Das jüdische Eherecht ist auch insofern speziell, dass es dem Mann zur Aufgabe macht, die sexuellen Ansprüche seiner Frau zu erfüllen und nicht etwa umgekehrt:
Zitat
2. Pflicht des ehelichen Verkehrs
Aus dem Wesen der Ehe und ihrem Zweck der Erfüllung der Pflicht zur Fortpflanzung (peru urewu) ergibt sich, dass die wichtigste gemeinschaftliche Pflicht der Ehegatten die der Ausübung des ehelichen Verkehrs ist. Das j. Recht hebt denn auch diese eheliche Pflicht ihrer Bedeutung gemäss ganz bes. hervor und erörtert auch - ohne falsche Scham - die Folgen der Nichterfüllung dieser Pflicht in allen Einzelheiten. Im Talmud wird der eheliche Verkehr als Pflicht des Mannes und als Recht der Frau behandelt; diese Einstellung ergibt sich aus dem grundsätzlich (Anm: historisch-traditionell, s. weiter oben..)polygamen Charakter der j. Ehe.
Der Ehemann ist verpflichtet, je nachdem seine Gesundheit und seine Lebensweise dies erlauben, diese Pflicht zu erfüllen. Dem Ehemann wird daher auch das Recht genommen, ohne Zustimmung seiner Frau den Beruf zu wechseln oder auf Reisen zu gehen...
http://juedisches-recht.org/mc-famil-r-eherecht.htm
Wie es im Islam ist, weiß ich nicht.
Immerhin gibt es dort noch in einigen Ländern die Polygamie; der legendäre orientalische Harem setzt voraus, dass der Pascha mehreren Frauen gerecht werden konnte.
So einfach, wie wir meinen, scheint die Angelegenheit jedenfalls nicht zu sein.
ZitatDas halte ich aber für einen logischen Fehlschluss: Weil es viele sind, haben sie wahrscheinlich Recht.
Ich will damit sagen:
Hier gibt es eine Evidenz, die zumindest der Interpretation bedarf.
Dabei spielen die Selbstaussagen derjenigen, die in dieser Tradition leben, sicher auch eine Rolle.
Leider gibt es dazu kein belastbares Datenmaterial, fürchte ich.
Zitat(1) Die Personensorge umfasst auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung Abtrennung von Körpergewebe des der nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes Person einzuwilligen, wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst zum Zeitpunkt des Eingriffs höchstmöglichen hygenischen und anästhetischen Standards zur Verhinderung von Entzündungen und Schmerzen durchgeführt wird. (2) Dies gilt nicht, wenn durch die Beschneidung die Abtrennung von Körpergewebe auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks das Kindeswohl die Person gefährdet ist.
/fixed? :-X
Achja: Ungerechtigkeit für alle ! ;D
Ernsthaft:
- Die Relgionsbezogenheit wurde ja schon wegen Probleme bei der Durchführung rausgemschissen, sehr gut!
- Warum nur "die Beschneidung"? Es gibt zich andere Eingriffe. Eben das man NICHT mehr die "Religiöse Motivation" da rein bringt ist es fraglich warum jetzt gerade der EIN Gewebetyp nur noch betroffen ist.
- Wieso nur Kinder? Klaro die juristische Einordnung unter der Elterlichen Sorge. Was ist aber mit Pflegebedürftigen Angehörigen? Warum darf ich da nicht rumschnippeln lassen, wenn es mir die Pflege erleichtert?
- Das männliche Kind? Und das weibliche Kind? Sollten
verlgeichbare Gewebetypen nicht auch entfernt werden dürfen?
- Was ist mit weiteren "Körpermodifikatioen"?
http://de.wikipedia.org/wiki/Piercing#Traditionelle_Piercings
http://de.wikipedia.org/wiki/Geweitete_Piercings
Wieso sollten die
nicht darunter fallen?
@Ratio:
Glückwunsch!
Endlich ein wasserdichter Gesetzesentwurf zur ethisch unbedenklichen Entfernung von kosmetisch störenden Gesichtswarzen! 8)
Zitat von: P.Stibbons am 28. September 2012, 14:08:31
@Ratio:
Glückwunsch!
Endlich ein wasserdichter Gesetzesentwurf zur ethisch unbedenklichen Entfernung von kosmetisch störenden Gesichtswarzen! 8)
Falsch, statt
Abtrennung von Körpergewebe wäre "
Modifikation von Körpergewebe und -teilen" ein tatsächlicher Fortschritt in die gesetzliche Zukunft!
