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Deutsch => Hinweise und Vorschläge für Psiram-Artikel => Gewünschte Artikel => Thema gestartet von: Ratiomania am 12. September 2011, 13:47:27

Titel: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Ratiomania am 12. September 2011, 13:47:27
Wie schauts aus mit Forschungen hinsichtlich der Wirksamkeit von Musiktherapie?

Da wird einem ja wird einem ja dann doch schon etwas versprochen...

(folgende Zitate aus Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Musiktherapie (http://de.wikipedia.org/wiki/Musiktherapie))

ZitatMusiktherapeut ist ein eigenständiger Heilberuf. Durch gezielten Einsatz von Musik wird in der Musiktherapie therapeutische Wirkung erzielt. Musiktherapie dient der Wiederherstellung, Erhaltung und Förderung seelischer, körperlicher und geistiger Gesundheit


Mir ist schon klar das solche Formulierung etwas schwammig sind. Die Einordnung erfolgt auch in die "Psychotherapie". Ich habe allerdings den Eindruck sowas geschieht um in diesem "Dunstkreis" an schwammig formulierten postulierten Wirkungen sich vor Reproduzierbarkeit zu drücken?


ZitatArbeitsfelder

Die Einsatzgebiete der Musiktherapeuten sind in kurativen, rehabilitativen und präventiven Bereichen sowie in der Nachsorge. Künstlerische Therapeutinnen arbeiten mit Menschen aller Lebensalter. Institutionell gebunden oder in freier Niederlassung behandeln sie Patienten mit somatischen, psychischen, psychosomatischen sowie psychiatrischen Erkrankungen und Menschen mit Schädigungen, Behinderungen und Beeinträchtigungen. Innerhalb und außerhalb des Gesundheitswesens schaffen Musiktherapeuten Räume zur Teilhabe am soziokulturellen Leben. Darüber hinaus arbeiten sie in Forschung und Lehre. Viele Musiktherapeuten arbeiten in psychiatrischen und psychosomatischen Versorgungseinrichtungen. Hier kommt die Musiktherapie vor allem psychotischen Patienten, Borderline- und gerontopsychiatrischen Patienten sowie Suchtkranken zugute. Darüber hinaus wird Musiktherapie bei Patienten mit Essstörungen, Angststörungen, Somatisierungsstörungen und Depressionen eingesetzt.

Im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie werden spezifische Probleme bearbeitet wie: Entwicklungsstörungen, Störungen des Sozialverhaltens, Aufmerksamkeitsdefizitstörungen sowie Angst- und depressiven Störungen. Im Bereich der Rehabilitation wird Musiktherapie hauptsächlich bei neurologischen Erkrankungen angewandt. Wachkoma, Frührehabilitation für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, Multiple Sklerose, Morbus Parkinson und Schlaganfall sind hier Behandlungsfelder einer eher funktional orientierten Musiktherapie.

Weitere Arbeitsfelder der Musiktherapie sind Bereiche

   der Sonder- und Heilpädagogik
   mit schwer- und mehrfachbehinderten Menschen [3]
   mit entwicklungsverzögerten bzw. –gestörten Kindern
   in Altenpflegeheimen und in der Gerontopsychiatrie
   an Musikschulen

Manualisierte Verfahren [Bearbeiten]

   Musiktherapie bei Tinnitus
   Musiktherapie bei chronischen Schmerzen
   Musiktherapie bei Migräne
   Musiktherapie bei Tumorerkrankungen
   Musiktherapie bei Frühgeborenen

Auf den üblichen Seiten (z. B. sceptics dictionary) konnte ich bisher nix finden. Nur eben von der Gesellschaft für musiktherapie (http://www.musiktherapie.de/fileadmin/user_upload/medien/pdf/presseberichte/pressebericht_pte-05-06.pdf (http://www.musiktherapie.de/fileadmin/user_upload/medien/pdf/presseberichte/pressebericht_pte-05-06.pdf)) wo es eher um subjektives empfinden ging.

Auch finde ich bei Google und Co nix bei den Stichworten Kritik, skeptisch, Musiktherapie nüx brauchbares.

Von euch jemand Meinungen, Erfahrungen, Hörensagen zu dem Thema?
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Ratiomania am 12. September 2011, 14:33:16
Habe nochn Artikel dazu. Macht den bisherigen Eindruck auch nicht besser (vorallem die letzten 2 abschnitte)

http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelspecial/d-9244788.html (http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelspecial/d-9244788.html)

:-\ :P :-\
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Bobbele am 12. September 2011, 14:51:55
ZitatAuch finde ich bei Google und Co nix bei den Stichworten Kritik, skeptisch, Musiktherapie nüx brauchbares.

zum Stichwort "Evidenz" wäre das zu finden, hilft vielleicht weiter:
http://www.musiktherapie.de/fileadmin/user_upload/medien/pdf/mu_downloads/Stichwort-Hillecke.pdf

Der letzte Absatz daraus:

ZitatAusblick
Die Musiktherapie befindet sich auf dem Weg, eine evidenzbasierte wissenschaftliche
Anwendungsdisziplin zu werden, manche Interventionen sind dabei schon weiter
fortgeschritten als andere. Will die Musiktherapie diesen Weg weiter beschreiten, dann sind in
folgenden Bereichen vermehrte Anstrengungen erforderlich:
1. Durchführung empirischer wissenschaftlicher Studien und Metaanalysen
2. stärkere Berücksichtigung von Forschungsergebnissen in der musiktherapeutischen
Praxis
3. Auf- und Ausbau von empirisch gestützten Qualitätsmanagementsystemen für die
musiktherapeutische Praxis
4. stärkere Auseinandersetzung mit Wegen des empirisch-wissenschaftlichen
Erkenntnisgewinns und damit verbunden die vertiefende Ausarbeitung selbstkritischer
wissenschaftlicher Positionen 


Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Ratiomania am 12. September 2011, 15:32:17
Das klingt alles gut.

ABER!

ZitatUm die Anerkennung
als medizinische Forschung auf naturwissenschaftlicher Basis zu erhalten,
sollten wir uns im Sinne eines Paradigmenwechsels der Denk-und Forschungsweise
der evidenzbasierten Medizin (EBM) anschließen. Dies ließe sich auf lange
Sicht eh nicht vermeiden und würde derzeit in einem nahezu evolutionären Prozess
innerhalb der Medizinwissenschaften geschehen. EBM würde erfolgreich –
wie es aktuelle Entwicklungen von Ausbildungskonzeptionen in den Vereinigten
Staaten bestätigten – alte wissenschaftliche Paradigmen der Musiktherapie verdrängen,
wie etwa Sozialwissenschaft, Psychologie, Kunstforschung und andere
am Subjekt orientierten methodischen Ansätze, welche in »unwichtigen« Zeitschriften
ausserhalb der Medizinwissenschaften publizieren würden und wir sollten
uns besser mit dem neuen Paradigma einer neurologischen Musiktherapie befassen.
Das Publikum reagierte prompt. Zunächst sagte eine Neurologin aus Köln, sie
arbeite gerne mit Künstlern zusammen, die das Leben und die Beziehungsverhaltensweisen
auf der Station bereicherten und eine andere Perspektive in den Zusammenhang
von Persönlichkeit und Krankheit brächten. Der Psychologe Björn
Merker von der Universität Uppsala in Schweden unterstützte sie und ging noch
weiter in seiner Aussage. Er erinnerte die Zuhörer an die lange Tradition der Schamanen,
die Musik, Hilfsmittel und Rituale einsetzten, um eine grundlegende Veränderung
der Spiritualität, Persönlichkeit und Sicht des Patienten von der Welt
und sich selbst zu bewirken. In meinem eigenen Diskussionsbeitrag sprach ich die
begrenzte erkenntnistheoretische Perspektive naturwissenschaftlicher Forschungsmethodologie
an und fragte, mit welchem Recht man behaupten kann,
Sozial-, Literatur- und Kunstwissenschaften, kulturelle Anthropologie, Psychoanalyse
etc. seien keine relevanten Wissenschaften, nur weil sie nicht primär evidenzbasiert
orientiert sind. Haben Neurologen und Vertreter der evidenzbasierten
Medizin die Weltformel gefunden?

