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Deutsch => Allgemeine Diskussionen => Politik und Gesellschaft => Thema gestartet von: NuEM am 02. Januar 2012, 14:31:33

Titel: Euro-Krise
Beitrag von: NuEM am 02. Januar 2012, 14:31:33
Vielleicht nicht ganz unser Themengebiet, aber schon irgendwie wichtig.

Ich oute mich mal als volkswirtschaftlich unvorbelastet. Soll heißen ich hab davon keinen Plan. Nun stecken wir also alle in dieser Krise, auch wenn man persönlich vielleicht nicht viel davon spürt. Doch ständig scheinen irgendwelche Länder in Europa vor der Pleite zu stehen, uns alle in einer Kettenreaktion mitzureißen, das Ende Europas steht vor der Tür etc. pp. Dazu kommt, dass es offenbar niemanden gibt, der Ahnung zu haben scheint. Insbesondere diejenigen, die dich eigentlich damit auskennen sollten, scheinen sich alle gegenseitig zu widersprechen. Die Bewertung der Krisenbewältigung in Deutschland und Europa scheint auch eher nach Parteizugehörigkeit stattzufinden.

Es stellt sich eine gewisse Unsicherheit, ja sogar Besorgnis ein.

Was nun?

War der Euro doch eine Schnapsidee? Ist das Auseinanderfallen unvermeidlich? Oder kann man die Eurozone noch retten. Soll man überhaupt? Macht das wirtschaftlich, politisch und politsch Sinn?

Welche Lehren muss man aus der Finanz- und Eurokrise ziehen? Haben wir zu wenig Kontrolle? Zu viel? Und wer war eigentlich dieser Keynes?

Vielleicht haben wir hier einen Wirtschafts-Erklärbär unter uns, der Laien wie mir die ganze Sache etwas verständlicher macht.

Ich persönlich bin glühender Verfechter eines vereinten Europas, und fühle mich durch die Krise schon in meinem "Glauben" etwas erschüttert. So bin ich immer davon ausgegangen, dass neben eher irrationalen Beweggründen ("Ich bin Europäer") auch handfeste ökonomische und politische Gründe für einen engeren Zusammenschluss der Länder Europas sprechen. Nun läuft aber offenbar etwas schief. Brauchen wir einfach noch mehr Europa, oder sind wir auf dem Holzweg. Was meint ihr so?
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: mossmann am 02. Januar 2012, 15:53:11
Zitat von: NuEM am 02. Januar 2012, 14:31:33


War der Euro doch eine Schnapsidee?



irgend ein Fachmann hat neulich erläutert, es liegt nicht am Euro, sondern an den Staaten.

Der Euro an sich sei extrem gut, selbst die Teurungsrate im Ganzen relativ gering usw ...
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: Groucho am 02. Januar 2012, 15:55:53
Hallo zusammen!

Bin kein Ökonom, aber mich treiben die Fragen auch genauso um, wie oben dargestellt. Europa ist eine gute, vermutlich sogar einzig sinnvolle Idee, angesichts der konkurierenden Wirtschaftsmächte und der zukünftigen Entwicklung = weltweit immer weniger Bedeutung. Vom emotionalen/praktischen Aspekt mal abgesehen, dass die Grenzen weg sind, man überall mit einer Währung bezahlen kann. Noch vor 30/40 Jahten unvorstellbar. Schön, diesen Teil der europäischen Geschichte miterlebt zu haben.

Das zentrale Problem sehe ich in einem Widerspruch: Der Euro kann nicht funktionieren, solange die einzelnen Mitglieder unterschiedliche Steuer- und Finanzsysteme, individuelle Wirtschaftssituationen etc. haben, gleichzeitig aber an eine feste Währung, ohne Möglichkeit zum Eingreifen (ob nun durch Staat oder marktwirtschaftliche Mechanismen) durch Auf- oder Abwerten gebunden sind. Diese Situation verlangt eigentlich weitere Zentralisierung und Vereinheitlichung. Gleichzeitig sträuben sich genau dagegen Viele. M.M. zurecht, weil hier das andere widersprechende Problem auftaucht, ein gefühlter Mangel an Demokratie (ob nun wirklich begründet oder nicht), sich hier einem zentralen Verwaltungsmoloch auszuliefern.

