Die Inhaltsdeklaration diverser Steviaprodukte führt in der Szene anscheinend zu Irritationen, denn da tummelt sich manchmal ein alter Bekannter: Maltodextrin. Und zwar mit Volumenanteilen von 97 %.
http://www.steviakaufen.com/blog/verbraucherzentrale-mahnt-nevella-stevia-ab-318
Maltodextrin wird aus Maisstärke gewonnen und ist, grob gesagt, Zucker, der nicht süß ist. Ich kenne ihn noch aus dem Radsport, wo er seit einigen Jahren als Energiebombe dient. Wer eine richtige Hammer-Tour fahren will, mixt sich den Inhalt seiner Bidons aus Wasser, ein wenig Salz, einem Schuss Fruchtsirup (für den Geschmack) und Maltodextrin (für dem Wumm). Wie kommt eine Energy-Bombe in ein Schlankheitsprodukt? Na, so: damit Stevia-Süßstoffe, zum Beispiel beim Backen, Zucker ersetzen können, muss ihr Volumen korrigiert werden. In der Praxis geschieht das insbesondere mit Maltodextrin. Mit der gleichen Menge Stevia anstelle von Zucker wäre das fertige Produkt sicher ungenießbar. Nähme man statt 100 g Zucker einfach nur 3 g Stevia, bekäme man damit ebenso sicher keinen Kuchen hoch. Weder stimmten dann die übrigen Mengenverhältnisse, noch kämen die biochemischen Eigenschaften des Zucker im Verarbeitungsprozess zum Tragen.
Im Ergebnis wird bei solchen Produkten also etwa 3 % des Haushaltszuckers durch Stevia ersetzt und die restlichen 97 % durch einen anderen Zucker. Cool.
Zudem wird das Zeug ja noch als natürlich etc. beworben, wenn man noch den chemischen Verarbeitungsweg dazu nimmt, wäre das ein schöner Blog.
Zitat von: Typee am 30. Mai 2014, 11:27:15
Im Ergebnis wird bei solchen Produkten also etwa 3 % des Haushaltszuckers durch Stevia ersetzt und die restlichen 97 % durch einen anderen Zucker. Cool.
Ich glaube hier liegst du falsch. Das ganze Maltodextrin wird beigemischt, damit Leute, die keine Koks Erfahrung haben, das Zeug auch richtig dosieren können. Das konkrete Produkt um das es wohl geht hat vom Voluem, nicht Gewicht, die gleiche Süße wie Zucker.
Steviosid ist ungefähr 300 mal so süß wie Zucker. Um ein Gramm Zucker zu ersetzen braucht man also 0,003 g Steviosid und die sind in 0,1g des Produktes enthalten. Man ersetzt also 1 g Haushaltszucker mit 0,097g Maltodextrin.
Ob das Produkt jetzt sonderlich sinnvoll ist, will ich nicht entscheiden, aber es ist mit den gleichen Kalorien ungefähr 9 mal so süß wie Zucker. Also wirklich nachvollziehbar ist die Reaktion der Verbraucherzentrale für mich nicht.
Das mit der Dosierung ist richtig, Uran, aber der Knackpunkt ist, dass man damit wirbt, Stevia wäre kalorienfrei, was einfach nicht stimmt. Und auf der Verpackung war es wohl auch nicht richtig deklariert.
Die Spannbreite des Restgehalts an Stevia reicht von Produkt zu Produkt von 50% bis hin zu den oben erwähnten 3%. Allein an der besseren Dosierung kann es demnach nicht liegen. Und wenn man den Verbraucher entsprechend informiert, bricht dem Hersteller auch keinen Zacken aus der Krone.
Gibt ja auch genügend kalorienfreie Füllstoffe, Gips, Heilerde ...
Zitat von: Robert am 30. Mai 2014, 16:06:20
Das mit der Dosierung ist richtig, Uran, aber der Knackpunkt ist, dass man damit wirbt, Stevia wäre kalorienfrei, was einfach nicht stimmt. Und auf der Verpackung war es wohl auch nicht richtig deklariert.
Die Spannbreite des Restgehalts an Stevia reicht von Produkt zu Produkt von 50% bis hin zu den oben erwähnten 3%. Allein an der besseren Dosierung kann es demnach nicht liegen. Und wenn man den Verbraucher entsprechend informiert, bricht dem Hersteller auch keinen Zacken aus der Krone.