Quelle: http://www.musiktherapie.de/fileadmin/user_upload/medien/pdf/mu_downloads/fachner_evidenzbasiert.pdf (http://www.musiktherapie.de/fileadmin/user_upload/medien/pdf/mu_downloads/fachner_evidenzbasiert.pdf)

Da streuben sich anscheinend einige. Mit was für Argumenten...


Ich sehe hier nur wieder die Gefahr überzogener Erwartungshaltungen und Versprechungen über psychologisch-rehabilitative Hilfe hinaus. Das führt meist zu Pseudwissenschaft, Aufschiebung relevanter Massnahmen und letztendlich zu schäden.

Aber dazu konnte ich bisher nix finden. Anscheinend noch nicht von Esoterikern, Pseudomedizinern, Wunderheilern und dem andern Gesocks in Besitz genommen.

Will mal beten dass das so bleibt...

Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: rincewind am 12. September 2011, 15:51:09
Zitat von: Ratiomania am 12. September 2011, 15:32:17
Aber dazu konnte ich bisher nix finden. Anscheinend noch nicht von Esoterikern, Pseudomedizinern, Wunderheilern und dem andern Gesocks in Besitz genommen.

Vermutlich, weil man dazu tatsächlich (mindestens) ein Instrument und Musiktheorie lernen muss. Also arbeiten.

Zitat
Will mal beten dass das so bleibt...

Ratio betet, schau an!  ;D ;D

Ansonsten bin ich da guter Dinge, Musiktherapie ist zu wirksam, als dass man sich da in den Eso-Pfuhl begeben müsste.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Megamidge am 12. September 2011, 16:56:55
Zitat von: Ratiomania am 12. September 2011, 15:32:17


Aber dazu konnte ich bisher nix finden. Anscheinend noch nicht von Esoterikern, Pseudomedizinern, Wunderheilern und dem andern Gesocks in Besitz genommen.

Will mal beten dass das so bleibt...



Und wie sieht's damit aus ?
http://www.associazionesibelius.org/Accademia/Akademie.html
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Bobbele am 12. September 2011, 17:30:01
Zitat von: Ratiomania am 12. September 2011, 15:32:17
Anscheinend noch nicht von Esoterikern, Pseudomedizinern, Wunderheilern und dem andern Gesocks in Besitz genommen.

Klangschalentherapie, Planetentonfrequenzgedöns, Obertongesänge und anderes Getue aus der Esobranche gibts aber und hat im weiteren Sinne was mit Musik zu tun.

Ist "Musiktherapeut" eigentlich eine geschützte Berufsbezeichnung?
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: rincewind am 12. September 2011, 17:31:42
Zitat von: Megamidge am 12. September 2011, 16:56:55
Und wie sieht's damit aus ?
http://www.associazionesibelius.org/Accademia/Akademie.html

Eine Hamer-Irre, die eine "Akademie" gegründet hat. Denke nicht, dass das ein bezeichnendes Licht auf die Musiktherapie wirft.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Bobbele am 12. September 2011, 17:32:45
Zitat von: rincewind am 12. September 2011, 15:51:09
Ansonsten bin ich da guter Dinge, Musiktherapie ist zu wirksam, als dass man sich da in den Eso-Pfuhl begeben müsste.

Woher weißt du das, gibts da Doppeltaubversuche?
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: rincewind am 12. September 2011, 17:35:14
Zitat von: Bobbele am 12. September 2011, 17:30:01
Obertongesänge und anderes Getue aus der Esobranche

Oberton-Singen macht Spaß und ist doch nicht zwangsläufig mit Eso verbunden. Ist doch ein rein physikalisches Phänomen.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Bobbele am 12. September 2011, 17:37:37
Zitat von: rincewind am 12. September 2011, 17:35:14
Oberton-Singen macht Spaß und ist doch nicht zwangsläufig mit Eso verbunden. Ist doch ein rein physikalisches Phänomen.

Schon klar, nicht zwangsläufig. Schätze der Anteil nichtesoterischer Hobbyobertöner ist vielleicht sogar in der Überzahl. Es gibt aber auch andere (http://bewusstseinblog.alex-energies.org/127/musikalische-segenswuensche-zum-neuen-jahr-2011-heilgesang-obertongesang-eigentoene/)
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: rincewind am 12. September 2011, 17:40:42
Zitat von: Bobbele am 12. September 2011, 17:32:45
Woher weißt du das, gibts da Doppeltaubversuche?

Das ist eine rein subjektive Meinung, die auf u.a. persönlicher Erfahrung beruht. Sagt natürlich wenig. Ein vernünftiges Studiendesign ist da nicht einfach.

Die Beobachtung, dass Musik Menschen mitreißen, bzw zu einem starken Focus befähigen kann, dürfte allerdings evident sein. Sowas therapeutisch anzuwenden, ist nicht die dümmste Schlussfolgerung und Vermutung.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Bobbele am 12. September 2011, 18:00:16
Zitat von: rincewind am 12. September 2011, 17:40:42
Die Beobachtung, dass Musik Menschen mitreißen, bzw zu einem starken Focus befähigen kann, dürfte allerdings evident sein. Sowas therapeutisch anzuwenden, ist nicht die dümmste Schlussfolgerung und Vermutung.
Daß Musik einen Effekt auf die Stimmung, das Wohlbefinden und auf die Synapsen hat halte ich auch für unbestritten. Manfred Spitzer hat da glaube ich dazu was geschrieben. Ich störe mich eben ein bisschen am Begriff "Therapie" in diesem Zusammenhang. Man wird damit eben die am ehesten erreichen die sich ohnehin zu Musik hingezogen fühlen und da ist die Frage ist es die Musik die "wirkt" oder etwas zu tun was man ohnehin gerne tut.

EIn Freund von mir, Psychotherapeut und Musiker (Halbprofi), arbeitet hauptberuflich mit verhaltensauffälligen Jugendlichen und macht Musik mit denen. Wenn ich den mal wieder treffe frage ich mal nach seinen Erfahrungen.

Gruß Bobbele (seit 35 Jahren Hobbymusiker und immer noch nicht "geheilt"  ;) )

Edit: sind Musiker "gesünder" als andere? Sind Menschen die in ihrer Freizeit gerne Musik hören "gesünder" als andere? Aus meinem Umfeld kann ich da nichts, aber auch gar nichts erkennen. Musik machen ist ein schönes Hobby und macht Spaß. Schwimmen und Radfahren aber auch - wem's gefällt.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: P.Stibbons am 12. September 2011, 18:21:55
Da habt ihr ja ein Fass aufgemacht...

Einer der wenigen, die meines Wissens zu diesem Thema seriös forschen - und der sich mit einigen der hier formulierten Fragen fundiert auseinander gesetzt hat - ist der hier:

http://www.musiktherapie.de/fileadmin/user_upload/medien/pdf/presseberichte/zeit_therapie-im-takt.pdf

Da steht was über "evidenzbasiert...immer noch die Ausnahme...".

Treffend der Satz: "Die Musiktherapie muss aus der Strickpulli-Ecke raus"  ;)
Es wäre viel Aufwand, aber sicher lohnenswert, wenn man z.B. die neuen bildgebenden Verfahren dazu nutzen könnte, richtig gute Studien zu machen!!
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: P.Stibbons am 12. September 2011, 18:34:34
ZitatAnsonsten bin ich da guter Dinge, Musiktherapie ist zu wirksam, als dass man sich da in den Eso-Pfuhl begeben müsste.

???

Ich kenne kaum Musiker, die nicht mit irgendwelchen  im weitesten Sinne esoterischen Vorstellungen arbeiten.
Staatl. geprüfte Musiktherapeuten müssen bis zu einem oft relativ hohen Level Instrumente beherrschen.

