Ich weiß, es ist vermutlich etwas provokativ, was ich hier jetzt schreibe, aber es spiegelt die Gedanken wieder, die mir schon seit ein paar Wochen durch den Kopf gehen, und ich hoffe, dass eine (hoffentlich sachliche) Diskussion darüber mir helfen könnte, diese Gedanken einzuordnen und mir eine Meinung zu bilden. Ich bitte euch daher, folgendes nicht als meine feststehende Meinung anzusehen, sondern zu berücksichtigen, dass ich versuche, um mir selbst eine Meinung zu Bilden, die Position des Advocatus Diaboli einzunehmen.
Warum werden " alternatimedizinische" Methoden wie Homöopathie, Schüßler-Salze usw. hier überhaupt als "bekämpfenswert" angesehen, statt sie (solange sie nicht zulasten der "schulmedizinischen" Behandlung gehen) zu "tolerieren" und sich auf die wirklich gefährlichen oder schädlichen Methoden zu konzentrieren?
Nein, ich bin kein Anhänger dieser Methoden, mir ist klar, dass es sich dabei nur um Placebos handelt. Aber wo eigentlich ist dabei das Problem dabei?
Ja, es ist an sich eine gute Idee, über die Unwirksamkeit von so etwas aufzuklären, aber mittlerweile habe ich gemerkt, dass die allermeisten Menschen, die diesen Methoden nicht bereits selbst ablehnend gegenüberstehen, gar nicht aufgeklärt werden wollen. Es ist wohl einfach so, dass die meisten Menschen dem "Mit hat's auch geholfen!" der Nachbarin von schräg gegenüber wesentlich mehr Wert beimessen, als Studien irgendwelcher Wissenschaftler, die sie nicht kennen. Und wenn die Leute das Gefühl haben, dass ihnen etwas hilft (Placeboeffekt sei dank), ist es ihnen "scheiß egal" (Wörtliche Zitat), ob längst bewiesen ist, dass es gar nicht funktionieren kann.
Argumentiert man dagegen an, gilt man bestenfalls als armes, dummes Opfer der Schulmedizin oder man bekommt etwas pseudo-tolerantes zu hören ("Ich gebe ja zu, dass die Schulmedizin ebenso wirkt wie die Homöopathie, jetzt musst du aber auch zugeben, dass die Homöopathie genauso gut wirkt wie die Schulmedizin, sonst bist du derjenige von uns beiden, der intolerant glaubt, auf der einzig wahren Wahrheit zu sitzen."). Schlimmstenfalls macht man sich extrem unbeliebt, weil der andere Beleidigt reagiert ("Glaubst du etwa, die Nabarin lügt, wenn sie mir erzählt, dass es so toll wirkt, nur weil so ein paar blöde Wissenaschaftler was anderes behaupten? Glaubst du etwa, ich lüge selbst, wenn ich sage, dass es mir hilft?"). (All das wird übrigens auch bisher unbeteiligte Dritte eher auf die Seite des Homöopathen ziehen, denn die Seite desjenigen, der mehr weiß (über die böse Pharma-Verschwörung), toleranterweise die Methode des Gegners als ebenfalls wirksam anerkennt und einfach so der Lüge bezichtigt wird, wirkt einfach sympathischer, und plötzlich hat man nicht nur einen Gegner, sondern mindestens die Hälfte derjenigen, in deren Kreis die Diskussion stattfindet, seien es Familienmitglieder, Arbeitskollegen oder was weiß ich.)
Wenn also die Anhänger derartiger Methoden auf Gegenargumente in der Regel lediglich mit Ablehnung reagieren, ist es dann überhaupt sinnvoll, dagegen anzugehen?
Wenn z. B. ein Arzt einem Patienten, der der Homöopathie positiv gegenüber steht) ein homöopathisches Mittel gegen Erkältung, leichte Kopfschmerzen oder derartige Kleinigkeiten empfiehlt (im Bewusstsein, dass es nur ein Placebo ist), nützt das dem Arzt, weil der Patient ihn für kompetent in "alternativen" Methoden hält und daher wieder kommt, und dem Patienten kurzfristig, weil er sich für relativ günstiges Geld (Placeboeffekt sei Dank) besser fühlt, und längerfristig, weil er weiterhin zu einem "vernünftigen" Arzt geht, der (hoffentlich) erkennt, wenn es mal um eine ernsthafte Krankheit geht, bei der man mit Homöopathie und Co alleine nicht weiter kommt. Würde der Arzt ihm hingegen erklären, ist das für beide von Nachteil, weil der Patient dann zu einem anderen geht, womöglich zu einem Heilpraktiker, der wirklich daran glaubt und ihm erzählt, dass die Schulmedizin ein Produkt der bösen Pharma-Industrie ist und dass seine Mittelchen genauso gut gegen Krebs, AIDS etc. helfen, was bei einer ernsten Krankheit ziemlich traurig enden könnte. Natürlich wäre es nicht OK, wenn der Arzt seinen Patienten etwas von Feinstofflichen Quanteniformationen und der gleichen einredet, aber solange der Patient bereits von selbst daran glaubt, warum soll man das nicht zu beider Seiten Vorteil nutzen?
Wäre es nicht allgemein besser, statt solche Methoden zu bekämpfen und damit für Widerstand der Anhänger zu sorgen, sie eher allgemein anzuerkennen und dadurch zu kontrollieren, dass sie nur bei harmlosen Erkrankungen als alleinige Therapie angewendet werden und bei schweren Erkrankungen wie Krebs nur begleitend zur "schulmedizinischen" Therapie?
Übertragen auf Esowatch: Wenn hier gegen (normalerweise) harmlose Methoden wie Homöopathie Stimmung gemacht wird, werden deren Anhänger mit Ablehnung reagieren, und möglicherweise dann auch die Artikel über wirklich gefährliche Methoden für falsch und die darin beschriebenen Methoden für harmlos erachten. Würde man sich dagegen auf die wirklich gefährlichen Methoden konzentrieren, könnten die "gemäßigten" Alternativmedizin-Anhänger dem zustimmen und Esowatch würde wesentlich mehr Leute erreichen.
Man mag argumentieren, dass die Patenten ein Recht darauf haben, dass ihnen die Wahrheit gesagt wird. Aber ist die Wahrheit für sich genommen wirklich ein so hohes Gut? Ich will nicht sagen, dass man die Patienten gezielt anlügen sollte. Aber was, wenn sie die Wahrheit gar nicht hören wollen, sondern etwas, das in ihr Weltbild passt? Ist es dann nicht besser, ihnen das so zu geben, dass es ihnen nützt, als gar nichts?
Und zerstört man nicht, indem man verbreitet, dass homöopathische Mittel nicht wirken, nicht die einzige Wirkung, die sie haben, nämlich den Placeboeffekt? Ich sage ja nicht, dass man die Wahrheit gezielt verheimlichen sollte, aber muss man sie überall verbreiten, selbst, wenn sie Schaden anrichten könnte?
Man mag einwenden, dass es schädlich wäre für das wissenschaftliche Weltbild, wenn unbegründete bis esoterische Methoden neben die wissenschaftlich begründeten gestellt werden. Aber die meisten Menschen haben zu dem, was im "Elfenbeinturm" der Wissenschaft und Forschung passiert, keinen wirklichen Bezug. Und ist es außerdem nicht besser, wenn Ärzte im Rahmen ihrer Ausbildung lernen, dass die Homöopathie nur eine reine Placebotherapie ist, und wann und wie man sie anwendet, als dass diejenigen Quacksalber (seien es Ärzte oder Heilpraktiker), die wirklich daran glauben (oder zumindest so tun) Zulauf bekommen und ihre wirren Theorien verbreiten können?
Noch einmal: Ich spiele hier gewissermaßen den Advocatus Diaboli, und würde mich daher über sachliche Gegenargumente sehr freuen.
Ich muss zugeben, ich habe mich ähnliches auch schon gefragt. Es gibt meines Erachtens Abstufungen in der sagen wir mal "Ekelhaftigkeit" von diversen Heilmethoden. Homöopathie ist nur komplett wirkungslos (Schlage vor, den Placeboeffekt ignorieren wir der einfacheren Argumentation halber einfach) und schadet per se nicht. Anderer Schwachsinn wie MMS ist lebensgefährlich.
Dennoch fallen mir folgende Gründe ein:
1) Homöopathen ohne Grenzen: http://www.hom-og.de/
2) Homöopathie bei Tieren
3) Menschen behandeln dann mit Homöopathie echte Krankheiten
4) Homöopathie bei Kinder
5) Wollen wir wirklich zur Volksverblödung beitragen?