Genau das isses. Stevia steht ja im Ruf, enorm zu süßen bei null Brennwert. Das mag ja so sein, aber wer sich drauf verlässt und sich unversehens die geballte Carbobombe verpasst, ist ganz schön angeschmiert.
Wenn es dabei ums Kaloriensparen gehen soll (warum sonst verwendet man Süßstoffe?), ist das ja total sinnlos. Aber einen echten Skandal kann ich da nicht erkennen, vll. am ehesten eine Täuschung. Aber der Hersteller klärt ja ganz gut darüber auf. Peinlich finde ich höchstens, dass sich die Leute so leicht täuschen lassen bzw. so naive Vorstellungen haben. An sich ist die Idee auch gar nicht so schlecht, würde man statt normaler Dextrose sog. resistente Dextrose verwenden. Nebenwirkung: ,,Unverdauliche Dextrine erhöhen bei regelmäßiger Zufuhr die Stuhlfrequenz und das Stuhlvolumen"
de.wikipedia.org/wiki/Resistentes_Dextrin (http://de.wikipedia.org/wiki/Resistentes_Dextrin)
Also ich habe hier eine ziemlich verstaubte Dose von dem Pulver rumstehen. Die dürfte wohl noch aus der Zeit kurz nach der Freigabe als Lebensmittel sein, wollte das Zeug mal ausprobieren. Auf der Zutatenliste sind keine Prozentangaben, was ich nicht toll finde. Dafür eine Nährwerttabelle und Pictogramme. Ein Teelöffel Zucker entsprechen einem Teelöffel "NevellaTM" bei 0,5g/2kcal. Außerdem entsprechn 10g Zucker 1g des Pulvers. Zum Dosieren wunderbar und auch idiotensicher erklärt. Es mag sein, dass es auch kalorienfreie Füllstoffe gibt, aber die sind dann nicht so locker-leicht (bis der Löffel steht ;) ). Die Dose hat einen Liter Volumen, bei gerade mal 75g Inhalt.
Was hat sich nun zwischen meiner Uralt-Dose und der "neuen" (der Fall liegt ja bereits 2 Jahre zurück) geändert?
http://www.lebensmittelklarheit.de/produkte/nevella-tafelsuesse-mit-stevia (http://www.lebensmittelklarheit.de/produkte/nevella-tafelsuesse-mit-stevia)
Über "Stevia" steht jetzt "Tafelsüße mit" und in dem runden Kreis stand bisher "Great Taste - Stevia Extract - No Aspartame" und nun "Weniger als 2 Kalorien pro Teelöffel". Man erkennt die Dose praktisch nicht wieder ;D
Die Pictogramme wären bei dem Bild rechts, sind aber nicht mit drauf.
Die Gefahr dass man sich jetzt mit Kalorien vollstopft, weil man denkt es wäre kalorienfrei sehe ich nicht gegeben. Man würde die Süße ja gleich lassen und dann hat man schon mal 90% gespart.
Ich kaufe das Produkt schon lange nicht mehr, weil mich auch die Kohlenhydrate stören, aber da geht es mir nur um Karies. Für meinen Kaffee gibts momentan Stevia Tabletten. Angeblich soll Stevia Kariesbakterien hemmen, habe jetzt nochmal nachgegoogelt und musste feststellen, dass das wohl nicht so klar belegt ist :-[ . Na gut der Spender ist eh schon fast leer, dann gibt's in Zukunft hald wieder ehrliche Chemie!
Der Hersteller hat übrigends die komplette Palette, deswegen würde ich dem nichts vorwerfen. Wer möglichst kalorienfrei süßen will, der kann ja die Flüssigsüße, oder Tabletten verwenden. Wer halbe-halbe will, für den gäbs Zuckerwürfel mit Stevia. Keine Ahnung wieso man das kaufen soll, aber so lange auf der Packung steht was drinnen ist, habe ich damit kein Problem.
http://www.nevella.com/stevia/de/sortiment/ (http://www.nevella.com/stevia/de/sortiment/)
Aber scheinbar ist das Thema Maltodextrin ein Dauerbrenner.
http://www.nevella.com/stevia/de/kontakt/faq-3/ (http://www.nevella.com/stevia/de/kontakt/faq-3/)
ZitatNa gut der Spender ist eh schon fast leer, dann gibt's in Zukunft hald wieder ehrliche Chemie!
