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China

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Begonnen von Bachblüte, 17. November 2021, 21:48:11

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Bachblüte

Ein Land mit so wunderschöner Natur, immens reichhaltiger Kultur, tollen und liebenswerten Menschen, und mit einer umwerfenden Vielfalt. Schade irgendwie, was die Führung in letzter Zeit daraus machen will.

China wants WAR and is preparing Chinese people a fight against the USA!
https://www.youtube.com/watch?v=6xcvDMDg8TY

celsus

Dieser Sterzel hat offenbar mal schlechte Erfahrungen mit chinesischen Behörden gemacht und tobt sich jetzt, wo er außer Landes ist, richtig aus.

Das Dokument, auf das er sich bezieht, stützt seine Argumentation meiner Meinung nach nicht. Der Text ist ein ziemlich wirr wirkender Propaganda-Rant über die verkommenen iperialistischen Werte und die um sich greifende Unmännlichkeit. Vernichtungsphantasien sehen anders aus.

https://www-news-cn.translate.goog/politics/2021-08/29/c_1127807097.htm?_x_tr_sch=http&_x_tr_sl=auto&_x_tr_tl=en&_x_tr_hl=de&_x_tr_pto=nui
The best thing about science is that it works - even if you don't believe in it.

Juliette

Ich habe kürzlich zwei interessante Bücher zu China gelesen und kann mir nicht vorstellen, dass darin alles Lügen oder Aufbauschungen sind:

Der Masterplan: Chinas Weg zur Hightech-Weltherrschaft
Scheuer, Stephan

Die Neuerfindung der Diktatur: Wie China den digitalen Überwachungsstaat aufbaut und uns damit herausfordert
Strittmatter, Kai

Auch Berichte von Journalisten der ÖR gehen die Sache zwar nicht so ausführlich an, stoßen aber in das gleiche Horn.

Europa sollte sich warm anziehen, gibt aber im Moment den besten "Partner" ab, den China sich nur wünschen kann.

Sauropode

Zitat von: Juliette am 18. November 2021, 08:21:24
Ich habe kürzlich zwei interessante Bücher zu China gelesen und kann mir nicht vorstellen, dass darin alles Lügen oder Aufbauschungen sind:

Der Masterplan: Chinas Weg zur Hightech-Weltherrschaft
Scheuer, Stephan

Die Neuerfindung der Diktatur: Wie China den digitalen Überwachungsstaat aufbaut und uns damit herausfordert
Strittmatter, Kai

Auch Berichte von Journalisten der ÖR gehen die Sache zwar nicht so ausführlich an, stoßen aber in das gleiche Horn.

Europa sollte sich warm anziehen, gibt aber im Moment den besten "Partner" ab, den China sich nur wünschen kann.

Mir macht das Angst.

Juliette

Oh ja, ruhig lässt mich das auch nicht. Ich wage allerdings zu bezweifeln, dass China einen "echten" Krieg gegen die USA plant, das wäre politisch eigentlich sehr unklug. Wobei mir das Säbelrasseln wegen Taiwan nicht gefällt; es könnte irgendwann außer Kontrolle geraten.

sailor

Man muss bei China verschiedene Ebenen unterscheiden.

Grundsätzlich ist für Chinesen die Welt ausserhalb chinesischer Bevölkerungszentren "uninteressant": China und der Kaiserthron waren der Nabel der Welt, alles andere ist Hinterland mit "Barbaren". "Chinesische Bevölkerungszentren" und "historisch chinesischer Boden" sind für ein erstarkendes China jedoch legitime Ziele, Taiwan nimmt da die erste Stelle ein, wegen der Nähe und wegen der Vergangenheit als Kuonmintan-Fluchtburg. Selbst wenn alle Altkader auf beiden Seiten tot sind wird der Hass bleiben, mindestens auf Seiten der KPCh (der Kampf gegen die Kuonmintan ist der Gründungsmythos). Weitere Ziele können Singapur und Teile Indonesiens sein, dort leben signifikante Populationen chinesisch stämmiger Menschen. In erster Linie geht es dabei um eine "Wiederherstellung" historischer Größe mit einer sehr starken ethnischen (Zyniker würden sagen rassistischen) Komponente. Im weiteren Sinne ist die Annektion fremder Völker kein Ansinnen der Chinesen, die haben mit den bereits annektierten Völkern wie Tibetern und Uiguren so ihre liebe Not. Was den Chinesen mehr liegt sind Klientelstaaten und Protektorate, wobei die KPCh genau weiss, dass sie überseeisch solche nicht wirklich halten können... die Chinesen sind kein maritimes Volk und das wissen sie auch. Daher auch die Initiative "Neue Seidenstraße", über Land hat die PLA deutlich mehr Druckpotential.

