Oft bekomme ich in Diskussionen mit anderen Menschen (oft auch Mediziner) folgendes pro-Argument zugunsten pseudomedizinischer Methoden zu hören: der Placeboeffekt sei nicht zu unterschätzen und gebe deshalb unwissenschaftlichen Heilmethoden die Berechtigung zu Vielem.
Ich will keineswegs die Bedeutung des Placeboeffektes kleinreden, ich bin mir bewusst, dass dieser ab und an beeindruckende Effekte bewirken kann. Doch ist er sehr individuell und im Vornherein äusserst schwer einzuschätzen.
Für mich klingt das Placebo-Argument wie DAS Apologetiker-Argument von wissenschaftlichen Pseudomedizin-Verteidigern, die aufgrund ihres wissenschaftlichen Verständnisses über keine anderen Argumente verfügen (mit Quanten-Geschwätz und Energie-Erinnerungen etc.) und wahrscheindlich wegen der Beliebtheit von Pseudomedizinischen Verfahren überzeugt sind, dass diese zu rechtfertigen sind.
Stehe ich mit meiner Einschätzung, dass der Placebo-Effekt überbewertet wird alleine und hätte vielleicht wichtige Fakten übersehen? Oder kann der/die eine oder andere mit mir mitfühlen?
Zitat von: EatBrainsCureHunger am 18. November 2012, 12:46:47Stehe ich mit meiner Einschätzung, dass der Placebo-Effekt überbewertet wird alleine und hätte vielleicht wichtige Fakten übersehen? Oder kann der/die eine oder andere mit mir mitfühlen?
Wo und in welchem Umfeld wird der überbewertet? Der Volksmund scheint den Placeboeffekt immer noch mit Einbildung gleichzusetzen - so meine anekdotische Erfahrung. Dass da ein handfester biochemischer Effekt mit verbunden ist, wissen die meisten Leute doch überhaupt nicht.
Diese Überbewertung taucht in meinem Umfeld nur auf, wenn verzweifelt nach einer Rechtfertigung für systematische Patientenbelügung (Homöopathie) benötigt wird.
Zitat von: celsus am 18. November 2012, 12:52:53
Diese Überbewertung taucht in meinem Umfeld nur auf, wenn verzweifelt nach einer Rechtfertigung für systematische Patientenbelügung (Homöopathie) benötigt wird.
Genau das meinte ich! Dass diesem psychologischen Effekt ein gewisser biochemischer Prozess zugrunde liegt und dieser einen solchen als Folge hat will ich nicht leugnen. Aber wesshalb muss man dann nur Homöopathie diesem Argument zufolge staatlich unterstützen und fördern und nicht auch die restliche gigantische Palette an pseudomedizinischen Verfahren wie Geistheilung über Skype, Handauflegen, Quanten-Healing und und und?
Deshalb meine Behauptung: Es gibt den Placeboeffekt, aber als Argument für pseudomedizinische Verfahren reicht er bei weitem nicht aus!
Du hast im Wesentlichen recht, würde ich meinen. Placebo tritt so oder so auf (oder auch nicht), und als Faustregel kann man sagen: Je ernsthafter und länger eine Erkrankung, desto weniger Placebo.
Als kurative Behandlung ist er nicht wirklich steuerbar, und er hat noch einen Bruder, den Noceboeffekt, der ggf. eine wirksame Behandlung deutlich verschlechtern kann.
Es gibt schließlich einen Grund, warum man von Medikamenten und Methoden eine Wirksamkeit oberhalb des Effektes verlangt.
Gleichzeitig wird momentan vor allem Seitens der Homöopathen versucht, Placebo als Mysterium zu hypen, weil sie in Studien nie bessere Ergebnisse erziehlen, frei nach dem Motto "ist die Hürde zu hoch, machen wir sie halt niedriger".
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 18. November 2012, 13:02:39
als Faustregel kann man sagen: Je [...] länger eine Erkrankung, desto weniger Placebo.
Oh ha, das stimmt so glaube ich nicht. AFAIR ist der Placebo-Effekt gerade bei chronischen, quasi "lebenslangen" Erkrankungen wie z.B. Asthma(!) oder Psoriasis besonders ausgeprägt.
