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#1
Politik und Gesellschaft / Re: Die Genderdebatte
Last post by Typee - Heute um 21:30:13
ZitatAber mal ernsthaft. Die Rechtsordnung gehört doch zu den am klarsten und eindeutigsten formulierten Dingen des Alltagslebens: mit präzisen Definitionen, Formulierungen (oder wie man das auch immer juristisch bezeichnet) von Gesetzestexten, Rechtsvorschriften, Regelungen (oder wie man das auch immer juristisch bezeichnet).

Im Ernst? Dann mach dich mal vertraut mit Begriffen wie "Generalklausel", "Unbestimmten Rechtsbegriffen" (was seinerseits ein Rechtsbegriff ist), Analogien und Rechtsfortbildungen, objektiv und subjektiv teleologischen Auslegungsmethoden... am ehesten stimmt das noch im Strafrecht, da gibt es zumindest ein Analogieverbot: es gilt nicht nur "nulla poena sine lege", sondern die verschärfte Variante "nulla poena sine lege scripta.

Ansonsten musst du dir klar darüber sein, dass Rechtsnormen nicht nur präzise sein sollten, sondern auch eine ziemlich hohe Abstraktionsebene beanspruchen, anders geht es gar nicht - weil im Vorhinein niemand sagen kann, welche konkreten Fallgestaltungen damit einmal gelöst werden. Ein Kuriosum aus der deutschen Rechtsgeschichte war das preußische Allgemeine Landrecht (ALR) von 1794, in dem der Versuch unternommen wurde, jede antizipierbare Fallgestaltung einer eindeutigen Lösung zu unterwerfen. Es hatte über 22.000 Paragrafen und ist bei aller richtungsweisenden inhaltlichen Qualität formal gescheitert, vom französischen code civil wurde es ohnehin wenig später weggefegt. Das hochabstrakte BGB hält nun schon über 120 Jahre, allerdings um den Preis der Deutungsbedürftigkeit in vielen Punkten. Das macht es allerdings auch geschmeidiger bei der Anpassung an Veränderungen in den geregelten Lebensverhältnissen.


ZitatSoweit ich das verstanden habe, gibt es rechtlich etwas "drittes", das aber eben genau nicht drittes Geschlecht bedeutet und sich auch nicht auf die Millionen Phantasiegeschlechter bezieht, einschließlich Nichtbinarität. Sondern ganz konkret auf Intersexualalität. Nicht die gefühlte, sondern the real thing.

Genau deshalb müssen die selbstdefinierten und -vergebenen Geschlechtsidentitäten ja auch bei der Begegnung mit Krankenkassen und Fachärzten verschleiert und als Transsexualität getarnt werden.

Das rechtliche Geschlecht ist in D binär und nicht spektrös.

Da wäre ich mir nicht (mehr) so sicher. Vor 2013 gab es im Personenstandsrecht, insbesondere im Recht der persönlichen Ausweise, tatsächlich nur die Auswahlmöglichkeiten ,,männlich" oder ,,weiblich". Bei Menschen, die ,,weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugeordnet werden können", kann seit 2013 der Eintrag offen gelassen oder nachträglich gestrichen werden und seit 2018 auch ,,divers" eingetragen werden (§ 22 Abs. 3 PStG). So, jetzt kommen wir an den Punkt, den du dir in folgenden frommen Wunsch gekleidet hast:

ZitatDie Gesetzgebung, also sämtliche Gesetzesdefinitionen/Gesetzesbegriffe sollen präzise, eindeutig und widerspruchsfrei getextet werden, um möglichst wenig Raum für Interpretationen zu lassen.

Jaja, das sollte sie. Was, wenn das nicht ganz so ist? Dann gilt ein Grundsatz (der in keinem Gesetz niedergeschrieben ist) der Konkordanz der Rechtsordnung. Will sagen: war nicht so gemeint, der Widerspruch, seht einfach zu, dass es einigermaßen zusammenpasst. Und wenn trotzdem ein Hemdenärmel aus dem überfüllten Koffer heraushängt, dann schneidet ihn notfalls ab: es werden Fragen nach der Rangordnung der Rechtsgüter hochgeworfen, es werden Gerechtigkeitserwägungen angestellt, die absolut keine kodifizierte Basis haben, man versucht sich an "Folgenanalysen", und wenn das alles nicht hilft, dann folgt die Lösung des Falles der Losung: wer ist hier das Schwein? 