Ein ganz beliebtes Thema ist seit längerem:

http://www.natural-voice.de/

Die so genannte Tellursologie gibt es auch auf jedwedes Instrumentalspiel bezogen  ::)

Damit wären wir dann auch bei Frau Sonnenschmidt gelandet.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 12. September 2011, 18:36:50
Von der Strickpulliecke ins Hochglanzmagazin? Na ob das hilft?
Die Musik von Wolfgang Amadeus Mozart hebt die Laune nicht nur bei Menschen, sondern auch bei Fischen. (http://www.focus.de/panorama/welt/interessant_aid_103244.html)
:kotz:

ZitatDaß Musik einen Effekt auf die Stimmung, das Wohlbefinden und auf die Synapsen hat halte ich auch für unbestritten. Manfred Spitzer hat da glaube ich dazu was geschrieben.

(http://s3.amazonaws.com/kym-assets/entries/icons/original/000/005/498/1300044776986.jpg?1301826641)

Manfred Spitzer rangiert etwa auf einer Stufe mit Dietrich Grönemeyer ...
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Bobbele am 12. September 2011, 18:46:27
Zitat von: Superkalifragilistisch am 12. September 2011, 18:36:50
Manfred Spitzer rangiert etwa auf einer Stufe mit Dietrich Grönemeyer ...

Achja?
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: P.Stibbons am 12. September 2011, 18:48:03
ZitatVon der Strickpulliecke ins Hochglanzmagazin? Na ob das hilft?

Neenee, das müssen schon neurowissenschaftliche Journals sein, und in der Tat gibt es da schon einzelne Ansätze.

Beispielsweise könnte man (und vereinzelt geschieht dies) im Fall von Aphasie nach Schlaganfall ein Retraining über Liedersingen machen, weil aufgrund unterschiedlicher "Ordner" im Gehirn die "Sprech"-Fähigkeit im Rahmen von gesungenen (bekannten und emotional angenehmen) Texten oft erstaunlich gut funktioniert.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 12. September 2011, 18:52:58
Zitat von: Bobbele am 12. September 2011, 18:46:27
Zitat von: Superkalifragilistisch am 12. September 2011, 18:36:50
Manfred Spitzer rangiert etwa auf einer Stufe mit Dietrich Grönemeyer ...

Achja?
Ich halte nichts von publikumsgerichteter wissenschaftlicher Produktion. Seriöse Wissenschaft und Edutainment widerspricht sich.

Ausserdem halte ich gegenüber den Neurowissenschaften Skepsis für ausserordentlich angebracht: Sie erweckt mit biologischen Erklärungen allzuschnell den Schein von Objektivität, wo sie in Wirklichkeit nur alte Weltbilder auf eine scheinobjektive Grundlage mit biologischer Terminologie zu stellen versucht. Ein Hirnscanner alleine kann aber nicht für den Wert von Forschung garantieren.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: P.Stibbons am 12. September 2011, 18:55:56
ZitatIch halte nichts von publikumsgerichteter wissenschaftlicher Produktion. Seriöse Wissenschaft und Edutainment widerspricht sich.

So ist es!!
Um so übler finde ich daher so was:

http://www.singende-krankenhaeuser.de/042cb89ba3025e610/042cb89ca70e37f01/index.html

Mein spezieller Hirn-Guru hat es verstanden, jede nur denkbare thematische Nische zu besetzen und Allgemeinplätze zum Thema "Selbstheilungskräfte" , "Neuroplastizität" etc in die Gegend zu schleudern.

Dies alles ohne sich einen Deut um Evidenzbasiertheit zu scheren und ohne im Rahmen seines Chimären-Institus für "Neurobiologische Präventionsforschung" Ansätze eines vernünftigen Studiendesigns zu entwickeln, was verdammt noch mal seine Aufgabe wäre!!

Und noch dazu entblödet er sich nicht, den ehrenwerten wissenschaftlichen Namen von Prof. Altenmüller (siehe oben) für seine Unsinn-Stiftung zu missbrauchen!  :kotz:
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: P.Stibbons am 12. September 2011, 19:03:42
Zitat
Ausserdem halte ich gegenüber den Neurowissenschaften Skepsis für ausserordentlich angebracht: Sie erweckt mit biologischen Erklärungen allzuschnell den Schein von Objektivität, wo sie in Wirklichkeit nur alte Weltbilder auf eine scheinobjektive Grundlage mit biologischer Terminologie zu stellen versucht. Ein Hirnscanner alleine kann aber nicht für den Wert von Forschung garantieren.

Nanana...hast du dich damit wirklich beschäftigt?
Ich zufällig recht ausgiebig...

Natürlich nicht "ein Hirnscanner allein" - so was läuft multidisziplinär, wenns seriös ist.

http://www.immm.hmtm-hannover.de/de/forschung/
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Bobbele am 12. September 2011, 19:11:16
Zitat von: Superkalifragilistisch am 12. September 2011, 18:52:58
Ich halte nichts von publikumsgerichteter wissenschaftlicher Produktion. Seriöse Wissenschaft und Edutainment widerspricht sich.

Ein Laie braucht Leute/Bücher/Medien die ihm die Wissenschaft "übersetzen". Ich halte nichts von den vielzitierten wissenschaftlichen Elfenbeintürmen. Mein "Edutainment"-Lieblingsbuch: Fermats letzter Satz von S.Singh. Nur zu empfehlen.

Zurück zum Thema:
http://theness.com/neurologicablog/index.php/music-and-brain-plasticity/
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: P.Stibbons am 12. September 2011, 19:21:49
http://www.immm.hmtm-hannover.de/uploads/media/Bangert_et_al.__2003__Apollos_Gabe_und_Fluch.pdf
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Bobbele am 12. September 2011, 21:44:17
Musiktherapie hilft bei Tinnitus http://www.g-o.de/wissen-aktuell-10468-2009-09-08.html
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 12. September 2011, 23:30:33
Zitat von: Bobbele am 12. September 2011, 21:44:17
Musiktherapie hilft bei Tinnitus http://www.g-o.de/wissen-aktuell-10468-2009-09-08.html
Tinnitus ist ein heikles Thema. Alle paar Monate gibts die neue Wundertherapie. In dem Artikel gibt es nichts genaues. Wenn sie so erfolgreich ist wie angegeben, wo bleiben dann die ganzen geheilten Leute?


http://www.dzm-heidelberg.de/dzm/03_forschung_2_projekte_aktuell.htm (http://www.dzm-heidelberg.de/dzm/03_forschung_2_projekte_aktuell.htm)

ZitatNeurowissenschaftliche Daten belegen die nachhaltige Korrektur der auslösenden neuronalen Veränderungen
Ach? Haben wir auf einmal die Quelle von Tinnitus gefunden? Alles im Hirn?

http://www.dzm-heidelberg.de/dzm/03_forschung_2_projekte_ptbs.html (http://www.dzm-heidelberg.de/dzm/03_forschung_2_projekte_ptbs.html)
Hier wird Tinnitus zur psychologischen Krankheit gemacht.

Ich halte mich da lieber an die bewährte Psychoanalyse, die herausgefunden hat, dass Tinnitus ein Schutzmechanismus des Unterbewußten vor der Globalisierung ist!
http://wissen.dradio.de/sid6vit6np50elpt8rrb8ji21o830/psychologie-tinnitus-ist-eine-volkskrankheit.35.de.html?dram:article_id=10538&sid= (http://wissen.dradio.de/sid6vit6np50elpt8rrb8ji21o830/psychologie-tinnitus-ist-eine-volkskrankheit.35.de.html?dram:article_id=10538&sid=)

Irgendwo findest Du bestimmt auch ein paar bunte Hirn-Bildchen die das beweisen.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Bobbele am 13. September 2011, 00:15:31
Zitat von: Superkalifragilistisch am 12. September 2011, 23:30:33
Ich halte mich da lieber an die bewährte Psychoanalyse
Tu das.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: P.Stibbons am 13. September 2011, 00:31:27
Zitat>>Ein Fall für den Psychotherapeuten

>>Tillmann will die Tinnituspatienten auf die Couch holen: Jahrelange Gespräche könnten helfen, den oft unbewussten Sinn des Leidens zu finden. Es geht ihm statt um Durchblutungsstörungen im Innenohr um die Themen Geborgenheitsverlust und Entsinnlichung in unserer globalisierten Lebenswelt.