Dass es da dringenden Handlungs- und Änderungsbedarf gibt, ist wohl gerade das Einzige, was man als sicher sehen kann.

Grüße,
Groucho
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: NuEM am 02. Januar 2012, 16:48:49
Hallo Groucho,

ich glaube, ich beurteile das ähnlich wie du. So wie die EU im Moment aufgebaut ist, kann es wohl nicht dauerhaft funktionieren. Bei einer gemeinsamen Währung muss es offenbar einen Ausgleichsmechanismus geben, insbesondere bei so unterschiedlicher Wirtschaftskraft. Ich verstehe zwar nicht im Detail warum, es scheint aber so zu sein. Mit dem Begriff "Transferunion" braucht man den meisten allerdings nicht kommen. Dabei ist doch jedes Land für sich, und letztendlich selbst jede Stadt eine Transferunion.

Leider hat die Politik meiner Meinung nach versagt, den Sinn eines vereinten Europas zu erklären. Grade mit dem Rückzug der Kriegsgeneration aus der Öffentlichkeit ist da einiges verloren gegangen.

Allerdings würden auch die "Vereinigten Staaten von Europa" nicht automatisch die Finanzkrise lösen.
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: Belbo zwei am 02. Januar 2012, 16:58:34
Wenn ich das richtig verstanden habe ist einer von vielen Aspekten, dass Länder wie Griechenland früher einfach ihre Währungen abgewertet haben und so billiger produzieren  bzw. als günstiges Reiseland mehr Besucher anlocken konnte (sozusagen eine schlagartige Inflation), jetzt wird der Euro aber komplett stabil gehalten was dazu führt dass der Kaffee auf Kreta inzwischen genauso viel kostet wie in München.

Ausserdem brechen den Staaten immer mehr Einnahmen weg, weil man sich gegenseitig die Gutverdiener mit immer geringerer Einkommens- und Erbschaftssteuern abwirbt, ein Negativbeispiel hier so Kantone wie Zug in der Schweiz, oder auch Österreich dass die Erbschaftssteuer komplett abgeschafft hat.

Um den Europagedanken wäre es echt schade, und ich mag auch gar nicht glauben, dass das schiefgeht weil ich gerade bei Jüngeren einen total selbstverständlichen Umgang miteinander als Europäer beobachte.
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: Antitainment am 02. Januar 2012, 18:20:47
Ich bin weder Ökonom noch Vertreter für NovoArgumente, aber die neue Ausgabe hat ein paar interessante Artikel und einen Kauf verdient - Nicht ganz billig, aber gut!

Hier mal ein paar Auszüge aus diversen Beiträgen zu Europa:
http://www.novo-argumente.com/magazin.php/novo_dossiers/europa/
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: Obstverleih am 02. Januar 2012, 23:15:20
Zitat von: Groucho am 02. Januar 2012, 15:55:53

Das zentrale Problem sehe ich in einem Widerspruch: Der Euro kann nicht funktionieren, solange die einzelnen Mitglieder unterschiedliche Steuer- und Finanzsysteme, individuelle Wirtschaftssituationen etc. haben, gleichzeitig aber an eine feste Währung, ohne Möglichkeit zum Eingreifen (ob nun durch Staat oder marktwirtschaftliche Mechanismen) durch Auf- oder Abwerten gebunden sind. Diese Situation verlangt eigentlich weitere Zentralisierung und Vereinheitlichung. Gleichzeitig sträuben sich genau dagegen Viele. M.M. zurecht, weil hier das andere widersprechende Problem auftaucht, ein gefühlter Mangel an Demokratie (ob nun wirklich begründet oder nicht), sich hier einem zentralen Verwaltungsmoloch auszuliefern.