6) Wo ziehen wir die Grenze? Es gibt ungefähr 17.000 Wurstelbehandlungen, die nicht explizit "schaden"
7) Wenns denn Placebo sein soll, warum nicht so?: http://medizynicus.wordpress.com/2010/10/18/wie-man-macht-dass-ein-placebo-wirkt/
Sag doch mal der Homöopathiefraktion sie sollen die Wissenschaftliche Medizin akzeptieren ;-)
Hahnemann selbst hat diesem Thema sogar einen eigenen Paragraphen in seinem homöopathischen Gesetzbuch (aka "Organon") spendiert:
,,§ 52: Es giebt nur zwei Haupt-Curarten: diejenige welche all' ihr Thun nur auf genaue Beobachtung der Natur, auf sorgfältige Versuche und reine Erfahrung gründet, die (vor mir nie geflissentlich angewendete) homöopathische, und eine zweite, welche dieses nicht thut, die (heteropathische, oder) allöopathische. Jede steht der andern gerade entgegen und nur wer beide nicht kennt, kann sich dem Wahne hingeben, dass sie sich je einander nähern könnten oder wohl gar sich vereinigen liessen, kann sich gar so lächerlich machen, nach Gefallen der Kranken, bald homöopathisch, bald allöopathisch in seinen Curen zu verfahren; diess ist verbrecherischer Verrath an der göttlichen Homöopathie zu nennen!"
Wenn die Wissenschaftliche Medizin die Homöopathie anerkennen würde, dann wäre das wie wenn die Astronomen die Astrologie anerkennen würden, oder die Physiker die ganzen Spinner anerkennen würde.
Übrigens kann man mit jeder medizinischen Methode Placeboeffekte erzielen. Man muss also nicht auf Placeboeffekte verzichten wenn man die Homöopathenwahn endlich mal ins Geschichtsbuch verfrachten würde.
Ich habs jetzt gerade nicht gelesen, aber hier gibts wenn ich mich recht erinnere auch Argumente warum man antiwissenschaftliche Therapieformen und Beliebigkeit nicht einfach so akzeptieren sollte.
http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/MedFak/KlinikumWuppertal/FSK_M/vortrag.htm (http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/MedFak/KlinikumWuppertal/FSK_M/vortrag.htm)
Zitat
Ich habs jetzt gerade nicht gelesen, aber hier gibts wenn ich mich recht erinnere auch Argumente warum man antiwissenschaftliche Therapieformen und Beliebigkeit nicht einfach so akzeptieren sollte.
http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/MedFak/KlinikumWuppertal/FSK_M/vortrag.htm
Ja, das ist ein überaus lesenswerter Beitrag, den ich genau an dieser Stelle auch mal wieder verlinken wollte.
Danke, Roady :D
Einige Argumente, warum es KEINE harmlosen Alternativen gibt:
-Menschen ziehen dann zu spät oder gar nicht wirksame Behandlungen in Betracht;
-Verschleppte Krankheiten werden Teurer und sind langwieriger in der Heilung;
"Selbstversuch": Schwere Erkältung zu lange mit Homöopathie behandelt; Ergebnis: mit der Lungenentzündung musste sich der Hausarzt rumschlagen und brauchte dann richtige Chemiebomben.
-Schutz derjenigen, die (noch) nicht selbst entscheiden können (Kinder,Tiere) vor unnötigen Leiden und daraus resultierenden Schäden;
-kontrollierte Anwendung nur durch ausgebildete Ärzte ist letztendlich illusorisch, dadurch wird nur der Anschein der Wirksamkeit erhöht (der Arzt verwendet es, daher muss es ja echt sein);
-warum Mittel, die nur durch den Glauben daran wirken bei leichten Erkrankungen, wenn es wirksame Mittel gibt (auch aus alternativen Bereich,z.B. bewährte Heilpflanzen, als Tee, Salbe etc.)
-die allgemeine Anerkennung der "harmlosen" Quacksalberei öffnet die Tür für die gefährlicheren Varianten ("wenn das eine wirkt,auch mit ungeklärtem Mechanismus, warum soll das andere nicht auch wirksam sein?)
-Ärzte sollten sich wahrscheinlich besser mit Placebos auskennen, um sie im begründeten Einzelfall gezielt einsetzten zu können, aber daraus generelle Therapien für leichte Erkrankungen zu entwickeln, ist doch etwas riskant, siehe oben.
Hallo T-M,
mir wäre das wirklich wurscht, würden Erwachsene Homöopathie nur für sich selbst in Anspruch nehmen und sie natürlich auch ausschließlich aus eigener Tasche finanzieren.
Leider sieht es aber in der Realität anders aus. Da sind z.B. die Mütter, (meistens sind es die Mütter), die ihre Kinder von kleinauf aufs Pillen schlucken konditionieren.
Und für viele dieser Kinder geht ohne Zuckerkügelchen anscheinend gar nichts mehr. Eine Tragodie, wenn klein Fritzchen in Buxtehude irgendwo auf Besuch ist, und die Mutter vergaß die Pillen gegen:
Kindergarten- oder Schulstress
"Zappelei"
Rückenschmerzen
Konzentrationsstörungen uvm.
einzupacken.
Ich wurde schon Ohrenzeuge (Telefonat) solch einer Tragödie. Ich empfahl meiner Mutter damals dem Knirps Smarties unterzujubeln, die garantiert gegen o.g. Symptome wirken würden, wenn sie es nur geschickt genug "verkauft".
Das hört sich erstmal lustig an, aber ich finde es eine Frechheit, anstelle von Ursachenforschung zu betreiben und diese auszuschalten, dem Kind Globulis in den Rachen zu werfen. Nein, das ist echt nicht komisch. Globuli-Junkies, für die ohne Pillen die Welt untergeht, sprich, die sich dann richtig mies fühlen.
Als der Junge das zweite mal bei meiner Mutter zu Besuch war, hatte er seine Globuli-Fläschchen selbstverständlich wieder dabei und noch vor dem Frühstück ging es los.... "Die muss ich dafür nehmen....die sind gegen..., und die da , damit ich nicht so zappelig bin". (Die Fläschchen waren jeweils farbig markiert.)
Gegen das "zappeln" half übrigens ein größerer Spaziergang durch die Fasanerie, als er das erste mal zu Besuch war und die Pillen vergessen wurden.
Ich gehe sogar noch weiter:
Das Zeug gehört auf den freien Markt verboten, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass Mamis, Frauchen oder Herrchen meinen ihren Liebling selbst "therapieren" zu können/müssen.
Ärzte sollen die HP meinetwegen als Placebos einsetzen, aber nicht Lieschen Müller oder Otto Normalo, denen die Decke auf den Kopf fällt und die aufgrund dessen dann eine kleine, feine "Ich-AG" gründen und sich fortan als Heilpraktiker oder Tierheilpraktiker meinen - auch auf Kosten von Kindern und Tieren - profilieren zu müssen. Und das - bei den meisten - ohne wirkliche fundierte medizinische Kenntnisse. Ohne Homöopathie, Bachblüten und den ganzen Zinnober gäbe es nicht mal halb so viele Heilpraktiker/Tierheilpraktiker. Dieser Boom... ich finde ihn beängstigend.
Es sind die Homöopathen, die meinen uns "Andersgläubige" missionieren zu müssen und das kotzt mich besonders an. Findet man Homöopathie blöd, ist man blöd (weil nicht informiert, wie gut doch diese "Wunderpillen" sind).... selbst wenn man die besseren und schlüssigeren Argumente hat.
Das geht einfach alles viel zu weit! Ich kann und werde das auch künftig nicht tolerieren!
Zitat von: Rattentod am 07. November 2010, 21:51:05
Ich muss zugeben, ich habe mich ähnliches auch schon gefragt. Es gibt meines Erachtens Abstufungen in der sagen wir mal "Ekelhaftigkeit" von diversen Heilmethoden. Homöopathie ist nur komplett wirkungslos (Schlage vor, den Placeboeffekt ignorieren wir der einfacheren Argumentation halber einfach) und schadet per se nicht. Anderer Schwachsinn wie MMS ist lebensgefährlich.
Ja, dem stimme ich uneingeschränkt zu. Die Frage ist nur, ob die harmlosen auch "bekämpft" werden sollten, oder ob man sie besser einfach akzeptieren sollte.