Zitat von: celsus am 18. November 2012, 12:52:53
Dass da ein handfester biochemischer Effekt mit verbunden ist, wissen die meisten Leute doch überhaupt nicht.
Das würde mich jetzt mal interessieren, welcher das ist :grins2:
Placebo ist nun mal größtenteils "Einbildung", aber nicht im volkstümlichen Sinn damit gar nichts. Suggestitionen können durchaus durch Verschiebung der Wahrnehmung kräftig wirken, speziell bei Schmerz z.B. Eine biochemische Wirkung hat man dann ev. sekundär, z.B. darüber, dass weniger Stresshormone unterwegs sind.
Ich mach' mal ne thesenartige Kurzfassung, bei Interesse werde ich auch ausführlicher.
Den Glaubens-Heinis ist natürlich nicht entgangen, dass ihre Methoden im Doppelblindversuch versagen, aber sie sind dennoch weiter ergriffen von den erlebten Wirkungen bzw. wollen weiter Geld verdienen. Die gerisseneren unter ihnen (Vorbeter: Ted Kaptchuk) argumententieren etwa so: Gut, unser Zeugs ist Placebo, aber Placebo ist ja so mächtig, also lasst es uns einsetzen ... (Diese Weisheiten hab ich aus SBM, die sich öfter mal damit auseinandersetzen).
Placebo haben keine anhaltende Wirkung auf objektive Krankheitsparameter. Ich beschäftige mich gelegentlich mit der Literatur dazu. Die 200 Seiten lange Placebo-Broschüre des Wisschaftlichen Beirats Bundesärztekammer bringt auf allen diesen Seiten nicht ein einziges Gegenbeispiel dazu. Ihr Autor ist der Homöopathie-Propagandist Jütte (vgl:
http://scienceblogs.de/kritisch-gedacht/2012/10/11/pluralismus-in-der-medizin/
und man muss nur zwei und zwei zusammenzählen, warum sie geschrieben worden ist.
Zitat von: Dolph am 18. November 2012, 13:07:32
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 18. November 2012, 13:02:39
als Faustregel kann man sagen: Je [...] länger eine Erkrankung, desto weniger Placebo.
Oh ha, das stimmt so glaube ich nicht. AFAIR ist der Placebo-Effekt gerade bei chronischen, quasi "lebenslangen" Erkrankungen wie z.B. Asthma(!) oder Psoriasis besonders ausgeprägt.
Psoriasis weiß ich nicht, bei Asthma aber gilt: Einfluss auf die subjektive Befindlichkeit, nicht auf die Lungenfunktionsparameter. Dazu gibt's aktuelle kontrollierte Studien.
Zitat von: Dolph am 18. November 2012, 13:07:32
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 18. November 2012, 13:02:39
als Faustregel kann man sagen: Je [...] länger eine Erkrankung, desto weniger Placebo.
Oh ha, das stimmt so glaube ich nicht. AFAIR ist der Placebo-Effekt gerade bei chronischen, quasi "lebenslangen" Erkrankungen wie z.B. Asthma(!) oder Psoriasis besonders ausgeprägt.
Hm, Du hast mein wichtigeres Adjektiv weggelassen: Ernsthaft. Ansonsten ist es natürlich immer schwierig, mit Pauschalisierungen alles abzudecken, darum auch "Faustregel" = muss nicht immer stimmen.
Zitat von: bayle am 18. November 2012, 13:12:40
Placebo haben keine anhaltende Wirkung auf objektive Krankheitsparameter.
Das ist der Punkt. Wobei die Befindlichkeit des Betroffenen überhaupt nicht unwichtig ist, bei einer infausten Erkrankung wird er zwar keinen Tag länger leben, aber er hat besser gelebt bis dahin.
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 18. November 2012, 13:21:32
Zitat von: bayle am 18. November 2012, 13:12:40
Placebo haben keine anhaltende Wirkung auf objektive Krankheitsparameter.
Das ist der Punkt. Wobei die Befindlichkeit des Betroffenen überhaupt nicht unwichtig ist, bei einer infausten Erkrankung wird er zwar keinen Tag länger leben, aber er hat besser gelebt bis dahin.