An dem Punkt muss man noch bedenken, dass weder eine Identifikation mit dem Euro stattfand, noch eine direktdemokratische Legitimation. Eine Zentralorganisation wie auch immer geartet, dürfte die Freude noch ein wenig mehr im Zaum halten. Milde gesagt.
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: Averell am 02. Januar 2012, 23:59:50
Zitat von: Obstverleih am 02. Januar 2012, 23:15:20
An dem Punkt muss man noch bedenken, dass weder eine Identifikation mit dem Euro stattfand, noch eine direktdemokratische Legitimation. Eine Zentralorganisation wie auch immer geartet, dürfte die Freude noch ein wenig mehr im Zaum halten. Milde gesagt.

Da ist leider was dran.

Ich finde, ein gemeinsames Europa ist nach Jahrhunderten von richtig doofen Kriegen eine absolut richtige Sache. Ich erinnere mich gern an Begegnungen mit europäischen "Nachbarn" auf anderen Kontinenten, das hatte sehr oft viel mit einem coolen Zusammengehörigkeitsgefühl und nix mit den alten Rivalitäten zu tun.

Eine Anekdote wenns recht ist. Wir waren 2004 auf einer Rundreise durch Burma/Myanmar. Aufgrund der Größe des Landes muß öfter mal geflogen werden. Das war aber nur etwas für robustere Zeitgenossen, denn die fliegen da teilweise mit echten Seelenverkäufern. Auf einem der Flüge über die Berge (Abstand zu den Gipfeln gefühlte 5 m) als dann auch noch wetterbedingte Turbulenzen einsetzten, begann mein inneres Auge schon mal das bisherige Leben vorbeiziehen zu lassen, da auch noch der linke Propeller aussetzte. Da begannen die zufällig anwesenden ca. 20 Franzosen mal spontan mit "Que sera sera"... worauf die Italiener die Reihen dahinter mit einsetzten, darauf wir paar deutsche und kurz darauf der gesamte Flieger.

Das hatte was.
http://www.youtube.com/watch?v=JlfPY8lzwMk (http://www.youtube.com/watch?v=JlfPY8lzwMk)

Europa ist schon in Ordnung nur das Marketing ist scheiße. Man denke doch nur an die Äppelwio (http://www.stupidedia.org/stupi/%C3%84ppelwoi)-Geschichte (http://www.spiegel.de/reise/europa/0,1518,515876,00.html). Es gibt halt leider zu viele Idioten auf diesem Planeten und einige davon sitzen nun mal in Brüssel.

Den Euro finde ich prinzipiell auch gut nur fürchte ich, daß er die ganzen Köche in Europa überfordert.
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: NuEM am 03. Januar 2012, 00:53:37
Es müsste vernünftig auf die Beine gestellt werden, mit einer klaren Gewaltenteilung und besserer demokratischer Kontrolle. Das geht nicht, ohne dass die Mitgliedsstaaten Souveränität abtreten. Wenn man diesen Weg geht, wird das ohne Volksabstimmungen aber schwer möglich sein. Das wiederum bringt allerhand Probleme mit sich. Nicht umsonst hat sich fast überall die repräsentative Demokratie durchgesetzt.
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: Averell am 03. Januar 2012, 10:21:46
Nur 'ne reißerische Schlagzeile: http://www.n-tv.de/wirtschaft/Franc-wieder-Zahlungsmittel-article5117821.html (http://www.n-tv.de/wirtschaft/Franc-wieder-Zahlungsmittel-article5117821.html)
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: zwingenberger am 03. Januar 2012, 12:26:03
Der Euro ist an sich gar keine schlechte Idee, und wenn nicht völlig ungeeignete Volkswirtschaften drinnen säßen, wäre Deutschland das, was es vor der Finanzkrise längst war: der größte Nutznießer. Wenn wir morgen die DM wieder einführen wollten, stünde mindestens die Hälfte unserer Industrie vor dem Kollaps, weil der Außenwert der DM dermaßen durch die Decke schösse, dass sich im Ausland niemand mehr unsere Produkte leisten könnte. Das ist die Schattenseite eines Exportweltmeisters. Tatsächlich war der Euro eine einzige riesige Exportsubvention, indem er unsere Exportgüter künstlich billig hielt. Die Schweiz hat die Stärke ihrer Währung kürzlich ja sogar zu staatlich verordneten, nicht marktgerechten Wechselkursen veranlasst, und zwar bei verhältnismäßig geringfügigerem Anlass.