Das alles ist ein ziemlich schlüpfriger Untergrund. Mindestens im Personenstandsrecht muss man seit 2018 mit dem rechtlichen Faktum einer Diversität leben. Sie ist eine pure Konstruktion, um rechtspolitischem Druck aus einer bestimmten Richtung nachzugeben. Als Konstruktion muss sie ernst genommen werden, weil sie gesellschaftlich wirksam ist, sie formt mindestens öffentliches Bewusstsein mit. Das ist aber eine ganz andere Frage, als die nach der realen biologischen Realität von mehr als einem Geschlecht. Nochmals so anschaulich wie möglich: in der Welt des Rechts werden keine Gene verhandelt, sondern Begriffe. Der Gesetzgeber kann auch mit verfassungsgebender Mehrheit keine realen Gameten erfinden.

Aber er kann etwas ganz anderes: er könnte welche fingieren. Ich hatte ja die "Fiktionen" im Recht schon erwähnt. Fiktionen sind tatsächliche Annahmen, die als richtig gelten, ohne dass die Möglichkeit besteht, sie zu widerlegen. Es soll einfach davon ausgegangen werden, dass es so sei wie fingiert. Es gibt nicht viele davon, ein Beispiel findet sich im § 1592 BGB: als Vater eines Kindes gilt der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat. Selbst wenn er einen Kuckuck großzieht: er gilt als Vater, ohne Adoptiv- oder Pflege- oder Stief-Zusatz. Er "gilt" ganz einfach. Anderes Beispiel: die absolute Fahruntüchtigkeit im Straßenverkehr. Wessen Blut zu einem Tausendstel aus Alkohol besteht, gilt als fahruntüchtig, punktum, und wenn ersiees noch viel besser auf Zack ist, als der Nachbar, der schon nach zwei Bierchen runde Füße bekommt.

Denken wir uns eine Definition der "Diversität", die als Voraussetzungen drei Kriterien a, b und c formuliert. Und denken wir uns einen Gesetzgeber, der diesem faulen Zauber mitzumachen bereit ist: dann erlangt ein drittes Geschlecht eine Realität in dem Kulturphänomen Recht - nicht auf einen wie immer gearteten Cyberraum beschränkt, sondern mitten in der gesellschaftlichen Realität, verbunden mit dem sanktionsfähigen Gebot, Lebensverhältnisse als etwas zu behandeln, was sie biologisch nicht sein können. Von Verfassungs wegen wäre das nicht einmal grundsätzlich verboten. Was soll's, das Grundgesetz selbst wurde ja auch mal im Hinblick "auf die Verantwortung vor Gott und den Menschen" beschlossen. Finde die Fiktion darin...
 
#2
Politik und Gesellschaft / Re: Die Genderdebatte
Last post by Typee - Heute um 19:42:21
Zitat von: zimtspinne am Heute um 19:13:40Wollte eigentlich nur wissen, ob du Team postmodern bist - es gibt sicher auch einen oder sogar viele Voßße in den Rechtswissenschaften, die intersektionale Ansätze verfolgen, sich der CRT widmen oder sogar das gesamte postmoderne Konzept mit Haut und Haaren gefressen haben (wenn ich an den Artikel der Doktorandin im Verfassungsblog zum Selbstbestimmungsgesetz denke).

Nichts für ungut, war nicht böse gemeint. ;)

Ja so! Nee, musste dich dran gewöhnen, dass ich mit dem Spezialsprech dieser Szen*innen manchmal meinen Schabernack treibe.
#3
Politik und Gesellschaft / Re: Die Genderdebatte
Last post by zimtspinne - Heute um 19:37:03
Aber mal ernsthaft. Die Rechtsordnung gehört doch zu den am klarsten und eindeutigsten formulierten Dingen des Alltagslebens: mit präzisen Definitionen, Formulierungen (oder wie man das auch immer juristisch bezeichnet) von Gesetzestexten, Rechtsvorschriften, Regelungen (oder wie man das auch immer juristisch bezeichnet).