Kann sein, genau wissen wir das nicht. Häufig aber stellt sich die Frage: um welchen Preis? Manchmal müssen sie Haus und Hof verkaufen; gelegentlich bitter, das mit ansehen zu müssen und nichts tun zu können.
edit: Außerdem werden solche Patienten nach meiner Erfahrung immer mit der trügerischen Hoffnung auf Heilung geködert und nie mit der Aussicht auf bessere subjektive Befindlichkeit.
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 18. November 2012, 13:11:39
Placebo ist nun mal größtenteils "Einbildung", aber nicht im volkstümlichen Sinn damit gar nichts. Suggestitionen können durchaus durch Verschiebung der Wahrnehmung kräftig wirken, speziell bei Schmerz z.B. Eine biochemische Wirkung hat man dann ev. sekundär, z.B. darüber, dass weniger Stresshormone unterwegs sind.
Das sollte meine laienhafte Verkürzung ausdrücken.
Das ist jetzt blöd, ich glaube, wir sind uns alle im Wesentlichen einig ;D
Noch ein netter Link:
http://www.medizin-aspekte.de/2010/10/389624_12127.html (http://www.medizin-aspekte.de/2010/10/389624_12127.html)
ZitatWo der Placebo-Effekt im Gehirn zu Hause ist
Wo der Placebo-Effekt im Gehirn zu Hause ist, haben die Forscher vom Collegium Helveticum in Zürich um Dr. Peter Krummenacher ermittelt. Sie setzten dafür ein Magnetstimulationsgerät ein, mit dem sich von außen die Aktivität einzelner Hirnbereiche beeinflussen lässt. Ihr Zielbereich war der Präfrontalkortex, ein Teil des Frontallappens der Großhirnrinde an der Stirnseite des Gehirns. Sie überzeugten die Probanden, dass die Stimulation einen schmerzlindernden Effekt habe, stimulierten sie aber nur zum Schein. Trotzdem stiegen Schmerzschwelle und -toleranz der Versuchspersonen merklich an – das Placebo wirkte. Stimulierten sie die Hirnregion tatsächlich und schalteten ihre Funktion so vorübergehend ab, schwand der Placeboeffekt.
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 18. November 2012, 13:45:42
Noch ein netter Link:
http://www.medizin-aspekte.de/2010/10/389624_12127.html (http://www.medizin-aspekte.de/2010/10/389624_12127.html)
Sehr interessant. Und da behaupten die Homöospasten immer, die Wissenschaft würde den Placeboeffekt vernachlässigen.
Kleiner Vorschlag meinerseits:
Vielleicht sollte man wegen der verbreiteten Unklarheiten bezüglich des Begriffes "Placebo-Effekt" auch immer auf den "Rosenthal-Effekt" hindeuten, sofern es um die Wirksamkeitprüfung von Medikamten geht und wenn es um unwirksame Behandlungen bei Tieren und Kindern geht.
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 18. November 2012, 13:45:42
Das ist jetzt blöd, ich glaube, wir sind uns alle im Wesentlichen einig ;D
Können wir nicht irgendwie noch einen Crank anlocken? Aber die kühlen Verdiener, um die es uns geht, werden den Teufel tun.
:grins2:
Wenn alles aus den USA zu uns rüberkommt, dürfen wir uns wohl darauf vorbereiten, häufiger mit dem Thema konfrontiert zu werden.
http://www.sciencebasedmedicine.org/index.php/the-rebranding-of-cam/
Zitatharnessing the power of placebo
Mir ist so, als hätte ich dergleichen auch hierzulande schon gelesen, Elfenstaub (http://forum.psiram.com/index.php?topic=10053.msg117102#msg117102), so á la
Zitat von: schmaler Erinnerung mit reichlich PhantasieAuch wenn IHR es nicht messen könnt - es ist zwar nicht nur dieser Effekt, but his force is so strong, Placebo is his name. And all your Placebo are belong to us!
Man hört das immer wieder. Zur Zeit allerdings eher von Anwendern, nach dem Motto: "Und wenn es nur der P-Effekt ist, ist es doch gut, wer heilt hat recht"
Ich warte sozusagen auf die Anbieter.