Wie wäre es mit nem Baby mit eingebauten Cyborgaugen mit einschaltbarer Nachtsicht?
Dann könnte Junior auch mal Abends und Nachts Bier ausm Keller holen wenn der Strom ausgefallen ist.
WAS?! Das ist KEIN guter Grund für eine
Körpermodifikation...? Vielleicht sollten wir mal gesamtgesellschaftlich darüber debattieren was alles keine guten Gründe sind, statt zu diskutieren was gute Gründe sind ;D :D ;D
Scheinbar wurde dieser Gesetzentwurf nicht überarbeitet und jetzt so auch von der Bundesregierung akzeptiert ( http://www.tagesschau.de/inland/beschneidung156.html ).
Viele jüdische und muslimische Vertreter loben diesen Gesetzentwurf, jedoch könnten sie sich damit, sollte es stimmen, dass zu den Regeln der ärztlichen Kunst auch eine medizinische Indikation gehört, zu früh gefreut haben. Eine ernsthafte medizinische Indikation bei den meisten Säuglingen zu begründen ist, zumindest wenn man diesem Artikel auf der Seite Beschneidung-Von-Jungen.de ( http://www.beschneidung-von-jungen.de/home/infos-fuer-eltern/schuetzen-sie-ihren-sohn-vor-unwissenden-aerzten.html ) trauen kann, sehr schwierig. So ist z.B. die Diagnose einer Phimose bei Säuglingen laut der verlinkten Seite, kein gesundheitliches Risiko, da die Vorhautverengung bei vielen Säuglingen normal ist, da die Vorhaut im Säuglingsalter noch mit der Eichel verklebt ist. Jedoch löst sich die Vorhaut, während dem Wachstum des Kindes allmählich von der Eichel. Bei vielen weiteren Begründungen für eine medizinische Indikation, die laut der verlinkten Seite immerwieder verwendet werden, handelt es sich ebenfalls um normale Erscheinungen die einerseits gesundheitlich nicht bedenklich sind und andererseits auch irgendwann wieder verschwinden. Für die anderen Diagnosen können auch andere Behandlungsmethoden verwendet werden, die nicht vorsehen, die Vorhaut abzuschneiden
Außerdem schreibt dieses Gesetz eine angemessene medizinische Betäubung vor, wobei eine lokale Betäubung mWn wirkungslos ist, weshalb möglicherweise sogar eine Vollnarkose nötig wäre, damit das Kind wirklich keinen Schmerz mehr spürt. Das war zwar wieder zu Gunsten des Kindes gemeint, kann aber mWn auch ernste medizinische Konsequenzen für den Säugling bedeuten, der in diesem Alter mWn sehr empfindlich auf so etwas reagiert und mWn noch kein ausreichendes Immunsystem entwickelt hat, damit er so eine Vollnarkose auch relativ unbeschadet überstehen kann. Sollte ich mich hier irren, korrigiert mich.
Ich glaube, dass dieser Gesetzentwurf irgendwann vor dem Bundesverfassungsgericht landet und spätestens dort scheitert. Sollte es nicht so sein, kann man mWn auch in Berufung gehen und damit möglicherweise bis zum europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) kommen. Wenn dieser Weg tatsächlich funktioniert, könnte das die Debatte europaweit anfachen und würde möglicherweise weitere EU-Länder dazu zwingen, sich mit dieser Frage genauer zu beschäftigen. Sollte die Beschneidung vor dem höchsten europäischen Gericht für Menschenrechte abgelehnt werden, müssen mWn auch andere EU-Länder, außer Deutschland, in denen die Beschneidung im Säuglingsalter ohne medizinische Indikation noch erlaubt ist, nachziehen und alles in die Wege leiten, diesen Schwachsinn, ob jetzt längerfristig oder kurzfristig, abzuschaffen. Auch hier gilt, sollte ich mich irren, korrigiert mich bitte.
Mal sehen, wie sich diese Debatte weiter entwickeln wird. Beendet, wie vielleicht ursprünglich von unseren Politikern beabsichtigt, ist die Debatte mit diesem neuen Gesetz noch nicht.