Innenpolitisch steht die KPCh vor einem Dilemma: Einerseits bringt sie immer mehr Bevölkerungsteilen WOhlstand und das mit MEthoden des Kapitalismus. Andererseits ist der kommunistische Markenkern der KPCh ein sehr frugalistischer. Der wachsende Individualismus und die propagierte Gesellschaft passen nicht zusammen. Dazu kommen noch sehr traditionelle Unterströmungen, die sowohl "westlichem" Individualismus als auch dem kommunistischen Menschenideal zuwiderlaufen (bspw. das chin. Frauenbild, hatte die Tage einen Artikel über die staatliche Berichterstattung Chinas zur ersten Taikonautin, gruselig). Dieses Dreieck muss man auch unter dem Aspekt sehen, dass Xi Jinping an einem Führerkult arbeitet und die Macht der KPCh um jeden Preis festigen will. Hier verfängt sich die KPCh intern auch immer wieder im oben genannten Dilemma: Die Funktionäre propagieren kommunistische Werte, siend aber selbst die protzigsten Neureichen... diese Diskrepanz fällt auf und derzeit reitet Xi die Aksese-Welle, auch um die Bevölkerung auf Linie zu bringen. Dies ist (Achtung, Spekulation) nötig, weil die Pandemie und das Vorgehen in Hongkong die Fehler im System deutlich gemacht haben. Die Ursachen sind für Xi und Co. in der Individualisierung und Kapitalisierung zu suchen, weshalb Computergames, Nachhilfe und Idole wie Filmstars, Großunternehmer etc and die Kandare genommen werden. Als Ausgleich für die Repression bietet die KPCh Nationalismus nach aussen an, sie braucht mittelfristig ein Ventil. Wirklich zynisch wäre die Vermutung, dass die KPCh ein paar Millionen junge Männer loswerden muss, die zum Problem werden, weil Frauen fehlen und die anwesenden Frauen keinen Bock auf Hausmutti haben....

Drittens ist für mich eben nicht absehbar, dass China sich dauerhaft als technischer Innovator etablieren kann. Die klauen zwar an allen Ecken und Enden und die Elektrisierung der Mobilität hat gleiche Startbedingungen in der Branche geschaffen, aber die Angriffe auf das Großkapital in China sind kontraproduktiv bei der Etablierung einer innovativen Gründerszene. Wenn nur linientreue Unternehmen überleben können wird Linientreue zum Leitfaden und nicht Innovation. Das haben auch die Forschungsstädte der Sowjets gezeigt, erst wahnsinnig gut und dann schnell total bürokratisiert mit Forschung "nach Plan" und nur noch am Verwerten geklauten Wissens in wichtigen Sparten. Dazu kommt der Überwachungsstaat. Dieser wird absehbar nicht nur zur Disziplinierung der Bürger dienen, sondern auch genutzt werden, um gute Ideen abzuziehen und in linientreuen Unternehmen auszuschlachten. Der KPCh-Linie ist das Konzept von kreativ-genialen Individuen völlig zuwider, die wollen regelrechte Parteisoldaten, die aufgrund ihrer Stehzeit durch die Ränge steigen und mit Gehorsam nach oben und Härte nach unten Karriere machen.

sailor

Die ZEIT zum Demokratiebild der KPdCh: https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-12/demokratiegipfel-china-xi-jinping-kommunistische-partei?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE

Interessant wäre mal einen chinesischen Funktionär zu fragen, wie denn seine Rechenschaft gegenüber dem Volk aussieht. Die Partei hat interne Disziplinierungsgremien, die vor allem in Flügelkämpfen gern und oft verwendet werden... oder zur Durchsetzung der Führerlinie ("Selbstkritik"). Aber wie kann die Bevölkerung, d.h. einfache Parteimitglieder und Nichtmitglieder auf "den Staat" Einfluss nehmen? Ich habe bisher keine Möglichkeit gefunden...

Sauropode

ZitatAber wie kann die Bevölkerung, d.h. einfache Parteimitglieder und Nichtmitglieder auf "den Staat" Einfluss nehmen?

Gar nicht.

