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Deutsch => Allgemeine Diskussionen => Politik und Gesellschaft => Thema gestartet von: Copa am 09. August 2011, 16:32:59

Titel: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Copa am 09. August 2011, 16:32:59
(http://i.dailymail.co.uk/i/pix/2011/08/08/article-2023667-0D59940300000578-97_634x604.jpg)
ZitatThe tweet read: 'Everyone up and roll to Tottenham f*** the 5-0. I hope 1 dead tonight.'

Another Twitter user, 'Sonny Twag', tweeted: 'Want to roll Tottenham to loot. I do want a free TV. Who wudn't.'

Yet another, 'DannyWonders', tweeted: 'Jewellry Shop In Green Lanes Getting Robbed Right In Front Of My Eyes<looool get involved!'

Shops selling luxury goods were the obvious targets of the looters. Police said the majority of opportunistic thieves were young - aged in their teens and early twenties.
http://www.dailymail.co.uk/news/article-2023667/London-riots-Looter-posts-photo-booty-Facebook.html
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Copa am 09. August 2011, 17:44:26
Die heißen gar nicht gesellschaftskritische Freiheitskämpfer, sondern Londoner Fighter_innen. ::)
ZitatLondon brennt! - Wann folgt endlich Berlin?!
Verfasst von: riot. Verfasst am: 09.08.2011 - 09:27. Kommentare: 22

Ultimative Riots in London! Fighter-Groups kontrollieren weite Teile der Stadt und lassen die Insignien des Kapitalismus und der rassistischen Ausbeutung in Flammen aufgehen! Jetzt ist kämpferische Solidarität mit den Londoner Genoss_innen gefragt!



Schon seit Wochen versuchen (noch) vereinzelte Kämpfer_innen auch in Berlin flammende Zeichen des Aufstandes und der Revolution zu setzen. Fast jede Nacht werden auch in Berlin die kapitalistischen Wohlstandsburgen der saturierten rassistischen "Mehrheitsgesellschaft" mit Feuer und Flamme angegriffen. Flammende Vorzeichen in Hausfluren, Kellern und auf Dachböden in den zur Yuppiesierung anstehenden Innenstadtbezirken werfen erste Schlaglichter auf den kommenden Auftand der rassistisch und sozial unterdrückten Massen auch in Berlin!



Nur aus der Asche der alten Zustände kann das befreite Leben ohne Zwang, Rassismus und Ausbeutung erblühen.



DESHALB:



Feuer und Flamme für Deutschland!
Praktische Solidarität mit den Londoner Fighter_innen!
Auch Berlin muss brennen!!!



ps. Kleiner Tip: Man kann ganz easy Feuerlöscher zu Flammenwerfern umbauen ;-)

http://linksunten.indymedia.org/de/node/44888
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Belbo zwei am 09. August 2011, 17:47:54
Erstaunlich kaum kippt man die sozialen Sicherungssysteme hin zur Eindrittelgesellschaft schon mucken sie wieder auf die Underdogs, sollen sie halt Kuchen essen!
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: StarBurst am 09. August 2011, 19:02:56
Die sozialen Sicherungssysteme in England sind immer noch mehr als ausreichend, als das man dafür anderer Leute ihrer Eigentum zerstören und Läden plündern muss.
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: rincewind am 09. August 2011, 21:56:19
Zitat von: Belbo zwei am 09. August 2011, 17:47:54
Erstaunlich kaum kippt man die sozialen Sicherungssysteme hin zur Eindrittelgesellschaft schon mucken sie wieder auf die Underdogs, sollen sie halt Kuchen essen!

Immerhin haben sie Handys und PCs und können sich verabreden. Das ist Kuchen. Ganz viel.
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Averell am 09. August 2011, 21:57:31
Zitat von: StarBurst am 09. August 2011, 19:02:56
Die sozialen Sicherungssysteme in England sind immer noch mehr als ausreichend, als das man dafür anderer Leute ihrer Eigentum zerstören und Läden plündern muss.