Jahrelange Gespräche?? - Davon krieg ich nen Tinnitus... :o :o :o
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Averell am 13. September 2011, 10:12:32
Mir wollten sie bei der Reha 'ne Musiktherapie aufschwatzen. Weil man sich da doch so toll öffnen kann. Triangel im Takt zu Ying und Yang, Oma Eierschecke hat die Rassel und Opa Krawutzke kriegt die Schellen.

(http://www.ptext.de/sites/default/files/1009/Fuersorgliche_und_kompetente_Altenpflege_im_Seniorenheim_St._Josef_in_Wadersloh_Musikgeragogik_bewegt_Koerper_Geist_und_Seele__-25408.jpg)

Ich habe dankend abgelehnt.

Ansonsten höre ich aber gern Musik. Ist ein prima Stimmungsverstärker.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: celsus am 13. September 2011, 10:40:37
Zitat von: Averell am 13. September 2011, 10:12:32
Mir wollten sie bei der Reha 'ne Musiktherapie aufschwatzen. Weil man sich da doch so toll öffnen kann. Triangel im Takt zu Ying und Yang, Oma Eierschecke hat die Rassel und Opa Krawutzke kriegt die Schellen.

Sieht eher nach Gruppentherapie für Demenzkranke aus. Da wird MT nämlich auch oft eingesetzt.

Ansonsten hätte ich als Anekdote nur eigen Erfahrungen:
Seit einem Jahr mache ich MT, weil ich eine effektive ambulante Therapieform gegen Burnout brauchte. Die Kliniken hier in der Gegend sind alle privatisiert, darauf hatte ich keinen Bock, bei minimalem Aufwand ausschließlich zum Profit dieser Aktiengesellschaften beizutragen.

Fazit zur Musiktherapie bisher:
Extrem unspirituell, hoch effizient, lösungsorientiert und da ich selbst Musiker bin auch noch eine Therapieform, die Spaß macht.
Ich kam da als zitterndes Häufchen Elend an und habe nach 6 Sitzungen wieder konzentriert arbeiten können.
Vermutlich habe ich auch eine sehr erfahrene Therapeutin erwischt. Muss nicht bei jedem klappen.
Als Selbständiger kann ich natürlich auch nicht einfach mal 8 Wochen Kur machen. Danach wäre mein Laden tot.
Da zahle ich lieber selbst für eine Maßnahme, die mir schnell Erfolge bringt.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Belbo zwei am 13. September 2011, 11:27:24
...ich setz noch einen drauf   ;D  singe seit kurzer Zeit im Kirchenchor und glaube dass das wirklich ein therapeutische aber zumindest entspannende Wirkung hat.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 13. September 2011, 14:39:06
Zitat von: celsus am 13. September 2011, 10:40:37
Zitat von: Averell am 13. September 2011, 10:12:32
Mir wollten sie bei der Reha 'ne Musiktherapie aufschwatzen. Weil man sich da doch so toll öffnen kann. Triangel im Takt zu Ying und Yang, Oma Eierschecke hat die Rassel und Opa Krawutzke kriegt die Schellen.

Sieht eher nach Gruppentherapie für Demenzkranke aus. Da wird MT nämlich auch oft eingesetzt.

Ansonsten hätte ich als Anekdote nur eigen Erfahrungen:
Seit einem Jahr mache ich MT, weil ich eine effektive ambulante Therapieform gegen Burnout brauchte. Die Kliniken hier in der Gegend sind alle privatisiert, darauf hatte ich keinen Bock, bei minimalem Aufwand ausschließlich zum Profit dieser Aktiengesellschaften beizutragen.

Fazit zur Musiktherapie bisher:
Extrem unspirituell, hoch effizient, lösungsorientiert und da ich selbst Musiker bin auch noch eine Therapieform, die Spaß macht.
Ich kam da als zitterndes Häufchen Elend an und habe nach 6 Sitzungen wieder konzentriert arbeiten können.
Vermutlich habe ich auch eine sehr erfahrene Therapeutin erwischt. Muss nicht bei jedem klappen.
Als Selbständiger kann ich natürlich auch nicht einfach mal 8 Wochen Kur machen. Danach wäre mein Laden tot.
Da zahle ich lieber selbst für eine Maßnahme, die mir schnell Erfolge bringt.
Darf man fragen, wie das Programm aussah? Ich kann mir schwer vorstellen, was "lösungsorientiert" bei Burn-Out bedeutet. Die Lösung für Burn-Out sollte eher eine politische als eine medizinische sein. Viele Leute haben heute Stress wie Börsenmakler, aber der Börsenmakler hat irgendwann genug Geld, um sich zur Ruhe zu setzen, wenn er zu alt für den Job wird. Der normale Angestellte nicht; da heisst es dann Rente mit 67.

Man muss doch kritisch nachfragen, was die Legitimität verleiht, an völlig banale Dinge plötzlich das Signum "-Therapie" zu kleben. Besonders die psychiatrischen Kliniken suggerieren mit unzähligen kryptischen Therapieansätzen ein breites Spektrum an Hilfe: Integrative Gruppentherapie, Traumaspezifische Gruppentherapie, RABE-Gruppe, Katathym imaginative Psychotherapiegruppe, Psychodramagruppentherapie, Tanztherapiegruppe
Rhythmikgruppe, Konzentrative Bewegungstherapie, Selbstsicherheitstrainingsgruppe, Psychoedukationsgruppe, Kunsttherapie Märchengruppe, Therapie im Hochseilgarten, Erlebnistherapiegruppe, Ergotherapie (Oder auf Deutsch: Basteln). Irgendwie muss der Fluß von solidargemeinschaftlichen Geldern halt begründet werden.

Ich habe hier eine sehr schöne Stellungnahme zur völlig verblödeten "Delphintherapie" gefunden:
Eine Stellungnahme gegen die Delfintherapie anlässlich des Fachgesprächs der Grünen "Delfintherapie in Deutschland" am 28.06.2007 im Deutschen Bundestag. Den Text haben wir an die Teilnehmer_innen des Fachgesprächs verteilt. Wir bedanken uns für die Einladung. (http://autismus-kultur.de/autismus/politik/delfintherapie.html)

Zitat
Therapie?

Wenn Eltern für ihr Kind eine Autismus-Diagnose bekommen, reagieren sie oft mit Entsetzen und Verzweiflung. "Unheilbar" – lautet das Urteil der Mediziner_innen. Oder doch? Zahlreiche Foren und Mailinglisten, Bücher und Presseartikel erzählen von Therapien und Therapieerfolgen, wecken Hoffnungen.

Hoffnungen worauf? Was soll therapiert werden? Wer braucht eine Therapie?

Diese Fragen können viele Eltern, die Therapien für autistische Kinder fordern, nicht beantworten. Sie wollen ihren Kindern etwas ersparen. Sie wollen ihnen einen "normalen Umgang" beibringen. Wenn Kinder viel allein sind, sind es die Eltern, die darüber verzweifelt sind – die Kinder werden nicht gefragt. Durch Anpassung und Unauffälligkeit sollen die Kinder für ihre Umgebung annehmbarer gemacht werden.

Wer leidet also? Die Eltern. Sie schreiben ihre eigenen Bedürfnisse ihren autistischen Kindern zu, sie unterstellen ihnen Wünsche und Nöte und schaffen einen Handlungsbedarf, der mit Autismus eigentlich gar nichts zu tun hat.

Die Verzweiflung der Eltern kommt daher, dass ihr Kind nicht ihren Erwartungen entspricht und sie nicht wissen, wie sie mit ihrem Kind umgehen sollen und wie sie mit ihm kommunizieren sollen. Deshalb sind es auch die Eltern, die Hilfe brauchen.

