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Wie findet ihr Jutta Ditfurth?

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Begonnen von Thuringian_Lion, 28. August 2011, 10:56:38

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Copa

Zitat von: Belbo zwei am 01. September 2011, 11:52:30

Das Essay tut nur leider so als hätte der "reine" Kapitalismus diese ganzen Verbesserungen gebracht, und nicht auch alle "sozialen" umd "christlichen" Tendenzen die in den jeweiligen Gesellschaften vorhanden waren.

Deswegen wird wohl Schweden, einer der sozialdemokratischsten Staaten überhaupt, als Beispiel gebracht?

Ende des 19. Jahrhunderts war Schweden ärmer als der Kongo heute, alle Länder der Welt waren nach heutigen Maßstäben Entwicklungsländer, und Hunger war für die meisten Menschen ein vertrauter Zustand. Die kapitalistische Industrialisierung führte nach und nach aus dem ewigen Mangel der feudalen Agrargesellschaften.


Ich lass mich lieber ausbeuten, als dass ich auf die zwei Westpakete im Jahr mit abgetragenen Klamotten vom Cousin warte.
Der Arbeiter- und Mauernstaat war viel ungerechter und ärmer als das, was wir jetzt haben. Die ominöse Gesellschaft ist nicht so schlecht, wie ihr Ruf.

Belbo zwei

Zitat von: Frau Kuchen am 01. September 2011, 11:56:16
Zitat von: Belbo zwei am 01. September 2011, 11:52:30

Das Essay tut nur leider so als hätte der "reine" Kapitalismus diese ganzen Verbesserungen gebracht, und nicht auch alle "sozialen" umd "christlichen" Tendenzen die in den jeweiligen Gesellschaften vorhanden waren.

Deswegen wird wohl Schweden, einer der sozialdemokratischsten Staaten überhaupt, als Beispiel gebracht?

Ende des 19. Jahrhunderts war Schweden ärmer als der Kongo heute, alle Länder der Welt waren nach heutigen Maßstäben Entwicklungsländer, und Hunger war für die meisten Menschen ein vertrauter Zustand. Die kapitalistische Industrialisierung führte nach und nach aus dem ewigen Mangel der feudalen Agrargesellschaften.

Das Schweden das mal einen Steuersatz von 106% für Reiche hatte?
Versteh ich jetzt den Zusammenhang nicht, denke aber dass Herr Buffet nicht umbedingt als "Altlinker" betrachtet wird.
http://www.sueddeutsche.de/politik/wohlhabende-wollen-freiwillig-mehr-zahlen-reiche-schroepfen-frieden-schaffen-1.1137601

Belbo zwei

Ich lebe lieber in einem Land das den Kapitalismus einschränkt und in dem meine Kinder nicht in Erzminen schuften müssen.

Copa

Keine Erzminen, aber VEBs:

ZitatDie Schüler ab der 7. Klasse bekamen hier unter produktionsnahen Bedingungen Arbeitsaufgaben in Betrieben des Bauwesens, der Landwirtschaft oder der Industrie. Teilweise wurden die Schüler direkt in der in den 1970er Jahren beschlossenen Konsumgüterproduktion der Betriebe eingesetzt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Produktive_Arbeit_%28DDR%29

Belbo zwei

http://www1.arbeiterkammer.at/webquest/kinderarbeit/uf_europa.htm

Sowas können wir uns jetzt ewig um die Ohren hauen, und führt zu überhaupt nichts.

Belbo zwei


Ich lebe lieber in einem Land das den Kapitalismus einschränkt und in dem meine Kinder nicht in Erzminen schuften müssen.

war die Replik auf:
Ich lass mich lieber ausbeuten, als dass ich auf die zwei Westpakete im Jahr mit abgetragenen Klamotten vom Cousin warte.


Beide Argumente haben erstmal nichts mit den jeweiligen Gesellschaftformen zu tun.