Naja ganz so einfach ist nun meines Erachtens nach nicht. Du mußt den Leuten auch irgendwas sinnvolles zu tun geben. Nur das Geld zum Saufen auszuzahlen, führt genau zu solchen Zuständen. Wenn Du dann noch fleißig an der Polizei sparst, brauchst Du Dich nicht wundern wenn irgendwann mal die Hütte brennt.

Auf der anderen Seite ist wirklich schwer nachzuvollziehen, was da an Kohle für die werten Banken rausgehaun wurde und wird. Ok wer weiß was dann alles knallt wenn's nicht getan worden wäre. Aber mit Gerechtigkeit hat das nicht viel zu tun.

Meine Meinung.

PS: Krank werden in England ist übrigens nicht schön...
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Illusion-der-Exzellenz am 09. August 2011, 23:58:35
"Nur das Geld zum Saufen auszuzahlen, führt genau zu solchen Zuständen."

Öl in das Feuer der Stammtischlaberer ... Bißchen mehr Differenzierung wäre nicht schlecht.
Ansonsten voll ACK.
Daß die "Sicherungssystme" (sofern sie einen solchen Namen verdienen) in GB seit der elenden Thatcher extrem zurückgefahren wurden, ist ja bekannt. Und ich habe läuten hören, daß es auch in GB Handys mit Knebelverträgen für Nüsse geben soll und auch Billig-Rechner. Nur weil die Bewohner eines Dorfes in der Sahel-Zone keine Handys haben heißt das noch lange nicht, daß jene Leute in Europa, die eines besitzen, irgendwie im Luxus leben würden. Und daß der Gebrauch von Handys "Kuchen" ist, möchte ich auch mal bezweifeln. Die Demonstranten in Tunesien und Ägypten konnten mit Handy- und Internetgebrauch sogar Diktatoren stürzen - aber wer würde behaupten, die Leute hätten dort "Kuchen"? Ich halte nichts davon, gesellschaftliche Ungerechtigkeiten damit wegzudiskutieren, daß man auf noch größere Ungerechtigkeiten verweist.
(Übrigens sollte man vielmehr dafür sorgen, daß es in der Sahel-Zone so zugeht, daß die Leutchen dort ebenfalls alle Handys besitzen können - was Infrastruktur, Schulen, Arbeitsplätze, Gesundheitsversorgung usw. voraussetzt. Nein, mit Gerechtigkeit hat das wirklich nichts zu tun ...)
Was übrigens die Banken angeht, so ist keineswegs erwiesen, daß die Welt untergeht, wenn sie verrecken ...
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Belbo zwei am 10. August 2011, 07:22:35
Es geht tatsächlich nicht um Kuchen, sondern um die Schere zwischen den Ansprüchen die Menschen haben und die von Presse und Werbung geweckt werden, und den Möglichkeiten einer Gesellschaft diese zu befriedeigen, wobei das u.U. auch einfach Brot sein kann. Wenn sie zu weit aufgeht und Hoffnungslosigkeit gegen schillernden Luxus steht wird es zwangsläufig zu immer mehr solcher Randalen führen und es werden auf beiden Seiten des politischen Spektrums auch wieder die Rattenfänger auftauchen und das für sich zu nutzen wissen.
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Copa am 10. August 2011, 08:33:40
Mir kommen die Tränen.

Weil die Handys und Markenturnschuhe so teuer sind, und doch die WERBUNG alles verspricht, gehen die einfach mal los, rauben ihre Nachbarn aus und zünden deren Häuser an.

Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Copa am 10. August 2011, 08:40:55
Meine Oma war arm,ungebildet, Flüchtling und hat während und nach dem Krieg alleinerziehend 8 Kinder großbekommen.