Ich vemute, in maximal zehn Jahren sieht die Euro-Zone ganz anders aus als heute. D, F, NL/B/L, A, SF (und F nur aus politischer Opportunität); vielleicht wäre so ein Gebilde dann auch für S, N und DK interessant. Und wenn die sich dranhalten, sogar für PL. Aber ganz sicher ohne GR und ziemlich sicher ohne S, I, P, IRL...

Selbst bei den PIIGS (inzwischen schreibt man ganz verschämt GIIPS, und die "Gipsköpfe" werden zum geflügelten Wort) wird es alsbald dämmern, dass die eigenen Volkswirtschaften das auf die Dauer nicht aushalten und dass die Alimentierung aus dem Norden nicht grenzenlos so weitergehen wird. Es ist schon richtig, dass die Senkung des Außenwertes einer Währung früher ein Regulativ für fiskaltische Schieflagen sein kann. Vor dem Euro haben das Weichwährungsländer recht ungehemmt so gemacht, und irgendwann kam ein Währungsschnitt, in dem ein Haufen Nullen gestrichen wurde. Die Geschichte des französischen Franc nach dem letzten Krieg ist genau so verlaufen, und nicht wenige Volkswirtschaftler meinen, das sei die geordneteste und die für alle verträglichste Form des Staatsbankrotts.
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: NuEM am 03. Januar 2012, 14:06:04
Und wenn es dann in der Kern-Eurozone, die danach übrig bleibt, früher oder später zu neuen Verwerfungen kommt, was sicher nur eine Frage der Zeit ist, spalten wir die dann weiter auf? Bis am Ende wieder jedes Land für sich da steht? Das kann doch nicht die Lösung sein.
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: zwingenberger am 03. Januar 2012, 14:14:34
Verwerfungen innerhalb einer Euro-Kernzone werden vermutlich nicht diese riesigen Ausmaße annehmen. Aber im Prinzip ist es schon richtig, dass auch das nur eine Prognose ist. Sie ist aber nicht weniger wert, als die Prognose, dass Bundesstaaten wie Louisiana, Pennsylvania, Michigan, Wisconsin und New York ihre Verwerfungen unter dem Dach des US-Dollar aushalten und ausgleichen werden. Ohne dieses Zukunftsvertrauen hätten wir den neuen Bundesländern auch nicht die DM überstülpen dürfen. So ganz ausgeglichene Lebensverhältnisse hatten und haben Oberschwaben und Vorpommern schließlich auch nicht.

There is no free lunch in this world.
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: NuEM am 04. Januar 2012, 11:19:32
Es führt also an einer Art europaweitem Länderfinanzausgleich kein Weg vorbei, wenn wir an der Idee eines vereinten Europas festhalten wollen, oder sehe ich das falsch? Es funktioniert in Deutschland, es funktioniert in den USA etc. Natürlich sind das zwei besonders bittere Pillen. Einmal, dass reiche Länder die ärmeren mitfinanzieren. Und dann, dass die Länder einen Teil ihrer finanziellen Unabhängigkeit aufgeben müssen, damit sie nicht unkontrolliert Schulden auf Kosten der Anderen machen.

Das muss man den Leuten erst mal verkaufen. Aber haben wir überhaupt eine Wahl? Die Alternative, der Rückfall in die Kleinstaatenei mit bestenfalls einer Art europäischer Freihandelszone ist zu gruselig, als dass ich auch nur groß darüber nachdenken will. Wir hätten ein ganzes Jahrhundert verloren. Europa wird marginalisiert, die einzelnen Länder gegeneinander ausgespielt, während Amerika und die BRICS-Staaten die Welt unter sich aufteilen.
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: PaulPanter am 04. Januar 2012, 11:46:04
Der ,,Schuldenschnitt" und das Kleingedruckte
http://www.spiegelfechter.com/wordpress/7111

Politiker sind nicht blöd. Die Deutschen zB. wussten ganz genau, dass Griechenland nicht in der Lage ist eine Währung wie den Euro tragen zu können.
Jeder wusste, dass die Griechen ihre Bilanzen gefälscht haben, trotzdem haben die den Euro bekommen.
Jetzt sind se Pleite und was wird gemacht? Das Land wird weiter ausgesaugt und die Deutschen an vorderster Front. Kein Wunder, dass die Griechen den deutschen das Hakenkreuz gezeigt haben.

Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: zwingenberger am 04. Januar 2012, 12:25:40
Zitat
Es führt also an einer Art europaweitem Länderfinanzausgleich kein Weg vorbei, wenn wir an der Idee eines vereinten Europas festhalten wollen, oder sehe ich das falsch?

Das siehst Du vermutlich völlig richtig. So einen Finanzausgleich gibt es ja auch unter unseren eigenen Bundesländern, und gelegentlich wird da heftig gestänkert, vornehmlich aus Bayern - obwohl die früher die größten Profiteure davon waren und sich den eigenen Aufstieg aus agrarisch geprägten Verhältnissen hauptsächlich durch NRW bezahlen ließen, als dort noch die Schornsteine rauchten. Das meinte ich mit der Abwesenheit eines free lunch: es wird in Staatenbünden und in Bundesstaaten immer welche geben, die zahlen, und solche, die einsacken. Anders wäre es nur, wenn wir uns ein vereintes Europa ohne gemeinsame Währung vorstellen wollen. Aber dann sollte man auch berücksichtigen, dass einzelne kleine Volkswirtschaften viel leichter ein Opfer von Spekulationswetten sind als der große Tanker Euro. Wer erfolgreich gegen eine Niederländische Krone oder einen Alpendollar wetten kann, könnte gegen einen Euro auch ganz empfindlich auf die Nase bekommen.

Ach ja: 
Zitatziemlich sicher ohne S, I, P, IRL...

Kleiner Fehler: es sollte heißen "ziemlich sicher ohne E, I, P, IRL..."
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: Averell am 04. Januar 2012, 12:42:55
Zitat von: PaulPanter am 04. Januar 2012, 11:46:04
Politiker sind nicht blöd.
Das ist mir zu pauschal. ;)

Zitat von: PaulPanter am 04. Januar 2012, 11:46:04
Die Deutschen zB. wussten ganz genau, dass Griechenland nicht in der Lage ist eine Währung wie den Euro tragen zu können.
Viele vermutlich! Aber die wußten auch, daß das in ihrer Amtszeit sicher nicht mehr knallt... und sonnen sich heute im Schatten eines grOßen Europäers (http://helmut-kohl.kas.de/europaeische_integration_aera.html)...

Zitat von: PaulPanter am 04. Januar 2012, 11:46:04
Jeder wusste, dass die Griechen ihre Bilanzen gefälscht haben, trotzdem haben die den Euro bekommen.
Jetzt sind se Pleite und was wird gemacht? Das Land wird weiter ausgesaugt und die Deutschen an vorderster Front. Kein Wunder, dass die Griechen den deutschen das Hakenkreuz gezeigt haben.
Nun mal bitte die Kirche im Dorf lassen und den schwarz-weiß Maler weglegen. Die Griechen haben auch ganz gut abgezockt. Das wird von vielen hier lebenden Griechen ganz kritisch gesehen.

In Wirklichkeit waren es die Bilderberger (http://alles-schallundrauch.blogspot.com/2011/11/die-rettung-des-euro-ist-doch-gar-nicht.html)! :o ::) :-X
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: zwingenberger am 04. Januar 2012, 14:37:09
@ PaulPanther und Averell:

Griechenland ist nicht zu retten, und das ist kein deutsches Vorurteil; jeder, der da mal reinguckt, sieht das auf den ersten Blick. Ich kenne kein anderes Land, das eine staatliche Eisenbahngesellschaft unterhält, die bei 100 Mio € operativem Umsatz 700 Mio € kostet, jedes Jahr, und irrwitzige Pensionslasten noch gar nicht mitgerechnet. Griechenland hat viel mehr öffentlich bezahlte Lehrer pro Schüler als Finnland, das uns ja immer als leuchtendes Beispiel vorgehalten wird; und die schickt es mit 55 (Frauen schon mit 50) in Pension. Über die PISA-Daten, die dabei herausschauen, reden wir lieber erst gar nicht. Der vorzeitige und hoch bezahlte Ruhestand kommt für "anstrengende Berufe" generell mit 50 bzw. 55 Jahren. Die Liste anstrengender Berufe verzeichnet unter anderem Friseure, Nachrichtensprecher und Musiker. Die kumulierten Einkommensteuerschulden betragen dort fast 50 Mrd € - bei insgesamt nur 10 Mio Einwohnern, vom Säugling bis zum Greis, und kein Gedanke, das jemals beizutreiben in einem Land, in dem vor Wahltagen die Steuerfahnder beurlaubt werden. Griechenlands fiskalische Strukturen befinden sich auf Drittweltniveau, das gleiche Korruptionsrating hat es längst (Italien übrigens auch, soviel Gerechtigkeit muss sein).

Pardon, das kann man nicht mehr anders ausdrücken: dieses Volk hängt am Tropf lähmender Staatsknete wie ein Junkie an der Spritze. Und irgendwann ist Ende Gelände, was uns Außenstehenden dann eine satte Rezession bescheren wird und aus den Griechen - jedenfalls vorübergehend - wieder ein Volk von Ziegenhirten macht. Kein Gedanke, dass dieses Land eine Zukunft in der Eurozone haben könnte.
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: Belbo zwei am 04. Januar 2012, 14:51:51
http://diepresse.com/home/immobilien/709174/Fluchtpunkt-London_Griechen-kaufen-Londoner-LuxusImmobilien?gal=709174&index=5&direct=711672&_vl_backlink=/home/immobilien/markt/international/index.do&popup=

...das Geld wäre schon da nur leider nicht in der griechischen Staatskasse.
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: zwingenberger am 04. Januar 2012, 14:58:34
Ja, genau, das ist unter dem Strich der Zaster, um den der griechische Fiskus besch..... worden ist.
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: Belbo zwei am 04. Januar 2012, 15:03:14
...ich war letztes Jahr nach langem mal wieder in Griechenland im Urlaub und war über den Zustand des Landes entsetzt. Sowohl die Infrastruktur als auch die allgemeine Qualität der Dienstleistungen unter aller Kanone. Wohl auch ein Beispiel wie sich durch Egoismus, Vetternwirtschaft und Korruption eine emotionale Trennung von Staat und Bürger erreichen lässt.
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: Averell am 04. Januar 2012, 16:36:21
Ich betrachte meinen Stammgriechen als guten Freund. Der leidet darunter was da mit seinem Land abgeht, würde aber zum derzeitigen Zeitpunkt auch keine weitere Kohle mehr nachschießen (http://www.n-tv.de/wirtschaft/Anleihemarkt-spielt-verrueckt-article5125566.html), bzw. privat dort investieren (http://www.n-tv.de/wirtschaft/Sparer-raeumen-Konten-leer-article5135376.html).

Ich hoffe die Ouzo-Brennereien überstehen diese Krise.
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: Belbo zwei am 04. Januar 2012, 16:55:08
Vorallem die in http://www.lesvos.com/plomari.html
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: Averell am 30. Januar 2012, 12:14:54
Herr Brichta meldet sich mal wieder zu Wort:
http://www.teleboerse.de/kolumnen/Euro-Angstmacherin-article5354546.html (http://www.teleboerse.de/kolumnen/Euro-Angstmacherin-article5354546.html)
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: Ridcully am 30. Januar 2012, 13:59:58
Mir geht dieses ganze Gerede von der Euro-Krise auf den Keks. Dem Euro geht es doch ganz gut, warum auch nicht. Steht immerhin der größte Wirtschaftsraum der Welt dahinter und die Finanzpolitik im zweitgrößten ist nun wirklich nicht vertrauenserweckender. Das ist keine Währungskrise.