Jemand anders schreibt:
Zitat
Achtung!
"Delfintherapie" ist Tierquälerei, unterläuft den Artenschutz und ist zudem völlig wirkungslos. Lediglich die Wahrnehmung der Eltern verändert sich, nicht das Verhalten des Kindes an sich. Die Wirkungslosigkeit ist mehrfach wissenschaftlich nachgewiesen.

Betreiber von Delfinarien verdienen sich daran dumm und dämlich auf Kosten der Eltern. Zudem benutzen die Betreiber die (nachgewiesenermaßen wirkungslose) "Therapie" als Mittel, um überhaupt eine Zulassung für ihre Delfinarien zu bekommen, die andernfalls verboten wären (und außerdem unter starker öffentlicher Kritik stehen). Die Delfine leiden aber genauso, die Fangmethoden sind genauso blutig und brutal und sind dafür verantwortlich, dass Delfine von Aussterben bedroht sind.

"Delfintherapie" kann sogar gefährlich und schädlich sein: Delfine vertragen keinen hohen Chlorgehalt im Wasser, weshalb die Becken oft einen so hohen Bakteriengehalt enthalten, dass sie als Badegewässer gar nicht zugelassen wären. In seltenen Fällen kam es schon vor, dass Delfine Menschen attackiert haben – Delfine sind Raubtiere. Soviel zum Mythos Delfin.
Die meisten Autisten wehren sich gegen Versuche, "geheilt" zu werden (denn Autismus ist keine Krankheit), und insbesondere gegen die Delfintherapie. Die Interessenvertretung autistischer Menschen Autismus-Kultur spricht sich klar gegen Delfintherapie aus (auch gegen andere "Autismus-Therapien"), die Gründe dafür sind hier nachzulesen:

http://blog.gwup.net/2010/07/30/delfin-therapie-flop-mit-flipper/ (http://blog.gwup.net/2010/07/30/delfin-therapie-flop-mit-flipper/)

Natürlich gibt es auch hier dutzende Studien, die diesem modischen psychologischen Unsinn immer wieder beste Ergebnisse bescheinigen.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Belbo zwei am 13. September 2011, 15:48:06
Es gibt halt auch Therapien der Wirkungsmechanismus nicht geklärtsind, die aber trotzdem funktionieren.
Spannendes Beispiel das was früher Elektroschock hies.
http://de.wikipedia.org/wiki/Elektrokrampftherapie
Das es  Menschen gut tun kann wenn sie gemeinsam musizieren kann ja durchaus sein (also ich empfinde das als sehr abgenehm in so einem grossen Klangkörper) und wenn das dann Therapie heisst wenn man diesen Effekt einsetzt, na seis drum. Furchtbar finde ich es eigentlich erst dann wenn da gleich wieder eine Religion draus gestrickt wird. Noch ein anderes Beispiel sind Massagen, natürlich ist diese "angefasst werden" oft sehr angenehm, irgendwann kommt halt wer aus unserer bescheuerten Klientel daher und bastelt sich eine Fussreflexzonentherapie daraus.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: P.Stibbons am 13. September 2011, 16:11:05
Zitat von: Averell am 13. September 2011, 10:12:32
Mir wollten sie bei der Reha 'ne Musiktherapie aufschwatzen. Weil man sich da doch so toll öffnen kann. Triangel im Takt zu Ying und Yang, Oma Eierschecke hat die Rassel und Opa Krawutzke kriegt die Schellen.

(http://www.ptext.de/sites/default/files/1009/Fuersorgliche_und_kompetente_Altenpflege_im_Seniorenheim_St._Josef_in_Wadersloh_Musikgeragogik_bewegt_Koerper_Geist_und_Seele__-25408.jpg)

Ich habe dankend abgelehnt.

Ansonsten höre ich aber gern Musik. Ist ein prima Stimmungsverstärker.

Ach du bist der, der neulich beleidigt meine Therapiegruppe verließ, weil er statt der Conga nur die Fingerzimbeln gekriegt hat !

Und dem die Oma Eierschecke schnippisch hinterherrief: "Lernen Sie erst mal den Viervierteltakt halten, junger Mann !!"

;D ;D ;D
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: glatzkopf am 13. September 2011, 16:24:07
meine bessere Hälfte singt ein Mal in der Woche mit Senioren in einem Pflegeheim.
Ihr macht es Spaß, denn sie kann zeigen, daß sie trotz Krankheit und dem ganzen
Siff noch was Vernünftiges machen kann. Mir macht es Spaß, denn meine Perle ist
dann immer viel ausgeglichener. Und was auch nicht so übel ist, den Leuts im
Heim macht es auch Spaß. Die meisten wissen zwar ihren Namen nicht mehr, aber die
alten Lieder von Anno Dunnemals kriegen sie noch immer auf die Reihe.

Meiner Einer hatte mit über ...zig Jahren auch noch mal mit was Neuem angefangen.
Als es mir mal richtig Shize ging durfte  :-\ ich auch an einer Musiktherapie
teilnehmen. War wenigstens noch besser als das zwanghafte Basteln. Zu der Zeit habe
ich dann tatsächlich angefangen E-Baß zu spielen. Jetzt, wenn ich mal nur entspannen
will oder auch wenn ich Ablenkung brauche oder einfach nur so quäle ich halt den Baß.


Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 13. September 2011, 16:28:25
Ich halte es natürlich für die Wertschätzung der Arbeit von Menschen, die in sozialen Einrichtungen - eben mal ketzerisch ausgedrückt - für musikalische Unterhaltung sorgen und mit den Kranken basteln bzw. etwas unternehmen, für angebracht, dass die Arbeit auf eine entsprechende konzeptuelle Grundlage gestellt wird, die das ermöglicht. Auf der einen Seite hat das durchaus positive Effekte: Irgendein dahergelaufener, dessen Arbeit man als unwichtig erachtet und der schlecht entlohnt wird, wird mit Sicherheit nicht angemessen mit den Patienten umgehen. Eine Tätigkeit nicht als Beschäftigung, sondern als -Therapie zu betreiben, hat insofern mit Sicherheit eine Rechtfertigung in der Qualitätssicherung. Auf der anderen Seite stellen sich aber auch schnell zu hohe Erwartungen ein und es besteht die Gefahr, dass die Therapien den Patienten nicht helfen oder sogar wichtigere verhindern und schlechten Institutionen blosse Scheinqualifikation verleihen. Die Menge an Forschungsgeldern ist sehr begrenzt und wenn ich mir dann vorstelle, dass dieses Geld dann in modischen Unsinn statt in solide biologische Forschung fliesst (die ohnehin biologistisch und bääh ist sofern sie sich nicht der Psychologie unterordnet) ...
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Belbo zwei am 13. September 2011, 16:30:20
......ich hätte bei Glatzkopf ja auf dieses Instrument getippt  ;D

http://de.wikipedia.org/wiki/Katjuscha_%28Raketenwerfer%29
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 13. September 2011, 16:37:23
ZitatJetzt, wenn ich mal nur entspannen
will oder auch wenn ich Ablenkung brauche oder einfach nur so quäle ich halt den Baß.
Ach, in welcher Black-Metal Kapelle spielst Du denn?  ;D
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: glatzkopf am 13. September 2011, 16:41:10
 
ZitatAch, in welcher Black-Metal Kapelle spielst Du denn?
Brrrrrrr, dieses Gegrunze ist ja noch schlimmer als Heino ;D
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: rincewind am 13. September 2011, 16:42:27
Zitat von: glatzkopf am 13. September 2011, 16:24:07
quäle ich halt den Baß.