Die war ein Underdog, aber ein ehrlicher und fleißiger.
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Belbo zwei am 10. August 2011, 09:01:51
Es geht überhaupt nicht darum das zu rechtfertigen, sondern darum darauf hinzuweisen, dass die Entwicklung der Gesellschaften immer mehr zu solchem Tun führen wird. Übrigens Entwicklungen in den 30er Jahren die wahrscheinlich erst zur Flucht Deiner Oma geführt haben.  Diese "denen gehts zu gut die sollen was arbeiten"- Argumentation hilft doch zur Lösung des Problemes überhaupt nichts.
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Binky am 10. August 2011, 09:02:19
Frau Kuchen, merkst Du den Unterschied zwischen Deiner Oma und den Randalierern? Deine Oma hatte bestimmt von früh bis spät zu tun und keine Zeit für solchen Unsinn. Die Randalierer sind, nehme ich an, zu einem großen Teil arbeitslos, ohne Kinder (müßen nicht gleich 8 sein) und haben Zeit, um auf blöde Gedanken und deren Umsezung zu kommen.
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Belbo zwei am 10. August 2011, 09:07:54
@Kuchen.....das mit deinem Namen Kuchen, war jetzt zufällig (fällt mir jetzt erst auf) gemeint war:

,,Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie halt Kuchen essen", sagte Frankreichs Königin Marie-Antoinette angesichts ihrer vor Hunger revoltierenden Bevölkerung. In dem Ausspruch offenbarte sich die Desorientierung und Gleichgültigkeit, mit der Frankreichs Herrscher Ludwig XVI. und seine Frau ihr Amt versahen. Ludwig XVI. war ein Verschwender und politischer Dilettant, der Frankreich im ausgehenden 18. Jahrhundert in eine schwere Wirtschaftskrise stürzte. Sie gipfelte in Hungersnöten und sollte zum ausschlaggebenden Anlass für das Aufbegehren des Volkes und die Revolution werden.
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Copa am 10. August 2011, 09:20:12
Ich kenn das Zitat, es gab kein Missverständnis.

ZitatIch traf in Croydon die Pubbesitzerin Jeannie Boxall, die am Montagabend heldenhaft ihre Kneipe "Jack Beards at the Gun" verteidigt hatte.  Jeannie verschloss den Hintereingang ihres Pubs und postierte Freunde als Wachen an der Eingangstür, um die etwa 400 Plünderer zu vertreiben. "Sie waren bestens organisiert. Die jungen Frauen hielten Ausschau nach Polizei, während ihre Freunde draußen vor den Geschäften in Autos mit laufenden Motoren warteten", sagte mir die Britin. Der Mob verschonte ihren Pub, um einen  Doppeldecker und ein großes Möbelgeschäft um die Ecke anzuzünden. So brannte ein 1867 gegründetes Traditionsgeschäft ab. ,,Sie wollten nichts stehlen, sondern nur zerstören", hörte ich später seinen Besitzer in einem Interview klagen.

Ich traf auch eine junge Anwältin, deren Anwaltspraxis um die Ecke vom Möbelladen niedergebrannt war. Die junge Frau war verzweifelt. Ihre Existenzgrundlage war dahin. "Mein Mann und ich hatten zehn Jahre gebraucht, um unsere Familienfirma aufzubauen. Jetzt müssen wir alles von vorne beginnen", sagte sie. Viele in Croydon waren aber noch so erschüttert, dass sie über das Erlebte nicht sprechen konnten. ,,Nicht jetzt", bat mich leise der indische Besitzer eines Zeitungskiosks, dessen Nachbar, ein Juwelier, ausgeraubt worden war. Die Hände des älteren Mannes zitterten. Ich sah einen blassen, unrasierten Mittvierziger ein Lokal betreten. Er wurde von allen als ,,Held" bejubelt. Der Mann, der angeblich am Abend vorher zwei Kinder aus einem brennenden Haus gerettet hat. Er wirkt müde und verstört. Er hatte keine Lust auf Interviews. Durchaus verständlich.
http://blog.rhein-zeitung.de/?p=15775