Krisen gibt es dafür in mehreren anderen Bereichen: lautes Platzen von Spekulationsblasen, vor allem auf dem Immobiliensektor. Dadurch ausgelöst Bankenpleiten bzw. durch massive Staatsinterventionen gerade noch abgewendete Pleiten. Allgemeine Flucht in "sichere" Anlagen (u.a. bescheuerterweise schon wieder Immobilien), was u.a. den Schweizer Franken unsinnig steigen lässt und die Staatsschulden von weniger soliden Staaten unbezahlbar macht. Für die Griechen sind die Zinsen mal eben von 5 auf 15% gestiegen, für die Deutschen dafür von 4,5 auf 0% gesunken. Entsprechend verdient der deutsche Staat an der Krise.

Ursache ist meines Erachtens vor allem, das viele in den letzten Jahrzehnten zu gut verdient haben und davon nichts abgeben wollen. Jedem Haben steht aber irgendwo ein Soll gegenüber, und wenn der Schuldner das nicht mehr begleichen kann ist auch das Haben wertlos. Wenn die Deutschen sich über Jahrzehnte über ihre tollen Handelsbilanzüberschüsse freuen, ist das ein Ungleichgewicht dass irgendwann ausgeglichen werden muss. Entweder in dem die Deutschen ihr Guthaben mal in Waren eintauschen oder aber in dem ihre Schuldner pleite gehen. Gleiches gilt auf individueller Ebene: wer in den letzten 20 Jahren von sinkenden Steuern und stagnierenden Löhnen bei explodierenden Gewinnen profitiert hat, der weiss jetzt schlicht nicht mehr wohin mit dem Geld, weil die Empfänger stagnierender Löhne nicht genug konsumieren können. Und steckt das Geld es in die nächste Spekulationsblase, wo es verbrennt. Oder in Staatsanleihen zu 0% Zinsen oder überteuertes Geld oder sonst eine Geldvernichtungsmaschine.

Lösung: höhere Löhne wo die Wirtschaft brummt (grosse Teile von Deutschland), Eurobonds für gleichmässige Zinsen, mehr Finanzhilfen für die ärmeren Teile Europas, Koordination der Steuerpolitik um den Wettlauf um die niedrigsten Steuersätze zu stoppen. Und Länder wie Griechenland und Italien müssen Steuerhinterziehung effizienter bekämpfen, aber das ist nicht der Kern des Problems auf europäischer Ebene. Dass die Wohlhabenden keine Steuern zahlen wenn sie nicht wollen, wird sonst doch eher als Wettbewerbsvorteil gepriesen.
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: zwingenberger am 07. Februar 2012, 10:39:30
Nur mal so am Rande, ein Vorgeschmack auf das, was Griechenland noch bevorsteht, so oder so:

http://www.rp-online.de/politik/eu/griechenland-versinkt-im-elend-1.2701689

Das mit dem Ziegenhüten könnte bald gruselige Realität werden.

@ Ridicully:
Zitat
Jedem Haben steht aber irgendwo ein Soll gegenüber, und wenn der Schuldner das nicht mehr begleichen kann ist auch das Haben wertlos. Wenn die Deutschen sich über Jahrzehnte über ihre tollen Handelsbilanzüberschüsse freuen, ist das ein Ungleichgewicht dass irgendwann ausgeglichen werden muss. Entweder in dem die Deutschen ihr Guthaben mal in Waren eintauschen oder aber in dem ihre Schuldner pleite gehen.
Genau. Nur möchte das hier niemand hören, im Land der Exportweltmeister.

Schon lange bevor es den Euro gab, wurden Strukturhilfen für schwache EU-Länder geleistet. Finanziert wurden diese Töpfe maßgeblich von Deutschland. Gleichzeitig aber hat Deutschland durch die Exportorientierung genau gegenläufig gewirtschaftet. Gerade so, wie eine Klimaanlage, die gleichzeitig kühlt und heizt. Ja, und jetzt, kann man sagen, liegt die Stromrechnung auf dem Tisch, und das Jammern ist groß.
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 07. Februar 2012, 12:50:57
ZitatEinstweilen hat sich die deutsche Darstellung der Dinge durchgesetzt. Nach Auffassung der Kanzlerin Angela Merkel wurde die Krise dadurch verursacht, dass die Peripherieländer über ihre Verhältnisse gelebt haben. Sie drängte daher auf strengere Haushaltsvorschriften als Gegenleistung für eine weitere Finanzierung der verschiedenen Rettungsschirme. Vereinfacht gesagt: die Deutschen sind nur dann bereit, für andere Länder zu zahlen, wenn diese bereit sind, ihrerseits deutscher zu werden.