Genau, darauf ein Aspartam!
:prosit
Der Trick bei dem genannten Produkt war ja, bei gleichem Volumen eine ähnliche Süßkraft, aber eine deutlich Kalorienreduktion zu erzielen. Wohl gemerkt, bezogen auf das Volumen, gravimetrisch (auf das Gewicht bezogen) hat es natürlich einen ähnlichen Nährwert wie normaler Haushaltszucker. Dazu hat man lediglich die Schüttdichte des Produkts im Vergleich zum Haushaltszucker erheblich reduziert. Wollte ich damit allerdings einen Kuchen backen, würde dadurch der Trippelkinn-Ansatz auch nicht verschwinden, sind die Rezepte doch immer Mengenangaben (Gewicht).
Habe mich jetzt auch mal ein wenig ins Thema eingelesen. Als Lebensmittelzusatzstoffe sind ja nur die Steviolglykoside (E960) zugelassen, die aus der Pflanze extrahierten und aufgereinigten Süßstoffe. Die Pflanze als solche ist es hingegen nicht, da sie noch weitere Inhaltsstoffe enthält, die entweder noch nicht identifiziert oder deren Toxizität nicht untersucht wurde. Das natürliche Produkt ist somit eben auch eines der Lebensmitteltechnologie. Es gibt sogar recht interessante Ansätze, die Glycoside zu isomerisieren, also in ein bestimmtes Glycosid zu wandeln. Es handelt sich um das Rebaudiosid A , das die höchste Süßkraft besitzt und dem Haushaltszucker am ähnlichsten schmeckt.
Zum Thema ein recht frischer Artikel, der aber auch kaum ohne den üblichen Schwachsinn zur Lebensmitelindustrie (Fruktose ist voll böse...) auskommt:
http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2014-05/stevia-pflanze-zuckerersatz/komplettansicht
Zitat von: Robert am 30. Mai 2014, 22:50:39
ZitatNa gut der Spender ist eh schon fast leer, dann gibt's in Zukunft hald wieder ehrliche Chemie!
Genau, darauf ein Aspartam!
:prosit
:prosit
Ich verstehe nicht warum es für Aspartam eine VT gibt, für Cyclamat jedoch nicht, wobei dieses seit langem in den USA nicht mehr zugelassen ist. Bei Saccharin waren dort Warnhinweise auch schon mal Pflicht. Mein Aspartam hohl ich mir aus dem Kaugummi in den Kaffee gebe ich in Zukunft wohl Tabletten auf Basis in Cyclamat und Saccharin-Natrium. Zusammen mit der evtl. krebserregenden Kaffeesäure ein guter Start in den Tag. :teufel
Zitat von: eLender am 31. Mai 2014, 16:12:10
Habe mich jetzt auch mal ein wenig ins Thema eingelesen. Als Lebensmittelzusatzstoffe sind ja nur die Steviolglykoside (E960) zugelassen, die aus der Pflanze extrahierten und aufgereinigten Süßstoffe. Die Pflanze als solche ist es hingegen nicht, da sie noch weitere Inhaltsstoffe enthält, die entweder noch nicht identifiziert oder deren Toxizität nicht untersucht wurde. Das natürliche Produkt ist somit eben auch eines der Lebensmitteltechnologie. Es gibt sogar recht interessante Ansätze, die Glycoside zu isomerisieren, also in ein bestimmtes Glycosid zu wandeln. Es handelt sich um das Rebaudiosid A , das die höchste Süßkraft besitzt und dem Haushaltszucker am ähnlichsten schmeckt.
Ich habe auch schon Stevia Pflanzen angebaut, die Blätter schmecken sehr süß, bereits unangenehm, mit Laktitz Geschmack. Für unser Klima im Freiland nicht so sehr geeigent, der Regen bekommt ihnen nicht gut. Sowas tät ich mir nicht in den Kaffee, da ist mir das aufbereitete schon lieber.