Der Mob kam mit dem Auto, das war keine Hungerrevolte.
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Copa am 10. August 2011, 09:35:35
ZitatDer britische Küchenstar Jamie Oliver hat sich in den letzten Jahren intensiv um Jugendliche aus problematischen Milieus gekümmert und ihnen die Chance gegeben, in einem seiner Restaurants einen Job zu lernen und so Fuß zu fassen. Zum Dank hat ihm jetzt der randalierende jugendliche Mob in Birmingham die Fensterscheiben seines Restaurants eingeschlagen, die Gäste bedroht und erheblichen Schaden angerichtet. "Alle sind verrückt geworden. Es ist so traurig, das zu sehen. Wir müssen hart gegen diese Idioten vorgehen, " twitterte sich Jamie Oliver daraufhin seinen Frust von der Seele. Der Koch hat halt wahrscheinlich noch nicht kapiert, dass wir es hier mit einem nur all zu legitimen Aufschrei benachteiligter Jugendlicher handelt, denen der herzlose Neoliberalismus ihr Menschenrecht aufs I-Phone, den Plasma-Fernseher und Designerkleidung  vorenthält.
http://www.ortneronline.at/?p=8858
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Copa am 10. August 2011, 10:56:06
ZitatBritish riots: Malaysian student injured in London
By RAHIMY RAHIM and QISHIN TARIQ

PETALING JAYA: A 20-year-old Malaysian student who was on his way to buy food to break his fast was attacked by rioters in Barking East, London.

Wounded and bleeding on the street, he was later robbed by another gang.

The robbery on Mohd Asyraf Raziq Rosli which took place at 7pm London time (3am Malaysian time) yesterday was recorded by someone and later uploaded on YouTube.
http://thestar.com.my/news/story.asp?file=/2011/8/10/nation/9272131&sec=nation


Das ist der aus dem youtube-Video:
http://www.youtube.com/watch?v=QP-CC0gsSU4
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Binky am 10. August 2011, 11:05:56
Denk doch mal an die Chaostage, oder den 1. Mai in Berlin.
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Belbo zwei am 10. August 2011, 11:06:40
Echte Verbrecher. Einnert mich irgendwie an die Jungs von der Goldküste des Zürichsees die in München Leute zu Krüppeln geschlagen haben, die hatten wohl auch keinen "assozialen" Hintergrund. Spannend bleibt die Frage ob und wie man sowas verhindern kann.
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Belbo zwei am 10. August 2011, 11:11:59
....die Demonstrationen in Griechenland, Spanien, Israel............nicht mit diesem Gewaltpotential aber lass mal die nächste Wirtschaftskrise kommen.
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Belbo zwei am 10. August 2011, 11:18:11
http://www.sueddeutsche.de/politik/ungerechtigkeit-in-grossbritannien-verloren-verzweifelt-wuetend-bis-aufs-blut-1.1129811

...mit einer m.E. treffenden Analyse.
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Binky am 10. August 2011, 14:28:16
Ich verstehe nicht, warum ich mit den Gewalttätern Verständnis haben soll, nicht aber mit den Opfern, z.B. dem Kioskbesitzer, der für sein Auskommen sicher hart arbeiten muß.

Das ist in meinen Augen eine unzulässige Relativierung von Gewalt. Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel.
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Belbo zwei am 10. August 2011, 15:33:11
Ich verstehe nicht, warum ich mit den Gewalttätern Verständnis haben soll, nicht aber mit den Opfern, z.B. dem Kioskbesitzer, der für sein Auskommen sicher hart arbeiten muß.

Das ist in meinen Augen eine unzulässige Relativierung von Gewalt. Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel.


Beziehst du Dich auf eine Stelle in dem SZ- Artikel?
Ich habe auch kein Verständnis für die Gewalttäter, ich befürchte nur das es immer mehr werden und kann nichts erkennen was dem entgegenwirken wird.
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Binky am 10. August 2011, 16:14:26
Ich meine die Argumentation, daß es die Armut, Chancenlosigkeit und was auch immer ist, was manche so ausrasten läßt und daß ihnen damit quasi die eine Art Absolution erteilt wird.