So?

http://www.youtube.com/watch?v=suaH-NJm12U (http://www.youtube.com/watch?v=suaH-NJm12U)

;D
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: glatzkopf am 13. September 2011, 16:47:08
ZitatGefahr, dass die Therapien den Patienten nicht helfen oder sogar wichtigere verhindern
erstmal macht meine Perle das ohne Moneten, einfach so.
Die kocht auch mit Leuts macht Spiele und sportelt ein wenig
mit ihnen. Einigen braucht man  auch mal nur zuhören.
Alles Ehrenamtlich. Bei Alzheimers im so ziemlich letzten
Stadium brauchst Du keine Therapie mehr. Wenn wir mal so
etwas bekommen, puh davor habe ich wirklich bammel.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: glatzkopf am 13. September 2011, 16:51:52
ZitatSo?
ich mache eher so eine Mucke.
Für einen Frickler habe ich viel
zu spät angefangen.
http://www.youtube.com/watch?v=9i3Ud84zAvw&feature=related (http://www.youtube.com/watch?v=9i3Ud84zAvw&feature=related)
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 13. September 2011, 16:53:21
Zitat von: glatzkopf am 13. September 2011, 16:47:08
ZitatGefahr, dass die Therapien den Patienten nicht helfen oder sogar wichtigere verhindern
erstmal macht meine Perle das ohne Moneten, einfach so.
Die kocht auch mit Leuts macht Spiele und sportelt ein wenig
mit ihnen. Einigen braucht man  auch mal nur zuhören.
Alles Ehrenamtlich. Bei Alzheimers im so ziemlich letzten
Stadium brauchst Du keine Therapie mehr. Wenn wir mal so
etwas bekommen, puh davor habe ich wirklich bammel.

http://www.nzzfolio.ch/www/d80bd71b-b264-4db4-afd0-277884b93470/showarticle/511bf0f3-ffef-42ad-a8ed-76919c5217eb.aspx (http://www.nzzfolio.ch/www/d80bd71b-b264-4db4-afd0-277884b93470/showarticle/511bf0f3-ffef-42ad-a8ed-76919c5217eb.aspx)
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: celsus am 13. September 2011, 16:54:04
Zitat von: Superkalifragilistisch am 13. September 2011, 14:39:06
Darf man fragen, wie das Programm aussah?

Klar, das ist leicht erklärt.
Zunächst mal: Ich mache sowieso viel Musik und natürlich macht mir das Spaß, ist ein guter Ausgleich und es entspannt mich. Das ist aber sehr verschieden von der Musiktherapie.
Eine ähnliche Therapieform (Mal-, Gestalt-, Tanztherapie) würde vermutlich auch funktionieren, wenn der Therapeut weiß was er tut und weiß wie ein Gehirn funktioniert und die psychologischen Grundlagen verstanden hat.

Beim Burnout kann ich verschiedene Sachen einfach nicht mehr tun, habe Depressionen, jede Menge Blockaden, Ängste usw. Mein Job ist es, eines dieser Probleme zu benennen. Manchmal brauche ich auch dazu etwas Hilfe, mit einer geschickten Fragetechnik der Therapeutin geht das ganz gut. Wichtig ist, dass sie nicht in die Suggestionsfalle tappt, also mir mein Problem quasi diktiert. Ist das Problem definiert (z.B. ich habe Angst, wenn es an der Tür klingelt, traue mich nicht unter Menschen, habe in bestimmten Situationen Konzentratiosstörungen usw.), dann wird das musikalisch umgesetzt. Dabei passiert es oft, dass ich genau das Gefühl in der Musik erlebe, das ich vorher spezifiziert habe. Das kann so aussehen, dass ich einen bestimmten Ton nicht spielen kann oder in einer Melodie hängen bleibe oder sowas. Weil es aber um nichts geht, kann ich das leicht überwinden, habe dadurch ein Erfolgserlebnis, das Problem habe ich in dieser Situation also gelöst bekommen. Das Gehirn merkt sich das aber. Wenn ich später im realen Leben in eine Situation gerate, die z.B. Panik auslöst, wird die Musik-Situation aufgerufen und die Auflösung kommt gleich hinterher.
Das nenne ich Lösungsorientiert. Ich habe ein konkretes Problem und erarbeite symbolisch die passende Lösung, die dann auch später real verfügbar bleibt.
Die Psychotherapie arbeitet da nicht wesentlich anders.

Zitat von: Superkalifragilistisch am 13. September 2011, 14:39:06Die Lösung für Burn-Out sollte eher eine politische als eine medizinische sein. Viele Leute haben heute Stress wie Börsenmakler, aber der Börsenmakler hat irgendwann genug Geld, um sich zur Ruhe zu setzen, wenn er zu alt für den Job wird. Der normale Angestellte nicht; da heisst es dann Rente mit 67.

Da kann ich dir nur zustimmen. Das ist eindeutig ein Phänomen unserer Zeit. Leistungsdruck, fehlende Belohnungssysteme, Existenzangst, Konkurrenz, das alles zerstört die Motivation. Aber vermutlich wäre ich auch in diese Falle getappt, wenn die politische Situation anders wäre. Manche Leute sind wohl so veranlagt. Übersteigerter Ehrgeiz, Perfektionismus, der Drang nach Unabhängigkeit, da kommt vieles zusammen.

Zitat von: Superkalifragilistisch am 13. September 2011, 14:39:06
Man muss doch kritisch nachfragen, was die Legitimität verleiht, an völlig banale Dinge plötzlich das Signum "-Therapie" zu kleben. Besonders die psychiatrischen Kliniken suggerieren mit unzähligen kryptischen Therapieansätzen ein breites Spektrum an Hilfe: Integrative Gruppentherapie, Traumaspezifische Gruppentherapie, RABE-Gruppe, Katathym imaginative Psychotherapiegruppe, Psychodramagruppentherapie, Tanztherapiegruppe
Rhythmikgruppe, Konzentrative Bewegungstherapie, Selbstsicherheitstrainingsgruppe, Psychoedukationsgruppe, Kunsttherapie Märchengruppe, Therapie im Hochseilgarten, Erlebnistherapiegruppe, Ergotherapie (Oder auf Deutsch: Basteln). Irgendwie muss der Fluß von solidargemeinschaftlichen Geldern halt begründet werden.

Zumindest ist für jeden was dabei. Aber was letztendlich wirklich was taugt, muss man eben untersuchen. Aber auch in den diversen Therapiederivaten gibt es zumindest im klinischen Umfeld Evaluation und Supervision. Man muss eben kritisch bleiben und eventuell auch ein paar Sachen testen bzw. sich einlesen, um nicht auf das falsche Pferd zu setzen.
Leider ist nicht jeder in jeder Situation dazu in der Lage und man muss sich eben auf ärztlichen Rat verlassen können.
Aber du hast natürlich recht, der Markt ist unübersichtlich.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Binky am 13. September 2011, 17:07:50
Zitat von: P.Stibbons am 13. September 2011, 00:31:27
Zitat>>Ein Fall für den Psychotherapeuten

>>Tillmann will die Tinnituspatienten auf die Couch holen: Jahrelange Gespräche könnten helfen, den oft unbewussten Sinn des Leidens zu finden. Es geht ihm statt um Durchblutungsstörungen im Innenohr um die Themen Geborgenheitsverlust und Entsinnlichung in unserer globalisierten Lebenswelt.



Jahrelange Gespräche?? - Davon krieg ich nen Tinnitus... :o :o :o

Und wenn man dann die Ursache des Tinnitus in den Patienten hinein fabuliert gefunden hat, kommt bestimmt wieder eine irgendwie bösartige Mutter und ein Weichei von einem Vater heraus.  ;D
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Binky am 13. September 2011, 17:20:21
Musiktherapien sind ebenso sinnvoll wie Sporttherapien, der Umgang mit Tieren oder ähnliches. Es mag daran liege, daß dies alles nicht nur entspannt, sondern gleichzeitig fokussiert und die Stimmung anspricht. Besonders in der Altenheimen werden auch Hunde und Katzen eingesetzt. Und sei es "nur" wegen der Lebensqualität.