Was mich aber an der Stevia Diskussion stört ist, dass immer so getan wird, als wäre es der erste "natürliche" Süßstoff und vergisst das https://de.wikipedia.org/wiki/Thaumatin (https://de.wikipedia.org/wiki/Thaumatin). Thaumatin wird eigentlich nur in Flüssigsüße eingesetzt und ist auch nicht hitzestabil.
Zitat von: uran am 30. Mai 2014, 22:20:56
Für meinen Kaffee gibts momentan Stevia Tabletten. Angeblich soll Stevia Kariesbakterien hemmen, habe jetzt nochmal nachgegoogelt und musste feststellen, dass das wohl nicht so klar belegt ist :-[ . Na gut der Spender ist eh schon fast leer, dann gibt's in Zukunft hald wieder ehrliche Chemie!
Da hätte ich doch gleich mal eine Frage zu. Ich benutze für meinen Kaffee astreine Chemie, ein Mix aus verschiedenen Süßstoffen aus der Retorte. Im Gegensatz zu früher, als man meist Monopräparate verwendet hat, ist der Geschmack sehr zuckerähnlich. Angeblich sollen die Steviaextrakte recht unangenehme Nebengeschmäcker hervorrufen. Kannst Du das bestätigen?
Zitat von: uran am 30. Mai 2014, 22:20:56
Der Hersteller hat übrigends die komplette Palette, deswegen würde ich dem nichts vorwerfen.
Moment, dann hast Du aber den sehr berechtigten Einwand einer Kommentatorin dort nicht gelesen ;)
Zitat...Und Maltodextrin halten genau so viele vermutlich für harmlos. Maltodextrin wird üblicherweise aus Mais hergestellt, Nevella ist ein "Product of USA". Monsanto läßt grüßen...
http://www.steviakaufen.com/blog/verbraucherzentrale-mahnt-nevella-stevia-ab-318#comment-43
Zitat von: eLender am 31. Mai 2014, 20:13:53
Da hätte ich doch gleich mal eine Frage zu. Ich benutze für meinen Kaffee astreine Chemie, ein Mix aus verschiedenen Süßstoffen aus der Retorte. Im Gegensatz zu früher, als man meist Monopräparate verwendet hat, ist der Geschmack sehr zuckerähnlich. Angeblich sollen die Steviaextrakte recht unangenehme Nebengeschmäcker hervorrufen. Kannst Du das bestätigen?
Nein, einen Nachgeschmack merke ich nicht. Ich finde aber, dass die Süße länger im Mund bleibt, als bei Zucker. Kann mir aber sehr gut vorstellen, dass bei den in den Frühzeiten als "Badezusätzen" verkaufen Extrakten der bittere Geschmack der Pflanze durchkommt.
Zitat von: uran am 31. Mai 2014, 21:20:41
Nein, einen Nachgeschmack merke ich nicht. Ich finde aber, dass die Süße länger im Mund bleibt, als bei Zucker. Kann mir aber sehr gut vorstellen, dass bei den in den Frühzeiten als "Badezusätzen" verkaufen Extrakten der bittere Geschmack der Pflanze durchkommt.
Die "Badezusätze" gibt es ja immer noch, das sind die nicht als Lebensmittel zugelassenen getrockneten Pflanzenteile von Stevia. Wegen dem Geschmack habe ich deshalb gefragt, weil ich im Discounter mal vor der Wahl stand, Stevia-Tabs anstelle der Billigchemie zu kaufen. Da gab es dieses Produkt:
http://3.bp.blogspot.com/-Xj-UR8hfTGA/T4FJ2VI6pPI/AAAAAAAAA-s/gY4qEX1ELH8/s1600/stevia1.jpg
http://3.bp.blogspot.com/-Hu0eT_IFhTY/T4FWd15IBlI/AAAAAAAAA_U/RZ-JRvVI__8/s1600/stevia3.jpg
War mir dann aber doch zu teuer (über 20fach). Enthält auch noch weitere Zusätze wie Aromen, angeblich um den bitteren Geschmack zu übertönen. Interessant ist dabei der enthaltene Süßstoff "Rabiana". Dazu ließt man in der englischen WP:
"Rebiana is the trade name for high-purity rebaudioside A, a steviol glycoside which when used as a non-nutritive sweetener is 200 times sweeter than sugar. It is the primary source of sweetness in the Truvia sweetener brand. According to the Truvia website, Rebiana is derived from stevia leaves by steeping them in water similar to making tea, and the extract is then concentrated. Cargill has filed patents which give it exclusive rights to sell Rebiana in beverages."