Daß es z.Z. mit solchen Ausschreitungen immer schlimmer wird, kann ich nicht sehen. Es gibt ruhigere und weniger ruhige Zeiten. Z.B. waren die 50er ruhig, da gab es andere Probleme (und den Menschen ging es vielfach ziemlich schlecht), wohingegen die 60/7Per durch Protestbewegungen gekennzeichnet waren, die einerseits vieles verändert haben, andererseits Gruppierungen wie die RAF hervorgebracht haben. Danach, in den 80/90ern war es dannn wieder ruhiger.
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Conina am 10. August 2011, 16:23:26
Rostock-Lichtenhagen, Hoyerswerda:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ausschreitungen_von_Rostock-Lichtenhagen
http://de.wikipedia.org/wiki/Ausschreitungen_von_Hoyerswerda
Los Angeles 1992:
http://de.wikipedia.org/wiki/Unruhen_in_Los_Angeles_1992
London 1985:
ZitatEs schien, als ob in Britannien der Bürgerkrieg ausgebrochen sei. In Tottenhams Broadwater Farm Estate, einem mit Berlins Märkischem Viertel vergleichbaren Sozialbauprojekt, explodierten Molotowcocktails, gingen Geschäfte und Autos in Flammen auf. Den Polizisten Keith Blakelock, 40, der sich aus der schützenden Formation seiner Kameraden wagte, um Feuerwehrleuten zu helfen, hackten die Aufrührer mit Messern und Macheten zu Tode - es war das erste Mal, daß ein englischer Polizist bei einem Straßenaufruhr ums Leben kam.

Der rasende Mob suchte Rache für ein fatales Mißgeschick der Polizei. 24 Stunden vor dem Aufstand nämlich war die schwarze Hausfrau Cynthia Jarrett, 49, an einem Herzschlag gestorben, während Beamte ihre Wohnung nach Diebesgut durchsuchten.
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13514918.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Unruhen_in_Frankreich_2005

http://de.wikipedia.org/wiki/Watts-Aufruhr
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Belbo zwei am 10. August 2011, 16:31:20
Mir gehts auch nicht um Absolution, sondern um Ursachensuche. Wenn man der Meinung ist dass (sei es auch nur eine empfundene) Hoffnungslosigkeit der Grund für Gewalt ist heisst das noch lange nicht, dass man diese Gewalt gut findet.

Das es da so eine Art naturgegebenen Zyklus bei den Ausschreitungen gibt kann ich nicht erkennen.

Meine Befürchtung ist eher dass mit weiter zunehmender Abwanderung von einfachen Arbeitsplätzen aus Europa, und einer damit einhergehenden Verelendung breiterer Bevölkerungsschichten, das Potential für diese Gewalttaten immer höher wird.
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Binky am 10. August 2011, 16:46:53
Du wirst niemals irgendeine Zeit haben, wo es völlig ruhig ist. Die Ereignisse  von Rostock und Hoyerswerda hatten andere Motivationen und Ursachen als die von Los Angeles und heute. 1992 gab es zwar vielfach die Befürchtung, im Osten könne der rechte Mob die Oberhand gewinnen, aber im Gesamtkontext war das keine große Sache, wie das in Großbritannien, oder die Proteste der 60er. Zyklen mag ich da keine erkennen, es ist lediglich einfach nur so, daß dann und wann mehr "los" ist, als zu anderen Zeiten.

Ebenso, wie verschiede Strömungen/Menschen hinter den Unruhen stecken (Studenten, Nazis, sozial Benachteiligte), kann man keine einzige Ursache, keine einheitlich Gruppe ausmachen, selbst wenn man nur ein einziges Ereignis betrachtet.

Da gibt es die tatsächlich Benachteiligten, Frustrierten, aber auch die Trittbrettfahrer, die so etwas zum Anlaß nehmen, um sich auszutoben. Im Prinzip hat jeder seine eigenen Gründe, sich zu beteiligen, selbt wenn es nur die angeheizte Stimmung, gemischt mit etwas Alkohol war und man mitgerissen wurde.

Auch wenn jenamd aus einem legitimen Bedürfnis nach Protest gegen die bestehenden Verhältnisse ausgerastet ist, sollte derjenige sich bewußt werden, wem er da schadet. Nämlich jemandem, dem es nicht viel besser geht. Soviel Verstand möchte man einem sozial/politisch engagierten Menschen zutrauen.