Zitat von: Rattentod am 07. November 2010, 21:51:05
Dennoch fallen mir folgende Gründe ein:
1) Homöopathen ohne Grenzen: http://www.hom-og.de/
2) Homöopathie bei Tieren
3) Menschen behandeln dann mit Homöopathie echte Krankheiten
4) Homöopathie bei Kinder
Ja klar, das sind die Auswüchse. Aber die Frage ist, ob man das los wird, indem man die gesamte Methode verdammt (und damit Ablehnung und Gegenreaktionen hervorruft), oder ob man die Methode akzeptiert und ihr gleichzeitig versucht, klare Grenzen zu setzen.
Zitat von: Rattentod am 07. November 2010, 21:51:05
5) Wollen wir wirklich zur Volksverblödung beitragen?
Die Frage ist, ob wir gegen die Volksverblödung ankommt, wenn das Volk sich nicht "entblöden" lassen will?
Zitat von: Rattentod am 07. November 2010, 21:51:05
6) Wo ziehen wir die Grenze? Es gibt ungefähr 17.000 Wurstelbehandlungen, die nicht explizit "schaden"
Vario delectat. ;D
Weiter provokant gefragt: Warum akzeptieren wir nicht alle?
Zitat von: Rattentod am 07. November 2010, 21:51:05
7) Wenns denn Placebo sein soll, warum nicht so?: http://medizynicus.wordpress.com/2010/10/18/wie-man-macht-dass-ein-placebo-wirkt/
Das ist dann schon Placebo forte. ;D Globuli und Co sind eher das kleine Placebo für zwischendurch, leicht verfügbar, leicht anzuwenden und ungefährlich.
Zitat von: Roadrunner am 07. November 2010, 21:52:37
Sag doch mal der Homöopathiefraktion sie sollen die Wissenschaftliche Medizin akzeptieren ;-)
Hahnemann selbst hat diesem Thema sogar einen eigenen Paragraphen in seinem homöopathischen Gesetzbuch (aka "Organon") spendiert:
,,§ 52: Es giebt nur zwei Haupt-Curarten: diejenige welche all' ihr Thun nur auf genaue Beobachtung der Natur, auf sorgfältige Versuche und reine Erfahrung gründet, die (vor mir nie geflissentlich angewendete) homöopathische, und eine zweite, welche dieses nicht thut, die (heteropathische, oder) allöopathische. Jede steht der andern gerade entgegen und nur wer beide nicht kennt, kann sich dem Wahne hingeben, dass sie sich je einander nähern könnten oder wohl gar sich vereinigen liessen, kann sich gar so lächerlich machen, nach Gefallen der Kranken, bald homöopathisch, bald allöopathisch in seinen Curen zu verfahren; diess ist verbrecherischer Verrath an der göttlichen Homöopathie zu nennen!"
Ja, das ist mir bekannt. Ich denke aber nicht, dass alle, die homöopathische Mittelchen nehmen, die Schulmedizin ablehnen. Das trifft sicherlich auf einige zu (ich kenne auch solche Leute, die glauben, Krebs sei mit mit Homöopathie, nicht jedoch mit Schulmedizin heilbar), aber die meisten nehmen denke ich Globuli und Co nur bei leichteren, harmlosen Krankheiten und Wehwehchen, bei ernsteren Sachen höchstens parallel zur "schulmedizinischen" Behandlung.
Zitat von: Roadrunner am 07. November 2010, 21:52:37
Wenn die Wissenschaftliche Medizin die Homöopathie anerkennen würde, dann wäre das wie wenn die Astronomen die Astrologie anerkennen würden, oder die Physiker die ganzen Spinner anerkennen würde.
Das stimmt an sich. Aber z. B. die Relativitätstheorie abzulehnen, macht jemanden höchstens zum Außenseiter, die Schulmedizin abzulehnen, macht einen, wenn man Pech hat, tot. Und daher ist es, denke ich, besser, einem Patienten (bei einer ernsthaften Krankheit) Homöopathie
und Schulmedizin zu geben, wenn er, wenn man ihm nur die Wahl entweder/oder lassen würde, sich für die Homöopathie entscheiden würde.
Zitat von: Roadrunner am 07. November 2010, 21:52:37
Übrigens kann man mit jeder medizinischen Methode Placeboeffekte erzielen. Man muss also nicht auf Placeboeffekte verzichten wenn man die Homöopathenwahn endlich mal ins Geschichtsbuch verfrachten würde.
Aber wo ist der Unterschied, ob jemand Globuli frisst, wo nichts drin ist, aber glaubt, sie würden wirken, oder ob er Tabletten frisst, wo nichts drin ist, aber glaubt, sie würden wirken?
Zitat von: Roadrunner am 07. November 2010, 21:52:37
Ich habs jetzt gerade nicht gelesen, aber hier gibts wenn ich mich recht erinnere auch Argumente warum man antiwissenschaftliche Therapieformen und Beliebigkeit nicht einfach so akzeptieren sollte.
http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/MedFak/KlinikumWuppertal/FSK_M/vortrag.htm (http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/MedFak/KlinikumWuppertal/FSK_M/vortrag.htm)
Da steht aber auch das:
ZitatWenn der Arzt oder die Ärztin davon überzeugt ist, daß bei einem Patienten ein Placebo genügt, und wenn eroder sie auf diese Placebowirkung nicht verzichten will, dann käme hierfür auch die Verwendung z.B. eines Homöopathikums infrage. Wenn auf diese Weise die überflüssige Gabe eines risikobehafteten Medikamentes vermieden würde, könnte hiermit, genau wie zu Hahnemanns Zeiten, sogar Gutes getan werden.
Der bewußte Verzicht auf die Gabe von Medikamenten mit gesicherter stofflicher Wirksamkeit und die Anwendung eines Plazebos sind nicht unwissenschaftlich und sollten nicht als Anerkennung einer Paramedizin verstanden werden.
Und:
ZitatWarum sollen wir die besonderen Therapieverfahren oder andere Erscheinungen der Paramedizin nicht ähnlich wie Religionen behandeln? Wer Bedürfnis verspürt, mag sie nutzen. Als Ärzte können wir dieses in bestimmten Fällen hinnehmen. Diese Toleranz gilt aber nicht für potentiell schädliche Verfahren und nicht für die Anwendung bei eigentlich behandlungsbedürftigen Erkrankungen.
Zitat von: T-M am 07. November 2010, 23:34:25
Zitat von: Rattentod am 07. November 2010, 21:51:05
Ich muss zugeben, ich habe mich ähnliches auch schon gefragt. Es gibt meines Erachtens Abstufungen in der sagen wir mal "Ekelhaftigkeit" von diversen Heilmethoden. Homöopathie ist nur komplett wirkungslos (Schlage vor, den Placeboeffekt ignorieren wir der einfacheren Argumentation halber einfach) und schadet per se nicht. Anderer Schwachsinn wie MMS ist lebensgefährlich.
Ja, dem stimme ich uneingeschränkt zu. Die Frage ist nur, ob die harmlosen auch "bekämpft" werden sollten, oder ob man sie besser einfach akzeptieren sollte.
Harmlos ist es immer nur am Anfang. Das ist wie eine Einstiegsdroge. Man bekommt die HÖ doch nur im Verbund mit Heilpraktivergeschwurbel über die böse Medizin und sonstiger Angstmache, oder mindestens mit Anekdoten und Fehlinformationen auf Stammtischniveau im privaten Umkreis. Wenn das lange genug auf einen einwirkt, dann glaubt man irgendwann jeden Mist und setzt Aluhüte auf. Deshalb ist es ja auch nicht wirklich harmlos.
Zitat von: T-M am 07. November 2010, 23:34:25
Zitat von: Rattentod am 07. November 2010, 21:51:05
5) Wollen wir wirklich zur Volksverblödung beitragen?
Die Frage ist, ob wir gegen die Volksverblödung ankommt, wenn das Volk sich nicht "entblöden" lassen will?
Es gibt viele Ahnungslose und Leute zwischen den Stühlen. Aufklärung ist immer gut. Die Hardcore-Fans wirst Du nie erreichen.
Zitat von: T-M am 07. November 2010, 23:34:25
Ja, das ist mir bekannt. Ich denke aber nicht, dass alle, die homöopathische Mittelchen nehmen, die Schulmedizin ablehnen.
...