Es handelt sich um ein von Cargill patentiertes Produkt, das angeblich nur das Steviolglykosid Rebaudiosid A enthält, das aber nur in geringer Menge in der Pflanze enthalten ist. Es scheint mir irgendwie biotechnologisch hergestellt zu sein, deshalb wohl auch das Patent. Wenn man sich mit dem Zeugs mal ein wenig beschäftigt, ist der Mythos vom Bioprodukt naturverbundener Indianer schnell dahin.
Zitat von: eLender am 31. Mai 2014, 22:52:05
War mir dann aber doch zu teuer (über 20fach).
Habe es mir auch nur gekauft weil ich einen geringen Verbrauch habe, also absolut gesehen billig, relativ gesehen extrem teuer.
Zitat von: eLender am 31. Mai 2014, 22:52:05
Enthält auch noch weitere Zusätze wie Aromen, angeblich um den bitteren Geschmack zu übertönen. Interessant ist dabei der enthaltene Süßstoff "Rabiana". Dazu ließt man in der englischen WP:
"Rebiana is the trade name for high-purity rebaudioside A, a steviol glycoside which when used as a non-nutritive sweetener is 200 times sweeter than sugar. It is the primary source of sweetness in the Truvia sweetener brand. According to the Truvia website, Rebiana is derived from stevia leaves by steeping them in water similar to making tea, and the extract is then concentrated. Cargill has filed patents which give it exclusive rights to sell Rebiana in beverages."
Es handelt sich um ein von Cargill patentiertes Produkt, das angeblich nur das Steviolglykosid Rebaudiosid A enthält, das aber nur in geringer Menge in der Pflanze enthalten ist. Es scheint mir irgendwie biotechnologisch hergestellt zu sein, deshalb wohl auch das Patent. Wenn man sich mit dem Zeugs mal ein wenig beschäftigt, ist der Mythos vom Bioprodukt naturverbundener Indianer schnell dahin.
Die Herstellung ist sicherlich aufwändiger als nur Tee kochen, sonst wäre das kein reines kristallines Pulver, sondern irgend ein grüner Feststoff, der außerdem noch die nicht zugelassenen Soffe enthalten würde. Es ist sicher ein ziemlich aufwändiges chemisches Abtrennverfahren, da Rebaudiosid A und B nicht so unterschiedliche Eigenschaften haben werden.
Zitat von: eLender am 31. Mai 2014, 22:52:05
Wenn man sich mit dem Zeugs mal ein wenig beschäftigt, ist der Mythos vom Bioprodukt naturverbundener Indianer schnell dahin.
Wer's natürlich will, soll Zucker essen. Von mir aus auch Rübensirup, oder Honig, aber die verfälschen den Geschmack der Speisen noch deutlicher und sind preislich noch höher angesiedelt, als das teuerste Stevia Extrakt (bei gleicher Süße).
Zitat von: uran am 01. Juni 2014, 09:02:55
Die Herstellung ist sicherlich aufwändiger als nur Tee kochen, sonst wäre das kein reines kristallines Pulver, sondern irgend ein grüner Feststoff, der außerdem noch die nicht zugelassenen Soffe enthalten würde. Es ist sicher ein ziemlich aufwändiges chemisches Abtrennverfahren, da Rebaudiosid A und B nicht so unterschiedliche Eigenschaften haben werden.
Habe mich mal ein wenig schlauer gemacht, da mich das Thema jetzt doch interessiert. Es gibt mehrere Patente zur Extraktion. Neben der von mir vermuteten Isomerisierung mit Enzymen, um eine höhere Ausbeute von Rebaudiosid A zu erreichen, werden meist chromatographische Verfahren in Kombination mit Umkristallisierung / fraktionierter Kristallisierung verwendet. In dem Artikel gibt es eine kurze Zusammenfassung, die sich auf einige Patente beruft:
ZitatIn the most modern processes, hot-water extraction of the Stevia leaves gives a 'primary extract' from which other plant components are then removed by flocculation. The cleared solution is passed through adsorption resins to concentrate the steviol glycosides, which are eluted with alcohol. The dried eluate, comprising mixed steviol glycosides, may be stored and transported in this form before final purification. In this last step, dried eluate is re-dissolved in a lower alcohol – either pure or an aqueous alcoholic solution – and recrystallized. Traditionally methanol has been used, but ethanol has the advantage of increasing selectively the content of rebaudioside A. Finally, the crystallized product is filtered and dried ( Jackson et al., 2006, Magomet et al., 2007 and Prakash et al., 2007a).