Averell

Hier wird eh viel zu viel auf Begrifflichkeiten rumgeritten als um die Meinungen, wo's den Menschen im Endeffekt wirklich besser ging/geht. Aber diese Diskussion wäre dann wohl zu trivial. :P

Edith wollte nämlich auch noch meinen, daß die Tatsache, daß es im Osten weiß Gott nicht allzuviel gab im Gegensatz zum heutigen Überfluß, nicht unbedingt die schlechtesten Charaktereigenschaften des Menschen förderte. "Haste was, biste was" war da eher "hilfst Du mir, helfe ich Dir".

Das soll jetzt um Himmels Willen keine Verklärung von Honi und seinem zentralen Schießbudenkomitee sowie derer Verbrechen sein! Es gab damals halt nur den für mich ganz angenehmen Nebeneffekt daß die Menschen sich schon irgendwie näher waren.

Copa

Zitat von: Averell am 01. September 2011, 12:21:39
Edith wollte nämlich auch noch meinen, daß die Tatsache, daß es im Osten weiß Gott nicht allzuviel gab im Gegensatz zum heutigen Überfluß, nicht unbedingt die schlechtesten Charaktereigenschaften des Menschen förderte. "Haste was, biste was" war da eher "hilfst Du mir, helfe ich Dir".


Ja und nein.
Statussymbole gab´s auch (Westklamotten, Lada, Videorekorder, Stereoanlage...), allerdings kam man üblicherweise mit Nachbarn und Arbeitskollegen prima klar.

Und dann gab es noch das Spitzelsystem mit IMs im Freundes- und sogar Familienkreis.

Averell

Zitat von: Frau Kuchen am 01. September 2011, 13:38:07
Ja und nein.
Statussymbole gab´s auch (Westklamotten, Lada, Videorekorder, Stereoanlage...), allerdings kam man üblicherweise mit Nachbarn und Arbeitskollegen prima klar.

Und dann gab es noch das Spitzelsystem mit IMs im Freundes- und sogar Familienkreis.

Ich wollte da jetzt auch wirklich nicht das Arbeiter-und Bauernparadies draus machen. Vor die hyphotetische Wahl gestellt würde ich mich auf jeden Fall für unser heutiges System entscheiden. Da ist mir Freiheit doch schon allemal wichtiger. Trotzdem muß ich ja hier nicht alles toll finden, weiß es aber zu schätzen daß ich das auch sagen darf. :grins2:

Theoretisch könnte ich ja auch versuchen etwas zu ändern, indem ich mich politisch engagiere aber dazu müßte ich eine eigene Partei gründen.

BTW: Gabs eigentlich Esoterik im Osten? Aus'm 1000-jährigen ist das ja wohlbekannt aber Honi, Mielke & die Russen?

Copa

Auf die Schnelle:

Wunderheiler, Astrologen und Magnetarmbandverkäufer, also das, was man gemeinhin unter Esoterik versteht, gab es wohl nicht,
Pseudowissenschaft mit schlimmen Konsequenzen dagegen schon:
http://de.wikipedia.org/wiki/Lyssenkoismus
http://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fer_Sprung_nach_vorn#Landwirtschaft

Edit: Kuck mal in diesen Thread!
http://forum.psiram.com/index.php?topic=2467.0

Averell

Danke Achim, sehr interessant. Der große Sprung muß bis heute abend warten, den Lyssenkoismus habe ich mal eben verinnerlicht.

Aber der Fred mit den homöopathischen Mittel Made in GDR ist doch'n Witz oder?

Nogro

Viele esoterisch angehauchte Dinge kamen aus der "Großen Sowjetunion", nicht nur der Lyssenkoismus. Ich kann mich z.B. an eine Sowjetbürgerin erinnern, die ein Schriftstück durch mehere Bücher hindurch mit den Fingerkuppen lesen konnte, auch kamen Veröffentlichungen über "magnetisches" Wasser (Kalkschutz) von dort. Auch den 164-jährigen Shirali Musilow könnte man in die Esoterikecke stellen. Die DDR-Zeitungen mußten(?) den Blödsinn dann als Errungenschaften der SU abdrucken. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass solcher Unfug seit den späten 70-ger Jahren abgenommen hat. 
Es genügt nicht, keine Ahnung zu haben. Man muss auch dagegen sein (Hermann Hinsch)

zwingenberger

Bei der Ost-Esoterik wird man unterscheiden müssen.