Zitat von: schmaler Erinnerung mit reichlich PhantasieAuch wenn IHR es nicht messen könnt - es ist zwar nicht nur dieser Effekt, but his force is so strong, Placebo is his name. And all your Placebo are belong to us!
ZitatThe Bullshit is strong in this one
[/list]
ZitatIch warte sozusagen auf die Anbieter
Setz Dich besser gar nicht erst gemütlich hin, Elfenstaub (http://forum.psiram.com/index.php?topic=10053.msg117112#msg117112), sie laufen sich schon warm (http://dzvhae-homoeopathie-blog.de/?p=2557).
Bunte Bilder, viele Fachbegriffe, durchaus seriöse Quellen (wie die auch in der wissenschaftlichen Medizin heftig diskutierte Kirsch-Metaanalyse) - sieht aus wie eine leibhaftige Wahrheit. Nicht ungeschickt, der Fraus Clitzsche, muss man ihm lassen.
Im Kommentar dann wieder das alte Lied:
Zitat
Ulrich Berger schreibt:
16th.Juni 2011 um 14:47
Herr Bruhnke, Sie behaupten: Wenn der Patient mit Diabetes Typ II mit dem homöopathischen Verum behandelt wird, wie beispielsweise Syzygium jambolanum, sinkt der Blutzucker innerhalb kurzer Zeit dauerhaft. Gibt es für diese Behauptung denn irgendeine Evidenz?
3.Lothar Brunke schreibt:
17th.Juni 2011 um 14:22
Selbstverständlich, ich habe in 25 Jahren zahlreiche Patienten mit Diabetes II behandelt. Wenn sie innerhalb eines Jahres nach Ausbruch zur Behandlung kamen, habe ich alle ausnahmlos innerhalb eines viertel Jahres vom erhöhten Blutzucker geheilt .. [etc. pp. ad nauseam]
Zitat
Ulrich Berger schreibt:
16th.Juni 2011 um 14:47
Herr Bruhnke, Sie behaupten: Wenn der Patient mit Diabetes Typ II mit dem homöopathischen Verum behandelt wird, wie beispielsweise Syzygium jambolanum, sinkt der Blutzucker innerhalb kurzer Zeit dauerhaft. Gibt es für diese Behauptung denn irgendeine Evidenz?
3.Lothar Brunke schreibt:
17th.Juni 2011 um 14:22
Selbstverständlich, ich habe in 25 Jahren zahlreiche Patienten mit Diabetes II behandelt. Wenn sie innerhalb eines Jahres nach Ausbruch zur Behandlung kamen, habe ich alle ausnahmlos innerhalb eines viertel Jahres vom erhöhten Blutzucker geheilt .. [etc. pp. ad nauseam]
Muhaha! Da kann man ja förmlich hören, wie Herrn Bergers Zähne in der Tischkante einschlagen ;D
Die gute alte anekdotische Evidenz ...
Zitat von: gesine2 am 18. November 2012, 15:59:58
Setz Dich besser gar nicht erst gemütlich hin, Elfenstaub (http://forum.psiram.com/index.php?topic=10053.msg117112#msg117112), sie laufen sich schon warm (http://dzvhae-homoeopathie-blog.de/?p=2557).
Ach DER...
Genau der, Elfenstaub (http://forum.psiram.com/index.php?topic=10053.msg117125#msg117125), imho das Test-Sprachrohr. Wars zu drastisch, kann sich der DZVhÄ danach immer noch distanzieren. Ansonsten dann auf Seminaren á la
ZitatWirkung, Wirksamkeit, Placebo – Zum Stand der Forschung in der Homöopathie
Dr. Rainer Lüdtke
Tagesseminar am 19. Januar 2013
(DirektDL-pdf! Quelle (https://www.dzvhae.de/index.php?menuid=367&downloadid=809&reporeid=334))
positionieren. (Das war kein Prognose-Versuch...)