Es gibt nur ein Problem mit Merkels Logik. Sie beruht auf einer falschen Voraussetzung. Die hohe Staatsverschuldung in den Krisenländern ist ein Symptom für eine weit schwerere strukturelle Krise, aber sie ist nicht das zentrale Problem.

Die wirklich schwierigen Themen sind die unterschiedliche Wettbewerbsfähigkeit und die Zahlungsbilanzungleichgewichte. Bei nüchterner Betrachtung der europäischen Krise fällt Merkels moralisches Lehrstück von den rechtschaffenen Deutschen gegenüber dem gewissenlosen Rest in sich zusammen.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/deutsche_selbstgerechtigkeit_verhindert_euro_loesung/ (http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/deutsche_selbstgerechtigkeit_verhindert_euro_loesung/)
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: zwingenberger am 06. August 2012, 16:39:37
Manchmal liegen sogar Philosophen gar nicht so falsch. Und manchmal plaudern sie sogar aus, was eigentlich - noch - niemand wissen sollte: http://www.sueddeutsche.de/politik/philosoph-ueber-euro-rettung-nur-phantasten-glauben-noch-an-das-heutige-europa-1.1433201?google_editors_picks=true

Richard David Precht hat in der SZ in einem Nebensatz etwas erwähnt, was auch unter Ökonomen so ganz langsam dämmert:

Zitat...die Idee, Staatshaushalte von der Geißel des Spekulationsgeschäfts zu befreien, passt nicht in den Geist des alten Europas. Da muss nun der Begriff "Inflation" als Angstmacher herhalten, obwohl nahezu alle EU-Staaten, einschließlich Deutschlands, sich insgeheim eine sanfte Inflation dringlich wünschen, um ihre enorme Verschuldung abzuschmelzen

Den Zusammenhang muss man sich klarmachen, wenn man's verstehen will: Inflation begünstigt Schuldner, weil deren Schulden abgewertet werden. Bei den Gläubigern verlieren stattdessen die Forderungen an Wert. Und wer ist der größte Schuldner weit und breit? Genau.

Die Kombination aus Geldwertstabilität und niedrigen Staatsschulden gibt es nur unter ganz besonders günstigen Bedingungen, etwa zu Wirtschaftswunderzeiten. Spätestens in Krisenzeiten muss man eine Priorität setzen. Das bedeutendste Beispiel in der jüngeren Geschichte für eine erfolgreiche Entschuldung eines Staatshaushalts durch gut dosierte Inflation sind vermutlich die USA, die ihre enormen Kriegsschulden nach 1945 auf diese Weise in den Griff bekamen. Ich vermute, da wird auch bei uns die Reise hingehen, mit oder ohne Euro.
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: 0Do3n3rium0 am 06. August 2012, 19:08:27
@ zwingenberger

Das ist doch der geheime Plan U der Kanzlerin:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/wolfgang-muenchau-nur-der-weltuntergang-kann-den-euro-noch-retten-a-846560.html

Wenns mit den anderen Plänen nicht klappt, dann wird im November der Weltuntergang ausgerufen.

:grins2:
Titel: Re: Euro-Krise
Beitrag von: Conina am 06. August 2012, 19:24:06
Ich glaube, Spiegel braucht man zur Eurokrise nicht zu lesen.

Und an der Münchaukolumne waren nur viele Kommentare gut, die den zerpflückten.

Der Test, den ich heute verlinkte ist echt gut. Da kriegt man  mit, wie schlecht man informiert ist (jedenfalls gings mir so) :


http://www.ftd.de/politik/europa/:wissenstest-zum-euro-e-wie-kompliziert/70061841.html

1. Frage:

ZitatSchon die Frage nach dem richtigen Artikel fällt nicht jedem leicht. Es heißt ...
das EFSF
der EFSF
die EFSF