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0278691508002329
Hier mal 2 interessante Patente dazu:
- http://www.google.com/patents/US20060083838
- http://www.google.com/patents/US8337927
Das muss man sich mal klar machen, sowas ist extrem aufwändig und kostenintensiv. Es gibt aber einen guten Grund. Das einzige Steviolglycosid, das kommerziell interessant ist, ist das Rebaudiosid A, alle anderen Glycoside haben einen unangenehmen bitteren Nachgeschmack. Schon kleinste Verunreinigungen mit diesen Stoffen verursachen den bitteren Geschmack, nur hoch aufgereinigtes (>99%) Rebaudiosid A schmeckt zuckerähnlich. Handelt es sich bei käuflichen Stevia-Süßstoffen nicht um dieses reine Glycosid, sind meist weitere Stoffe zugesetzt, die den bitteren Geschmack verdecken.
Cargill verkauft das hochreine Rebaudiosid A unter dem Markennamen Rebiana. Zusammen mit Coca-Cola hat man das Produkt Truvia (http://www.wisegeek.com/what-is-truvia.htm) entwickelt, das unter anderem Rebiana zur Süßung enthält. Der andere Bestandteil ist Erythritol. Und hier sind wir dann wieder beim Ausgangsthema. Das Erythritol dient ähnlich der Maltodextrose als Füllmittel, um ein dem normalen Haushaltszucker ähnliches Volumen/Süßkraft-Verhältnis zu erreichen. Interessant an dem Erythritol ist, dass es kalorienfrei ist, da es nicht verstoffwechselt wird. Ich hatte ja oben schon mal angedeutet, dass sowas viel sinnvoller ist als voll verwertbare Maltodextrose.
Und jetzt kann man sich fragen, warum man so einen hohen Aufwand betreibt, um einen letztendlich sehr teuren Süßstoff zu gewinnen, obwohl es doch schon sehr gute und billige Süßstoffe gibt. Und warum gerade solche Konzerne wie Coca-Cola und PepsiCo so daran interessiert sind.
Zitat von: uran am 01. Juni 2014, 09:02:55
Wer's natürlich will, soll Zucker essen. Von mir aus auch Rübensirup, oder Honig, aber die verfälschen den Geschmack der Speisen noch deutlicher und sind preislich noch höher angesiedelt, als das teuerste Stevia Extrakt (bei gleicher Süße).
Trotz des aufwändigen Aufarbeitungsprozesses ist das Rebiana ja immer noch natürlichen Ursprungs, im Gegensatz zu den allermeisten anderen Süßstoffen. Und da setzt dann die Psychologie ein, "natürlich" wird immer mit besser und gesünder verbunden, obwohl sich anhand ausgewählter Studien auch ähnliche Horrormythen wie z.B. beim Aspartam erzeugen ließen. Macht aber keiner, wahrscheinlich auch, weil man es mit naturverbundenen Indianern verbindet, die den Stoff schon seit Jahrhunderten im Portfolio haben.
Und jetzt wage ich mal ein wenig zu spekulieren. Für die Softdrinkhersteller ist es ein großes Problem, dass ihre süßen Brausen ein so schlechtes Image als Dickmacher haben. In Zeiten des Gesundheitswahns führt sowas nicht gerade zur Umsatzsteigerung. Es gibt zwar die kalorienarmen Varianten, aber die sind ja aufgrund der üblichen Mythen über künstliche Süßstoffe nicht gerade beliebt. Fände man aber einen natürlichen Süßstoff mit positivem Image, der den Geschmack nicht verfälscht, so könnte man viele Probleme auf einmal lösen. Deshalb das große Interesse an einem eigentlich sehr teuren Süßstoff. Gar nicht mal so blöd.