Anfangs vielleicht, aber wenn sich die falsche Bewertung aufgrund von Placeboeffekten einmal eingenistet hat und das evtl. zusammen mit der Agitation der HPler etc. Wie oben gesagt, es gibt die Mittel selten allein und der Vorgang führt zum Einstiegsdenken für den ganzen restlichen Esomist.
Zitat von: T-M am 07. November 2010, 23:34:25
Zitat von: Roadrunner am 07. November 2010, 21:52:37
Übrigens kann man mit jeder medizinischen Methode Placeboeffekte erzielen. Man muss also nicht auf Placeboeffekte verzichten wenn man die Homöopathenwahn endlich mal ins Geschichtsbuch verfrachten würde.
Aber wo ist der Unterschied, ob jemand Globuli frisst, wo nichts drin ist, aber glaubt, sie würden wirken, oder ob er Tabletten frisst, wo nichts drin ist, aber glaubt, sie würden wirken?
Der Unterschied entsteht dann, wenn mal mehr als Placebo nötig ist. Wenn ein Arzt das Placebo bewusst gibt, weiß er auch, wann er damit aufhören muss und wann echte Medikamente nötig sind. Er wird hoffentlich auch vorher Alternativen probieren bzw. dem Patienten einfach auch mal sagen, dass dieser nichts braucht oder es nichts gibt.
Zitat von: T-M am 07. November 2010, 23:34:25
...
ZitatWenn der Arzt oder die Ärztin davon überzeugt ist, daß bei einem Patienten ein Placebo genügt, und wenn eroder sie auf diese Placebowirkung nicht verzichten will, dann käme hierfür auch die Verwendung z.B. eines Homöopathikums infrage. Wenn auf diese Weise die überflüssige Gabe eines risikobehafteten Medikamentes vermieden würde, könnte hiermit, genau wie zu Hahnemanns Zeiten, sogar Gutes getan werden.
Der bewußte Verzicht auf die Gabe von Medikamenten mit gesicherter stofflicher Wirksamkeit und die Anwendung eines Plazebos sind nicht unwissenschaftlich und sollten nicht als Anerkennung einer Paramedizin verstanden werden.
Und:
ZitatWarum sollen wir die besonderen Therapieverfahren oder andere Erscheinungen der Paramedizin nicht ähnlich wie Religionen behandeln? Wer Bedürfnis verspürt, mag sie nutzen. Als Ärzte können wir dieses in bestimmten Fällen hinnehmen. Diese Toleranz gilt aber nicht für potentiell schädliche Verfahren und nicht für die Anwendung bei eigentlich behandlungsbedürftigen Erkrankungen.
Wohin Religion führen kann, ist hinreichend bekannt.
Es gibt sicher Ausnahmefälle, wo der Einsatz von Placebos sinnvoll ist. Aber möchte man wirklich mündige Patienten, sollte man mit denen auch Klartext reden und sie nicht an der Nase herumführen.
Ich kann Suricata und Rattentod nur zustimmen, allerdings mit einer Einschränkung:
ZitatÄrzte sollen die HP meinetwegen als Placebos einsetzen, aber nicht Lieschen Müller oder Otto Normalo, ...
Das würde die HP nur adeln, sie würde gerade die Aura bekommen, dass nach 200 jährigem heldenhaftem Kampf gegen die übermächtige Medizinlobby diese zähneknirschend die Wirksamkeit der HP eingestehen musste. Das ist unter allen Umständen zu vermeiden. HP war Humbug, ist Humbug und wird Humbug bleiben. Ich persönlich hätte keine Probleme damit, wenn Ärzte bei entsprechender Indikation Placebos einsetzten, dann diese aber nicht als HP verkaufen, einfach wg der o.g. Gefahr.
Ich kenne die Diskussionen, die T-M schildert, auch zur Genüge, auch aus meinem familiären Umfeld. Gerade die Gefahr der Konditionierung sehe ich als sehr groß an (die Schwiegermutter meiner Schwester ruft sofort nach 'Kügelchen', wenn eines ihrer Enkelkinder egal was hat, weil ihre andere Schwiegertochter, PTA und in einer Krankenhausapotheke arbeitend (also medizinisches Fachpersonal) ihre Kinder damit 'behandelt'). Ich weiß, wie zäh diese Diskussionen sind. Ich musste mir deswegen auch schon Vorhaltungen von meiner Freundin machen lassen, die HP bei ihrer Tochter anwendet (aber wohl wissend, dass es nur Placebo ist).
Gerade in der Diskussion mit als falsch erwiesenen Glaubenssystemen wie der HP ist es meiner Meinung nach falsch, sich kompromissbereit zu geben. Dies nützt nur der HP. Wie Rattentod geschrieben hat: Es gibt unendlich viele solcher 'Therapien'. Was spricht dann dagegen, auch Ohrenkerzen anzuwenden?
Gruß
Wer bei einem Schnupfen sich Küglechen einwirft, meinetwegen. Aber so etwas ist tödlich:
(http://www.psiram.com/ge/images/e/ec/ImLebenHom%C3%B6o.JPG)
Die unterschiedlichen Aussagen in den Zusammenfassungen jeweils im ersten und letzten Satz sind auch interessant.
@ Skepsis,
ja stimmt, Dein Einwand ist absolut brechtigt. Das wäre ein klassisches Eigentor. Es würde tatsächlich so aussehen, als ob an der Homöopathie doch was dran wäre, wenn ausschließlich Ärzte sie anwenden würden. Der Podest steht der HP einfach nicht zu.
Ich nehme es zurück. ;)
Zitat von: de Bunker am 08. November 2010, 13:35:05
Die unterschiedlichen Aussagen in den Zusammenfassungen jeweils im ersten und letzten Satz sind auch interessant.
Ja, als ist auch die unterstrichene Bedingung, von welcher der "Erfolg" der homöopathischen Therapie als Alternative abhängig ist.
Ist Euch eigentlich aufgefallen, wie mies das Englische des Summary ist?
Zitat von: nachteule am 08. November 2010, 13:48:05
Zitat von: de Bunker am 08. November 2010, 13:35:05
Die unterschiedlichen Aussagen in den Zusammenfassungen jeweils im ersten und letzten Satz sind auch interessant.
Ja, als ist auch die unterstrichene Bedingung, von welcher der "Erfolg" der homöopathischen Therapie als Alternative abhängig ist.
Ist Euch eigentlich aufgefallen, wie mies das Englische des Summary ist?
Das sind doch die zwei Heinis die Proleben Klinik in Greiz betreiben die auch mal für Hamer im Programm hatten.
http://www.klinik-imleben.de
Die nennen sich jetzt nicht mehr ProLeben sondern "Im Leben"
Edit: EW war mal wieder schnell ;D http://www.psiram.com/ge/index.php?title=ProLeben
Die Idee gelegentlich einfach ein Placebo zu verwenden weil es dies genauso tut bzw. echte Medikamente nicht vorhanden sind, die Krankheit hauptsächlich psychosomatisch etc. sieht natürlich auf den ersten Blick verlockend aus, aaaber:
In der Realität wird sich die Sache allerdings meistens anders entwickeln:
!!Wer Homöopathie nimmt geht davon aus das Homöopathie wirkt!!
Den Leuten ist nicht zu erklären das es sich möglicherweise um ein kleines psychologisches Extraplus handelt, sondern die sind sich ganz sicher das Homöopathie gegen jede Art von Krankheiten hilft, vom Schnupfen über Gallensteine bis zu Krebs!
...und dann gibt es Ärzte die mittlerweile genauso drauf sind weil diese Homöo-Eso-Vereine mittlerweile mit ihren Lobbyläden in den Hochschulen angelangt sind. Hier werden Leute ausgebildet die auch kein Placebo mehr von einer "echten" Wirkung unterscheiden können.
Ärzte und Patienten, die
dann Homöopathen ohne Grenzen unterstützen, die dieses Eso-Unheil in die 3.Welt transportieren, Leute die an Hamer glauben, Angst haben vor der Bösen Chemie und die sinnvolle Therapien zugunsten ihrer eigenen esoterisch Überzeugung links liegen lassen.
Ich bin mir also sicher das sich die theoretisch positiven Sachen von Scheinmedizin nicht von den richtig üblen negativen trennen kann!! also lieber bei der Ehrlichkeit bleiben!
Ich hab auch in meinem Umfeld immer wieder gesehen, daß über die "Einstiegsdroge" Homöopathie die Leute komplett abschwirren:
Homöopathie ist so ähnlich wie Kinesiologie so ähnlich wie Reiki, Feng-Shui, NLP, Hellinger, Rückführungen, Geistheilung etc.