Die Gesetzgebung, also sämtliche Gesetzesdefinitionen/Gesetzesbegriffe sollen präzise, eindeutig und widerspruchsfrei getextet werden, um möglichst wenig Raum für Interpretationen zu lassen. Ja, ich weiß, in der Rechtssprechung wimmelt es nur so vor Interpretationsspielräumen.... aber du weiß, was ich meine.

Soweit ich das verstanden habe, gibt es rechtlich etwas "drittes", das aber eben genau nicht drittes Geschlecht bedeutet und sich auch nicht auf die Millionen Phantasiegeschlechter bezieht, einschließlich Nichtbinarität. Sondern ganz konkret auf Intersexualalität. Nicht die gefühlte, sondern the real thing.

Genau deshalb müssen die selbstdefinierten und -vergebenen Geschlechtsidentitäten ja auch bei der Begegnung mit Krankenkassen und Fachärzten verschleiert und als Transsexualität getarnt werden.

Das rechtliche Geschlecht ist in D binär und nicht spektrös.
Und die "sexuelle Identität" als Selbstkonzept ins Grundgesetz zu verankern, ist den pseudoprogressiven Postmodernen bisher auch noch nicht gelungen.

NIcht viele Seiten vorher hatte ich Auszüge aus einem Text eines unwoken Rechtsgelehrten zum Thema evidenzbasierte Rechtswissenschaft in Bezug auf das Selbstbestimmungsgesetz gepostet. Also genau das Ziel für Geschlechterkram.

Dein "Sonstige" ist somit ein Schwarmmerl. Ungenießbares!  :laugh:
#4
Politik und Gesellschaft / Re: Die Genderdebatte
Last post by zimtspinne - Heute um 19:13:40
Wollte eigentlich nur wissen, ob du Team postmodern bist - es gibt sicher auch einen oder sogar viele Voßße in den Rechtswissenschaften, die intersektionale Ansätze verfolgen, sich der CRT widmen oder sogar das gesamte postmoderne Konzept mit Haut und Haaren gefressen haben (wenn ich an den Artikel der Doktorandin im Verfassungsblog zum Selbstbestimmungsgesetz denke).

Nichts für ungut, war nicht böse gemeint. ;)
#5
Politik und Gesellschaft / Re: Die Genderdebatte
Last post by Typee - Heute um 17:11:08
Aber wenn dich die Frage so beschäftigt, dann schau doch mal in den Zirkus der Teilchenphysik. Wie viele Arten von Neutrinos gibt es, wie viele Quarks, welche Flavours oder Colours können sie haben, wie viele spins sind zugelassen...

Da kannst du wunderbar unter Binaritätsgesichtspunkten Hirnschmalz verbraten, und der Nährwert bleibt trotzdem ganz unbinär null.
#6
Politik und Gesellschaft / Re: Die Genderdebatte
Last post by Typee - Heute um 16:27:46
Zitat von: zimtspinne am Heute um 11:54:16
Zitat von: Typee am Heute um 10:11:26
Zitat von: zimtspinne am Gestern um 14:37:57Was genau meinst du mit "Sonstige", Typee?

 Und bedenken, dass es auch so etwas wie eine leere Menge gibt.
Nonbinaere Materie?

Du kannst vielleicht Fragen fragen...

Ich sach ma: so lange es keinen erkennbaren Sinn für die Antwort gibt, lässt mich die Frage kalt.
#7
Allgemeine Diskussionen / Re: 7.10. in Israel
Last post by RPGNo1 - Heute um 15:55:20
ZitatThe Harvard Corporation rejected an effort by the Faculty of Arts and Sciences to confer degrees on 13 seniors facing disciplinary charges for participating in the pro-Palestine encampment, an unprecedented veto that opens a new front in the internal battles that have convulsed Harvard for the past year.

The Corporation, the University's highest governing body, deliberated late into the night on Tuesday as it stared down an impossible decision: render Harvard College's disciplinary processes toothless by approving the FAS-amended list or undercut the authority of the University's largest faculty by declining to uphold their amendment.

https://www.thecrimson.com/article/2024/5/22/harvard-corporation-overrides-faculty-vote-disciplined-seniors/

Jerry Coyne meint folgendes zur Entscheidung.
ZitatThe Corporation rejected the faculty vote because it didn't assess each student's punishment nor did it "claim to restore the student(s) to good standing." Finally, restoring graduation rights to the encampment students would, said the Corporation, create a double standard with respect to other students who couldn't graduate because they were not in good standing.