Wenn diese Typen wirklich Eier in der Hose hätten, dann hätten sie dort portestiert, wo die Probleme "gemacht" wurden. Und ich sage hier deutlich: protestiert und nicht randaliert.
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Belbo zwei am 10. August 2011, 17:03:00
Eins der Probleme in diesem Zusammenhang ist wohl, dass der Mob zu rationalen Handlungen nicht fähig ist. Wenn man sich die Bilder aus England so anschaut hat man zumindest nicht den Eindruck die Jungs fangen gleich zum Sammeln an um einen Unterhändler zum IWF schicken zu können.

Du hast bestimmt recht mit den ganz unterschiedlichen Beweggründen die in einer solchen Horde bestehen, ich glaube allerdings dass das Gewaltpotential insgesamt zunimmt wenn die (empfundene) soziale Degradierung hoch ist. Auf die Gefahr hin Godwin um die Ohren gehauen zu kriegen Die Machtergreifung Hitlers ist ohne die Verelendung weiter Teile der bürgerlichen Gesellschaft in den 20iger Jahren schwer vorstellbar, meine Befürchtung ist, dass wir uns europaweit in so eine Richtung bewegen.

Damit wir nicht anfangen zwei verschiedene Diskussionen zu führen: meiner Meinung nach sind solche Gewaltausbrüche durch nichts gerechtfertigt, und ich habe da auch kein Verständnis dafür, ausserdem gehören die Täter schwer bestraft.
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Binky am 10. August 2011, 17:20:14
Zitat von: Belbo zwei am 10. August 2011, 17:03:00
Eins der Probleme in diesem Zusammenhang ist wohl, dass der Mob zu rationalen Handlungen nicht fähig ist. Wenn man sich die Bilder aus England so anschaut hat man zumindest nicht den Eindruck die Jungs fangen gleich zum Sammeln an um einen Unterhändler zum IWF schicken zu können.

Ja, das ist wohl so.

ZitatDu hast bestimmt recht mit den ganz unterschiedlichen Beweggründen die in einer solchen Horde bestehen, ich glaube allerdings dass das Gewaltpotential insgesamt zunimmt wenn die (empfundene) soziale Degradierung hoch ist. Auf die Gefahr hin Godwin um die Ohren gehauen zu kriegen Die Machtergreifung Hitlers ist ohne die Verelendung weiter Teile der bürgerlichen Gesellschaft in den 20iger Jahren schwer vorstellbar, meine Befürchtung ist, dass wir uns europaweit in so eine Richtung bewegen.

Nein, da kann ich Dir nicht zustimmen. Ein großer Teil der Weltbevölkerung ist bettelarm. Aber solche Aufstände gab es z.B. nicht gegen das indische Kastensystem. Gäbe es tatsächlich eine Korrelation zwischen Gewaltpotential und sozialer Degradierung, könnten wir uns warm anziehen, dann würde Europa überrollt werden.

Das, was ich derzeit in Europa erkenne, ist die Aufspaltung der Gesellschaft in verschiedene Gruppen, die nicht nur in "arm" und "reich" einzuordnen wären, sondern allerhand andere Interessen repräsentieren, inklusive religiöser Fundis, LOHAS, sog. "Unterschichten", usw. Das meine ich auch im Niedergang der sog. Volksparteien wie SPD und CDU  zu erkennen. Das ist allerdings mein Eindruck.

ZitatDamit wir nicht anfangen zwei verschiedene Diskussionen zu führen:

Ich denke nicht, daß dies der Fall ist.
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: StarBurst am 10. August 2011, 17:53:39
Zitat von: Averell am 09. August 2011, 21:57:31
Naja ganz so einfach ist nun meines Erachtens nach nicht. Du mußt den Leuten auch irgendwas sinnvolles zu tun geben. Nur das Geld zum Saufen auszuzahlen, führt genau zu solchen Zuständen. Wenn Du dann noch fleißig an der Polizei sparst, brauchst Du Dich nicht wundern wenn irgendwann mal die Hütte brennt.

Auf der anderen Seite ist wirklich schwer nachzuvollziehen, was da an Kohle für die werten Banken rausgehaun wurde und wird. Ok wer weiß was dann alles knallt wenn's nicht getan worden wäre. Aber mit Gerechtigkeit hat das nicht viel zu tun.

Meine Meinung.

PS: Krank werden in England ist übrigens nicht schön...