Auf der Suche nach den immer frischen Placeboeffekt machen die eine Reise durch alle Gebiete dieser Eso-Medizin, sind irgendwann wirklich nur noch über Tricks greifbar für Real-Zusammenhänge.
Mein Eindruck ist nämlich das sich diese reinen Placeboeffekte abnützen!
- diese Esojunkies sind -sobald die mal mit Paramedizin angefixt sind - dauernd auf der Suche nach dem neuen andersartigen Trip, damit die Wirkung nicht nachläßt...
Im Grunde genommen den Placebo-Effekt bekommt man aber auch hin ohne den Leuten Blödsinn zu erzählen! Jede Zuwendung des Arztes, jede Medikamentengabe (die überzeugend dargereicht wird) löst auch einen Placeboeffekt aus.
...eventuell auch mal über einen Psychologen. Also kein Grund den Leuten Blödsinn zu erzählen.
LG, PB
Ich muß zugeben, daß ich mir schwertue gegen Homöopathika uä zu argumentieren, wenn ich sehe wie unfähig viele der Ärzte leider (und ich meine das leider aus vollstem Herzen, ich finde es beängstigend wie wenig zielorientiert im Sinne von Effizient und Effektiv das Gesundheitssystem agiert - äußerst sich ua in Ausbildung, Kunstfehlern, Entnahmen gesunder Körperteile etc) nun mal sind. Da wird Wanderröte ignoriert, Brüche übersehen, die vielen Geschichten, von denen man nur hört nehme ich da gar nicht dazu.
Im Konsument, einem meines Erachtens sehr vertrauenswürdigen Magazin, werden (oft rezeptfreie) Medikamente regelmäßig mit unwirksam bewertet, bzw für die angegebene Indikation ungeeignet, das höchste der Gefühle ist normalerweise ein "beschränkt geeignet". http://www.konsument.at/cs/Satellite?pagename=Konsument/Page/ThemenOverview&cid=1188229653047&parents=200039256&themenbereichId=200000008&schlagwortId=200039256
Auch hier wird Patienten viel Geld aus der Tasche gezogen.
Renommierte Studienleiter mit unklaren Interessenskonflikten sind ein anderer Punkt.
Meiner Meinung nach gehört, parallel zum Aufräumen mit den Mythen auch ein ganz kräftiges Ausmisten und Wiederherstellen der Vertrauenswürdigkeit unseres Gesundheitssystems durchgeführt.
als potentieller PAtient stehe ich vor dem Problem, daß ich eigentlich niemandem trauen kann. Auch nicht sehr super.
Zitat von: heterodyne am 08. November 2010, 20:31:22
Ich muß zugeben, daß ich mir schwertue gegen Homöopathika uä zu argumentieren, wenn ich sehe wie unfähig viele der Ärzte leider ...
Ich tue mich schwer diesen Hausbrand zu löschen, wenn ich sehe, welch schwere Schäden Erdbeben dem Haus zufügen können.
Oder andersherum: Welches der genannten Probleme in der Medizin und Gesundheitswesen wird durch HÖ besser?
Medizin kann unwirksam sein, Homöopathie ist unwirksam. Ärzte können fähig sein, Homöopathen nicht.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Aber an welchem Maßstab soll man irrationalen Unfug messen?
Ich möchte hier auch die Probleme trennen:
Problem 1) Es gibt verdammt viele Pfeifen die Ärzte sind
Problem 2) Homöopathie...
Können wir aber auch gerne parallel angehen. Ich glaube mal, wenn man die 12% der Ärzteschaft die tatsächlich an H. glauben eliminiert, hat man die Qualität von 1) schon gewaltig verbessert...
Zitat von: Graf Zahl am 09. November 2010, 00:01:22
Zitat von: heterodyne am 08. November 2010, 20:31:22
Ich muß zugeben, daß ich mir schwertue gegen Homöopathika uä zu argumentieren, wenn ich sehe wie unfähig viele der Ärzte leider ...
Ich tue mich schwer diesen Hausbrand zu löschen, wenn ich sehe, welch schwere Schäden Erdbeben dem Haus zufügen können.
Oder andersherum: Welches der genannten Probleme in der Medizin und Gesundheitswesen wird durch HÖ besser?
Mich brauchst nicht überzeugen ;)
Homöopathie macht meiner Überzeugung nach nichts besser, trägt höchstens dazu bei, daß die oben angeführten eigentlichen Probleme verschleppt werden. "Ich tue mir schwer zu argumentieren" ist vielleicht der falsche Ausdruck gewesen - ich komme nicht durch, aufgrund dieser Tatsache. Viele sind dermassen verärgert oder verunsichert, daß ich nur mehr mit "ja, aber" antworten kann.
In der öffentlichen Diskussion wird von Seiten der offiziellen Körperschaften aber keinerlei Einsicht gezeigt. Wer Probleme aufzeigt (die die meisten Menschen selber erfahren! an sich und/oder Verwandten) wird öffentlich geschaßt - kommt nicht so gut bei diesen meisten Menschen an.
Ich möchte hier noch anbringen, daß ich aber auch absolut kompetente Leistungen von Medizinern gesehen habe, bzw am eigenen Leib und dem meiner Kinder erfahren.
Und daß ich offensichtlich nicht der Meinung bin, daß der Feind meines Feindes deswegen gleich mein Freund sein muß ;)
Zitat von: Rattentod am 09. November 2010, 01:35:30
Ich möchte hier auch die Probleme trennen:
Problem 1) Es gibt verdammt viele Pfeifen die Ärzte sind
Problem 2) Homöopathie...
Können wir aber auch gerne parallel angehen. Ich glaube mal, wenn man die 12% der Ärzteschaft die tatsächlich an H. glauben eliminiert, hat man die Qualität von 1) schon gewaltig verbessert...
Es sind zwei unterschiedliche Probleme. Absolut.
Leider sind die meisten Menschen nicht in der Lage, das zu erfassen und danach auch vorzugehen. ISt brutal, ist meine Erfahrung. Insofern glaube ich, daß sich die bieden Probleme in der Diskussion nicht wirklich trenne lassen.
Definiere tatsächlich. Es gibt Ärzte, die H einsetzen und überhaupt keine Pfeifen sind. Ob sie der Medizin auf lange Sicht gutes tun (Argumente siehe oben) sei dahingestellt.
Ärzte, die Globuli nicht nur als Placebo anwenden, sind Pfeifen. Das sind die, die an Homöopathie glauben.
Ich toleriere schon echt ne Menge in meinem Bekanntenkreis. Da gibt es welche, die finden den dicken Budda gut, ein paar die an warme Steine und piecken mit Nadeln glauben - und natürlich die Christen. Und ich sage mir: So lange Sie nicht gefährlich werden oder anfangen zu nerven - soll doch jeder glauben was er will. Hauptsache es hilft. ^^
Nur leider ist mir eines aufgefallen: Selbst wenn ich tolerant bin, sind die "Gläubigen" doch leider sehr radikal mir gegenüber. Viele wissen, dass ich nicht glaube. Und immer wieder soll ich "missioniert" werden. Wenn ich dann
- so gucke: ;D
danach dann so gucke: ??? ::)
wird von den meisten "Gläubigen" dann so geguckt: >:(
Kommt man mir intolerant, werde ich fies und zerstöre Illusionen. Nicht gerade die schlaueste Art der Konfliktbewältigung. Aber ich will einfach nicht immer den Kürzeren ziehen, nur weil ich tolerant sein will.
Trotzdem sage ich: Es hängt bei mir von einzelnen Fall ab. Ich hätte zum Beispiel damals, als mein Mutter starb, gern an einen Himmel oder so was geglaubt, dann wäre es mir vielleicht alles ein wenig leichter gefallen.
Zitat von: wintermute am 06. Dezember 2010, 02:16:53
Trotzdem sage ich: Es hängt bei mir von einzelnen Fall ab. Ich hätte zum Beispiel damals, als mein Mutter starb, gern an einen Himmel oder so was geglaubt, dann wäre es mir vielleicht alles ein wenig leichter gefallen.
U.a. deswegen gibts Religion. Und wer in dieser Vorstellung Trost findet, soll ihn haben. Wobei mich die Vorstellung eines ewigen auch ev. paradiesischem Leben nach dem Tod eher abschreckt. Was muss das endlos langweilig sein.