ZitatG5:...Außerdem schreibt dieses Gesetz eine angemessene medizinische Betäubung vor, wobei eine lokale Betäubung mWn wirkungslos ist, weshalb möglicherweise sogar eine Vollnarkose nötig wäre, damit das Kind wirklich keinen Schmerz mehr spürt
Eine Vollnarkose wäre bei einem Säugling mit einem verhältnismäßig viel größeren Risiko behaftet - das käme auf keinen Fall in Frage.
Es gibt eine lokalanästhesierende Salbe, die in solchen und vergleichbaren Fällen verwendet wird. Sie muß nur lange genug vor dem Eingriff eingewirkt haben. Auch schmerzstillende Zäpfchen kämen in Frage (evtl in Kombination).
Der eigentliche Eingriff soll lt Fachleuten beim Säugling nur ca 10 Sekunden dauern.
Selbst ein Nervenblock wäre da unverhältnismäßig.
Zitat
G5:... jedoch könnten sie sich damit, sollte es stimmen, dass zu den Regeln der ärztlichen Kunst auch eine medizinische Indikation gehört, zu früh gefreut haben. Eine ernsthafte medizinische Indikation bei den meisten Säuglingen zu begründen ...
Der Gesetzestext ist so formuliert, dass es eben
nicht um eine medizinische Indikation geht:
ZitatDas Bundeskabinett hat am Mittwoch den Gesetzentwurf zur Beschneidung verabschiedet. Demnach soll das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) wie folgt ergänzt werden:
,,§ 1631d Beschneidung des männlichen Kindes
(1) Die Personensorge umfasst auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes einzuwilligen, wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden soll. Dies gilt nicht, wenn durch die Beschneidung auch unter Berücksichtigung ihres
Zwecks das Kindeswohl gefährdet wird.
(2) In den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes dürfen auch von einer Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen gemäß Absatz 1 durchführen, wenn sie dafür besonders ausgebildet und, ohne Arzt zu sein, für die Durchführung der Beschneidung vergleichbar befähigt sind."
Zitat von: P.Stibbons am 13. Oktober 2012, 12:00:32
Eine Vollnarkose wäre bei einem Säugling mit einem verhältnismäßig viel größeren Risiko behaftet - das käme auf keinen Fall in Frage.
Es gibt eine lokalanästhesierende Salbe, die in solchen und vergleichbaren Fällen verwendet wird. Sie muß nur lange genug vor dem Eingriff eingewirkt haben. Auch schmerzstillende Zäpfchen kämen in Frage (evtl in Kombination).
Der eigentliche Eingriff soll lt Fachleuten beim Säugling nur ca 10 Sekunden dauern.
Selbst ein Nervenblock wäre da unverhältnismäßig.
Also hat der Strafrechtler Merckel mies recherchiert?
Zitat von: P.Stibbons am 13. Oktober 2012, 12:00:32
(2) In den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes dürfen auch von einer Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen gemäß Absatz 1 durchführen, wenn sie dafür besonders ausgebildet und, ohne Arzt zu sein, für die Durchführung der Beschneidung vergleichbar befähigt sind."
[/quote]
Das ist doch pervers. Chirurgische Eingriffe, die gerade bei Neugeborenen besonders risikobehaftet sind, dürfen nun per Gesetz von Nicht-Ärzten ausgeführt werden.
Vielleicht muss man die ganze Sache völlig anders angehen. Wie wäre es mit einer Petition an den Deutschen Bundestag, die Beschneidung von Mädchen in Deutschland im Sinne der Gleichberechtigung der Geschlechter zu legalisieren? Eventuell wachen dann ja ein paar der Berliner Sesselfurzer auf.
Zitat von: The Doctor am 14. Oktober 2012, 12:55:39
Vielleicht muss man die ganze Sache völlig anders angehen. Wie wäre es mit einer Petition an den Deutschen Bundestag, die Beschneidung ähnlicher Gewebetypen von Mädchen in Deutschland im Sinne der Gleichberechtigung der Geschlechter zu legalisieren? Eventuell wachen dann ja ein paar der Berliner Sesselfurzer auf.
/fixed
Nicht das sich noch jemand aufregt. ;)
Aber die Frage wäre schon, ob dass mit dem
Gleichbehandlungsgrundsatz (http://de.wikipedia.org/wiki/Gleichbehandlungsgrundsatz) im Einklang stünde.
Also falls mal ne Familie aus diesem Kulturkreis juristisch rabatz macht und das vorm Bundesverfassunggericht landet. Eher unwahrscheinlich...