Lyssenkoismus zählen wir mal zu den schlichten Irrwegen. So was soll's geben.

Eine originäre Staatsapparat-Esoterik wird's allenfalls in einem bestimmten Fall gegeben haben: die TCM, und die auch nur auf der unteren Stufe. Bei den Erfindern wusste man ganz genau, dass das nur Chi-Chi war, weil das Geld für ernsthafte Medizin nicht reichte und man dem Volke wenigstens den Anschein der Fürsorge vermitteln wollte.

Auf der anderen Seite gab es jede Menge aus vorsozialistischen Zeiten tradierten geduldeten Unsinn; teils, weil man es als Opium fürs Volk ganz gut gebrauchen konnte, teils weil die Bonzen selbst dran glaubten. Insbesondere auf dem Balkan - Ungarn, Bulgarien, Rumänien - konnte man die Wunderquellen, aus denen potenzförderliches Wasser ('türlich, Wasser, das Lieblingsmolekül der Schwafler aller Länder) sprudele, noch im entlegensten Weiler finden. Eine rein materialistische und naturwissenschaftliche Weltsicht hätte sich in einem Umfeld tief empfundener mystischer Volksreligionen und Aberglauben aller Art niemals durchsetzen können.

Und ich will meinen A... drauf verwetten, dass Tyrannen vom Schlage Ceaucescu, Schiwkow, Kádár, und wie sie alle hießen, durchaus auch mal in ihre Hososkope schielten oder sich ihre Wässerchen aus dem Weiler Schlrmskjowliasmije kredenzen ließen, wenn's opportun war.

Ridcully

Zitat von: Mentha Trecenta am 01. September 2011, 10:56:09
Ridcully: Du darfst aber auch nicht den no-true-scotsman Fehlschluss begehen, was du, wie ich finde, gleich zweimal tust:

1. Indem du Systeme wie die DDR oder die UDSSR als "nicht der wahre Sozialismus" aus der Debatte ausschließt

2. umgekehrt indem du das gleiche Argument bei denen, die den Kapitalismus verteidigen, ausschließt, wenn sie sagen, Bankenunterstützung oder corporatism wären per definitionem kein Kapitalismus. Darauf sagst du, das sei nur liberale Ideologie (worin ich dir ja zustimme, außer im Wort Ideologie, ich würde es Utopie nennen); Du musst aber sehen, dass das gleiche Argument auch deine Darlegungen trifft.

Eben das wollte ich rüberbringen: so macht man es sich in beiden Fällen etwas sehr einfach. War etwas sarkastisch formuliert.

Averell

Achim, Nogro, zwingenberger: bolschoje cpacibo für Eure Erinnerungen, die finde ich wesentlich spannender als diese etwas abstrusen Systemdiskussionen. Nix für ungut  ;)

Mir fiel dabei auch mal ne Gegebenheit ein. Und zwar hatte ich als kleiner Bub von ca. 10 Jahren 'ne Zeit lang so 'ne blöde Warze am Finger. Nicht wirklich schlimm aber doch ziemlich resistent gegen sämtliche ätzenden Mittelchen der Republik. Ich weiß nicht mehr genau von wem ev. sogar 'ne Tante von mir jedenfalls wurde mir irgendwann mal ganz ernsthaft empfohlen mal zu der alten "Hollerin" (name frei erfunden) zu gehen. Die kann Warzen besprechen und schwupps weg sind sie.

Ich war dann nie bei der alten Hexe gewesen, selbst im Osten wirkten auch ab und zu die Selbstheilungskräfte. Aber so im nachhinein, wer weiß wieviele es von diesen Wunderheilen auf den Dörfern wirklich gab...?