Hätte ich die Wahl zwischen Musik und Sport, würde ich allerdings letzteres bevorzugen, da ich völlig unmusikalisch bin.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: celsus am 13. September 2011, 17:28:27
Zitat von: Binky am 13. September 2011, 17:20:21
Musiktherapien sind ebenso sinnvoll wie Sporttherapien, der Umgang mit Tieren oder ähnliches. Es mag daran liege, daß dies alles nicht nur entspannt, sondern gleichzeitig fokussiert und die Stimmung anspricht. Besonders in der Altenheimen werden auch Hunde und Katzen eingesetzt. Und sei es "nur" wegen der Lebensqualität.

Hätte ich die Wahl zwischen Musik und Sport, würde ich allerdings letzteres bevorzugen, da ich völlig unmusikalisch bin.

Die Entspannung ist eine Sache. Hilft im akuten Fall aber nicht. Eher als Vorbeugung oder z.B. bei dementen Patienten zur allgemeinen Verbesserung der Lebensqualität.
Bei der Therapie geht es darum, an das eingesperrte Unterbewusstsein ran zu kommen.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Binky am 13. September 2011, 17:35:31
Zitat von: celsus am 13. September 2011, 17:28:27
Bei der Therapie geht es darum, an das eingesperrte Unterbewusstsein ran zu kommen.

Gerade das sehe ich kritisch, ob das möglich ist, oder, ob es ein eingesperrtes Unterbewußtsein überhaupt gibt.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: celsus am 13. September 2011, 17:51:08
Zitat von: Binky am 13. September 2011, 17:35:31
Zitat von: celsus am 13. September 2011, 17:28:27
Bei der Therapie geht es darum, an das eingesperrte Unterbewusstsein ran zu kommen.

Gerade das sehe ich kritisch, ob das möglich ist, oder, ob es ein eingesperrtes Unterbewußtsein überhaupt gibt.

Vielleicht macht der Begriff das nicht so deutlich.
Stell dir vor, du bist es gewohnt, dass du alles mögliche kannst, du machst deine Arbeit gut, kannst Probleme lösen, bekommst deinen Alltag geregelt, hast keine größeren Probleme im Privatleben und eigentlich läuft alles.
Eines Tages stehst du auf, willst zur Arbeit, weißt aber nicht mehr, wie das geht. Das heißt, du weißt es theoretisch, kannst es aber nicht umsetzen, weil dein Körper nicht gehorcht, obwohl du nicht gelähmt bist oder sowas. Du willst dir einen Kaffee kochen, findest aber die Filter nicht und brichst heulend zusammen. Am späten Vormittag merkst du dann, dass du immer noch heulend in der Ecke liegst, weißt aber nicht mehr, wie lange.
Alltägliche Kleinigkeiten gelingen dir nicht, jede kleinste Herausforderung macht dich fertig. Du kannst keine Briefe öffnen, nicht telefonieren, nicht um Hilfe bitten. Du, der immer alles konnte, der allen gezeigt hat, wie es geht, bist plötzlich unfähig, die kleinsten Probleme zu lösen. Du weißt immer noch, wie es geht, die wichtigsten Überlebensfunktionen sind noch da, aber sobald du etwas anfängst, bleibst du hängen. Du probierst es immer wieder, aber es klappt nicht. Da kommst du mit Entspannung nicht mehr raus. Jemand muss dich Stück für Stück wieder dazu bringen, zu funktionieren.
Dein Gehirn und dein Körper sind physisch völlig in Ordnung, aber sie arbeiten nicht mehr zusammen.
Und du schaust dir dabei zu, in vollem Bewusstsein. Aber der Geist verweigert sich. Du sitzt in einem Gefängnis ohne Gitter und kannst es nicht verlassen.
Das meine ich mit dem eingesperrten Unterbewusstsein.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Binky am 13. September 2011, 19:01:30
Mißverstehe mich bitte nicht. Ich stelle nicht in Frage, daß es Depressionen/Burn Out gibt und daß es den Betroffenen sehr schlecht geht. Ich bezweifle nur das Erklärungskonzept, was sich hinter diesen Befriffen verbirgt. Das ist mir zu unscharf und freudianisch angehaucht.

Und nicht zuletzt, wünsche ich allen Betroffenen, daß es ihnen wieder besser geht, egal, ob mit Musik oder Sport.  ;)

Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: celsus am 13. September 2011, 19:08:49
Zitat von: Binky am 13. September 2011, 19:01:30
Mißverstehe mich bitte nicht. Ich stelle nicht in Frage, daß es Depressionen/Burn Out gibt und daß es den Betroffenen sehr schlecht geht. Ich bezweifle nur das Erklärungskonzept, was sich hinter diesen Befriffen verbirgt. Das ist mir zu unscharf und freudianisch angehaucht.

Und nicht zuletzt, wünsche ich allen Betroffenen, daß es ihnen wieder besser geht.  ;)

Verstehe ich natürlich, mir geht es da nicht anders. Wenn ich die Hintergründe nicht ordentlich erklärt bekomme, bleibe ich einem Therapieversprechen gegenüber sehr verschlossen. Damit wird einfach zu viel Unfug getrieben.
Was mir allerdings beim Verständnis geholfen hat, war, dass ich mich in die klassische Psychotherapie eingelesen habe.
Den gedanklichen Übergang zu anderen Therapieformen hat mir übrigens Herr Lütz (http://de.wikipedia.org/wiki/Manfred_L%C3%BCtz) erleichtert.
Er beschreibt in "Irre! Wir behandeln die Falschen" ganz gut, wie man Therapieverfahren auf Effizienz und Wirksamkeit prüfen kann. Das war mir vorher nicht klar. Tatsächlich wird da eine Menge Forschungsarbeit betrieben.
Letztendlich gilt es, die Frage zu beantworten: Hilft die Therapie, ein Leiden zu lindern? Gibt es dem Patienten die Freiheit zurück, das zu tun, was er tun möchte? Diese Fragen lassen sich durch Studien tatsächlich sehr gut beantworten.

Bei den Erklärungskonzepten gibt es allerdings unterschiedliche Ansätze. Weil es hier um ziemlich abstrakte Sachen geht, ist das auch nicht verwunderlich. Die greifbarsten Erklärungen sind im rein biologischen Bereich zu finden, also konkret auf Gehirnfunktionen bezogen. Die greifen aber nicht endlos. Da bleibt dann nur, die Ergebnisse zu bewerten, wenn der Wirkmechanismus selbst eher diffus ist.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: rincewind am 13. September 2011, 19:33:11
Celsus, ich seh das ja ähnlich wie Du. Vom Lütz halte ich allerdings - wie sag ich's jetzt ... - nicht sehr viel, vorsichtig gesagt. Der ist ein katholischer Missionar, und dem mißfällt, dass sich da wer anders ins "Seelenheil" einmischen will.
Und mit der Dawkins-Sache, wo sich Lütz völlig lächerlich gemacht hat, will ich gar nicht anfangen.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: celsus am 13. September 2011, 19:36:42
Zitat von: rincewind am 13. September 2011, 19:33:11
Celsus, ich seh das ja ähnlich wie Du. Vom Lütz halte ich allerdings - wie sag ich's jetzt ... - nicht sehr viel, vorsichtig gesagt. Der ist ein katholischer Missionar, und dem mißfällt, dass sich da wer anders ins "Seelenheil" einmischen will.
Und mit der Dawkins-Sache, wo sich Lütz völlig lächerlich gemacht hat, will ich gar nicht anfangen.


Ja, ich kenne seine katholischen Exkurse. Das diskreditiert ihn in fachlicher Hinsicht aber nicht, finde ich, solange seine Aussagen wissenschaftlich fundiert sind.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 14. September 2011, 02:02:57
Zitat von: Binky am 13. September 2011, 19:01:30
Mißverstehe mich bitte nicht. Ich stelle nicht in Frage, daß es Depressionen/Burn Out gibt und daß es den Betroffenen sehr schlecht geht. Ich bezweifle nur das Erklärungskonzept, was sich hinter diesen Befriffen verbirgt. Das ist mir zu unscharf und freudianisch angehaucht.