Typee

Zitat von: Sauropode am 11. Dezember 2021, 16:50:34
ZitatAber wie kann die Bevölkerung, d.h. einfache Parteimitglieder und Nichtmitglieder auf "den Staat" Einfluss nehmen?

Gar nicht.

Wenn dort Einfluss genommen wird, verläuft das ausschließlich in der entgegengesetzten Richtung.
The universe is under NO obligation to make sense to us
(Neil deGrasse Tyson)

sailor

Deswegen muss ich mir ja nochmal die offizielle Übersetzung der chinesischen Verfassung zu Gemüte führen... nur um sicher zu gehen...

Typee

Papier ist geduldig, und eine Verfassung ist nur soviel wert, wie sich die Macht dem Gesetz zu beugen bereit ist, und das wiederum setzt voraus, dass sie nicht die Deutungshoheit darüber hat oder beansprucht. Das setzt der Verfassungsexegese natürliche Grenzen.
The universe is under NO obligation to make sense to us
(Neil deGrasse Tyson)

sailor

Natürlich... Es geht mir nur darum, dass die Chinesen zwar viel schwurbeln können, aber ohne "Verfassungsbeweis" ist es nur Schwurbeln. Auch wenn viele Verfassungen Dinge beinhalten, die nicht gelebt und offiziell missachtet werden ist es der erste Anhalt. Wenn es dagegen noch nicht mal in der Verfassung steht, dann ist es wirklich wertlos.


Nachtrag: Eieieiei, was für ein Chaos. Führe mir das Ganze grade zu Gemüte. Wählen und gewählt werden darf jeder ab 18, es sei denn, er/sie ist per Gesetz der politischen Rechte beraubt. Also grundsätzlich regeln "Volkskongresse" auf allen Ebenen alles. Jede Ebene hat ihren Kongress, dieser wählt Judikative und Exekutive der eigenen Ebene und den Kongress der nächsthöheren. Klassische Pyramide ohne Gewaltenteilung. Ganz oben, bei Nationalen Volkskongress werden die Gesetze gemacht. Ganz oben gibts auch einen praktischen Circlejerk: Das wichtigste Organ des Nationalen Volkskongresses ist der Ständige Ausschuss, der aus dem Vorsitzende, den stellvertretenden Vorsitzenden, dem Generalsekretär und anderen Mitgliedern besteht. Dieser bereitet praktisch alle Entscheidungen des Nationalen Volkskongresses vor. Ohne den Ständigen Ausschuss ist der Nationale Volkskongress nicht arbeitsfähig. Gleichzeitig kann der Ständige Ausschuss nach unten durchgreifen und zwar über alle drei Gewalten hinweg.

Insgesamt ist das System total auf "Systemkarriere" ausgelegt, da die "Volkswahl" nur ganz unten stattfindet. Danach muss man sich über die Kongresse hochwählen lassen, zur direkten Wahl höchster Ämter habe ich nichts gefunden. Also mal eben mit 18 in den Nationalen Volkskongress kommen ist quasi unmöglich (vieleicht über die Armee-Liste, dort ist am ehesten die direktwahl möglich). Wirkliche Macht hat nur der Ständige Ausschuss und der Vorsitzende der VRCh.

Sauropode

Die Verfassung der DDR las sich auch ganz gut.....

sailor

@Sauropode: Deshalb ist die DDR ja auch ein Unrechtsstaat gewesen. Die Staatsmacht hat sich sehr breit und massiv über das eigene Recht hinweggesetzt. Zudem gab es keine Instanz, welche diese Rechtsbrüche sanktionieren oder auch nur bewerten konnte. Der gleiche Fall liegt jetzt in China vor, verfassungsmäßige Rechte können durch Gesetze entzogen werden, wobei die Macheer der Gesetze gleichzeitig die Kontrolleure sind (Nationaler Volkskongress, hier: Ständiger Ausschuss). Die höchsten Richter und Verwalter werden ebenfalls über dieses Gremium vorgeschlagen. Das Gremium selbst wird nur sehr indirekt gewählt, eine direkte Legitimierung durch direkte Wahlen des Nationalen Volkskongresses gibt es nicht.

Bachblüte

Das hier halte ich für absolut sehenswert. Neu gefasste und aktualisierte Version einer Doku, die schonmal 2018 ausgestrahlt wurde.

Die neue Welt des Xi Jinping | Doku Reupload | ARTE
https://www.youtube.com/watch?v=9sekx73I428