Ansonsten halt ich es mit Epikur:
Zitat Ferner gewöhne Dich an den Gedanken, daß der Tod für uns ein Nichts ist. Beruht doch alles Gute und alles Üble nur auf Empfindung, der Tod aber ist Aufhebung der Empfindung. Darum macht die Erkenntnis, daß der Tod ein Nichts ist, uns das vergängliche Leben erst köstlich. Dieses Wissen hebt natürlich die zeitliche Grenze unseres Daseins nicht auf, aber es nimmt uns das Verlangen, unsterblich zu sein, denn wer eingesehen hat, daß am Nichtleben gar nichts Schreckliches ist, den kann auch am Leben nichts schrecken. Sagt aber einer, er fürchte den Tod ja nicht deshalb, weil er Leid bringt, wenn er da ist, sondern weil sein Bevorstehen schon schmerzlich sei, der ist ein Tor; denn es ist doch Unsinn, daß etwas, dessen Vorhandensein uns nicht beunruhigen kann, uns dennoch Leid bereiten soll, weil und solange es nur erwartet wird!
So ist also der Tod, das schrecklichste der Übel, für uns ein Nichts: Solange wir da sind, ist er nicht da, und wenn er da ist, sind wir nicht mehr. Folglich betrifft er weder die Lebenden noch die Gestorbenen, denn wo jene sind, ist er nicht, und diese sind ja überhaupt nicht mehr da.
Zitat von: rincewind am 06. Dezember 2010, 09:02:34
Wobei mich die Vorstellung eines ewigen auch ev. paradiesischem Leben nach dem Tod eher abschreckt. Was muss das endlos langweilig sein.
Und die Klamotten erst ... ::) für ewig den ganzen Tag im Flatterhemd :P
Zitat von: rincewind am 06. Dezember 2010, 09:02:34
U.a. deswegen gibts Religion. Und wer in dieser Vorstellung Trost findet, soll ihn haben. Wobei mich die Vorstellung eines ewigen auch ev. paradiesischem Leben nach dem Tod eher abschreckt. Was muss das endlos langweilig sein.
Och, das wäre doch ganz nett. Was macht es, wenn ich morgens ein paar Stunden verschlafe? Oder gar ein paar Jahrhunderte? Ich habe immer noch alle Zeit der Welt. ;D
Mir graust es da mehr vor der eso-typischen Wiedergeburt: Den ganzen Spaß von vorne bis in alle Ewigkeit,
das wäre langweilig (und unangenehm).
ZitatMir graust es da mehr vor der eso-typischen Wiedergeburt
Wiedergeburt wäre ja nicht übel. Nur: ich kann ja wohl nicht aussuchen, als was ich wiedergeboren werde. Wenn ich mir vorstelle, als Frau wiedergeboren zu werden und mit so einem Typen wie mir vielleicht pimpern zu müsse. Igitt :'(
Zitat von: rincewind am 06. Dezember 2010, 09:02:34
Zitat von: wintermute am 06. Dezember 2010, 02:16:53
Trotzdem sage ich: Es hängt bei mir von einzelnen Fall ab. Ich hätte zum Beispiel damals, als mein Mutter starb, gern an einen Himmel oder so was geglaubt, dann wäre es mir vielleicht alles ein wenig leichter gefallen.
U.a. deswegen gibts Religion. Und wer in dieser Vorstellung Trost findet, soll ihn haben. Wobei mich die Vorstellung eines ewigen auch ev. paradiesischem Leben nach dem Tod eher abschreckt. Was muss das endlos langweilig sein.
Ansonsten halt ich es mit Epikur:
[...]
Der Tod war etwas, was mich fast schwach gemacht hätte und wieder für Religion geöffnet hat, aber eben nur für eine kurze Zeit... beim "Beten" schoss es mir dann irgendwann durch den Kopf: "Was machst Du hier überhaupt?!"
Zitat von: GeMa am 06. Dezember 2010, 09:15:26
Zitat von: rincewind am 06. Dezember 2010, 09:02:34
Wobei mich die Vorstellung eines ewigen auch ev. paradiesischem Leben nach dem Tod eher abschreckt. Was muss das endlos langweilig sein.
Und die Klamotten erst ... ::) für ewig den ganzen Tag im Flatterhemd :P
Na, lieber ein Flatterhemd als dass mich alle nackt ertragen müssen. Gibt nur Penisneid. Und das ist ja eher was für die Hölle. ;)
Und zum Thema Reinkarnation im Buddismus: Der Guru, den ich hier kenne hat allen ernstes mal behauptet, ich sei mal Nero oder Goebbels gewesen, weil in meinem Leben ja nicht alles so glatt lief und ich in dieser Existenz jetzt dafür leiden muss.
Wobei ich gar nicht leide. Er *sagt* mir nur in einer Tour, das ich leide. Denn er muss es ja wissen, er kann ja meine Aura sehen... ::)
Dann sagte er immer wieder, dass ich erst "gebrochen" werden muss, damit ich spirtuelle Befreiung erfahre... dabei *war* ich gebrochen, weil mir vorher ne Menge Blödsinn passiert ist.
Aber um mal beim Thema zu bleiben: Ich habe die kleine Story erzählt, um mal zu zeigen, wie "einfühlsam" und "tolerant" einige Esos sind - nämlich gar nicht. Sie glauben Sie besässen die einzige, entgültige Wahrheit, erheben sich dadurch auf den Thron der Arroganz, von wo aus Sie für sich alles überblicken können.
Solche Esos können von meiner Seite aus einfach keine Toleranz erwarten - erst recht nicht, wenn man "weiss" das "Herr Ausgeglichen" dauernd Ärger mit seiner Frau hat, seine Töchter ihm auf der Nase rumtanzen etc. So ein Würstchen! Sorry, hab mich wütend geschrieben... ::)
Aber ich denke halt trotzdem, dass man den Esos eine gewisse Grundtoleranz entgegen bringen sollte. Wenn Sie denn selbst auch Tolerant sind und offen für Argumente. Den Netzgurus gegenüber ist das natürlich schwierig, weil man Ihnen nicht gegenüber sitzt und Sie nicht "abchecken" kann. Ich muss die Augen sehen, um den Wahnsinn zu erkennen.
Zitat von: glatzkopf am 06. Dezember 2010, 12:33:31
Wiedergeburt wäre ja nicht übel. Nur: ich kann ja wohl nicht aussuchen, als was ich wiedergeboren werde. Wenn ich mir vorstelle, als Frau wiedergeboren zu werden und mit so einem Typen wie mir vielleicht pimpern zu müsse. Igitt :'(
Wie wäre es mit einer Alternative: du wirst schwul wiedergeboren und mußt dann mit so einem Typen wie dir ... ;D
Das größte Problem sind in meinen Augen Heilpraktiker. Ich wurde von meiner Mutter und vollkommen Eso Tante wegen chronischer Krankheit von Heilpraktiker zu Heilpraktiker geschickt. Ein paar waren Homöopathen aber auch alles andere wie TCM, Wunderheiler etc. waren dabei. Bis auf einen Arzt der auch teilweise homöopathisch arbeitet hab ich mich aber fast überall schon als Kind gesträubt irgendwann weil viele mir irgendwas zu Essen oder sonstiges verbieten wollten ohne, dass es eine Wirkung hatte. Dabei war auch eine megateure Blutnahrungs"allergie"analyse. Der Arzt hat natürlich Homoöpathie versucht, verschrieb jedoch auch reguläre Medikamente und war sich sehr gut bewusst, dass auch wenn er an Homöo glaubt es dringend nötig ist zu einem konventionellen Spezialisten zu gehen, wenn man eine akute und potentiell gefährliche Krankheit hatte. Zum Beispiel hatte ich in meiner späten Kindheit auf einmal einen starken Morbus Crohn schub und meine Mutter und Tante waren gegen soetwas wie Cortison aber der homöo Arzt hat sie überredet sofort mit mir zu einem Spezialisten zu gehen, was sonst wohl nicht passiert wäre.