Although the Corporation somewhat bungled its handling of L'Affaire Claudine Gay, I think it made the right decision here. Without any possible punishment for violating rules, there's no deterrent to future violations. And the Board is acting fairly in continuing with the disciplinary process, which may allow some of these students to graduate, albeit late:

While the faculty attempted to take matters into their own hands by reinstating students, the Corporation insisted on Wednesday that the Ad Board's appeal processes must first run their course.

"We fully support the Faculty of Arts and Sciences' stated intention to provide expedited review, at this time, of eligible requests for reconsideration or appeal," the Corporation wrote. "We will consider conferral of degrees promptly if, following the completion of all FAS processes, a student becomes eligible to receive a degree."
https://whyevolutionistrue.com/2024/05/23/harvard-corporation-overrules-faculty-denies-13-seniors-the-right-to-graduate-for-participating-in-the-schools-encampment/
#8
Zitat von: ClupeaRubens am Gestern um 22:44:55
Zitat von: impostor am 21. Mai 2024, 12:48:18Stimmt @Typee, das ist quasi der akademische Hintergrund dazu. Mit den methodischen Grenzen des eigenen Faches sinnvoll umzugehen und seinen Platz zu finden ist tatsächlich schwierig und man kann da leicht in die Rolle der beleidigten Leberwurst fallen, die anderen ihren Erfolg missgönnt, um selbst besser auszusehen. Wir können nichts objektiv wissen, also dürft ihr auch nicht. Deswegen ist Methodenkompetenz auch so wichtig in den Bereichen, gerade auch für Geisteswissenschaften. Irgendwelche Bindestrichstudiengänge bereiten einen auf das Problem oft auch nicht so richtig vor und spezialisieren dich zu sehr. Im Umgang miteinander wird daraus dann eine Art harmonisches Koexistieren in einträchtiger Ignoranz, wie bei einer Kifferparty.

Es ist mir schleierhaft, wie man mit so einem Mindset überhaupt durchs Leben gehen kann. Würde ein Ingenieur die objektive Erkenntnis(-Fähigkeit) in Abrede stellen und - wie es einige Postmoderne tun - empirisch belegte Fakten leugnen oder als "Narrativ" oder Machtinstrument einer "Herrschenden Klasse/Rasse" framen, wie sähe das in der Praxis aus?

Der langfristige Weg wäre, so würde ich schätzen, dass man diesen Fächern eine realistische Erfolgsperspektive gibt, z.B. mit Hilfe der Informatik und Simulationsstudien wie ich im anderen Thread auch geschrieben hatte. Das würde eine gewisse Zeit brauchen, weil starke Kompetenzen im Methodenbereich aufgebaut werden müssten und die Modelle müssen komplex werden, damit sie was taugen können. Dann hätten sie mehr Erfolgserlebnisse und müssten das weniger durch ihre Fachkultur oder freies Getummel auf Social Media kompensieren.

Davor warnen möchte ich, sich zu sehr auf diese Extrembeispiele einzuschießen, das kommt autoritären Kräften nämlich tatsächlich entgegen. In den USA sind die Probleme manifest, wir haben noch hauptsächlich den Schrei importiert und wundern uns entsprechend.
https://www.projectoverzero.org/media-and-publications/decoding-lgbtq-scapegoating
#9
Smalltalk / Re: Lustige Dinge
Last post by RPGNo1 - Heute um 12:54:54
Zitat von: kosh am Heute um 10:48:40Kenn ich schon. Loriot hat ihn im Fernsehen vorgeführt.

:2thumbs:  Ein Klassiker!    ;D
#10
Politik und Gesellschaft / Re: Die Genderdebatte
Last post by zimtspinne - Heute um 11:54:16
Zitat von: Typee am Heute um 10:11:26
Zitat von: zimtspinne am Gestern um 14:37:57Was genau meinst du mit "Sonstige", Typee?

 Und bedenken, dass es auch so etwas wie eine leere Menge gibt.
Nonbinaere Materie?