Naja es ist imo nicht Aufgabe des Staates Leute glücklich zu machen. Die Leute dort verhungern nicht und für Handy und Computer reicht es auch als Arbeitsloser. Wenn jemand dann unglücklich ist, ist es sein Problem und er soll Abhilfe schaffen, wie z.B. sich fortbilden und nen Job suchen. In England ist das öffentliche Krankesystem kostenlos, und wohl besser als in ca. 170 Staaten der Erde. Es ist natürlich nicht frei von Problemen, genau wie in D, aber jetzt im Vergleich nicht besonders schlecht oder gar unfair wie das USA System.

Wie dem auch sei, randalieren ist immer der falsche Weg. Denn dort trifft es nur Unschuldige, die dann den Schaden haben.
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: Averell am 12. August 2011, 22:03:23
Mädels ich fürchte Ihr redet meiner Meinung nach um des Pudels Kern herum. Daß diese Gewaltausbrüche mit mittlerweile 5 Toten durch nichts zu rechtfertigen sind, da sind wir uns einig.

In Sachen Ursachenforschung meine ich, daß die Jungs oft einfach nix anderes zu tun hatten. Auch wenn mir eventuell wieder Stammtisch-Polemik vorgeworfen wird - egal. Ich meine, alle Menschen brauchen eine mehr oder weniger sinnvolle Aufgabe. Nicht jeder macht sein Abi und studiert danach Kernphysik. Es gibt auch die Jungs und Mädels die ganz gern vielleicht ein Auto zusammen schrauben, ein Haus bauen oder Wände malern usw.

Wenn's aber dergleichen im Land nicht zu tun gibt, dann ist zwar eine Stütze ganz nett aber auf Dauer nicht befriediegend.

Dazu noch eine Kuscheljustiz mit Trallalla-Urteilen und schwuppdiwupp brennen auch in Deiner Siedlung die Autos.

Nö liebe Gutmenschen, ich bin nicht in der NPD oder ähnlichen dämlichen Vereinen. Ich habe einfach nur die Augen offen.

Licht und Liebe und so  :grins2:::)
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: heterodyne am 13. August 2011, 22:09:09
Zitat von: Binky am 10. August 2011, 16:14:26
Ich meine die Argumentation, daß es die Armut, Chancenlosigkeit und was auch immer ist, was manche so ausrasten läßt und daß ihnen damit quasi die eine Art Absolution erteilt wird.

Daß es z.Z. mit solchen Ausschreitungen immer schlimmer wird, kann ich nicht sehen. Es gibt ruhigere und weniger ruhige Zeiten. Z.B. waren die 50er ruhig, da gab es andere Probleme (und den Menschen ging es vielfach ziemlich schlecht), wohingegen die 60/7Per durch Protestbewegungen gekennzeichnet waren, die einerseits vieles verändert haben, andererseits Gruppierungen wie die RAF hervorgebracht haben. Danach, in den 80/90ern war es dannn wieder ruhiger.
Ich sehe es auch so (fettung), sehe darin aber keinerlei Absolution. Natürlich gehören sie verfolgt, und vor ein Gericht gestellt, wie alle anderen Kriminellen.
Die Politik braucht sich aber nicht wundern und mit noch mehr Härte auffahren, wenn sie schlicht und einfach ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat. Junge Leute mit viel Energie und null Perspektive ... sitzen die im Eck und weinen? Und ob die sich einen ersten oder zweiten Laib Brot pro Tag oder ein Handy wünschen ist komplett irrelevant.

In den 50ern hatte aber jeder einen Job (da war einiges aufzubauen), über die Wirtschaftslagen/Arbeitslosenzahlen danach bin ich nicht so auf dem Laufenden.
Titel: Re: gesellschaftskritische Freiheitskämpfer
Beitrag von: heterodyne am 15. August 2011, 20:44:26
Interessanter Beitrag im Guardian: http://www.guardian.co.uk/commentisfree/2011/aug/14/charlie-brooker-prevent-more-riots
und ein mMn guter ARtikel im Profil: http://www.profil.at/articles/1132/560/304211/england-grossbritannien-jugendliche-rausch-gewalt