Letztlich denke ich, dass Homöopathie wohl keine große Gefahr ist, wenn sie lediglich von Ärzten angewendet wird, egal ob gläubige oder placebos, denn diese kennen auf jeden Fall die Risiken bei den Krankheiten. Natürlich gibt es auch hier schwarze Schafe aber es ist wohl eine relativ kleine Gruppe, die Patienten ausschließlich "alternativ" "behandelt" und ihnen vor der bösen Medizin Angst macht. Das ist eher die Marktnische der Heilpraktiker, bei denen ich sowas oft erleben musste. Einer kam sogar mit der these, dass die juden unser wasser (brunnen sind netmehr modern) vergiften würden und wir deswegen krank werden und uns einen ultrateuren Wassersäuberer kaufen müssten. Sehr viele andere schlugen in ähnliche Kerben mit VTs und Medizinverteufelung. Bei meiner Tante hats leider gewirkt und sie hat eine Heidenangst vor der Medizin und selbst bei den harmlosesten Mitteln bringt ihr ihre extreme Angst einen sehr großen Nocebo Effekt. Sie glaubt wirklich ALLES und hat auch schon alles auf dem Esoterikmarkt gemacht. Ihre Gesundheit geht immer mehr den Bach runter aber sie ist vollkommen Argumentationsresistent.
Das typische Eso-Problem, an absolut alles glauben, solange es nicht auch nur einen Hauch von einen Nachweiß gibt das es irgendwie sinnvoll ist oder funktionieren könnte. Denn falls das passiert ist es sofort uninteressant. Verstehe nicht wie man überhaupt einen solchen eklatanten Logikfehler nicht bemerken kann...
Zitat von: StarBurst am 06. Dezember 2010, 21:53:12
Das typische Eso-Problem, an absolut alles glauben, solange es nicht auch nur einen Hauch von einen Nachweiß gibt das es irgendwie sinnvoll ist oder funktionieren könnte. Denn falls das passiert ist es sofort uninteressant. Verstehe nicht wie man überhaupt einen solchen eklatanten Logikfehler nicht bemerken kann...
Weil da ein Haufen Motive dahinterstecken, bei denen man die Logik gerne Logik sein lässt.
Wunsch nach Überlegenheit, z. B. weil man mehr "weiß" als der doofe, planlose Durchschnittsbürger, man ist Elite
Geltungssucht/Angeberei: "Renate, ich war bei diesem Channeling-Wochenende, und das war super und hat mich ja soooo weitergebracht."
Wunsch nach höherer Kompetenz als andere: "Ich kann zwar kein spezialisierter Arzt in ALLEN Gebieten werden, aber dafür Reiki-Meister, das ist genausogut."
Wunsch nach Tradition: "Es ist ein uraltes Mittel der Vorväter, also super."
Besserwisserei/Man ist was besonderes: "Keiner kennt diese SchwurbolatorAktivKohle, aber ich weiß genau, dass es diesen Magnetresonanz-Fichtenmolekül-Effekt gibt."
Wunsch nach Harmonie und Idylle, was durch die Werbeversprechen angesprochen wird (genau wie bei der "Weekend-Feeling"-Werbung von Zott, also warum kaufen die nicht einfach Joghurt statt diesem teuren esoterischen Kram? - ganz einfach, weil das jeder Sepp macht und nicht nur die erleuchteten Eso.)
Romantische Vorstellungen von fremden Ländern und der Natur: ayurvedische "natürliche" Bleitabletten usw.
Dann gibt's noch die ebenfalls hirnerweichende Variante ökofeministische Esoterik: "Wir Frauen haben von uns aus einen engeren Bezug zu Gefühlen und Natur, und eine bessere spirituelle Ader und spüren Kram aus der Geistwelt besser als Männer blablabla - und ich finde es eine Unverschämtheit, wenn Männer behaupten, Frauen seien von sich aus irgendwie anders als Männer und würden weniger logisch denken." ;D
Wenn du da einfach mit einem Produkt daherkommst, das man logisch erklären kann, können die beim Kauf doch gar nicht mehr so schön diese Bedürfnisse stillen. :(
Großartige Analyse @Quantenengel. Blogtauglich IMHO.
Und wie du gerade auf "Renate" kommst ... meine anekdotenbasierte Einzelfallanalyse hat ergeben, dass wirklich 90% der Esotussen so heißen.
Danke für die Blumen. ;D
Hab noch vergessen:
Gruppendynamik: ein guter Teil des Umfelds ist genauso drauf, also wird's wohl richtig sein
Isolation durch Verschiedenartigkeit: viele Nicht-Esos haben keinen Bock auf engere Kontakte mit Esos, weil die Weltbilder sehr verschieden sind und die Missioniererei auf Dauer nervt. Verstärkt einige der anderen Effekte.
Denken ablegen: Wenn man einfach GLAUBT, dass etwas funktioniert, braucht man's nicht kritisch zu analysieren. Spart Denkschmerzen.
Ablehnung von logischem Denken usw.: gilt in der Esoterik als "minderwertige" Fähigkeit.
Autoritätshörigkeit: Dr. XY oder Prof. ZZ hat's gesagt, also stimmt es. (Daher auch die vielen falschen Titel bei den Scharlatanen. Im Übrigen: wenn der Wissenschaftsbetrieb ja soooo böse ist, warum findet man dann Doktortitel usw. toll?)
Manche dieser Effekte entsprechen auch typischen Sekten-Eigenschaften und -Denkweisen:
- Wir gegen die anderen
- Man bekommt so lange Blödsinn bzw. Dogmen eingehämmert, bis man's irgendwann glaubt
- Wir sind die Elite
- Wir wollen die Welt retten
- Besondere Erleuchtung
- Autoritätshörigkeit
- Ablehnung der Ratio und des kritischen Denkens
Womit ich nicht sagen will, dass die Eso-Szene eine Sekte ist. Allerdings
a) tummeln sich da viele Sekten und
b) ist ansonsten der Eso-Kram zwar ziemlich schwammig, aber gewisse Strukturen und Denkweisen etablieren sich da scheint's doch recht gut, auch wenn die Szene nicht so strikt organisiert ist.
Ich finde, du gehst sehr gut auf die Motivation ein, die jemanden dazu bringt, diesen Kram zu glauben oder mitzumachen und letztendlich auch anderen aufzudrücken. Klingt nach Insiderwissen.
Genau das ist auch immer wieder mein Thema: Welche Mechanismen ziehen jemanden da rein und warum klappt es bei manchen nicht.
Leider kann man ja niemanden vor sich selbst retten. Aber ich suche weiterhin nach Möglichkeiten, mir wertvolle Menschen wenigstens halbwegs davor zu bewahren, in die totale Lebensunfähigkeit abzugleiten. Mit rationaler Argumentation kommt man ja nicht weit, wie du schon festgestellt hast.
Noch ein paar nette Merkmale:
"Love Bombing": man wird von anderen Mitgliedern mit Liebe zugeschüttet und verdächtig herzlich empfangen. Ob die Esos das auch machen, weiß ich nicht, aber in der Esoterik haste zumindest diese ganzen positiven Energien, Schutzengel und blabla.
Zitat von: celsus am 07. Dezember 2010, 13:26:10
Ich finde, du gehst sehr gut auf die Motivation ein, die jemanden dazu bringt, diesen Kram zu glauben oder mitzumachen und letztendlich auch anderen aufzudrücken. Klingt nach Insiderwissen.
Genau das ist auch immer wieder mein Thema: Welche Mechanismen ziehen jemanden da rein und warum klappt es bei manchen nicht.
Leider kann man ja niemanden vor sich selbst retten. Aber ich suche weiterhin nach Möglichkeiten, mir wertvolle Menschen wenigstens halbwegs davor zu bewahren, in die totale Lebensunfähigkeit abzugleiten. Mit rationaler Argumentation kommt man ja nicht weit, wie du schon festgestellt hast.
Insiderwissen direkt nicht, ich kenne/kannte paar Esos. Ansonsten hatte ich bislang eher mit Mitgliedern oder Aussteigern aus knallharten Sekten zu tun, und teils im Freundeskreis - reicht von Esoschwurbel- über östliche und Satanisten- bis zu stocktrockenen bibeltreuen Gruppierungen. Frag mich nicht warum, irgendwie ziehe ich Aussteiger magisch an, liegt wohl an meiner Aura oder so. ;D Selbst war ich zum Glück nie in einer Sekte drin, hab in meinem Leben aber schon ein paar dubiose Veranstaltungen besucht, wo mir vorher nicht klar sein konnte, dass das Sekten sind, und mir da jedesmal an den Kopf gegriffen. Mit Werbung hab ich zu tun, die "kleine Schwester" der Indoktrination. Das hilft etwas, um hellhörig zu werden, wenn man über sektenartigen Kram stolpert.