Und nicht zuletzt, wünsche ich allen Betroffenen, daß es ihnen wieder besser geht, egal, ob mit Musik oder Sport.  ;)


Sekundiert.

Und Lütz ist mir auch unsympathisch, aber nicht weil er ein Christ ist, sondern weil mir Doctor-Writer allgemein auf die Nerven gehen.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: celsus am 14. September 2011, 10:57:13
Was mich jetzt wundert, ist, wie schnell selbst kluge und gebildete Menschen wie Rincewind und Superkalifragilistisch in den Bereich der logischen Fehlschlüsse abgleiten.

Rincewind mit dem "genetischen Fehlschluss": "Person X hat sich bei A geirrt, also muss auch B falsch sein".
Superkalifragilistisch mit einem "vergifteten Brunnen": "Person X gehört zur Gruppe der Y, daher muss seine Aussage falsch sein."

Oder haben wir die Sachdiskussion schon verlassen und ich habe es nur nicht gemerkt?
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: rincewind am 14. September 2011, 11:13:04
@Celsus: Natürlich ist mir klar, dass diese Schlußfolgerung eigentlich nicht zulässig ist. Das Argument und nicht die Person zählt, etc. Ich muss zugeben, dass ich bei Lütz leicht emotional werde. Ich kenne so viel von dem, wo er eine dermaßen verquere, populistische Argumentation an den Tag legt, dass ich im schlicht nicht zutraue, hier einfach umschalten zu können. Für mich ist er ein narizstischer Agitator für die katholische Kirche. Ich weiß, das ist subjektiv. Aber Lütz muss ja hier nicht das Thema sein, und besagtes Buch habe ich auch nicht gelesen, kann es also letztlich nicht beurteilen, und was er - oberflächlich betrachtet - so sagt, klingt oft ganz gut.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Bobbele am 14. September 2011, 11:18:53
Zitatfragment von Lütz aus einer Plasberg-Sendung:

"weil ich vernünftige Atheisten besser finde, als esoterische Christen"

Read more: http://blog.psiram.com/?p=166#ixzz1Xv90Yq1n
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Superkalifragilistisch am 14. September 2011, 12:44:27
Zitat von: celsus am 14. September 2011, 10:57:13
Was mich jetzt wundert, ist, wie schnell selbst kluge und gebildete Menschen wie Rincewind und Superkalifragilistisch in den Bereich der logischen Fehlschlüsse abgleiten.

Rincewind mit dem "genetischen Fehlschluss": "Person X hat sich bei A geirrt, also muss auch B falsch sein".
Superkalifragilistisch mit einem "vergifteten Brunnen": "Person X gehört zur Gruppe der Y, daher muss seine Aussage falsch sein."

Oder haben wir die Sachdiskussion schon verlassen und ich habe es nur nicht gemerkt?
Wenn ich sage dass ich Doctor Writer nicht mag und Lütz ist ohne Zweifel Doctor Writer ist das kein logischer Fehlschluss. Ich mag auch keine populistische Psychologiekritik mit markigen Titeln von KiWi die im Supermarktregal stehen. Schade dass man hier Denkfehler unterstellt bekommt, weil die Einstellungen jemandem nicht passen.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Binky am 14. September 2011, 12:55:12
Die Frage, ob man eine bestimmte Person, die irgendwann einmal Humbug geäußert hat/etwas Dummes getan hat, insgesamt nicht mag, bzw. eine Person, die einer unbeliebten Gruppe angehört, kam schon oft, z.B. bei Jutta Ditfurth und Colin Goldner. Letztendlich ist dies eine Frage, wie viel man an solchen (vermeintlich) schlechten Eigenschaften toleriert und wie man sie gewichtet, bis man jemanden insgesamt als schlecht empfindet.

Da dies sehr subjektiv ist, kann man jene, die eine solche Person anders beurteilen, nicht eines Denkfehlers bezichtigen.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: celsus am 14. September 2011, 13:30:09
Zitat von: Binky am 14. September 2011, 12:55:12
Da dies sehr subjektiv ist, kann man jene, die eine solche Person anders beurteilen, nicht eines Denkfehlers bezichtigen.

Klar, man muss sich halt nur einigen, ob man über die Person oder über von dieser Person vertretene wissenschaftliche Aussagen diskutiert.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: celsus am 14. September 2011, 13:32:00
Zitat von: Superkalifragilistisch am 14. September 2011, 12:44:27
Wenn ich sage dass ich Doctor Writer nicht mag und Lütz ist ohne Zweifel Doctor Writer ist das kein logischer Fehlschluss. Ich mag auch keine populistische Psychologiekritik mit markigen Titeln von KiWi die im Supermarktregal stehen. Schade dass man hier Denkfehler unterstellt bekommt, weil die Einstellungen jemandem nicht passen.

Ein logischer Fehlschluss ist ja kein Denkfehler, sondern ein Bruch in der Argumentationsstruktur.
Wenn das gewünscht ist, bin ich damit völlig einverstanden.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: rincewind am 14. September 2011, 13:45:26
Zitat von: celsus am 14. September 2011, 13:32:00
Zitat von: Superkalifragilistisch am 14. September 2011, 12:44:27
Wenn ich sage dass ich Doctor Writer nicht mag und Lütz ist ohne Zweifel Doctor Writer ist das kein logischer Fehlschluss. Ich mag auch keine populistische Psychologiekritik mit markigen Titeln von KiWi die im Supermarktregal stehen. Schade dass man hier Denkfehler unterstellt bekommt, weil die Einstellungen jemandem nicht passen.

Ein logischer Fehlschluss ist ja kein Denkfehler, sondern ein Bruch in der Argumentationsstruktur.
Wenn das gewünscht ist, bin ich damit völlig einverstanden.

Lass uns lieber über Musiktherapie reden :) ( Lütz verdirbt mir die Laune  ;D )
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: celsus am 14. September 2011, 14:05:36
Zitat von: rincewind am 14. September 2011, 13:45:26
Lass uns lieber über Musiktherapie reden :) ( Lütz verdirbt mir die Laune  ;D )

Finde ich auch. Allein deshalb, weil mich das (ursprüngliche) Thema einfach mehr interessiert als irgendwelche (A-)Sympathien.

Edit sagt, für eine solche Diskussion braucht man auch Material.
Auf die Schnelle finde ich drei wissenschaftliche Arbeiten zu MT bei Tinnitus, Wachkoma und chronischen Schmerzen:

http://www.musiktherapie.uni-siegen.de/dokumente/diplomarbeiten/soost_diplomarbeit.pdf (http://www.musiktherapie.uni-siegen.de/dokumente/diplomarbeiten/soost_diplomarbeit.pdf)

http://www.dzm-heidelberg.de/downloads/03_forschung/projekte/Ergebnisse_Pr%E4sentation_Langzeitkatamnese.pdf (http://www.dzm-heidelberg.de/downloads/03_forschung/projekte/Ergebnisse_Pr%E4sentation_Langzeitkatamnese.pdf)

http://www.musiktherapie-wachkoma.de/media/dc99abb6cba1375cffff805dac144232.pdf (http://www.musiktherapie-wachkoma.de/media/dc99abb6cba1375cffff805dac144232.pdf)

Die Uni Hamburg hat auch was:

Eine Diss: http://ediss.sub.uni-hamburg.de/volltexte/1999/76/pdf/Disse.pdf
und eine Menge Literatur: https://kataloge.uni-hamburg.de/DB=6/LNG=DU/LRSET=2/MAT=/SET=2/SID=20ac17b3-0/TTL=1/REL?PPN=104682701

So auf den ersten Blick ist die Lage, was Forschung betrifft, also nicht schlecht.
Titel: Re: Musiktherapie? Kritik und Forschung wo steckt du?
Beitrag von: Belbo zwei am 14. September 2011, 17:47:42
Wobei gerade bei deinem ersten Link.....ich hatte mal eine Diplomarbeit in der Hand in der eine angehende Sozialpädagogin die Therapeuthischen Möglichkeiten von Tarrotkarten bewiesen hat....  ;D