Es fehlt noch der Hinweis, dass es durchaus gefährlich sein kann, sich besser zu fühlen, wenn es einem in Wirklichkeit gar nicht besser geht. Zum Beispiel, wenn eine ernste physiologische Ursache zugrunde liegt, die dann nicht behandelt wird.
Zitat von: Marlene am 18. November 2012, 19:09:07
Es fehlt noch der Hinweis, dass es durchaus gefährlich sein kann, sich besser zu fühlen, wenn es einem in Wirklichkeit gar nicht besser geht. Zum Beispiel, wenn eine ernste physiologische Ursache zugrunde liegt, die dann nicht behandelt wird.
In der Tat ein wichtiger Gedanke!
Gerade Tumoren, die asymptomatisch erstdiagnostiziert wurden (Screening u.ä.) und noch kurativ behandelt werden könnten: dort fehlt dann komplett die subjektive Einschätzungsmöglichkeit, wobei sich die betroffenen Individuen erst mit dem schmerzhaften exulzerierenden Tumor wieder vorstellen. Da kann ich sogar ein Lied davon singen!
Zitat von: celsus am 18. November 2012, 12:52:53
Zitat von: EatBrainsCureHunger am 18. November 2012, 12:46:47Stehe ich mit meiner Einschätzung, dass der Placebo-Effekt überbewertet wird alleine und hätte vielleicht wichtige Fakten übersehen? Oder kann der/die eine oder andere mit mir mitfühlen?
Dass da ein handfester biochemischer Effekt mit verbunden ist, wissen die meisten Leute doch überhaupt nicht.
Wie schaut der genau aus?
Zitat von: Marlene am 18. November 2012, 19:09:07
Es fehlt noch der Hinweis, dass es durchaus gefährlich sein kann, sich besser zu fühlen, wenn es einem in Wirklichkeit gar nicht besser geht. Zum Beispiel, wenn eine ernste physiologische Ursache zugrunde liegt, die dann nicht behandelt wird.
Klar. Das ist genau der Punkt, warum "hamlose" Methoden eben nicht unbedingt harmlos sein müssen. Bei entsprechenden Tumoren ist jeder Wohlfühltag ein Schritt näher ans grab.
Zitat von: Cosmo Kramer am 18. November 2012, 19:52:18
Wie schaut der genau aus?
Eine hauptsächlich sekundäre hormonelle Wirkkaskade. Genau ist da wenig.
Zitat von: Volvox am 18. November 2012, 14:01:37
Kleiner Vorschlag meinerseits:
Vielleicht sollte man wegen der verbreiteten Unklarheiten bezüglich des Begriffes "Placebo-Effekt" auch immer auf den "Rosenthal-Effekt" hindeuten, sofern es um die Wirksamkeitprüfung von Medikamten geht und wenn es um unwirksame Behandlungen bei Tieren und Kindern geht.
+1
Wäre damit der Effekt von Pseudomedikation unterteilt in einen personenbezogenen Effekt (Rosenthal (http://de.wikipedia.org/wiki/Rosenthal-Effekt)) und einen Träger-bezogenen Effekt (Placebo)? Wäre diese Aufteilung komplett oder lassen sich noch weitere Effektbestandteile finden?
Wenn es nur diese zwei Bestandteile gibt: wie hoch ist welcher Anteil, habt ihr Tipps? Ich würde auf min. 70% Rosenthal-Effekt tippen und max. 30% Placebo-Effekt.
Zitat von: Wolleren am 18. November 2012, 21:47:36
Wenn es nur diese zwei Bestandteile gibt: wie hoch ist welcher Anteil, habt ihr Tipps? Ich würde auf min. 70% Rosenthal-Effekt tippen und max. 30% Placebo-Effekt.
Nee, das zu vermixen hat keinen Nährwert. Gute Studien schließen ja genau das aus.
Placebo ist schon massiv multifaktorell, hier noch den Rosenthal reinbringen ...
Andererseits ist natürlich wieder allet ains - ich bin mir nicht sicher, meine aber, dass es der Erkenntnis nicht dient und man das trennen sollte.
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 18. November 2012, 22:12:49
Zitat von: Wolleren am 18. November 2012, 21:47:36
Wenn es nur diese zwei Bestandteile gibt: wie hoch ist welcher Anteil, habt ihr Tipps? Ich würde auf min. 70% Rosenthal-Effekt tippen und max. 30% Placebo-Effekt.