Am ehesten hilft noch, vorbeugend George Orwells "1984" zu lesen (ist ja bald Weihnachten, gibt ein schönes Geschenk), oder die typischen 17 oder 20 Sektenmerkmale-Listen abzuchecken und im Freundeskreis bekannt zu machen. Gibt auch gute Filme und Bücher zum Thema Sekten. Ebenfalls gut ist es, fahrende Händler zu beobachten und sich ihre Tricks anzugucken, da lernste für's Leben und riskierst nicht mehr, als eine unnötige überteuerte Raspel zu kaufen. Generell kannste dich sowohl allgemein über Sekten informieren als auch über spezielle Merkmale wie z. B. den Bürokratie- und Statistikfimmel der Scientologen. Ersteres hilft immer, letzteres ist besonders sinnvoll bei denjenigen Sekten, die nicht so offen auftreten wie z. B. die Mormonen oder Zeugen Jehovas, sondern sich hinter Tarnorganisationen verstecken oder ihren eigentlichen Namen nicht gleich sagen. Jede Sekte hat so ihre eigenen Merkmale, anhand derer man sie erkennen kann - oder dass es zumindest auf Dauer Einflüsse aus der entsprechenden Sekte/Richtung gibt. Ich betrachte sowas als eine Art Impfschutz - schützt nicht nur mich, sondern auch mein Umfeld bis zu einem gewissen Grad. Man wird dadurch auch bei dem, was einem die Leute aus dem Umfeld erzählen, schneller hellhörig.
Und den Leuten frühzeitig zu empfehlen, nach dem ersten Besuch einer Veranstaltung alles kritisch abzuklopfen und erst mal paar Tage vor dem nächsten Besuch verstreichen zu lassen, bevor man wieder Kontakt mit der Gruppe oder Mitgliedern davon aufnimmt. Und vor dem ersten Besuch irgendwo ordentlich zu googlen. Und von solchen Dingen gerade dann (!) fernzubleiben, wenn man psychisch labil ist, und/oder mit einer kritischen Vertrauensperson dort aufschlagen und sich danach mit ihnen über ihre Eindrücke auszutauschen. Am Besten nimmst du dazu einen Werbefritzen, Verkäufer oder stabilen (!) Sektenaussteiger mit.
Sicher gefeit bist du dann trotzdem nicht, und wenn die Gehirnwäsche erst mal angeschlagen hat, wird man betriebsblind. Zumal es ja auch soziale Kontakte sind mit allem drum und dran, das teils auch sektenunabhängig ist. Es gibt ja sogar Scientologen, die "1984" lesen und ganz toll finden und die Parallelen nicht bemerken.
Hilft leider alles auch dann nicht wirklich, wenn z. B. die Firma, in der man arbeitet, von einer Sekte übernommen wird. Ich kenne da so einen Fall, ein Typ aus einer Werbeabteilung. Das Geschwurbel auf der Vollversammlung nach der Übernahme war ALLEN aus seiner Abteilung sofort suspekt und kam ihnen wie Gehirnwäsche vor, danach haben sie sich auch heimlich darüber ausgetauscht. Eine komplette Werbeabteilung kann man eben nicht so leicht mit Manipulationen hinters Licht führen. Bald darauf kursierten anonyme Zettel im Betrieb, wo draufstand, dass er von der Scientology übernommen worden sei. Ob das stimmt, weiß ich nicht, aber die Firma war jedenfalls scientology-artig umgekrempelt worden: Punktesystem, Statistikfimmel, auch einige Ausdrücke waren konkret Scientology-Neusprech usw. Also die Übernahme kam zumindest aus dem Scientology-Umfeld. Scientologen wurden die Angestellten dort deshalb trotzdem nicht, aber unangenehm war das Ganze schon, auch für einen "wog" (Nicht-Scientologen).
Zitat von: Quantenengel am 07. Dezember 2010, 14:15:48
Noch ein paar nette Merkmale:
"Love Bombing": man wird von anderen Mitgliedern mit Liebe zugeschüttet und verdächtig herzlich empfangen. Ob die Esos das auch machen, weiß ich nicht, aber in der Esoterik haste zumindest diese ganzen positiven Energien, Schutzengel und blabla.
Ja, aber nur oberflächlich. Im Hintergrund tobt ein blutiger Zickenkrieg, keiner gönnt dem anderen auch nur ein Stückchen "Erleuchtung", man zweifelt gegenseitig die "Fähigkeiten" und den "Entwicklungsstand" an.
So nach dem Motto: "Wenn du erst mal meine Stufe erreicht hast, wirst du das auch verstehen. Licht und Liebe und alles Gute für dich".
Ein Gladiatorenkampf ist ein Kindergeburtstag dagegen.
"Love Bombing" ist ja grundsätzlich nur oberflächlich. Bei der Mun-Sekte ist oder war das besonders stark ausgeprägt.
Haben die Esos eigentlich konkrete Stufen, wie die Scientologen, oder sind das eher individuelle, subjektive "Erleuchtungsstand"-Einschätzungen? Oder ist man dann ähnlich wie in Computerspielen: Reiki Level 3, Heilsteine Level 8, Horoskope Level 2 usw.?
Ach ja, das "Kram erst ab einer gewissen Erleuchtungsstufe verstehen können" ist auch typisch für Sekten.
Zitat von: Quantenengel am 07. Dezember 2010, 16:31:44
"Love Bombing" ist ja grundsätzlich nur oberflächlich.
Haben die Esos eigentlich konkrete Stufen, wie die Scientologen, oder sind das eher individuelle, subjektive "Erleuchtungsstand"-Einschätzungen? Oder ist man dann ähnlich wie in Computerspielen: Reiki Level 3, Heilsteine Level 8, Horoskope Level 2 usw.?
Ach ja, das "Kram erst ab einer gewissen Erleuchtungsstufe verstehen können" ist auch typisch für Sekten.
Ja, haben sie.
http://blog.psiram.com/?p=221 (http://blog.psiram.com/?p=221)
Die messen dazu die Größe ihrer Aura ;D
Zitat von: Graf Zahl am 07. Dezember 2010, 16:33:31
Ja, haben sie.
http://blog.psiram.com/?p=221 (http://blog.psiram.com/?p=221)
Die messen dazu die Größe ihrer Aura ;D
Boah, du Sack! Warum hast du keine Colawarnung gegeben vor deinem Posting?
Ein esoterischer "Schwanzvergleich", ist ja echt der Hammer.
Zitat"Energie scheint der Stufe des Dachschadens zu entsprechen."
Ja, das trifft es doch ganz gut. Und das schreibe ich mit eher traurigem Gesicht denn mit Schadenfreude.
In der Praxis läuft das so ab:
"Du Renate[!], ich habe nun die Stufe erreicht, auf der ich auch mit der violetten Flamme arbeiten darf".
"Echt? Woher weißt du das denn?"
"Das hat mir Erzengel Michael gestern in der Meditation in einer feierlichen Zeremonie mitgeteilt."
"Ach toll, da bin ich ja ganz neidisch ..."
... wahlweise kann diese Information auch vom nächstbesten Medium, dem höheren Selbst, der Geistigen Welt, Metatron usw. stammen. Ist ja schließlich alles komplett beliebig.
Zitat von: celsus am 07. Dezember 2010, 16:53:57
Zitat"Energie scheint der Stufe des Dachschadens zu entsprechen."
Ja, das trifft es doch ganz gut. Und das schreibe ich mit eher traurigem Gesicht denn mit Schadenfreude.
In der Praxis läuft das so ab:
"Du Renate[!], ich habe nun die Stufe erreicht, auf der ich auch mit der violetten Flamme arbeiten darf".
"Echt? Woher weißt du das denn?"
"Das hat mir Erzengel Michael gestern in der Meditation in einer feierlichen Zeremonie mitgeteilt."
"Ach toll, da bin ich ja ganz neidisch ..."
... wahlweise kann diese Information auch vom nächstbesten Medium, dem höheren Selbst, der Geistigen Welt, Metatron usw. stammen. Ist ja schließlich alles komplett beliebig.
Wobei diese Beliebigkeit meines Erachtens einer der Hauptgründe sein dürfte, warum nicht noch viel mehr Eso-Leute in knallharte Sekten reinpurzeln und dann blind einem speziellen Guru folgen. Irgendwas muss denen ja an der Beliebigkeit gefallen und sehr wichtig sein, sonst würden die sich nicht so auf dieses Gebrauchsesoterik-Baukasten-System stürzen, bei dem sie außerdem nicht von der Zustimmung von jemand anderem abhängig sind, ob sie denn nun eine neue Erleuchtungsstufe oder so erreicht haben. Und mit Beliebigkeit und selbstbestimmung kommste bei Sekten nicht weit.