Nee, das zu vermixen hat keinen Nährwert. Gute Studien schließen ja genau das aus.
Placebo ist schon massiv multifaktorell, hier noch den Rosenthal reinbringen ...
Andererseits ist natürlich wieder allet ains - ich bin mir nicht sicher, meine aber, dass es der Erkenntnis nicht dient und man das trennen sollte.
Ein Problem ist, dass es schwierig ist, sich Studien-Designs vorzustellen, mit denen man die Effekte trennen kann. Bei gesunden Probanden und einer einmaligen/kurz dauernden Intervention mag das ja noch irgendwie gehen, aber bei Kranken? Wie einen Behandlungserfolg messen, der sich a priori im Wesentlichen im subjektiven Bereich darstellt und der kaum dauerhaft sein wird - egal welcher Einzelfaktor mehr oder weniger wirksam ist?
Zitat von: bayle am 19. November 2012, 07:09:01
Ein Problem ist, dass es schwierig ist, sich Studien-Designs vorzustellen, mit denen man die Effekte trennen kann. Bei gesunden Probanden und einer einmaligen/kurz dauernden Intervention mag das ja noch irgendwie gehen, aber bei Kranken? Wie einen Behandlungserfolg messen, der sich a priori im Wesentlichen im subjektiven Bereich darstellt und der kaum dauerhaft sein wird - egal welcher Einzelfaktor mehr oder weniger wirksam ist?
Da es ja Placebo-Forschung gibt, bei der die Farbe und Größe, Textur und Struktur der Wirkstoffträger optimiert werden, könnte eine solche Versuchsanordnung auch verwendet werden, um Versuchsleiter-Effekte zu quantifizieren.
Eine Versuchsgruppe würde halt ihre Scheinmedikamente vom überbeschäftigten Personal kommentarlos zugeworfen bekommen, und in weiteren Gruppen könnte man die Merkmale Zuwendung (90 minütige Anamnese, dabei auch die Armbrüche angeheirateter Cousinen interessiert erfragen) und Erwartungshaltung ("könnte sein, dass das hilft", "wenn es nicht hilft, haben Sie zu häufig onaniert") des Medizinmanns variieren, bevor man dieselben Scheinmedikamente gibt.
Die wikipedia-Quelle 47 im Placebo-Lemma "Thomas KB: General practice consultations: is there any point in being positive? (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1246362/) In: British Medical Journal 1987, 294, S. 1200–1202" hat offenbar eine vergleichbare Versuchsanordnung.
Bei wikipedia werden alle nicht behandlungsspezifischen Effekte "Placebo-Effekt" genannt. OK, dann ist das halt der Begriff und die Definition.
Aber es ist auf Dauer schon ein bisschen ungenau, wenn man die verschiedenen Faktoren des Effekts (wikipedia behandelt ausführlich Erwartungshaltung und Konditionierung) nicht benennt und quantifiziert. "Ist doch alles Placebo" liest man oft in Homöopathiediskussionen, aber mich würde so ein undifferenziert multifaktorielles Totschlagargument nicht überzeugen.
Zitat(90 minütige Anamnese, dabei auch die Armbrüche angeheirateter Cousinen interessiert erfragen) und Erwartungshaltung ("könnte sein, dass das hilft", "wenn es nicht hilft, haben Sie zu häufig onaniert")
;D
Aber auch hier gilt:
Zitatsymptoms but no abnormal physical signs and in whom no definite diagnosis was made
M. a. W. Gesunde bzw. Patienten mit im Schnitt exzellenter Spontanprognose - das meiste geht ja von selbst weg. Für die kurzfristige Gabe eines Schmerzmittels ist das sicher nicht so ein großes Problem. Aber wenn man ernsthaft Kranke vor sich hat, wird man nicht zwei verschiedene Arten von Placebo gegeneinander prüfen können, sondern man wird ein Verum einsetzen (müssen). Alles, was dabei herauskommen kann, ist dann eine Aussage über die Wirksamkeit des Verums.